wenn er ihn auf einer fernen Küste aussprechen hört, nicht lieblicher in den Ohren klingen, als uns hier die Worte Stickstoff, Eisenoxyd, Hygrometer. Wir wußten, daß wir, trotz der Befehle des Hofes und der Empfehlung eines mäch- tigen Ministers, bei unserem Aufenthalt in den spanischen Kolonieen mit zahllosen Unannehmlichkeiten zu kämpfen haben würden, wenn es uns nicht gelang, bei den Regenten dieser ungeheuren Landstrecken besondere Teilnahme für uns zu wecken. Emparan war ein zu warmer Freund der Wissen- schaft, um es seltsam zu finden, daß wir so weit hergekommen, um Pflanzen zu sammeln und die Lage gewisser Oertlichkeiten astronomisch zu bestimmen. Er argwöhnte keine anderen Be- weggründe unserer Reise als die in unseren Pässen angegebenen, und die öffentlichen Beweise von Achtung, die er uns während unseres langen Aufenthaltes in seinem Regierungs- bezirke gegeben, haben Großes dazu beigetragen, uns überall in Südamerika eine freundliche Aufnahme zu verschaffen.
Am Abend ließen wir unsere Instrumente ausschiffen und fanden zu unserer großen Befriedigung keines beschädigt. Wir mieteten ein geräumiges, für die astronomischen Beobachtun- gen günstig gelegenes Haus. Man genoß darin, wenn der Seewind wehte, einer angenehmen Kühle; die Fenster waren ohne Scheiben, nicht einmal mit Papier bezogen, das in Cumana meist statt des Glases dient. Sämtliche Passagiere des Pizarro verließen das Schiff, aber die vom bösartigen Fieber Befallenen genasen sehr langsam. Wir sahen welche, die nach einem Monat, trotz der guten Pflege, die ihnen von ihren Landsleuten geworden, noch erschrecklich blaß und mager waren. In den spanischen Kolonieen ist die Gastfreundschaft so groß, daß ein Europäer, käme er auch ohne Empfehlung und ohne Geldmittel an, so ziemlich sicher auf Unterstützung rechnen kann, wenn er krank in irgend einem Hafen ans Land geht. Die Katalonier, Galicier und Biscayer stehen im stärksten Verkehr mit Amerika. Sie bilden dort gleichsam drei gesonderte Korporationen, die auf die Sitten, den Ge- werbfleiß und den Handel der Kolonieen bedeutenden Einfluß haben. Der ärmste Einwohner von Siges oder Vigo ist sicher, im Hause eines katalonischen oder galicischen Pulpero (Krämer) Aufnahme zu finden, ob er nun nach Chile oder nach Mexiko oder auf die Philippinen kommt. Ich habe die rührendsten Beispiele gesehen, wie für unbekannte Menschen ganze Jahre lang unverdrossen gesorgt wird. Man kann
wenn er ihn auf einer fernen Küſte ausſprechen hört, nicht lieblicher in den Ohren klingen, als uns hier die Worte Stickſtoff, Eiſenoxyd, Hygrometer. Wir wußten, daß wir, trotz der Befehle des Hofes und der Empfehlung eines mäch- tigen Miniſters, bei unſerem Aufenthalt in den ſpaniſchen Kolonieen mit zahlloſen Unannehmlichkeiten zu kämpfen haben würden, wenn es uns nicht gelang, bei den Regenten dieſer ungeheuren Landſtrecken beſondere Teilnahme für uns zu wecken. Emparan war ein zu warmer Freund der Wiſſen- ſchaft, um es ſeltſam zu finden, daß wir ſo weit hergekommen, um Pflanzen zu ſammeln und die Lage gewiſſer Oertlichkeiten aſtronomiſch zu beſtimmen. Er argwöhnte keine anderen Be- weggründe unſerer Reiſe als die in unſeren Päſſen angegebenen, und die öffentlichen Beweiſe von Achtung, die er uns während unſeres langen Aufenthaltes in ſeinem Regierungs- bezirke gegeben, haben Großes dazu beigetragen, uns überall in Südamerika eine freundliche Aufnahme zu verſchaffen.
Am Abend ließen wir unſere Inſtrumente ausſchiffen und fanden zu unſerer großen Befriedigung keines beſchädigt. Wir mieteten ein geräumiges, für die aſtronomiſchen Beobachtun- gen günſtig gelegenes Haus. Man genoß darin, wenn der Seewind wehte, einer angenehmen Kühle; die Fenſter waren ohne Scheiben, nicht einmal mit Papier bezogen, das in Cumana meiſt ſtatt des Glaſes dient. Sämtliche Paſſagiere des Pizarro verließen das Schiff, aber die vom bösartigen Fieber Befallenen genaſen ſehr langſam. Wir ſahen welche, die nach einem Monat, trotz der guten Pflege, die ihnen von ihren Landsleuten geworden, noch erſchrecklich blaß und mager waren. In den ſpaniſchen Kolonieen iſt die Gaſtfreundſchaft ſo groß, daß ein Europäer, käme er auch ohne Empfehlung und ohne Geldmittel an, ſo ziemlich ſicher auf Unterſtützung rechnen kann, wenn er krank in irgend einem Hafen ans Land geht. Die Katalonier, Galicier und Biscayer ſtehen im ſtärkſten Verkehr mit Amerika. Sie bilden dort gleichſam drei geſonderte Korporationen, die auf die Sitten, den Ge- werbfleiß und den Handel der Kolonieen bedeutenden Einfluß haben. Der ärmſte Einwohner von Siges oder Vigo iſt ſicher, im Hauſe eines kataloniſchen oder galiciſchen Pulpero (Krämer) Aufnahme zu finden, ob er nun nach Chile oder nach Mexiko oder auf die Philippinen kommt. Ich habe die rührendſten Beiſpiele geſehen, wie für unbekannte Menſchen ganze Jahre lang unverdroſſen geſorgt wird. Man kann
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wenn er ihn auf einer fernen Küſte ausſprechen hört, nicht
lieblicher in den Ohren klingen, als uns hier die Worte
Stickſtoff, Eiſenoxyd, Hygrometer. Wir wußten, daß wir,
trotz der Befehle des Hofes und der Empfehlung eines mäch-
tigen Miniſters, bei unſerem Aufenthalt in den ſpaniſchen
Kolonieen mit zahlloſen Unannehmlichkeiten zu kämpfen haben
würden, wenn es uns nicht gelang, bei den Regenten dieſer
ungeheuren Landſtrecken beſondere Teilnahme für uns zu
wecken. Emparan war ein zu warmer Freund der Wiſſen-
ſchaft, um es ſeltſam zu finden, daß wir ſo weit hergekommen,
um Pflanzen zu ſammeln und die Lage gewiſſer Oertlichkeiten
aſtronomiſch zu beſtimmen. Er argwöhnte keine anderen Be-
weggründe unſerer Reiſe als die in unſeren Päſſen angegebenen,
und die öffentlichen Beweiſe von Achtung, die er uns
während unſeres langen Aufenthaltes in ſeinem Regierungs-
bezirke gegeben, haben Großes dazu beigetragen, uns überall
in Südamerika eine freundliche Aufnahme zu verſchaffen.
Am Abend ließen wir unſere Inſtrumente ausſchiffen und
fanden zu unſerer großen Befriedigung keines beſchädigt. Wir
mieteten ein geräumiges, für die aſtronomiſchen Beobachtun-
gen günſtig gelegenes Haus. Man genoß darin, wenn der
Seewind wehte, einer angenehmen Kühle; die Fenſter waren
ohne Scheiben, nicht einmal mit Papier bezogen, das in
Cumana meiſt ſtatt des Glaſes dient. Sämtliche Paſſagiere
des Pizarro verließen das Schiff, aber die vom bösartigen
Fieber Befallenen genaſen ſehr langſam. Wir ſahen welche,
die nach einem Monat, trotz der guten Pflege, die ihnen von
ihren Landsleuten geworden, noch erſchrecklich blaß und mager
waren. In den ſpaniſchen Kolonieen iſt die Gaſtfreundſchaft
ſo groß, daß ein Europäer, käme er auch ohne Empfehlung
und ohne Geldmittel an, ſo ziemlich ſicher auf Unterſtützung
rechnen kann, wenn er krank in irgend einem Hafen ans
Land geht. Die Katalonier, Galicier und Biscayer ſtehen
im ſtärkſten Verkehr mit Amerika. Sie bilden dort gleichſam
drei geſonderte Korporationen, die auf die Sitten, den Ge-
werbfleiß und den Handel der Kolonieen bedeutenden Einfluß
haben. Der ärmſte Einwohner von Siges oder Vigo iſt
ſicher, im Hauſe eines kataloniſchen oder galiciſchen Pulpero
(Krämer) Aufnahme zu finden, ob er nun nach Chile oder
nach Mexiko oder auf die Philippinen kommt. Ich habe die
rührendſten Beiſpiele geſehen, wie für unbekannte Menſchen
ganze Jahre lang unverdroſſen geſorgt wird. Man kann
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/173>, abgerufen am 15.06.2024.
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