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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.

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Galilei und Kepler, Newton und Leibnitz mit den Entdeckungen in den Himmelsräumen durch das neuerfundene Fernrohr begonnen. Wir endigen mit der Erdgestaltung, wie sie aus theoretischen Schlüssen erkannt worden ist. "Newton erhob sich zu der Erklärung des Weltsystems, weil es ihm glückte die Kraft zu finden3, von deren Wirkung die Kepler'schen Gesetze die nothwendige Folge sind, und welche den Erscheinungen entsprechen mußte, indem diese Gesetze ihnen entsprachen und sie vorherverkündigten." Die Auffindung einer solchen Kraft, deren Dasein Newton in seinem unsterblichen Werke der Principien (einer allgemeinen Naturlehre) entwickelt hat, ist fast gleichzeitig gewesen mit den durch die Infinitesimal-Rechnung eröffneten Wegen zu neuen mathematischen Entdeckungen. Die Geistesarbeit zeigt sich in ihrer erhabensten Größe da, wo sie, statt äußerer materieller Mittel zu bedürfen, ihren Glanz allein von dem erhält, was der mathematischen Gedankenentwickelung, der reinen Abstraction entquillt. Es wohnet inne ein fesselnder, von dem ganzen Alterthum gefeierter Zauber4 in der Anschauung mathematischer Wahrheiten, der ewigen Verhältnisse der Zeit und des Raumes, wie sie sich in Tönen und Zahlen und Linien offenbaren. Die Vervollkommnung eines geistigen Werkzeuges der Forschung, der Analysis, hat die gegenseitige Befruchtung der Ideen, welche eben so wichtig als der Reichthum ihrer Erzeugung ist, mächtig befördert. Sie hat der physischen Weltanschauung in ihrer irdischen und himmlischen Sphäre (in den periodischen Schwankungen der Oberfläche des Weltmeeres, wie in den wechselnden Störungen der Planeten) neue Gebiete von ungemessenem Umfange eröffnet.



Galilei und Kepler, Newton und Leibnitz mit den Entdeckungen in den Himmelsräumen durch das neuerfundene Fernrohr begonnen. Wir endigen mit der Erdgestaltung, wie sie aus theoretischen Schlüssen erkannt worden ist. „Newton erhob sich zu der Erklärung des Weltsystems, weil es ihm glückte die Kraft zu finden3, von deren Wirkung die Kepler'schen Gesetze die nothwendige Folge sind, und welche den Erscheinungen entsprechen mußte, indem diese Gesetze ihnen entsprachen und sie vorherverkündigten." Die Auffindung einer solchen Kraft, deren Dasein Newton in seinem unsterblichen Werke der Principien (einer allgemeinen Naturlehre) entwickelt hat, ist fast gleichzeitig gewesen mit den durch die Infinitesimal-Rechnung eröffneten Wegen zu neuen mathematischen Entdeckungen. Die Geistesarbeit zeigt sich in ihrer erhabensten Größe da, wo sie, statt äußerer materieller Mittel zu bedürfen, ihren Glanz allein von dem erhält, was der mathematischen Gedankenentwickelung, der reinen Abstraction entquillt. Es wohnet inne ein fesselnder, von dem ganzen Alterthum gefeierter Zauber4 in der Anschauung mathematischer Wahrheiten, der ewigen Verhältnisse der Zeit und des Raumes, wie sie sich in Tönen und Zahlen und Linien offenbaren. Die Vervollkommnung eines geistigen Werkzeuges der Forschung, der Analysis, hat die gegenseitige Befruchtung der Ideen, welche eben so wichtig als der Reichthum ihrer Erzeugung ist, mächtig befördert. Sie hat der physischen Weltanschauung in ihrer irdischen und himmlischen Sphäre (in den periodischen Schwankungen der Oberfläche des Weltmeeres, wie in den wechselnden Störungen der Planeten) neue Gebiete von ungemessenem Umfange eröffnet.



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[394/0399] Galilei und Kepler, Newton und Leibnitz mit den Entdeckungen in den Himmelsräumen durch das neuerfundene Fernrohr begonnen. Wir endigen mit der Erdgestaltung, wie sie aus theoretischen Schlüssen erkannt worden ist. „Newton erhob sich zu der Erklärung des Weltsystems, weil es ihm glückte die Kraft zu finden ³ , von deren Wirkung die Kepler'schen Gesetze die nothwendige Folge sind, und welche den Erscheinungen entsprechen mußte, indem diese Gesetze ihnen entsprachen und sie vorherverkündigten." Die Auffindung einer solchen Kraft, deren Dasein Newton in seinem unsterblichen Werke der Principien (einer allgemeinen Naturlehre) entwickelt hat, ist fast gleichzeitig gewesen mit den durch die Infinitesimal-Rechnung eröffneten Wegen zu neuen mathematischen Entdeckungen. Die Geistesarbeit zeigt sich in ihrer erhabensten Größe da, wo sie, statt äußerer materieller Mittel zu bedürfen, ihren Glanz allein von dem erhält, was der mathematischen Gedankenentwickelung, der reinen Abstraction entquillt. Es wohnet inne ein fesselnder, von dem ganzen Alterthum gefeierter Zauber ⁴ in der Anschauung mathematischer Wahrheiten, der ewigen Verhältnisse der Zeit und des Raumes, wie sie sich in Tönen und Zahlen und Linien offenbaren. Die Vervollkommnung eines geistigen Werkzeuges der Forschung, der Analysis, hat die gegenseitige Befruchtung der Ideen, welche eben so wichtig als der Reichthum ihrer Erzeugung ist, mächtig befördert. Sie hat der physischen Weltanschauung in ihrer irdischen und himmlischen Sphäre (in den periodischen Schwankungen der Oberfläche des Weltmeeres, wie in den wechselnden Störungen der Planeten) neue Gebiete von ungemessenem Umfange eröffnet.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/399>, abgerufen am 30.04.2024.