hochmüthiges Volk; als ein Volk, dem nichts wahr und glaubwürdig scheint, was nicht mit der Ver- nunft aller übrigen Menschen und mit dem gewöhn- lichen Gange der Natur im schreiendsten Widerspru- che steht; als ein rohes und ungebildetes Volk, das von Habsucht, Wucher- und Schachergeist, Faulheit und Arbeitscheu, Unduldsamkeit und bitterm, unauslöschlichem Haß gegen alle Andersdenkende ge- leitet wird. Man zeige mir unter tausend Juden nur zehn, bei denen sich diese volksthümlichen Ei- genheiten nicht auf eine sehr merkliche Weise aus- sprechen, und ich nehme mit Freuden Alles zurück, was ich jemals Nachtheiliges über die Jsraeliten urtheilte und schrieb.
Um übrigens ihnen nicht Unrecht zu thun, mußte ich bei meiner Schilderung die Ursachen ent- wickeln, wodurch sie wurden, was sie sind. Hier konnte ich nicht umhin, die kirchlichen und weltli- chen Einrichtungen und die Religionsquellen der jüdischen Vorzeit zu berühren, und da fürchte ich, daß manche meiner Ansichten nicht mit denen über- einstimmen, welche viele und die meisten meiner Le- ser von ihren Eltern und Voreltern ererbt haben. Jch bekenne aufrichtig, daß meine, in diesem Bu- che aufgestellten Grundsätze gleichfalls kein ererbtes, sondern erst durch mehr, als dreißigjähriges Nach- denken und Forschen erworbenes Gut sind, was ich für keine Erbschaft der Welt weggeben möchte. Jndessen sei es ferne von mir Andern ihre Ueber- zeugungen rauben oder wankend machen zu wollen. Jch biete herzlich und mit Freuden Jedem, der nicht glaubt, was ich glaube, die Hand, und rufe ihm brüderlich mit meinem ehrwürdigen Lieblingsdichter Voß entgegen:
Wohlan, wir bleiben einig, Und lassen uns in Ruh! Jch sage, dieses mein' ich, Und jenes meinest du.
hochmuͤthiges Volk; als ein Volk, dem nichts wahr und glaubwuͤrdig ſcheint, was nicht mit der Ver- nunft aller uͤbrigen Menſchen und mit dem gewoͤhn- lichen Gange der Natur im ſchreiendſten Widerſpru- che ſteht; als ein rohes und ungebildetes Volk, das von Habſucht, Wucher- und Schachergeiſt, Faulheit und Arbeitſcheu, Unduldſamkeit und bitterm, unausloͤſchlichem Haß gegen alle Andersdenkende ge- leitet wird. Man zeige mir unter tauſend Juden nur zehn, bei denen ſich dieſe volksthuͤmlichen Ei- genheiten nicht auf eine ſehr merkliche Weiſe aus- ſprechen, und ich nehme mit Freuden Alles zuruͤck, was ich jemals Nachtheiliges uͤber die Jſraeliten urtheilte und ſchrieb.
Um uͤbrigens ihnen nicht Unrecht zu thun, mußte ich bei meiner Schilderung die Urſachen ent- wickeln, wodurch ſie wurden, was ſie ſind. Hier konnte ich nicht umhin, die kirchlichen und weltli- chen Einrichtungen und die Religionsquellen der juͤdiſchen Vorzeit zu beruͤhren, und da fuͤrchte ich, daß manche meiner Anſichten nicht mit denen uͤber- einſtimmen, welche viele und die meiſten meiner Le- ſer von ihren Eltern und Voreltern ererbt haben. Jch bekenne aufrichtig, daß meine, in dieſem Bu- che aufgeſtellten Grundſaͤtze gleichfalls kein ererbtes, ſondern erſt durch mehr, als dreißigjaͤhriges Nach- denken und Forſchen erworbenes Gut ſind, was ich fuͤr keine Erbſchaft der Welt weggeben moͤchte. Jndeſſen ſei es ferne von mir Andern ihre Ueber- zeugungen rauben oder wankend machen zu wollen. Jch biete herzlich und mit Freuden Jedem, der nicht glaubt, was ich glaube, die Hand, und rufe ihm bruͤderlich mit meinem ehrwuͤrdigen Lieblingsdichter Voß entgegen:
Wohlan, wir bleiben einig, Und laſſen uns in Ruh! Jch ſage, dieſes mein’ ich, Und jenes meineſt du.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0442"n="442"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
hochmuͤthiges Volk; als ein Volk, dem nichts wahr<lb/>
und glaubwuͤrdig ſcheint, was nicht mit der Ver-<lb/>
nunft aller uͤbrigen Menſchen und mit dem gewoͤhn-<lb/>
lichen Gange der Natur im ſchreiendſten Widerſpru-<lb/>
che ſteht; als ein rohes und ungebildetes Volk,<lb/>
das von Habſucht, Wucher- und Schachergeiſt,<lb/>
Faulheit und Arbeitſcheu, Unduldſamkeit und bitterm,<lb/>
unausloͤſchlichem Haß gegen alle Andersdenkende ge-<lb/>
leitet wird. Man zeige mir unter tauſend Juden<lb/>
nur zehn, bei denen ſich dieſe volksthuͤmlichen Ei-<lb/>
genheiten nicht auf eine ſehr merkliche Weiſe aus-<lb/>ſprechen, und ich nehme mit Freuden Alles zuruͤck,<lb/>
was ich jemals Nachtheiliges uͤber die Jſraeliten<lb/>
urtheilte und ſchrieb.</p><lb/><p>Um uͤbrigens ihnen nicht Unrecht zu thun,<lb/>
mußte ich bei meiner Schilderung die Urſachen ent-<lb/>
wickeln, wodurch ſie wurden, was ſie ſind. Hier<lb/>
konnte ich nicht umhin, die kirchlichen und weltli-<lb/>
chen Einrichtungen und die Religionsquellen der<lb/>
juͤdiſchen Vorzeit zu beruͤhren, und da fuͤrchte ich,<lb/>
daß manche meiner Anſichten nicht mit denen uͤber-<lb/>
einſtimmen, welche viele und die meiſten meiner Le-<lb/>ſer von ihren Eltern und Voreltern ererbt haben.<lb/>
Jch bekenne aufrichtig, daß meine, in dieſem Bu-<lb/>
che aufgeſtellten Grundſaͤtze gleichfalls kein ererbtes,<lb/>ſondern erſt durch mehr, als dreißigjaͤhriges Nach-<lb/>
denken und Forſchen erworbenes Gut ſind, was<lb/>
ich fuͤr keine Erbſchaft der Welt weggeben moͤchte.<lb/>
Jndeſſen ſei es ferne von mir Andern ihre Ueber-<lb/>
zeugungen rauben oder wankend machen zu wollen.<lb/>
Jch biete herzlich und mit Freuden Jedem, der nicht<lb/>
glaubt, was ich glaube, die Hand, und rufe ihm<lb/>
bruͤderlich mit meinem ehrwuͤrdigen Lieblingsdichter<lb/><hirendition="#g">Voß</hi> entgegen:</p><lb/><lgtype="poem"><l>Wohlan, wir bleiben einig,</l><lb/><l>Und laſſen uns in Ruh!</l><lb/><l>Jch ſage, dieſes mein’ ich,</l><lb/><l>Und jenes meineſt du.</l></lg><lb/></div></body></text></TEI>
[442/0442]
hochmuͤthiges Volk; als ein Volk, dem nichts wahr
und glaubwuͤrdig ſcheint, was nicht mit der Ver-
nunft aller uͤbrigen Menſchen und mit dem gewoͤhn-
lichen Gange der Natur im ſchreiendſten Widerſpru-
che ſteht; als ein rohes und ungebildetes Volk,
das von Habſucht, Wucher- und Schachergeiſt,
Faulheit und Arbeitſcheu, Unduldſamkeit und bitterm,
unausloͤſchlichem Haß gegen alle Andersdenkende ge-
leitet wird. Man zeige mir unter tauſend Juden
nur zehn, bei denen ſich dieſe volksthuͤmlichen Ei-
genheiten nicht auf eine ſehr merkliche Weiſe aus-
ſprechen, und ich nehme mit Freuden Alles zuruͤck,
was ich jemals Nachtheiliges uͤber die Jſraeliten
urtheilte und ſchrieb.
Um uͤbrigens ihnen nicht Unrecht zu thun,
mußte ich bei meiner Schilderung die Urſachen ent-
wickeln, wodurch ſie wurden, was ſie ſind. Hier
konnte ich nicht umhin, die kirchlichen und weltli-
chen Einrichtungen und die Religionsquellen der
juͤdiſchen Vorzeit zu beruͤhren, und da fuͤrchte ich,
daß manche meiner Anſichten nicht mit denen uͤber-
einſtimmen, welche viele und die meiſten meiner Le-
ſer von ihren Eltern und Voreltern ererbt haben.
Jch bekenne aufrichtig, daß meine, in dieſem Bu-
che aufgeſtellten Grundſaͤtze gleichfalls kein ererbtes,
ſondern erſt durch mehr, als dreißigjaͤhriges Nach-
denken und Forſchen erworbenes Gut ſind, was
ich fuͤr keine Erbſchaft der Welt weggeben moͤchte.
Jndeſſen ſei es ferne von mir Andern ihre Ueber-
zeugungen rauben oder wankend machen zu wollen.
Jch biete herzlich und mit Freuden Jedem, der nicht
glaubt, was ich glaube, die Hand, und rufe ihm
bruͤderlich mit meinem ehrwuͤrdigen Lieblingsdichter
Voß entgegen:
Wohlan, wir bleiben einig,
Und laſſen uns in Ruh!
Jch ſage, dieſes mein’ ich,
Und jenes meineſt du.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/442>, abgerufen am 16.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.