ich Jhnen beweisen, daß die Menschen sehr glücklich sind."
"So lange Sie nicht beweisen, daß der Mensch eine Spinne ist, und zwar eine Wasserspinne, kann mir das Alles nicht imponieren. Da ich jetzt satt bin, so will ich mich herablassen und Jhnen sagen, warum. Jch bin nämlich das einzige Wesen. Die anderen sind nur da, weil ich sie sehe, atme oder esse. Meine Beute fange ich selbst, mein Netz spinne ich selbst und meine Fäden ziehe ich ebenfalls selbst. An Jhre sogenannte Welt glaube ich nicht, und an den Menschen auch nicht, und wenn ich gesättigt in meiner Luftblase sitze, so ist der Weltzweck erfüllt. Und so ist es!"
"Aber erlauben Sie, Sie sitzen jetzt in einer Flasche und müssen es sich gefallen lassen, --"
"Und läßt sich Jhr Mensch nichts gefallen?"
"Das wohl, aber er leugnet auch nicht die Außenwelt --"
"Das mag bei ihm richtig sein, aber außer mir giebt es nichts, und das würden Sie einsehen, wenn Sie den richtigen Begriff der Existenz hätten. Denn der Mensch, der mich in sein Glas steckt, beweist nichts. Nicht er hat mich, sondern ich habe mich selbst in seiner Tasche. Und wenn ich hier verhungern sollte, so würde das wieder nur mich allein angehen. Von dem Menschen werde ich erst etwas merken, wenn er sich bemühen wird, an mir, als dem einzigen Wesen, teilzunehmen. Jch werde ihn teilnehmen lassen, wie ich Sie teil- nehmen lasse. Jch bin die Welt, aber ich gestatte Jhnen, in mir zu sein."
Tröpfchen.
ich Jhnen beweiſen, daß die Menſchen ſehr glücklich ſind.“
„So lange Sie nicht beweiſen, daß der Menſch eine Spinne iſt, und zwar eine Waſſerſpinne, kann mir das Alles nicht imponieren. Da ich jetzt ſatt bin, ſo will ich mich herablaſſen und Jhnen ſagen, warum. Jch bin nämlich das einzige Weſen. Die anderen ſind nur da, weil ich ſie ſehe, atme oder eſſe. Meine Beute fange ich ſelbſt, mein Netz ſpinne ich ſelbſt und meine Fäden ziehe ich ebenfalls ſelbſt. An Jhre ſogenannte Welt glaube ich nicht, und an den Menſchen auch nicht, und wenn ich geſättigt in meiner Luftblaſe ſitze, ſo iſt der Weltzweck erfüllt. Und ſo iſt es!“
„Aber erlauben Sie, Sie ſitzen jetzt in einer Flaſche und müſſen es ſich gefallen laſſen, —“
„Und läßt ſich Jhr Menſch nichts gefallen?“
„Das wohl, aber er leugnet auch nicht die Außenwelt —“
„Das mag bei ihm richtig ſein, aber außer mir giebt es nichts, und das würden Sie einſehen, wenn Sie den richtigen Begriff der Exiſtenz hätten. Denn der Menſch, der mich in ſein Glas ſteckt, beweiſt nichts. Nicht er hat mich, ſondern ich habe mich ſelbſt in ſeiner Taſche. Und wenn ich hier verhungern ſollte, ſo würde das wieder nur mich allein angehen. Von dem Menſchen werde ich erſt etwas merken, wenn er ſich bemühen wird, an mir, als dem einzigen Weſen, teilzunehmen. Jch werde ihn teilnehmen laſſen, wie ich Sie teil- nehmen laſſe. Jch bin die Welt, aber ich geſtatte Jhnen, in mir zu ſein.“
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Tröpfchen.
ich Jhnen beweiſen, daß die Menſchen ſehr glücklich
ſind.“
„So lange Sie nicht beweiſen, daß der Menſch eine
Spinne iſt, und zwar eine Waſſerſpinne, kann mir das
Alles nicht imponieren. Da ich jetzt ſatt bin, ſo will
ich mich herablaſſen und Jhnen ſagen, warum. Jch
bin nämlich das einzige Weſen. Die anderen ſind nur
da, weil ich ſie ſehe, atme oder eſſe. Meine Beute
fange ich ſelbſt, mein Netz ſpinne ich ſelbſt und meine
Fäden ziehe ich ebenfalls ſelbſt. An Jhre ſogenannte
Welt glaube ich nicht, und an den Menſchen auch nicht,
und wenn ich geſättigt in meiner Luftblaſe ſitze, ſo iſt
der Weltzweck erfüllt. Und ſo iſt es!“
„Aber erlauben Sie, Sie ſitzen jetzt in einer Flaſche
und müſſen es ſich gefallen laſſen, —“
„Und läßt ſich Jhr Menſch nichts gefallen?“
„Das wohl, aber er leugnet auch nicht die Außenwelt —“
„Das mag bei ihm richtig ſein, aber außer mir
giebt es nichts, und das würden Sie einſehen, wenn
Sie den richtigen Begriff der Exiſtenz hätten. Denn
der Menſch, der mich in ſein Glas ſteckt, beweiſt nichts.
Nicht er hat mich, ſondern ich habe mich ſelbſt in ſeiner
Taſche. Und wenn ich hier verhungern ſollte, ſo würde
das wieder nur mich allein angehen. Von dem Menſchen
werde ich erſt etwas merken, wenn er ſich bemühen
wird, an mir, als dem einzigen Weſen, teilzunehmen.
Jch werde ihn teilnehmen laſſen, wie ich Sie teil-
nehmen laſſe. Jch bin die Welt, aber ich geſtatte
Jhnen, in mir zu ſein.“
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Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/235>, abgerufen am 17.06.2024.
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