Hamburgische Dramaturgie. Sechs und achtzigstes Stück.
Den 26sten Februar, 1768.
Z. E. Diderot behauptete, (*) daß es in der menschlichen Natur aufs höchste nur ein Dutzend wirklich komische Charaktere gäbe, die großer Züge fähig wären; und daß die kleinen Verschiedenheiten unter den mensch- lichen Charakteren nicht so glücklich bearbeitet werden könnten, als die reinen unvermischten Charaktere. Er schlug daher vor, nicht mehr die Charaktere, sondern die Stände auf die Bühne zu bringen; und wollte die Bearbeitung dieser, zu dem besondern Geschäfte der ernsthaf- ten Komödie machen. "Bisher, sagt er, ist "in der Komödie der Charakter das Hauptwerk "gewesen; und der Stand war nur etwas Zu- "fälliges: nun aber muß der Stand das Haupt-
"werk,
(*) S. die Unterredungen hinter dem Natürli- chen Sohne S. 321. 22. d. Uebers.
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Hamburgiſche Dramaturgie. Sechs und achtzigſtes Stück.
Den 26ſten Februar, 1768.
Z. E. Diderot behauptete, (*) daß es in der menſchlichen Natur aufs höchſte nur ein Dutzend wirklich komiſche Charaktere gäbe, die großer Züge fähig wären; und daß die kleinen Verſchiedenheiten unter den menſch- lichen Charakteren nicht ſo glücklich bearbeitet werden könnten, als die reinen unvermiſchten Charaktere. Er ſchlug daher vor, nicht mehr die Charaktere, ſondern die Stände auf die Bühne zu bringen; und wollte die Bearbeitung dieſer, zu dem beſondern Geſchäfte der ernſthaf- ten Komödie machen. „Bisher, ſagt er, iſt „in der Komödie der Charakter das Hauptwerk „geweſen; und der Stand war nur etwas Zu- „fälliges: nun aber muß der Stand das Haupt-
„werk,
(*) S. die Unterredungen hinter dem Natürli- chen Sohne S. 321. 22. d. Ueberſ.
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[[265]/0271]
Hamburgiſche
Dramaturgie.
Sechs und achtzigſtes Stück.
Den 26ſten Februar, 1768.
Z. E. Diderot behauptete, (*) daß es in
der menſchlichen Natur aufs höchſte nur
ein Dutzend wirklich komiſche Charaktere
gäbe, die großer Züge fähig wären; und daß
die kleinen Verſchiedenheiten unter den menſch-
lichen Charakteren nicht ſo glücklich bearbeitet
werden könnten, als die reinen unvermiſchten
Charaktere. Er ſchlug daher vor, nicht mehr
die Charaktere, ſondern die Stände auf die
Bühne zu bringen; und wollte die Bearbeitung
dieſer, zu dem beſondern Geſchäfte der ernſthaf-
ten Komödie machen. „Bisher, ſagt er, iſt
„in der Komödie der Charakter das Hauptwerk
„geweſen; und der Stand war nur etwas Zu-
„fälliges: nun aber muß der Stand das Haupt-
„werk,
(*) S. die Unterredungen hinter dem Natürli-
chen Sohne S. 321. 22. d. Ueberſ.
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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. [265]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/271>, abgerufen am 13.05.2024.
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