Unsre Leute hatten eben einen Keller aufgewittert, worin noch Wein war, und holten diesen in großen Häfen auf die Wache, wo er unmäßig gesoffen wurde: ich aber hatte nicht das Herz, einen Tro- pfen mitzutrinken, ging daher in ein Nebenhaus, wo ich nur eine Mos[ - 1 Zeichen fehlt]brockel machen ließ. Von meinen Sachen wollte ich nichts mitnehmen, als meine Wäsche und einen hebräischen Psalter, welchen mir Herr Bispink auf mein Bitten geschickt hatte. Ich habe diesen Psalter hernach auf meinen Turen durch Frankreich immer mit herumgetragen, und erst bey meiner Zurückkunft aus diesem Lande einem Freunde geschenkt. Die hebräische Sprache hat mir immer gefallen, nicht wegen des in derselben verfaßten alten Testaments, wo freilich manche hübsche Urkunde, vermischt mit unzähligen Fra- tzen und Thorheiten vorkommt, sondern wegen der großen Simplicität derselben.
Gegen 12 Uhr des Nachts kam Hr. von Man- delsloh, mein Hauptmann und noch ein Major von dem Regiment von Wolffmansdorff. "Lauk- hard kann mit uns gehen, sagte der Hauptmann: er kann Ordonnanz machen: wir wollen ein wenig die Posten visitiren." Ich legte meine Tasche ab, nahm nichts als Tornister und Seitengewehr, und [begleitete die] Herren. Wir gingen gerade zum
Dritter Theil. Kk
Unſre Leute hatten eben einen Keller aufgewittert, worin noch Wein war, und holten dieſen in großen Haͤfen auf die Wache, wo er unmaͤßig geſoffen wurde: ich aber hatte nicht das Herz, einen Tro- pfen mitzutrinken, ging daher in ein Nebenhaus, wo ich nur eine Moſ[ – 1 Zeichen fehlt]brockel machen ließ. Von meinen Sachen wollte ich nichts mitnehmen, als meine Waͤſche und einen hebraͤiſchen Pſalter, welchen mir Herr Bispink auf mein Bitten geſchickt hatte. Ich habe dieſen Pſalter hernach auf meinen Turen durch Frankreich immer mit herumgetragen, und erſt bey meiner Zuruͤckkunft aus dieſem Lande einem Freunde geſchenkt. Die hebraͤiſche Sprache hat mir immer gefallen, nicht wegen des in derſelben verfaßten alten Teſtaments, wo freilich manche huͤbſche Urkunde, vermiſcht mit unzaͤhligen Fra- tzen und Thorheiten vorkommt, ſondern wegen der großen Simplicitaͤt derſelben.
Gegen 12 Uhr des Nachts kam Hr. von Man- delsloh, mein Hauptmann und noch ein Major von dem Regiment von Wolffmansdorff. „Lauk- hard kann mit uns gehen, ſagte der Hauptmann: er kann Ordonnanz machen: wir wollen ein wenig die Poſten viſitiren.“ Ich legte meine Taſche ab, nahm nichts als Torniſter und Seitengewehr, und [begleitete die] Herren. Wir gingen gerade zum
Dritter Theil. Kk
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0525"n="513"/><p>Unſre Leute hatten eben einen Keller aufgewittert,<lb/>
worin noch Wein war, und holten dieſen in großen<lb/>
Haͤfen auf die Wache, wo er unmaͤßig geſoffen<lb/>
wurde: ich aber hatte nicht das Herz, einen Tro-<lb/>
pfen mitzutrinken, ging daher in ein Nebenhaus,<lb/>
wo ich nur eine Moſ<gapunit="chars"quantity="1"/>brockel machen ließ. Von<lb/>
meinen Sachen wollte ich nichts mitnehmen, als<lb/>
meine Waͤſche und einen hebraͤiſchen Pſalter, welchen<lb/>
mir Herr <hirendition="#g">Bispink</hi> auf mein Bitten geſchickt hatte.<lb/>
Ich habe dieſen Pſalter hernach auf meinen Turen<lb/>
durch Frankreich immer mit herumgetragen, und<lb/>
erſt bey meiner <choice><sic>Zuruͤckkuuft</sic><corr>Zuruͤckkunft</corr></choice> aus dieſem Lande einem<lb/>
Freunde geſchenkt. Die hebraͤiſche Sprache hat<lb/>
mir immer gefallen, nicht wegen des in derſelben<lb/>
verfaßten alten Teſtaments, wo freilich manche<lb/>
huͤbſche Urkunde, vermiſcht mit unzaͤhligen Fra-<lb/>
tzen und Thorheiten vorkommt, ſondern wegen der<lb/>
großen Simplicitaͤt derſelben.</p><lb/><p>Gegen 12 Uhr des Nachts kam Hr. von <hirendition="#g">Man</hi>-<lb/><hirendition="#g">delsloh</hi>, mein Hauptmann und noch ein Major<lb/>
von dem Regiment von Wolffmansdorff. „Lauk-<lb/>
hard kann mit uns gehen, ſagte der Hauptmann:<lb/>
er kann Ordonnanz machen: wir wollen ein wenig<lb/>
die Poſten viſitiren.“ Ich legte meine Taſche ab,<lb/>
nahm nichts als Torniſter und Seitengewehr, und<lb/><supplied>begleitete die</supplied> Herren. Wir gingen gerade zum<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Dritter Theil. Kk</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[513/0525]
Unſre Leute hatten eben einen Keller aufgewittert,
worin noch Wein war, und holten dieſen in großen
Haͤfen auf die Wache, wo er unmaͤßig geſoffen
wurde: ich aber hatte nicht das Herz, einen Tro-
pfen mitzutrinken, ging daher in ein Nebenhaus,
wo ich nur eine Moſ_brockel machen ließ. Von
meinen Sachen wollte ich nichts mitnehmen, als
meine Waͤſche und einen hebraͤiſchen Pſalter, welchen
mir Herr Bispink auf mein Bitten geſchickt hatte.
Ich habe dieſen Pſalter hernach auf meinen Turen
durch Frankreich immer mit herumgetragen, und
erſt bey meiner Zuruͤckkunft aus dieſem Lande einem
Freunde geſchenkt. Die hebraͤiſche Sprache hat
mir immer gefallen, nicht wegen des in derſelben
verfaßten alten Teſtaments, wo freilich manche
huͤbſche Urkunde, vermiſcht mit unzaͤhligen Fra-
tzen und Thorheiten vorkommt, ſondern wegen der
großen Simplicitaͤt derſelben.
Gegen 12 Uhr des Nachts kam Hr. von Man-
delsloh, mein Hauptmann und noch ein Major
von dem Regiment von Wolffmansdorff. „Lauk-
hard kann mit uns gehen, ſagte der Hauptmann:
er kann Ordonnanz machen: wir wollen ein wenig
die Poſten viſitiren.“ Ich legte meine Taſche ab,
nahm nichts als Torniſter und Seitengewehr, und
begleitete die Herren. Wir gingen gerade zum
Dritter Theil. Kk
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 513. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/525>, abgerufen am 31.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.