Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776.Anhang etc. Siebenter Abschnitt. Anmerkungen als daselbst anstatt des Quintquartenaccords gebrauchet wer-den könne; und so wie die Quarte im Quintquartenaccord überall in Arsi vorbereitet und aufgelöset werden muß, so muß die Quarte im Quartsextenaccord auf ähnliche Art vorbereitet und aufgelöset werden. Die Quarte im Quartsextenaccord kann bey liegendem Basse nicht allein zur Auflösung einer vorhergehenden Dissonanz, wie bey Fig. 112. sondern auch zur Vorbereitung einer folgenden Dissonanz wie ebendaselbst gebrauchet werden. Jn allen diesen Fällen ist der Quartsex- tenaccord g c e ein durch die Umkehrung vom Dreyklang c e g entspringender Accord; denn wenn vermöge des Grundsatzes des Widerspruchs, eben derselbe umgekehrte Accord nicht von mehrern Grundaccorden zugleich entspringen kann, und z. E. der Quartsextenaccord d g h in allen Fällen von dem harten Dreyklang g h d, und nicht von dem Dreyklang c e g, oder f a c entspringet, so muß gegentheils der Quartsextenaccord g c e überall aus der Verwechselung des Dreyklangs c e g, und nicht des Dreyklangs g h d oder f a c entspringen, und mithin der Dreyklang c e g sowohl von dem ersten als zweyten Quart- sextenaccord in den vorigen Exempeln bey Fig. 111 und 112. der Grundaccord seyn. Der Proceß der Aufhaltung giebet uns keine Grundaccorde.*) Denn wenn er dieses thäte, so müßte der uns zur Zeit unbekannte fünfstimmige Accord g h d e g c (welchen das Kirnbergersche Exempel bey Fig. 111. gie- bet,) der Grundaccord von dem in dem angeführten Exempel wiederholten Quartsextenaccord g c e seyn. Wunderlich genug ist es, daß, obgleich bey Fig. 111. dieser Accord von der Arsi des ersten Tacts in die Thesin des folgenden vermittelst einer starken Bindung herübergezogen und also sehr festgehalten wird, er dennoch auf eine ganz unbegreifliche Art seinem ersten Grundbaßton c entwischt, um den Grundbaß g anzunehmen. -- 2) Der Hr. Kirnberger ist der Meinung, daß überall, gehen- *) Gewiß so wenig in Dissonanzen als Consonanzen. Es müßte sonst im
leztern Fall der Dreyklang a c e oder e g h von dem Dreyklang c e g ab- stammen, und dieses ist absurd. Man sehe den §. 318. zurück. Anhang ꝛc. Siebenter Abſchnitt. Anmerkungen als daſelbſt anſtatt des Quintquartenaccords gebrauchet wer-den koͤnne; und ſo wie die Quarte im Quintquartenaccord uͤberall in Arſi vorbereitet und aufgeloͤſet werden muß, ſo muß die Quarte im Quartſextenaccord auf aͤhnliche Art vorbereitet und aufgeloͤſet werden. Die Quarte im Quartſextenaccord kann bey liegendem Baſſe nicht allein zur Aufloͤſung einer vorhergehenden Diſſonanz, wie bey Fig. 112. ſondern auch zur Vorbereitung einer folgenden Diſſonanz wie ebendaſelbſt gebrauchet werden. Jn allen dieſen Faͤllen iſt der Quartſex- tenaccord g c e ein durch die Umkehrung vom Dreyklang c e g entſpringender Accord; denn wenn vermoͤge des Grundſatzes des Widerſpruchs, eben derſelbe umgekehrte Accord nicht von mehrern Grundaccorden zugleich entſpringen kann, und z. E. der Quartſextenaccord d g h in allen Faͤllen von dem harten Dreyklang g h d, und nicht von dem Dreyklang c e g, oder f a c entſpringet, ſo muß gegentheils der Quartſextenaccord g c e uͤberall aus der Verwechſelung des Dreyklangs c e g, und nicht des Dreyklangs g h d oder f a c entſpringen, und mithin der Dreyklang c e g ſowohl von dem erſten als zweyten Quart- ſextenaccord in den vorigen Exempeln bey Fig. 111 und 112. der Grundaccord ſeyn. Der Proceß der Aufhaltung giebet uns keine Grundaccorde.*) Denn wenn er dieſes thaͤte, ſo muͤßte der uns zur Zeit unbekannte fuͤnfſtimmige Accord g h d e g c (welchen das Kirnbergerſche Exempel bey Fig. 111. gie- bet,) der Grundaccord von dem in dem angefuͤhrten Exempel wiederholten Quartſextenaccord g c e ſeyn. Wunderlich genug iſt es, daß, obgleich bey Fig. 111. dieſer Accord von der Arſi des erſten Tacts in die Theſin des folgenden vermittelſt einer ſtarken Bindung heruͤbergezogen und alſo ſehr feſtgehalten wird, er dennoch auf eine ganz unbegreifliche Art ſeinem erſten Grundbaßton c entwiſcht, um den Grundbaß g anzunehmen. — 2) Der Hr. Kirnberger iſt der Meinung, daß uͤberall, gehen- *) Gewiß ſo wenig in Diſſonanzen als Conſonanzen. Es muͤßte ſonſt im
leztern Fall der Dreyklang a c e oder e g h von dem Dreyklang c e g ab- ſtammen, und dieſes iſt abſurd. Man ſehe den §. 318. zuruͤck. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0318" n="298"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anhang ꝛc. Siebenter Abſchnitt. Anmerkungen</hi></fw><lb/> als daſelbſt anſtatt des Quintquartenaccords gebrauchet wer-<lb/> den koͤnne; und ſo wie die Quarte im Quintquartenaccord<lb/> uͤberall in Arſi vorbereitet und aufgeloͤſet werden muß, ſo muß<lb/> die Quarte im Quartſextenaccord auf aͤhnliche Art vorbereitet<lb/> und aufgeloͤſet werden. Die Quarte im Quartſextenaccord<lb/> kann <hi rendition="#fr">bey liegendem Baſſe</hi> nicht allein zur <hi rendition="#fr">Aufloͤſung</hi> einer<lb/> vorhergehenden Diſſonanz, wie bey Fig. 112. ſondern auch<lb/> zur <hi rendition="#fr">Vorbereitung</hi> einer folgenden Diſſonanz wie ebendaſelbſt<lb/> gebrauchet werden. Jn allen dieſen Faͤllen iſt der Quartſex-<lb/> tenaccord <hi rendition="#aq">g c e</hi> ein durch die Umkehrung vom Dreyklang <hi rendition="#aq">c e g</hi><lb/> entſpringender Accord; denn wenn vermoͤge des Grundſatzes<lb/> des Widerſpruchs, eben derſelbe umgekehrte Accord nicht von<lb/> mehrern Grundaccorden zugleich entſpringen kann, und z. E.<lb/> der Quartſextenaccord <hi rendition="#aq">d g h</hi> in allen Faͤllen von dem harten<lb/> Dreyklang <hi rendition="#aq">g h d,</hi> und nicht von dem Dreyklang <hi rendition="#aq">c e g,</hi> oder<lb/><hi rendition="#aq">f a c</hi> entſpringet, ſo muß gegentheils der Quartſextenaccord <hi rendition="#aq">g c e</hi><lb/> uͤberall aus der Verwechſelung des Dreyklangs <hi rendition="#aq">c e g,</hi> und<lb/> nicht des Dreyklangs <hi rendition="#aq">g h d</hi> oder <hi rendition="#aq">f a c</hi> entſpringen, und mithin<lb/> der Dreyklang <hi rendition="#aq">c e g</hi> ſowohl von dem erſten als zweyten Quart-<lb/> ſextenaccord in den vorigen Exempeln bey Fig. 111 und 112.<lb/> der Grundaccord ſeyn. Der Proceß der <hi rendition="#fr">Aufhaltung</hi> giebet<lb/> uns keine Grundaccorde.<note place="foot" n="*)">Gewiß ſo wenig in Diſſonanzen als Conſonanzen. Es muͤßte ſonſt im<lb/> leztern Fall der Dreyklang <hi rendition="#aq">a c e</hi> oder <hi rendition="#aq">e g h</hi> von dem Dreyklang <hi rendition="#aq">c e g</hi> ab-<lb/> ſtammen, und dieſes iſt abſurd. Man ſehe den §. 318. zuruͤck.</note> Denn wenn er dieſes thaͤte, ſo<lb/> muͤßte der uns zur Zeit unbekannte fuͤnfſtimmige Accord <hi rendition="#aq">g h d<lb/> e g c</hi> (welchen das Kirnbergerſche Exempel bey Fig. 111. gie-<lb/> bet,) der Grundaccord von dem in dem angefuͤhrten Exempel<lb/> wiederholten Quartſextenaccord <hi rendition="#aq">g c e</hi> ſeyn. Wunderlich genug<lb/> iſt es, daß, obgleich bey Fig. 111. dieſer Accord von der Arſi<lb/> des erſten Tacts in die Theſin des folgenden vermittelſt einer<lb/> ſtarken Bindung heruͤbergezogen und alſo ſehr feſtgehalten wird,<lb/> er dennoch auf eine ganz unbegreifliche Art ſeinem erſten<lb/> Grundbaßton <hi rendition="#aq">c</hi> entwiſcht, um den Grundbaß <hi rendition="#aq">g</hi> anzunehmen. —</p><lb/> <p>2) Der Hr. Kirnberger iſt der Meinung, daß uͤberall,<lb/> wo der Quartquintenaccord nicht anſtatt des Quartſextenac-<lb/> cords gebrauchet werden kann, der leztere conſonirend iſt, und<lb/> daß er in dieſer Qualitaͤt, wie alle uͤbrige conſonirende Jnter-<lb/> valle, frey eintreten, auch verdoppelt werden, einen vorher-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">gehen-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [298/0318]
Anhang ꝛc. Siebenter Abſchnitt. Anmerkungen
als daſelbſt anſtatt des Quintquartenaccords gebrauchet wer-
den koͤnne; und ſo wie die Quarte im Quintquartenaccord
uͤberall in Arſi vorbereitet und aufgeloͤſet werden muß, ſo muß
die Quarte im Quartſextenaccord auf aͤhnliche Art vorbereitet
und aufgeloͤſet werden. Die Quarte im Quartſextenaccord
kann bey liegendem Baſſe nicht allein zur Aufloͤſung einer
vorhergehenden Diſſonanz, wie bey Fig. 112. ſondern auch
zur Vorbereitung einer folgenden Diſſonanz wie ebendaſelbſt
gebrauchet werden. Jn allen dieſen Faͤllen iſt der Quartſex-
tenaccord g c e ein durch die Umkehrung vom Dreyklang c e g
entſpringender Accord; denn wenn vermoͤge des Grundſatzes
des Widerſpruchs, eben derſelbe umgekehrte Accord nicht von
mehrern Grundaccorden zugleich entſpringen kann, und z. E.
der Quartſextenaccord d g h in allen Faͤllen von dem harten
Dreyklang g h d, und nicht von dem Dreyklang c e g, oder
f a c entſpringet, ſo muß gegentheils der Quartſextenaccord g c e
uͤberall aus der Verwechſelung des Dreyklangs c e g, und
nicht des Dreyklangs g h d oder f a c entſpringen, und mithin
der Dreyklang c e g ſowohl von dem erſten als zweyten Quart-
ſextenaccord in den vorigen Exempeln bey Fig. 111 und 112.
der Grundaccord ſeyn. Der Proceß der Aufhaltung giebet
uns keine Grundaccorde. *) Denn wenn er dieſes thaͤte, ſo
muͤßte der uns zur Zeit unbekannte fuͤnfſtimmige Accord g h d
e g c (welchen das Kirnbergerſche Exempel bey Fig. 111. gie-
bet,) der Grundaccord von dem in dem angefuͤhrten Exempel
wiederholten Quartſextenaccord g c e ſeyn. Wunderlich genug
iſt es, daß, obgleich bey Fig. 111. dieſer Accord von der Arſi
des erſten Tacts in die Theſin des folgenden vermittelſt einer
ſtarken Bindung heruͤbergezogen und alſo ſehr feſtgehalten wird,
er dennoch auf eine ganz unbegreifliche Art ſeinem erſten
Grundbaßton c entwiſcht, um den Grundbaß g anzunehmen. —
2) Der Hr. Kirnberger iſt der Meinung, daß uͤberall,
wo der Quartquintenaccord nicht anſtatt des Quartſextenac-
cords gebrauchet werden kann, der leztere conſonirend iſt, und
daß er in dieſer Qualitaͤt, wie alle uͤbrige conſonirende Jnter-
valle, frey eintreten, auch verdoppelt werden, einen vorher-
gehen-
*) Gewiß ſo wenig in Diſſonanzen als Conſonanzen. Es muͤßte ſonſt im
leztern Fall der Dreyklang a c e oder e g h von dem Dreyklang c e g ab-
ſtammen, und dieſes iſt abſurd. Man ſehe den §. 318. zuruͤck.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |