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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778.

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Beylagen. D. Deutsche.
D. Deutsche.

a) Ein hart radirter Kopf. F.

Des IV Ban-
des XVII Ta-
fel.

Jn allem Betracht so deutsch als möglich. Das Parallele, *) das Gedrängte, Ge-
faltete, wodurch die an sich großen Partheyen selbst verkleinlicht werden! Das Fleißi-
ge, Bestimmte, Faltende, Ordnende des deutschen Nationalcharakters -- wie klar liegts
in diesem Gesichte!

b) Jhm geben wir zur Gesellschaft einen schwäbischen Deutschen, nach einem schlechten Ori-
ginale gezeichnet, der von alle diesem Gefalteten nichts hat, dafür aber das Flache, welches sei-
nem Vaterlande ziemlich eigen ist. Sonst ein Mann, der ein besseres Porträt und eine weitläuftige-
re Charakterisirung verdient, und beweist, daß ein Mensch auch ohne große Züge, bloß durch Ein-
fachheit
und Jnnigkeit besonders der Augen, viel wissen, zart empfinden, und vieles thun könne.

[Abbildung]
c) Unter
*) [Spaltenumbruch] Die Augen sind es durch bloße Mißzeichnung nicht.
Das linke Auge steht höher, als das rechte. Ein ande-
rer Fehler dieses Auges ist, daß zu viel von dem Aug-
apfel unter dem andern Auge gesehen wird. Dieß macht
einen fatalen Eindruck von Schiefheit des Charakters,
wovon das Original sehr fern ist. Das Original ist ein
sehr aktiver, dienstfertiger, kluger, wohlangreifender Ge-
schäfftsmann. -- Die Nase, so wie sie hier erscheint,
[Spaltenumbruch] kann als sicherer Charakter von Geschäfftsgeschicklich-
keit, Fleiß, Wirksamkeit, Fruchtbarkeit angesehen wer-
den. Das rechte Aug ist durchschauend, weniger den-
kend, als treffend. Von der Höhe des Schädels bis
zur feuerreichen Augenbraune herab hat die Stirn den
Ausdruck gesunden, leichtfassenden, gemeinen Menschen-
verstandes. --
Phys. Fragm. IV Versuch. P p
Beylagen. D. Deutſche.
D. Deutſche.

a) Ein hart radirter Kopf. F.

Des IV Ban-
des XVII Ta-
fel.

Jn allem Betracht ſo deutſch als moͤglich. Das Parallele, *) das Gedraͤngte, Ge-
faltete, wodurch die an ſich großen Partheyen ſelbſt verkleinlicht werden! Das Fleißi-
ge, Beſtimmte, Faltende, Ordnende des deutſchen Nationalcharakters — wie klar liegts
in dieſem Geſichte!

b) Jhm geben wir zur Geſellſchaft einen ſchwaͤbiſchen Deutſchen, nach einem ſchlechten Ori-
ginale gezeichnet, der von alle dieſem Gefalteten nichts hat, dafuͤr aber das Flache, welches ſei-
nem Vaterlande ziemlich eigen iſt. Sonſt ein Mann, der ein beſſeres Portraͤt und eine weitlaͤuftige-
re Charakteriſirung verdient, und beweiſt, daß ein Menſch auch ohne große Zuͤge, bloß durch Ein-
fachheit
und Jnnigkeit beſonders der Augen, viel wiſſen, zart empfinden, und vieles thun koͤnne.

[Abbildung]
c) Unter
*) [Spaltenumbruch] Die Augen ſind es durch bloße Mißzeichnung nicht.
Das linke Auge ſteht hoͤher, als das rechte. Ein ande-
rer Fehler dieſes Auges iſt, daß zu viel von dem Aug-
apfel unter dem andern Auge geſehen wird. Dieß macht
einen fatalen Eindruck von Schiefheit des Charakters,
wovon das Original ſehr fern iſt. Das Original iſt ein
ſehr aktiver, dienſtfertiger, kluger, wohlangreifender Ge-
ſchaͤfftsmann. — Die Naſe, ſo wie ſie hier erſcheint,
[Spaltenumbruch] kann als ſicherer Charakter von Geſchaͤfftsgeſchicklich-
keit, Fleiß, Wirkſamkeit, Fruchtbarkeit angeſehen wer-
den. Das rechte Aug iſt durchſchauend, weniger den-
kend, als treffend. Von der Hoͤhe des Schaͤdels bis
zur feuerreichen Augenbraune herab hat die Stirn den
Ausdruck geſunden, leichtfaſſenden, gemeinen Menſchen-
verſtandes. —
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[297/0347] Beylagen. D. Deutſche. D. Deutſche. a) Ein hart radirter Kopf. F. Jn allem Betracht ſo deutſch als moͤglich. Das Parallele, *) das Gedraͤngte, Ge- faltete, wodurch die an ſich großen Partheyen ſelbſt verkleinlicht werden! Das Fleißi- ge, Beſtimmte, Faltende, Ordnende des deutſchen Nationalcharakters — wie klar liegts in dieſem Geſichte! b) Jhm geben wir zur Geſellſchaft einen ſchwaͤbiſchen Deutſchen, nach einem ſchlechten Ori- ginale gezeichnet, der von alle dieſem Gefalteten nichts hat, dafuͤr aber das Flache, welches ſei- nem Vaterlande ziemlich eigen iſt. Sonſt ein Mann, der ein beſſeres Portraͤt und eine weitlaͤuftige- re Charakteriſirung verdient, und beweiſt, daß ein Menſch auch ohne große Zuͤge, bloß durch Ein- fachheit und Jnnigkeit beſonders der Augen, viel wiſſen, zart empfinden, und vieles thun koͤnne. [Abbildung] c) Unter *) Die Augen ſind es durch bloße Mißzeichnung nicht. Das linke Auge ſteht hoͤher, als das rechte. Ein ande- rer Fehler dieſes Auges iſt, daß zu viel von dem Aug- apfel unter dem andern Auge geſehen wird. Dieß macht einen fatalen Eindruck von Schiefheit des Charakters, wovon das Original ſehr fern iſt. Das Original iſt ein ſehr aktiver, dienſtfertiger, kluger, wohlangreifender Ge- ſchaͤfftsmann. — Die Naſe, ſo wie ſie hier erſcheint, kann als ſicherer Charakter von Geſchaͤfftsgeſchicklich- keit, Fleiß, Wirkſamkeit, Fruchtbarkeit angeſehen wer- den. Das rechte Aug iſt durchſchauend, weniger den- kend, als treffend. Von der Hoͤhe des Schaͤdels bis zur feuerreichen Augenbraune herab hat die Stirn den Ausdruck geſunden, leichtfaſſenden, gemeinen Menſchen- verſtandes. — Phyſ. Fragm. IV Verſuch. P p

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente04_1778/347>, abgerufen am 30.04.2024.