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Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790.

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bis auf unsere Zeiten.
§. 202.

Um diese Zeit starb Seyberth zu früh,
als daß er die Hoffnungen, wozu seine Thä-
tigkeit und sein Eifer für die alte Litteratur
berechtigte, hätte erfüllen können. Den Nah-
men Gebauers wird das hiesige Corpus iu-
ris
auf die Nachwelt bringen, aber Ayrer
wäre wohl vergessen worden, auch wenn er
den Ruf zum Gesetzgeber Rußlands ange-
nommen hätte. Riccius war im deutschen
Rechte so berühmt, als Meister im peinli-
chen, oder Gustav Bernhard Becmann
in den Pandecten. Dieser eifrige Crusianer,
der nur deswegen durchaus nichts von der
demonstrativen Methode wissen wollte, weil
sie nicht die synthetische hieß, -- zeichnete
sich weit mehr durch mündlichen Unterricht,
als durch Schriften aus. Auch der ange-
fangene Commentar über Böhmer beweißt,
daß seine Stärke in Distinctionen und Tabel-
len, überhaupt in der äußersten Genauigkeit
des Details, und nicht in einer großen Ue-
bersicht des Ganzen beruhte. Habernickel
würde für Verbesserung des Studiums mehr
geleistet haben, wenn er das academische
Leben nicht so bald verlassen, wenn er den
Sprachgebrauch der Classiker mehr studirt,
und nicht nur das Römische Recht vom Nicht-

römi-
bis auf unſere Zeiten.
§. 202.

Um dieſe Zeit ſtarb Seyberth zu fruͤh,
als daß er die Hoffnungen, wozu ſeine Thaͤ-
tigkeit und ſein Eifer fuͤr die alte Litteratur
berechtigte, haͤtte erfuͤllen koͤnnen. Den Nah-
men Gebauers wird das hieſige Corpus iu-
ris
auf die Nachwelt bringen, aber Ayrer
waͤre wohl vergeſſen worden, auch wenn er
den Ruf zum Geſetzgeber Rußlands ange-
nommen haͤtte. Riccius war im deutſchen
Rechte ſo beruͤhmt, als Meiſter im peinli-
chen, oder Guſtav Bernhard Becmann
in den Pandecten. Dieſer eifrige Cruſianer,
der nur deswegen durchaus nichts von der
demonſtrativen Methode wiſſen wollte, weil
ſie nicht die ſynthetiſche hieß, — zeichnete
ſich weit mehr durch muͤndlichen Unterricht,
als durch Schriften aus. Auch der ange-
fangene Commentar uͤber Boͤhmer beweißt,
daß ſeine Staͤrke in Diſtinctionen und Tabel-
len, uͤberhaupt in der aͤußerſten Genauigkeit
des Details, und nicht in einer großen Ue-
berſicht des Ganzen beruhte. Habernickel
wuͤrde fuͤr Verbeſſerung des Studiums mehr
geleiſtet haben, wenn er das academiſche
Leben nicht ſo bald verlaſſen, wenn er den
Sprachgebrauch der Claſſiker mehr ſtudirt,
und nicht nur das Roͤmiſche Recht vom Nicht-

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[247/0259] bis auf unſere Zeiten. §. 202. Um dieſe Zeit ſtarb Seyberth zu fruͤh, als daß er die Hoffnungen, wozu ſeine Thaͤ- tigkeit und ſein Eifer fuͤr die alte Litteratur berechtigte, haͤtte erfuͤllen koͤnnen. Den Nah- men Gebauers wird das hieſige Corpus iu- ris auf die Nachwelt bringen, aber Ayrer waͤre wohl vergeſſen worden, auch wenn er den Ruf zum Geſetzgeber Rußlands ange- nommen haͤtte. Riccius war im deutſchen Rechte ſo beruͤhmt, als Meiſter im peinli- chen, oder Guſtav Bernhard Becmann in den Pandecten. Dieſer eifrige Cruſianer, der nur deswegen durchaus nichts von der demonſtrativen Methode wiſſen wollte, weil ſie nicht die ſynthetiſche hieß, — zeichnete ſich weit mehr durch muͤndlichen Unterricht, als durch Schriften aus. Auch der ange- fangene Commentar uͤber Boͤhmer beweißt, daß ſeine Staͤrke in Diſtinctionen und Tabel- len, uͤberhaupt in der aͤußerſten Genauigkeit des Details, und nicht in einer großen Ue- berſicht des Ganzen beruhte. Habernickel wuͤrde fuͤr Verbeſſerung des Studiums mehr geleiſtet haben, wenn er das academiſche Leben nicht ſo bald verlaſſen, wenn er den Sprachgebrauch der Claſſiker mehr ſtudirt, und nicht nur das Roͤmiſche Recht vom Nicht- roͤmi-

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Zitationshilfe: Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790/259>, abgerufen am 30.04.2024.