"Es ist fürchterlich langweilig hier in dem lieben V. Bei schlechtem Wetter wie heute ist's gar aus!
Papa Kästner will mich durchaus zum Abrichten der Thiere abrichten. Nicht zufrieden, daß ich bereits erlernt habe, seine Schüler bei öffentlichem Examen mit Glanze vorzuführen, verlangt er auch, ich soll begreifen, wie man die Langohren unterrichtet. Den drei jungen Hasen, die er als künftigen Ersatz zur Auswahl aufgenommen, für jenen beim großen Um- sturz im Walde von der Kiste erschlagenen, -- welcher letztere, nebenbei gesagt, sich sehr zäh' verspeisete, da wir ihn braten ließen, -- diene ich gewissermaßen als Hauslehrer, oder wie man bei uns zu Lande sagt "Hofemeister." Es sind bornirte Köpfe.
Adelheid geht um mich herum, wie die Katze um den heißen Brei. Bis jetzt wagt sie noch kaum, mich anzusprechen. Gott sei Dank!"
Vom 8. November.
"Endlich hab' ich eine Geige aufgetrieben; sie ist zwar nicht viel werth, aber sie klingt doch.
Es regnet unaufhörlich. Jetzt wünschte ich den Waldweg zu passiren, wo ich Papa Kästner kennen lernte; aber zu Nachen.
Die Vagabunden. III. 8
Vom 6. November.
„Es iſt fuͤrchterlich langweilig hier in dem lieben V. Bei ſchlechtem Wetter wie heute iſt’s gar aus!
Papa Kaͤſtner will mich durchaus zum Abrichten der Thiere abrichten. Nicht zufrieden, daß ich bereits erlernt habe, ſeine Schuͤler bei oͤffentlichem Examen mit Glanze vorzufuͤhren, verlangt er auch, ich ſoll begreifen, wie man die Langohren unterrichtet. Den drei jungen Haſen, die er als kuͤnftigen Erſatz zur Auswahl aufgenommen, fuͤr jenen beim großen Um- ſturz im Walde von der Kiſte erſchlagenen, — welcher letztere, nebenbei geſagt, ſich ſehr zaͤh’ verſpeiſete, da wir ihn braten ließen, — diene ich gewiſſermaßen als Hauslehrer, oder wie man bei uns zu Lande ſagt „Hofemeiſter.“ Es ſind bornirte Koͤpfe.
Adelheid geht um mich herum, wie die Katze um den heißen Brei. Bis jetzt wagt ſie noch kaum, mich anzuſprechen. Gott ſei Dank!“
Vom 8. November.
„Endlich hab’ ich eine Geige aufgetrieben; ſie iſt zwar nicht viel werth, aber ſie klingt doch.
Es regnet unaufhoͤrlich. Jetzt wuͤnſchte ich den Waldweg zu paſſiren, wo ich Papa Kaͤſtner kennen lernte; aber zu Nachen.
Die Vagabunden. III. 8
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Vom 6. November.
„Es iſt fuͤrchterlich langweilig hier in dem lieben
V. Bei ſchlechtem Wetter wie heute iſt’s gar aus!
Papa Kaͤſtner will mich durchaus zum Abrichten
der Thiere abrichten. Nicht zufrieden, daß ich bereits
erlernt habe, ſeine Schuͤler bei oͤffentlichem Examen
mit Glanze vorzufuͤhren, verlangt er auch, ich ſoll
begreifen, wie man die Langohren unterrichtet. Den
drei jungen Haſen, die er als kuͤnftigen Erſatz zur
Auswahl aufgenommen, fuͤr jenen beim großen Um-
ſturz im Walde von der Kiſte erſchlagenen, — welcher
letztere, nebenbei geſagt, ſich ſehr zaͤh’ verſpeiſete, da
wir ihn braten ließen, — diene ich gewiſſermaßen als
Hauslehrer, oder wie man bei uns zu Lande ſagt
„Hofemeiſter.“ Es ſind bornirte Koͤpfe.
Adelheid geht um mich herum, wie die Katze um
den heißen Brei. Bis jetzt wagt ſie noch kaum, mich
anzuſprechen. Gott ſei Dank!“
Vom 8. November.
„Endlich hab’ ich eine Geige aufgetrieben; ſie iſt
zwar nicht viel werth, aber ſie klingt doch.
Es regnet unaufhoͤrlich. Jetzt wuͤnſchte ich den
Waldweg zu paſſiren, wo ich Papa Kaͤſtner kennen
lernte; aber zu Nachen.
Die Vagabunden. III. 8
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/117>, abgerufen am 17.06.2024.
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