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Humboldt, Alexander von: An Hrn Delambre in Paris. Lima, d[en] 25[.] November 1802; An Hrn[.] Prof. Willdenow in Berlin. Mexiko, den 29[.] April 1803. In: Neue Berlinische Monatschrift, Bd. 10 (1803), S. 241-272.

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Oktober 1803.
cher so heftige Explosionen erlitten hat, finde ich
noch eben so hoch als er 1744 gewesen ist, oder
vielmehr - durch einen vermuthlich von mir
begangnen Fehler - noch etwas höher. Der
steinige Gipfel des Kotopaxi zeigt aber auch, daß
es ein Schornstein ist, der Widerstand zu leisten
und seine Gestalt zu erhalten vermag.

Unsere vom Jänner bis Julius in den An-
den von Quito angestellten Beobachtungen ha-
ben den Einwohnern die traurige Neuigkeit hin-
terbracht, daß der Krater des Pichincha, wel-
chen Condamine voll Schnee sah, von neuem
brennt; und daß der Tschimborasso, den man
so ruhig und unschuldig wähnte, zu den feuer-
speienden Bergen gehört hat, und sich vielleicht
in Zukunft wieder entzünden wird. Wir haben
in der Höhe von 3031 Toisen gebrannte Fels-
stücke und Bimstein gefunden.Wehe dem mensch-
lichen Geschlecht, wenn dies unterirdische Feuer
(denn man kann die ganze Gebirgsfläche von
Quito als einen einzigen Volkan mit mehrern
Gipfeln betrachten) sich einst durch den Tschimbo-
rasso einen Ausgang verschaffen sollte! Man lie-
set in vielen Büchern: dieser Berg bestehe aus
Granit; aber davon giebt es dort nicht ein
Atom. Es ist Porphyr, hie und da säulenför-
mig, und mit eingemengtem glasigen Feldspath,

Horn-

Oktober 1803.
cher ſo heftige Exploſionen erlitten hat, finde ich
noch eben ſo hoch als er 1744 geweſen iſt, oder
vielmehr – durch einen vermuthlich von mir
begangnen Fehler – noch etwas hoͤher. Der
ſteinige Gipfel des Kotopaxi zeigt aber auch, daß
es ein Schornſtein ist, der Widerstand zu leiſten
und ſeine Geſtalt zu erhalten vermag.

Unſere vom Jaͤnner bis Julius in den An-
den von Quito angeſtellten Beobachtungen ha-
ben den Einwohnern die traurige Neuigkeit hin-
terbracht, daß der Krater des Pichincha, wel-
chen Condamine voll Schnee ſah, von neuem
brennt; und daß der Tſchimboraſſo, den man
ſo ruhig und unschuldig waͤhnte, zu den feuer-
ſpeienden Bergen gehoͤrt hat, und ſich vielleicht
in Zukunft wieder entzuͤnden wird. Wir haben
in der Hoͤhe von 3031 Toiſen gebrannte Fels-
ſtuͤcke und Bimſtein gefunden.Wehe dem menſch-
lichen Geſchlecht, wenn dies unterirdiſche Feuer
(denn man kann die ganze Gebirgsflaͤche von
Quito als einen einzigen Volkan mit mehrern
Gipfeln betrachten) ſich einſt durch den Tſchimbo-
raſſo einen Ausgang verſchaffen ſollte! Man lie-
ſet in vielen Buͤchern: dieſer Berg beſtehe aus
Granit; aber davon giebt es dort nicht ein
Atom. Es ist Porphyr, hie und da ſaͤulenfoͤr-
mig, und mit eingemengtem glaſigen Feldſpath,

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[256/0018] Oktober 1803. cher ſo heftige Exploſionen erlitten hat, finde ich noch eben ſo hoch als er 1744 geweſen iſt, oder vielmehr – durch einen vermuthlich von mir begangnen Fehler – noch etwas hoͤher. Der ſteinige Gipfel des Kotopaxi zeigt aber auch, daß es ein Schornſtein ist, der Widerstand zu leiſten und ſeine Geſtalt zu erhalten vermag. Unſere vom Jaͤnner bis Julius in den An- den von Quito angeſtellten Beobachtungen ha- ben den Einwohnern die traurige Neuigkeit hin- terbracht, daß der Krater des Pichincha, wel- chen Condamine voll Schnee ſah, von neuem brennt; und daß der Tſchimboraſſo, den man ſo ruhig und unschuldig waͤhnte, zu den feuer- ſpeienden Bergen gehoͤrt hat, und ſich vielleicht in Zukunft wieder entzuͤnden wird. Wir haben in der Hoͤhe von 3031 Toiſen gebrannte Fels- ſtuͤcke und Bimſtein gefunden.Wehe dem menſch- lichen Geſchlecht, wenn dies unterirdiſche Feuer (denn man kann die ganze Gebirgsflaͤche von Quito als einen einzigen Volkan mit mehrern Gipfeln betrachten) ſich einſt durch den Tſchimbo- raſſo einen Ausgang verſchaffen ſollte! Man lie- ſet in vielen Buͤchern: dieſer Berg beſtehe aus Granit; aber davon giebt es dort nicht ein Atom. Es ist Porphyr, hie und da ſaͤulenfoͤr- mig, und mit eingemengtem glaſigen Feldſpath, Horn-

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: An Hrn Delambre in Paris. Lima, d[en] 25[.] November 1802; An Hrn[.] Prof. Willdenow in Berlin. Mexiko, den 29[.] April 1803. In: Neue Berlinische Monatschrift, Bd. 10 (1803), S. 241-272, hier S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_willdenow_1803/18>, abgerufen am 30.04.2024.