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Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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blieb, um dann gewöhnlich störrisch, unlustig zurückzukehren. Fast kam kein fröhliches Lied mehr aus ihrem Munde, statt des:

Hora, hora, vysoka sji Ma panenko, vzdalena syi

sang sie jetzt düstere katholische Lieder, wie sie die Wallfahrer auf den Processionen zu singen pflegen, und erregte dadurch Josseph's argwöhnischer Seele manches Aergerniß. Die alte Marjim machte zu diesem Umstande die richtige Bemerkung, daß sie erst jetzt überzeugt sei, wie Anezka gar keinen Liebhaber sich könne angeschafft haben. Möcht' sie denn, sagte sie, so traurige Lieder singen, wenn sie herzfreud wär'? Ich lass' mir ender mein klein Fingerl wegschneiden, ehe ich das thu' glauben. Es muß etwas Anderes mit ihr vorgegangen sein. --

An diesem Tage war Anezka unwirscher als sonst früher. Sie war am Nachmittage fortgegangen, um, wie sie zu Fischele sagte, doch auch einmal zu wissen, wie es bei anderen Leuten, als bei den Juden, aussehe. Das hatte sie zu dem Knaben zwar mit lachendem Munde gesagt, nichts desto weniger schnitt ihm eine solche Rede tief durchs Herz. Die Großmutter meinte, die Magd habe vor ihrem Weggehen das Essen für den heute fastenden Josseph vorbereitet; als aber der Abend kam und Josseph nach seinem Mittagmahle begehrte, da fand sich, daß die Magd für gar

blieb, um dann gewöhnlich störrisch, unlustig zurückzukehren. Fast kam kein fröhliches Lied mehr aus ihrem Munde, statt des:

Hora, hora, vysoka sji Ma panenko, vzdalena syi

sang sie jetzt düstere katholische Lieder, wie sie die Wallfahrer auf den Processionen zu singen pflegen, und erregte dadurch Josseph's argwöhnischer Seele manches Aergerniß. Die alte Marjim machte zu diesem Umstande die richtige Bemerkung, daß sie erst jetzt überzeugt sei, wie Anezka gar keinen Liebhaber sich könne angeschafft haben. Möcht' sie denn, sagte sie, so traurige Lieder singen, wenn sie herzfreud wär'? Ich lass' mir ender mein klein Fingerl wegschneiden, ehe ich das thu' glauben. Es muß etwas Anderes mit ihr vorgegangen sein. —

An diesem Tage war Anezka unwirscher als sonst früher. Sie war am Nachmittage fortgegangen, um, wie sie zu Fischele sagte, doch auch einmal zu wissen, wie es bei anderen Leuten, als bei den Juden, aussehe. Das hatte sie zu dem Knaben zwar mit lachendem Munde gesagt, nichts desto weniger schnitt ihm eine solche Rede tief durchs Herz. Die Großmutter meinte, die Magd habe vor ihrem Weggehen das Essen für den heute fastenden Josseph vorbereitet; als aber der Abend kam und Josseph nach seinem Mittagmahle begehrte, da fand sich, daß die Magd für gar

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:25:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:25:39Z)

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Zitationshilfe: Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kompert_verlorene_1910/86>, abgerufen am 10.11.2024.