trocknen und kalten Teilchen vorherrschen. Die Erde ist aber porös und mit Wasser umgeben; daher ist es natürlich, daß etwas von der Flüssigkeit des Wassers zwischen die Erdteilchen eindringt; dasselbe gilt von den Luftteilchen und noch weiter von den Teilchen des Feuers, dessen Kreis die ganze Welt umgiebt; aus diesem Grunde finden sich in der wahrnehmbaren Erde die Elementarteilchen aller Art, aber die der Erde sind die maßgebenden. Die übrigen sind nur zufällig (accidentaliter) in der Erde, nicht von Natur (naturaliter), sie besteht nicht aus ihnen.
Es ist kein Zweifel, daß hier eine durchaus korpuskulare Auffassung der physischen Veränderungen vorliegt. Die Grund- bestandteile der Körperwelt werden gedacht als Korpuskeln des Feuers, des Wassers, der Luft und Erde, und ihre Mischung bestimmt die Körper. Aus ihnen sucht Wilhelm von Conches eine Erklärung der Körperwelt zu geben, doch reicht diese im allgemeinen nicht weiter als die Reminiscenzen an die platonisch-aristotelische Elementenlehre, insofern nicht Überliefe- rungen aus ärztlichen Kreisen vorliegen.
Die Bildertheorie der Atomisten zur Erklärung der Wahr- nehmung nimmt er nicht an; dagegen giebt er den Versuch einer ganz materialistischen Psychologie, indem er die Eigen- schaften der Seele im Gehirn in einer Cellula fantastica, logistica und memorialis lokalisiert.1 Auch in dieser kühnen Physiologie des Gehirns werden die Grundeigenschaften der Elemente zur Erklärung benutzt.2
9. Hugo von St. Victor.
In diesem Zusammenhange korpuskulartheoretischer Be- strebungen verdient auch die Ansicht des Mystikers Hugo von St. Victor (1097--1141), der durch seinen Einfluß auf die Theologie und sein encyklopädisches Wissen von Bedeutung ist, eine Erwähnung. Die Erkenntnis durch den Verstand ist nach Hugo nicht ausreichend, die Wahrheit der Dinge unver- fälscht zu ergründen. Es steht daher auch die Erkenntnis der
1Man. lat. de la Biblioth. nat. No. 6588. Nach Haureau, I p. 435, 436.
2 Über Conches' Physiologie und seine Abhängigkeit von Constantinus Africanus vgl. Siebeck, Z. Psychol. d. Schol., Arch. f. G. d. Ph. I S. 531 f.
Wilhelm von Conches: Korpuskulare Erklärungen.
trocknen und kalten Teilchen vorherrschen. Die Erde ist aber porös und mit Wasser umgeben; daher ist es natürlich, daß etwas von der Flüssigkeit des Wassers zwischen die Erdteilchen eindringt; dasselbe gilt von den Luftteilchen und noch weiter von den Teilchen des Feuers, dessen Kreis die ganze Welt umgiebt; aus diesem Grunde finden sich in der wahrnehmbaren Erde die Elementarteilchen aller Art, aber die der Erde sind die maßgebenden. Die übrigen sind nur zufällig (accidentaliter) in der Erde, nicht von Natur (naturaliter), sie besteht nicht aus ihnen.
Es ist kein Zweifel, daß hier eine durchaus korpuskulare Auffassung der physischen Veränderungen vorliegt. Die Grund- bestandteile der Körperwelt werden gedacht als Korpuskeln des Feuers, des Wassers, der Luft und Erde, und ihre Mischung bestimmt die Körper. Aus ihnen sucht Wilhelm von Conches eine Erklärung der Körperwelt zu geben, doch reicht diese im allgemeinen nicht weiter als die Reminiscenzen an die platonisch-aristotelische Elementenlehre, insofern nicht Überliefe- rungen aus ärztlichen Kreisen vorliegen.
Die Bildertheorie der Atomisten zur Erklärung der Wahr- nehmung nimmt er nicht an; dagegen giebt er den Versuch einer ganz materialistischen Psychologie, indem er die Eigen- schaften der Seele im Gehirn in einer Cellula fantastica, logistica und memorialis lokalisiert.1 Auch in dieser kühnen Physiologie des Gehirns werden die Grundeigenschaften der Elemente zur Erklärung benutzt.2
9. Hugo von St. Victor.
In diesem Zusammenhange korpuskulartheoretischer Be- strebungen verdient auch die Ansicht des Mystikers Hugo von St. Victor (1097—1141), der durch seinen Einfluß auf die Theologie und sein encyklopädisches Wissen von Bedeutung ist, eine Erwähnung. Die Erkenntnis durch den Verstand ist nach Hugo nicht ausreichend, die Wahrheit der Dinge unver- fälscht zu ergründen. Es steht daher auch die Erkenntnis der
1Man. lat. de la Biblioth. nat. No. 6588. Nach Hauréau, I p. 435, 436.
2 Über Conches’ Physiologie und seine Abhängigkeit von Constantinus Africanus vgl. Siebeck, Z. Psychol. d. Schol., Arch. f. G. d. Ph. I S. 531 f.
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Wilhelm von Conches: Korpuskulare Erklärungen.
trocknen und kalten Teilchen vorherrschen. Die Erde ist aber
porös und mit Wasser umgeben; daher ist es natürlich, daß
etwas von der Flüssigkeit des Wassers zwischen die Erdteilchen
eindringt; dasselbe gilt von den Luftteilchen und noch weiter
von den Teilchen des Feuers, dessen Kreis die ganze Welt
umgiebt; aus diesem Grunde finden sich in der wahrnehmbaren
Erde die Elementarteilchen aller Art, aber die der Erde sind
die maßgebenden. Die übrigen sind nur zufällig (accidentaliter)
in der Erde, nicht von Natur (naturaliter), sie besteht nicht
aus ihnen.
Es ist kein Zweifel, daß hier eine durchaus korpuskulare
Auffassung der physischen Veränderungen vorliegt. Die Grund-
bestandteile der Körperwelt werden gedacht als Korpuskeln des
Feuers, des Wassers, der Luft und Erde, und ihre Mischung
bestimmt die Körper. Aus ihnen sucht Wilhelm von Conches
eine Erklärung der Körperwelt zu geben, doch reicht diese im
allgemeinen nicht weiter als die Reminiscenzen an die
platonisch-aristotelische Elementenlehre, insofern nicht Überliefe-
rungen aus ärztlichen Kreisen vorliegen.
Die Bildertheorie der Atomisten zur Erklärung der Wahr-
nehmung nimmt er nicht an; dagegen giebt er den Versuch
einer ganz materialistischen Psychologie, indem er die Eigen-
schaften der Seele im Gehirn in einer Cellula fantastica,
logistica und memorialis lokalisiert. 1 Auch in dieser kühnen
Physiologie des Gehirns werden die Grundeigenschaften der
Elemente zur Erklärung benutzt. 2
9. Hugo von St. Victor.
In diesem Zusammenhange korpuskulartheoretischer Be-
strebungen verdient auch die Ansicht des Mystikers Hugo von
St. Victor (1097—1141), der durch seinen Einfluß auf die
Theologie und sein encyklopädisches Wissen von Bedeutung
ist, eine Erwähnung. Die Erkenntnis durch den Verstand ist
nach Hugo nicht ausreichend, die Wahrheit der Dinge unver-
fälscht zu ergründen. Es steht daher auch die Erkenntnis der
1 Man. lat. de la Biblioth. nat. No. 6588. Nach Hauréau, I p. 435, 436.
2 Über Conches’ Physiologie und seine Abhängigkeit von Constantinus
Africanus vgl. Siebeck, Z. Psychol. d. Schol., Arch. f. G. d. Ph. I S. 531 f.
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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/94>, abgerufen am 14.06.2024.
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