Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 4, v. 12-16. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
GOttes sich auch sonderlich unter dem Leidendarinnen erwiesen hat, daß sie die schweresten Drangsalen hat erträglich gemacht) und sind nacket (gar schlecht bekleidet; also, daß es offt nicht allein an der Fülle zur Sättigung, sondern auch an der Hülle zur genugsamen Decke fehlet. Welches alles Paulus gar schön erläutert Phil. 4, 11. 12. 13. Jch habe gelernet, bey welchem ich bin, mir genügen zu lassen. Jch kan niedrig seyn, ich kan hoch seyn: ich bin in allen Dingen und in allen geschickt, beyde satt seyn und hungern, beyde übrig haben und Mangel leiden. Jch vermag alles durch den, der mich mächtig machet, Chri- stum) und werden geschlagen (Act. 16, 22. 23, 2. 2 Cor. 6, 5. 11, 23. 27.) und haben kei- ne gewisse Stäte (nach dem Exempel Christi, der nicht hatte, wo er sein Haupt hinlegte. Luc. 9, 58.) V. 12. Und arbeiten und wircken mit unsern V. 13. Man lästert uns, so flehen wir (wir Anmerckungen. 1. Getreue Knechte und Kinder GOttes, 2. Man lästert uns, so flehen wir. V. 14. Nicht schreibe ich solches (wie es uns Anmerckung. Die Beschämung ist nöthig, nemlich bey V. 15. 16. Denn ob ihr gleich zehen tausend (sehr Anmerckungen. 1. Daß das Wort paidagogos, so Lu- therus durch das Wort Zuchtmeister übersetzet hat, und eigentlich ein Lehrer, oder Anfüh- rer der Kinder heist, nicht etwas widriges sey, oder C c 2
Cap. 4, v. 12-16. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
GOttes ſich auch ſonderlich unter dem Leidendarinnen erwieſen hat, daß ſie die ſchwereſten Drangſalen hat ertraͤglich gemacht) und ſind nacket (gar ſchlecht bekleidet; alſo, daß es offt nicht allein an der Fuͤlle zur Saͤttigung, ſondern auch an der Huͤlle zur genugſamen Decke fehlet. Welches alles Paulus gar ſchoͤn erlaͤutert Phil. 4, 11. 12. 13. Jch habe gelernet, bey welchem ich bin, mir genuͤgen zu laſſen. Jch kan niedrig ſeyn, ich kan hoch ſeyn: ich bin in allen Dingen und in allen geſchickt, beyde ſatt ſeyn und hungern, beyde uͤbrig haben und Mangel leiden. Jch vermag alles durch den, der mich maͤchtig machet, Chri- ſtum) und werden geſchlagen (Act. 16, 22. 23, 2. 2 Cor. 6, 5. 11, 23. 27.) und haben kei- ne gewiſſe Staͤte (nach dem Exempel Chriſti, der nicht hatte, wo er ſein Haupt hinlegte. Luc. 9, 58.) V. 12. Und arbeiten und wircken mit unſern V. 13. Man laͤſtert uns, ſo flehen wir (wir Anmerckungen. 1. Getreue Knechte und Kinder GOttes, 2. Man laͤſtert uns, ſo flehen wir. V. 14. Nicht ſchreibe ich ſolches (wie es uns Anmerckung. Die Beſchaͤmung iſt noͤthig, nemlich bey V. 15. 16. Denn ob ihr gleich zehen tauſend (ſehr Anmerckungen. 1. Daß das Wort παιδαγωγὸς, ſo Lu- therus durch das Wort Zuchtmeiſter uͤberſetzet hat, und eigentlich ein Lehrer, oder Anfuͤh- rer der Kinder heiſt, nicht etwas widriges ſey, oder C c 2
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Cap. 4, v. 12-16. an die Corinthier.
GOttes ſich auch ſonderlich unter dem Leiden
darinnen erwieſen hat, daß ſie die ſchwereſten
Drangſalen hat ertraͤglich gemacht) und ſind
nacket (gar ſchlecht bekleidet; alſo, daß es offt
nicht allein an der Fuͤlle zur Saͤttigung, ſondern
auch an der Huͤlle zur genugſamen Decke fehlet.
Welches alles Paulus gar ſchoͤn erlaͤutert Phil.
4, 11. 12. 13. Jch habe gelernet, bey welchem
ich bin, mir genuͤgen zu laſſen. Jch kan
niedrig ſeyn, ich kan hoch ſeyn: ich bin in
allen Dingen und in allen geſchickt, beyde
ſatt ſeyn und hungern, beyde uͤbrig haben
und Mangel leiden. Jch vermag alles
durch den, der mich maͤchtig machet, Chri-
ſtum) und werden geſchlagen (Act. 16, 22.
23, 2. 2 Cor. 6, 5. 11, 23. 27.) und haben kei-
ne gewiſſe Staͤte (nach dem Exempel Chriſti,
der nicht hatte, wo er ſein Haupt hinlegte. Luc.
9, 58.)
V. 12.
Und arbeiten und wircken mit unſern
eignen Haͤnden (welches wir zwar zu thun nicht
noͤthig haͤtten, ſondern mit gutem Gewiſſen von
denen, welche das Wort annehmen, unſern
Unterhalt fodern koͤnten, da ja auch ſonſt ein
leiblicher Arbeiter ſeines Lohns werth iſt nach
CHiſti eignem Ausſpruche Act. 18, 3. c. 20, 34.
1 Cor. 9, 6. 15. 2 Cor. 11, 9. 1 Theſſ. 2, 9.
2 Theſſ. 3, 8. Matth. 10, 10.) Man ſchilt
uns, ſo ſegnen wir, man verfolget uns, ſo
dulden wir (denn gutes thun und boͤſes leiden
ſind die vornehmſten Kennzeichen eines getreuen
Knechts Chriſti Matth. 5, 44. Luc. 6, 28. Rom.
12, 14. Und dieſes nach dem Exempel unſers
Heilandes Luc. 23, 34. der da ſagte: Vater,
vergieb ihnen, denn ſie wiſſen nicht, was
ſie thun: und Stephani, der da nieder kniete
und ſchrie laut: HErr, behalte ihnen dieſe
Suͤnde nicht. Ap. Geſch. 7, 59.)
V. 13.
Man laͤſtert uns, ſo flehen wir (wir
ſchelten nicht wieder, ſondern bitten und ermah-
nen die Laͤſterer, daß ſie doch ihrer ſelbſt ſcho-
nen und ſich nicht ſo groͤblich an GOtt und uns
verſuͤndigen moͤchten) wir ſind ſtets (von An-
fange an bis hieher) ein Fluch der Welt (περι-
καθάρματα, als ein Unflath und Auskehricht,
den man von ſich thut; ja als ſolche Menſchen,
welche man, um die vermeinten Goͤtter nach
Heidniſcher Art zu verſoͤhnen, und den Fluch
von einem Lande hinwegzunehmen, aus dem
Wege raͤumete) und als ein Feg-Opfer aller
Leute (περίψημα, quisquiliæ, ſcoria, gleich-
ſam ein Schuhlappen, und alſo wie nichtswuͤr-
dige Leute.
Anmerckungen.
1. Getreue Knechte und Kinder GOttes,
welche nach dem Exempel ihres Hochgelobten
Hauptes, Chriſti, und aller getreuen Nachfol-
ger, das Geheimniß des Creutzes Chriſti recht
erkennen, laſſen ſich dadurch gar nicht irre ma-
chen. Denn ſie wiſſen, was ſie fuͤr einen groſſen
geiſtlichen Adel in GOtt haben, und durch das
arge Verfahren der Welt ihn ſo gar nicht verlie-
ren, daß er dadurch vielmehr immer herrlicher
wird.
2. Man laͤſtert uns, ſo flehen wir.
Diß ſind Worte der noͤthigen Selbſt-Pruͤfung,
ob man es auch bey Laͤſterungen allemal alſo
gemachet habe. Es will oft ſchwer eingehen.
Und doch iſt es noͤthig, auch billig, daß man die
Laͤſterer, als hoͤchſt elende Leute, mit erbarmen-
den Augen anſehe.
V. 14.
Nicht ſchreibe ich ſolches (wie es uns
Apoſteln ergehet, und wie weit ihr noch von die-
ſem Sinne und dieſer Erfahrung entfernet ſeyd)
daß ich euch beſchaͤme (es euch zu eurer Be-
ſchamung aus Unwillen vorhalte) ſondern ich
vermahne euch (aus vaͤterlichem und muͤtterli-
chem Affect) als meine lieben Kinder (um euch
von dem, was dem Sinne und der Lehre Chriſti
nicht gemaͤß iſt, abzufuͤhren, und immer mehr
zum rechtſchaffenen Weſen zu bringen. 1 Cor 9, 1.
1 Theſſ. 2, 11.)
Anmerckung.
Die Beſchaͤmung iſt noͤthig, nemlich bey
ſolchen, die zuviel aus ſich ſelbſt machen. Doch
muß ſie alſo geſuchet werden, daß dabey der
Grund und Affect der Liebe recht erkant werde.
Denn nichts dringet mehr ein und durch, als
die Liebe, wenn ſie ſich mitten in der Beſtrafung
recht hervorthut. Auf welche Art das Evange-
lium dem Geſetze den rechten Nachdruck giebet.
V. 15. 16.
Denn ob ihr gleich zehen tauſend (ſehr
viele) Zuchtmeiſter haͤttet in Chriſto (ſolche
Lehrer, welche das von mir unter euch angefan-
gene Werck alſo fortſetzten, gleichwie ein Pæda-
gogus, ein Lehrmeiſter, welchem die Eltern ihre
Kinder uͤbergeben, ſich nebſt den Eltern, oder
an derſelben ſtatt, die Auferziehung und Unter-
weiſung laͤſſet angelegen ſeyn: da zwar auch
von dieſem alle Treue und Liebe erfodert wird,
aber doch zwiſchen ihm und den Eltern ein groſ-
ſer Unterſcheid bleibet) ſo habet ihr doch nicht
viel (geiſtliche) Vaͤter, denn ich habe euch
gezeuget in Chriſto JEſu durchs Evange-
lium (da ich anderthalb Jahre euch daſſelbe ver-
kuͤndiget, und ihr in der That erfahren habet,
daß es eine Kraft GOttes iſt zur Bekehrung und
zur Seligkeit Act. 18, 11. Gal. 4, 19. 1 Theſſ. 2,
7. 8. Philem. v. 10. Jac. 1, 18. 1 Pet. 1, 23.
c. 2, 2.) v. 16. Darum (weil ich bey euch das
Recht und Amt eines Vaters habe, und ihr in
der Schuldigkeit der Kinder ſtehet) ermahne
ich euch, ſeyd meine Nachfolger (in der rei-
nen Lehre und im heiligen Leben; gleichwie ich
darinnen Chriſto folge. c. 11, 1. Phil. 3, 17. 1 Theſſ.
1, 6. 2 Theſſ. 3, 9.)
Anmerckungen.
1. Daß das Wort παιδαγωγὸς, ſo Lu-
therus durch das Wort Zuchtmeiſter uͤberſetzet
hat, und eigentlich ein Lehrer, oder Anfuͤh-
rer der Kinder heiſt, nicht etwas widriges ſey,
oder
C c 2
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