Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680.

Bild:
<< vorherige Seite
SOPHONISBE.
Flucht und Verwirrung hing. Doch dieser Sturmwind nam
Bald mit Verwundern ab/ so bald das Fuß-Volck kam/
25Und mit geschloßner Macht des Syphax Reuter trennte.
So eyfrig auch der Feind im ersten Ansatz brennte/
So lau ward der Bestand/ so furchtsam seine Flucht.
Ja als ihr König sich mit höchstem Eyfer sucht:
Wie er sein flüchtig Heer in frischen Stand versetzet/
30Und an der Spitze kämpft/ wird ihm sein Pferd verletzet/
Daß er zu Bodem stürtzt; und er/ mit was für Macht
Man ihn zu retten meint/ gefangen zu mir bracht;
Der hier des Scipio fiegreichen Fuß muß küssen.
Als auch die Reuterey voran mit Masanissen
35Für Cyrthens Mauern kommt/ ihr ihren König weißt/
Und ihm mit scharffem Dreun die Pforten öfnen heißt/
Macht' er sich Augenblicks der grossen Festung Meister.
Scipio. Die Götter machen klar: daß eure Helden-Geister
Jhr Einfluß rege macht/ ihr himmlisch Trieb bewegt;
40Weil er uns spielende den Feind zu Füssen legt.
Nun eure Tugend sol verdienten Lohn empfangen!
Ja eure Bilder solln in Ertzt und Marmel prangen/
So lange Rom beströmt wird von der Tyber sein.
Jn was wird aber man dich Syphax/ etzen ein?
45Jn was wird dein schlecht Ruhm und schlimm Gedächtnüs stehen?
Urtheile selbst: wie Rom mit dir itzt umbzugehen
Hat Uhrsach wieder dich: Was hast du dir gedacht?
Als du durch Friedenbruch meineydig dich gemacht;
50Als du den Bund verletzt/ den du mir selbst geschworen.
Hast du/ wie vor die Treu'/ itzt alle Scham verlohren?
Eydtbrüchiger! meld an: Ob Rom dir Uhrsach gab:
Daß du so liederlich fielst von den Römern ab?
Syphax. Großmächt'ger Scipio. Jch bin für mein Verbrechen
Von Göttern so gestrafft: daß menschlich Urtheil-sprechen
55Nicht meinem Leide kan das minste setzen bey;
Gesätzt: daß Beil und Pfal mir schon bestimmet sey;
Jch bin so tief verfalln/ und bin so hoch gewesen.
Rom und Carthago hat auf einmal mich erlesen
Zum Ancker seines Heils/ gebuhlt umb meine Gunst/
60Mit Ehrerbittung mir der leichten Freindschaft-Dunst
Wie
SOPHONISBE.
Flucht und Verwirrung hing. Doch dieſer Sturmwind nam
Bald mit Verwundern ab/ ſo bald das Fuß-Volck kam/
25Und mit geſchloßner Macht des Syphax Reuter trennte.
So eyfrig auch der Feind im erſten Anſatz brennte/
So lau ward der Beſtand/ ſo furchtſam ſeine Flucht.
Ja als ihr Koͤnig ſich mit hoͤchſtem Eyfer ſucht:
Wie er ſein fluͤchtig Heer in friſchen Stand verſetzet/
30Und an der Spitze kaͤmpft/ wird ihm ſein Pferd verletzet/
Daß er zu Bodem ſtuͤrtzt; und er/ mit was fuͤr Macht
Man ihn zu retten meint/ gefangen zu mir bracht;
Der hier des Scipio fiegreichen Fuß muß kuͤſſen.
Als auch die Reuterey voran mit Maſaniſſen
35Fuͤr Cyrthens Mauern kom̃t/ ihr ihren Koͤnig weißt/
Und ihm mit ſcharffem Dreun die Pforten oͤfnen heißt/
Macht’ er ſich Augenblicks der groſſen Feſtung Meiſter.
Scipio. Die Goͤtter machen klar: daß eure Helden-Geiſter
Jhr Einfluß rege macht/ ihr himmliſch Trieb bewegt;
40Weil er uns ſpielende den Feind zu Fuͤſſen legt.
Nun eure Tugend ſol verdienten Lohn empfangen!
Ja eure Bilder ſolln in Ertzt und Marmel prangen/
So lange Rom beſtroͤmt wird von der Tyber ſein.
Jn was wird aber man dich Syphax/ etzen ein?
45Jn was wird dein ſchlecht Ruhm und ſchlim̃ Gedaͤchtnuͤs ſtehen?
Urtheile ſelbſt: wie Rom mit dir itzt umbzugehen
Hat Uhrſach wieder dich: Was haſt du dir gedacht?
Als du durch Friedenbruch meineydig dich gemacht;
50Als du den Bund verletzt/ den du mir ſelbſt geſchworen.
Haſt du/ wie vor die Treu’/ itzt alle Scham verlohren?
Eydtbruͤchiger! meld an: Ob Rom dir Uhrſach gab:
Daß du ſo liederlich fielſt von den Roͤmern ab?
Syphax. Großmaͤcht’ger Scipio. Jch bin fuͤr mein Verbrechen
Von Goͤttern ſo geſtrafft: daß menſchlich Urtheil-ſprechen
55Nicht meinem Leide kan das minſte ſetzen bey;
Geſaͤtzt: daß Beil und Pfal mir ſchon beſtimmet ſey;
Jch bin ſo tief verfalln/ und bin ſo hoch geweſen.
Rom und Carthago hat auf einmal mich erleſen
Zum Ancker ſeines Heils/ gebuhlt umb meine Gunſt/
60Mit Ehrerbittung mir der leichten Freindſchaft-Dunſt
Wie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#LAEL">
          <p><pb facs="#f0096" n="59"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SOPHONISBE.</hi></hi></fw><lb/>
Flucht und Verwirrung hing. Doch die&#x017F;er Sturmwind nam<lb/>
Bald mit Verwundern ab/ &#x017F;o bald das Fuß-Volck kam/<lb/><note place="left">25</note>Und mit ge&#x017F;chloßner Macht des Syphax Reuter trennte.<lb/>
So eyfrig auch der Feind im er&#x017F;ten An&#x017F;atz brennte/<lb/>
So lau ward der Be&#x017F;tand/ &#x017F;o furcht&#x017F;am &#x017F;eine Flucht.<lb/>
Ja als ihr Ko&#x0364;nig &#x017F;ich mit ho&#x0364;ch&#x017F;tem Eyfer &#x017F;ucht:<lb/>
Wie er &#x017F;ein flu&#x0364;chtig Heer in fri&#x017F;chen Stand ver&#x017F;etzet/<lb/><note place="left">30</note>Und an der Spitze ka&#x0364;mpft/ wird ihm &#x017F;ein Pferd verletzet/<lb/>
Daß er zu Bodem &#x017F;tu&#x0364;rtzt; und er/ mit was fu&#x0364;r Macht<lb/>
Man ihn zu retten meint/ gefangen zu mir bracht;<lb/>
Der hier des Scipio fiegreichen Fuß muß ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Als auch die Reuterey voran mit Ma&#x017F;ani&#x017F;&#x017F;en<lb/><note place="left">35</note>Fu&#x0364;r Cyrthens Mauern kom&#x0303;t/ ihr ihren Ko&#x0364;nig weißt/<lb/>
Und ihm mit &#x017F;charffem Dreun die Pforten o&#x0364;fnen heißt/<lb/>
Macht&#x2019; er &#x017F;ich Augenblicks der gro&#x017F;&#x017F;en Fe&#x017F;tung Mei&#x017F;ter.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#SCI">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Scipio.</hi> </speaker>
          <p>Die Go&#x0364;tter machen klar: daß eure Helden-Gei&#x017F;ter<lb/>
Jhr Einfluß rege macht/ ihr himmli&#x017F;ch Trieb bewegt;<lb/><note place="left">40</note>Weil er uns &#x017F;pielende den Feind zu Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en legt.<lb/>
Nun eure Tugend &#x017F;ol verdienten Lohn empfangen!<lb/>
Ja eure Bilder &#x017F;olln in Ertzt und Marmel prangen/<lb/>
So lange Rom be&#x017F;tro&#x0364;mt wird von der Tyber &#x017F;ein.<lb/>
Jn was wird aber man dich Syphax/ etzen ein?<lb/><note place="left">45</note>Jn was wird dein &#x017F;chlecht Ruhm und &#x017F;chlim&#x0303; Geda&#x0364;chtnu&#x0364;s &#x017F;tehen?<lb/>
Urtheile &#x017F;elb&#x017F;t: wie Rom mit dir itzt umbzugehen<lb/>
Hat Uhr&#x017F;ach wieder dich: Was ha&#x017F;t du dir gedacht?<lb/>
Als du durch Friedenbruch meineydig dich gemacht;<lb/><note place="left">50</note>Als du den Bund verletzt/ den du mir &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;chworen.<lb/>
Ha&#x017F;t du/ wie vor die Treu&#x2019;/ itzt alle Scham verlohren?<lb/>
Eydtbru&#x0364;chiger! meld an: Ob Rom dir Uhr&#x017F;ach gab:<lb/>
Daß du &#x017F;o liederlich fiel&#x017F;t von den Ro&#x0364;mern ab?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#SYP">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Syphax.</hi> </speaker>
          <p>Großma&#x0364;cht&#x2019;ger Scipio. Jch bin fu&#x0364;r mein Verbrechen<lb/>
Von Go&#x0364;ttern &#x017F;o ge&#x017F;trafft: daß men&#x017F;chlich Urtheil-&#x017F;prechen<lb/><note place="left">55</note>Nicht meinem Leide kan das min&#x017F;te &#x017F;etzen bey;<lb/>
Ge&#x017F;a&#x0364;tzt: daß Beil und Pfal mir &#x017F;chon be&#x017F;timmet &#x017F;ey;<lb/>
Jch bin &#x017F;o tief verfalln/ und bin &#x017F;o hoch gewe&#x017F;en.<lb/>
Rom und Carthago hat auf einmal mich erle&#x017F;en<lb/>
Zum Ancker &#x017F;eines Heils/ gebuhlt umb meine Gun&#x017F;t/<lb/><note place="left">60</note>Mit Ehrerbittung mir der leichten Freind&#x017F;chaft-Dun&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[59/0096] SOPHONISBE. Flucht und Verwirrung hing. Doch dieſer Sturmwind nam Bald mit Verwundern ab/ ſo bald das Fuß-Volck kam/ Und mit geſchloßner Macht des Syphax Reuter trennte. So eyfrig auch der Feind im erſten Anſatz brennte/ So lau ward der Beſtand/ ſo furchtſam ſeine Flucht. Ja als ihr Koͤnig ſich mit hoͤchſtem Eyfer ſucht: Wie er ſein fluͤchtig Heer in friſchen Stand verſetzet/ Und an der Spitze kaͤmpft/ wird ihm ſein Pferd verletzet/ Daß er zu Bodem ſtuͤrtzt; und er/ mit was fuͤr Macht Man ihn zu retten meint/ gefangen zu mir bracht; Der hier des Scipio fiegreichen Fuß muß kuͤſſen. Als auch die Reuterey voran mit Maſaniſſen Fuͤr Cyrthens Mauern kom̃t/ ihr ihren Koͤnig weißt/ Und ihm mit ſcharffem Dreun die Pforten oͤfnen heißt/ Macht’ er ſich Augenblicks der groſſen Feſtung Meiſter. Scipio. Die Goͤtter machen klar: daß eure Helden-Geiſter Jhr Einfluß rege macht/ ihr himmliſch Trieb bewegt; Weil er uns ſpielende den Feind zu Fuͤſſen legt. Nun eure Tugend ſol verdienten Lohn empfangen! Ja eure Bilder ſolln in Ertzt und Marmel prangen/ So lange Rom beſtroͤmt wird von der Tyber ſein. Jn was wird aber man dich Syphax/ etzen ein? Jn was wird dein ſchlecht Ruhm und ſchlim̃ Gedaͤchtnuͤs ſtehen? Urtheile ſelbſt: wie Rom mit dir itzt umbzugehen Hat Uhrſach wieder dich: Was haſt du dir gedacht? Als du durch Friedenbruch meineydig dich gemacht; Als du den Bund verletzt/ den du mir ſelbſt geſchworen. Haſt du/ wie vor die Treu’/ itzt alle Scham verlohren? Eydtbruͤchiger! meld an: Ob Rom dir Uhrſach gab: Daß du ſo liederlich fielſt von den Roͤmern ab? Syphax. Großmaͤcht’ger Scipio. Jch bin fuͤr mein Verbrechen Von Goͤttern ſo geſtrafft: daß menſchlich Urtheil-ſprechen Nicht meinem Leide kan das minſte ſetzen bey; Geſaͤtzt: daß Beil und Pfal mir ſchon beſtimmet ſey; Jch bin ſo tief verfalln/ und bin ſo hoch geweſen. Rom und Carthago hat auf einmal mich erleſen Zum Ancker ſeines Heils/ gebuhlt umb meine Gunſt/ Mit Ehrerbittung mir der leichten Freindſchaft-Dunſt Wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_sophonisbe_1680
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_sophonisbe_1680/96
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_sophonisbe_1680/96>, abgerufen am 31.10.2024.