daß es mich fast verdroß, wieder abziehen zu müssen. Jch klopfte sogar, fragte, ob sie schon schliefe, und erhielt keine Antwort. Da fuhr ich wüthend zurück und quälte mich dann in meinem Bette ab, ohne eine Stunde zu schlafen. Das Mädel ist doch dumm. Wenn sie darauf ausgeht, mich um so sicherer zum heirathen zu bringen, sollte sie sich nicht so spröde anstellen. Jm Gegentheil: wollte sie sich gar nicht zieren und sich zeigen, wie's ihr um's Herz ist, hin- gebend, ohne alle Sperenzien, dann würde ich's viel- leicht hernach für meine Pflicht halten, sie zum Altare zu führen. Jetzt mag sie sich eiserne Thüren vor ihr Schlafgemach schmieden lassen und Schlösser daran legen, wie vor eine fürstliche Landes-Haupt-Kasse, ich belästige sie nicht mehr. Jch rede auch nicht mehr mit ihr und thue überhaupt gar nicht, als ob ich wüßte, daß sie ein Frauenzimmer ist.
Mag sie's haben!
Was verdirbt sie mir meinen Roman!"
Vom 6. Dezember.
"Sie möchte für's Leben gern, daß ich wieder mit ihr spräche, mich ihr näherte. Man sieht's ihr an, sie lauert nur darauf. Aber da kann sie lange lauern. Nicht eine Silbe.
daß es mich faſt verdroß, wieder abziehen zu muͤſſen. Jch klopfte ſogar, fragte, ob ſie ſchon ſchliefe, und erhielt keine Antwort. Da fuhr ich wuͤthend zuruͤck und quaͤlte mich dann in meinem Bette ab, ohne eine Stunde zu ſchlafen. Das Maͤdel iſt doch dumm. Wenn ſie darauf ausgeht, mich um ſo ſicherer zum heirathen zu bringen, ſollte ſie ſich nicht ſo ſproͤde anſtellen. Jm Gegentheil: wollte ſie ſich gar nicht zieren und ſich zeigen, wie’s ihr um’s Herz iſt, hin- gebend, ohne alle Sperenzien, dann wuͤrde ich’s viel- leicht hernach fuͤr meine Pflicht halten, ſie zum Altare zu fuͤhren. Jetzt mag ſie ſich eiſerne Thuͤren vor ihr Schlafgemach ſchmieden laſſen und Schloͤſſer daran legen, wie vor eine fuͤrſtliche Landes-Haupt-Kaſſe, ich belaͤſtige ſie nicht mehr. Jch rede auch nicht mehr mit ihr und thue uͤberhaupt gar nicht, als ob ich wuͤßte, daß ſie ein Frauenzimmer iſt.
Mag ſie’s haben!
Was verdirbt ſie mir meinen Roman!“
Vom 6. Dezember.
„Sie moͤchte fuͤr’s Leben gern, daß ich wieder mit ihr ſpraͤche, mich ihr naͤherte. Man ſieht’s ihr an, ſie lauert nur darauf. Aber da kann ſie lange lauern. Nicht eine Silbe.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divtype="diaryEntry"><p><pbfacs="#f0125"n="121"/>
daß es mich faſt verdroß, wieder abziehen zu muͤſſen.<lb/>
Jch klopfte ſogar, fragte, ob ſie ſchon ſchliefe, und<lb/>
erhielt keine Antwort. Da fuhr ich wuͤthend zuruͤck<lb/>
und quaͤlte mich dann in meinem Bette ab, ohne eine<lb/>
Stunde zu ſchlafen. Das Maͤdel iſt doch dumm.<lb/>
Wenn ſie darauf ausgeht, mich um ſo ſicherer zum<lb/>
heirathen zu bringen, ſollte ſie ſich nicht ſo ſproͤde<lb/>
anſtellen. Jm Gegentheil: wollte ſie ſich gar nicht<lb/>
zieren und ſich zeigen, wie’s ihr um’s Herz iſt, hin-<lb/>
gebend, ohne alle Sperenzien, dann wuͤrde ich’s viel-<lb/>
leicht hernach fuͤr meine Pflicht halten, ſie zum Altare<lb/>
zu fuͤhren. Jetzt mag ſie ſich eiſerne Thuͤren vor ihr<lb/>
Schlafgemach ſchmieden laſſen und Schloͤſſer daran<lb/>
legen, wie vor eine fuͤrſtliche Landes-Haupt-Kaſſe, ich<lb/>
belaͤſtige ſie nicht mehr. Jch rede auch nicht mehr mit<lb/>
ihr und thue uͤberhaupt gar nicht, als ob ich wuͤßte,<lb/>
daß ſie ein Frauenzimmer iſt.</p><lb/><p>Mag ſie’s haben!</p><lb/><p>Was verdirbt ſie mir meinen Roman!“</p></div><lb/><divtype="diaryEntry"><dateline><hirendition="#et">Vom 6. Dezember.</hi></dateline><lb/><p>„Sie moͤchte fuͤr’s Leben gern, daß ich wieder<lb/>
mit ihr ſpraͤche, mich ihr naͤherte. Man ſieht’s ihr<lb/>
an, ſie lauert nur darauf. Aber da kann ſie lange<lb/>
lauern. Nicht eine Silbe.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[121/0125]
daß es mich faſt verdroß, wieder abziehen zu muͤſſen.
Jch klopfte ſogar, fragte, ob ſie ſchon ſchliefe, und
erhielt keine Antwort. Da fuhr ich wuͤthend zuruͤck
und quaͤlte mich dann in meinem Bette ab, ohne eine
Stunde zu ſchlafen. Das Maͤdel iſt doch dumm.
Wenn ſie darauf ausgeht, mich um ſo ſicherer zum
heirathen zu bringen, ſollte ſie ſich nicht ſo ſproͤde
anſtellen. Jm Gegentheil: wollte ſie ſich gar nicht
zieren und ſich zeigen, wie’s ihr um’s Herz iſt, hin-
gebend, ohne alle Sperenzien, dann wuͤrde ich’s viel-
leicht hernach fuͤr meine Pflicht halten, ſie zum Altare
zu fuͤhren. Jetzt mag ſie ſich eiſerne Thuͤren vor ihr
Schlafgemach ſchmieden laſſen und Schloͤſſer daran
legen, wie vor eine fuͤrſtliche Landes-Haupt-Kaſſe, ich
belaͤſtige ſie nicht mehr. Jch rede auch nicht mehr mit
ihr und thue uͤberhaupt gar nicht, als ob ich wuͤßte,
daß ſie ein Frauenzimmer iſt.
Mag ſie’s haben!
Was verdirbt ſie mir meinen Roman!“
Vom 6. Dezember.
„Sie moͤchte fuͤr’s Leben gern, daß ich wieder
mit ihr ſpraͤche, mich ihr naͤherte. Man ſieht’s ihr
an, ſie lauert nur darauf. Aber da kann ſie lange
lauern. Nicht eine Silbe.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/125>, abgerufen am 17.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.