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Lilienthal, Otto: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik. Berlin, 1889.

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Fliegen entbehrlich machen, einen freien Flug durch die Luft
unternimmt.

Sei es, dass jener Mensch seinen Flügelapparat, was
wünschenswert wäre, so anzuwenden versteht, dass seine
Muskelkraft ausreicht, ihn die erforderliche Bewegung machen
zu lassen, sei es, dass er zur Maschinenkraft greifen muss,
um seine Flügel mit dem erforderlichen Nachdruck durch die
Luft zu führen; in jedem Falle gebührt ihm das Verdienst,
zum ersten Male Sieger geblieben zu sein in jenem Ringen,
welches sich um die Überwältigung der zum Fliegen not-
wendigen Kraftanstrengung entsponnen hat.

Die Grösse dieser Kraftanstrengung, dieser Arbeitsleistung
müssen wir unbedingt kennen lernen. Nur wenn dieses im
vollsten Masse geschehen ist, können wir weiter auf Mittel
sinnen, das grosse Problem seiner Verwirklichung entgegen-
zuführen.

Was aber ist Kraftanstrengung, was versteht man unter
Arbeitsleistung beim Fliegen? Auch diese Begriffe können
für die Fliegekunst nur dieselbe Bedeutung haben wie in der
sonstigen Technik. Jede Kraft, wenn sie in sichtbare Wir-
kung tritt, leistet Arbeit, jeder Widerstand erfordert Arbeit
zu seiner Überwindung. Arbeit ist nötig, um eine Anzahl
Ziegelsteine auf das Baugerüst zu heben, Arbeit ist nötig,
um das Wasser aus der Erde zu pumpen, Arbeit verursacht
das Mischen des Mörtels mit dem Wasser, Arbeit ist auch
erforderlich, um -- einen Flügel durch die Luft zu schlagen.

Die Grösse der Arbeit hängt ab von der Grösse der Arbeit
leistenden Kraft oder dem zu überwindenden Widerstande.
Sie hängt ferner davon ab, auf welcher Wegstrecke diese
Überwindung stattfindet.

Arbeitskraft und Arbeitsweg sind also Faktoren, aus denen
die Arbeit sich zusammensetzt. Das Produkt aus diesen
Faktoren, also "Kraft mal Weg" giebt einen Masstab für
die Arbeitsmenge.

Dieses Produkt aus der zu überwindenden Kraft und der
Wegstrecke, auf welcher diese Kraft überwunden wird, nennt

Fliegen entbehrlich machen, einen freien Flug durch die Luft
unternimmt.

Sei es, daſs jener Mensch seinen Flügelapparat, was
wünschenswert wäre, so anzuwenden versteht, daſs seine
Muskelkraft ausreicht, ihn die erforderliche Bewegung machen
zu lassen, sei es, daſs er zur Maschinenkraft greifen muſs,
um seine Flügel mit dem erforderlichen Nachdruck durch die
Luft zu führen; in jedem Falle gebührt ihm das Verdienst,
zum ersten Male Sieger geblieben zu sein in jenem Ringen,
welches sich um die Überwältigung der zum Fliegen not-
wendigen Kraftanstrengung entsponnen hat.

Die Gröſse dieser Kraftanstrengung, dieser Arbeitsleistung
müssen wir unbedingt kennen lernen. Nur wenn dieses im
vollsten Maſse geschehen ist, können wir weiter auf Mittel
sinnen, das groſse Problem seiner Verwirklichung entgegen-
zuführen.

Was aber ist Kraftanstrengung, was versteht man unter
Arbeitsleistung beim Fliegen? Auch diese Begriffe können
für die Fliegekunst nur dieselbe Bedeutung haben wie in der
sonstigen Technik. Jede Kraft, wenn sie in sichtbare Wir-
kung tritt, leistet Arbeit, jeder Widerstand erfordert Arbeit
zu seiner Überwindung. Arbeit ist nötig, um eine Anzahl
Ziegelsteine auf das Baugerüst zu heben, Arbeit ist nötig,
um das Wasser aus der Erde zu pumpen, Arbeit verursacht
das Mischen des Mörtels mit dem Wasser, Arbeit ist auch
erforderlich, um — einen Flügel durch die Luft zu schlagen.

Die Gröſse der Arbeit hängt ab von der Gröſse der Arbeit
leistenden Kraft oder dem zu überwindenden Widerstande.
Sie hängt ferner davon ab, auf welcher Wegstrecke diese
Überwindung stattfindet.

Arbeitskraft und Arbeitsweg sind also Faktoren, aus denen
die Arbeit sich zusammensetzt. Das Produkt aus diesen
Faktoren, also „Kraft mal Weg“ giebt einen Maſstab für
die Arbeitsmenge.

Dieses Produkt aus der zu überwindenden Kraft und der
Wegstrecke, auf welcher diese Kraft überwunden wird, nennt

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[13/0029] Fliegen entbehrlich machen, einen freien Flug durch die Luft unternimmt. Sei es, daſs jener Mensch seinen Flügelapparat, was wünschenswert wäre, so anzuwenden versteht, daſs seine Muskelkraft ausreicht, ihn die erforderliche Bewegung machen zu lassen, sei es, daſs er zur Maschinenkraft greifen muſs, um seine Flügel mit dem erforderlichen Nachdruck durch die Luft zu führen; in jedem Falle gebührt ihm das Verdienst, zum ersten Male Sieger geblieben zu sein in jenem Ringen, welches sich um die Überwältigung der zum Fliegen not- wendigen Kraftanstrengung entsponnen hat. Die Gröſse dieser Kraftanstrengung, dieser Arbeitsleistung müssen wir unbedingt kennen lernen. Nur wenn dieses im vollsten Maſse geschehen ist, können wir weiter auf Mittel sinnen, das groſse Problem seiner Verwirklichung entgegen- zuführen. Was aber ist Kraftanstrengung, was versteht man unter Arbeitsleistung beim Fliegen? Auch diese Begriffe können für die Fliegekunst nur dieselbe Bedeutung haben wie in der sonstigen Technik. Jede Kraft, wenn sie in sichtbare Wir- kung tritt, leistet Arbeit, jeder Widerstand erfordert Arbeit zu seiner Überwindung. Arbeit ist nötig, um eine Anzahl Ziegelsteine auf das Baugerüst zu heben, Arbeit ist nötig, um das Wasser aus der Erde zu pumpen, Arbeit verursacht das Mischen des Mörtels mit dem Wasser, Arbeit ist auch erforderlich, um — einen Flügel durch die Luft zu schlagen. Die Gröſse der Arbeit hängt ab von der Gröſse der Arbeit leistenden Kraft oder dem zu überwindenden Widerstande. Sie hängt ferner davon ab, auf welcher Wegstrecke diese Überwindung stattfindet. Arbeitskraft und Arbeitsweg sind also Faktoren, aus denen die Arbeit sich zusammensetzt. Das Produkt aus diesen Faktoren, also „Kraft mal Weg“ giebt einen Maſstab für die Arbeitsmenge. Dieses Produkt aus der zu überwindenden Kraft und der Wegstrecke, auf welcher diese Kraft überwunden wird, nennt

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Zitationshilfe: Lilienthal, Otto: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik. Berlin, 1889, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lilienthal_vogelflug_1889/29>, abgerufen am 30.04.2024.