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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Gesandschaftsrecht überhaupt.
men den Ceremoniel- und beständigen Gesandten fast ohne
Ausnahme alle die Vorrechte bey, deren ein wirklicher Ne-
gociateur genießt, obgleich dies aus allgemeinen Gründen
nicht zu folgen scheint.

§. 184.
Recht Gesandte zu schicken.

Der ursprüngliche und hauptsächliche Zweck der Ge-
sandschaften ergiebt, daß 1) alle diejenigen welche in ihrem
eigenen Nahmen mit Auswärtigen in Verhandlung zu tre-
ten berechtiget sind, auch das Recht haben müssen Gesandte
zu schicken, folglich daß nicht nur alle ganz unabhängige
Staaten a), sie mögen ungleiche Bündnisse mit anderen ein-
gegangen haben oder nicht, sondern auch alle diejenigen nicht
unabhängigen (halb souveraine) Staaten welche das Recht
des Kriegs, des Friedens und der Bündnisse haben, be-
fugt seyn müssen Gesandte abzuschicken, daher auch dieses
active Gesandschaftsrecht sowohl den teutschen Reichsstän-
den b), als einigen anderen abhängigen Staaten c) jetzt un-
bestritten zusteht. Die Frage aber, wer in monarchischen
Staaten dieses Recht auszuüben habe, ob der Regent allein
oder mit Zuziehung der Stände, ist aus dem positiven
Staatsrecht eines jeden Landes zu beurtheilen d). Hinge-
gen alle die unterworfene Theile eines Staats welche kein
Recht haben in eigenem Nahmen mit Auswärtigen in Ver-
handlungen zu treten, und alle physische Personen denen die-
ses Recht nicht zusteht, wie hoch auch übrigens ihre Geburt
oder das Amt welches sie bekleiden seyn mag e), haben das
Gesandschaftsrecht nicht, obschon sie in ihren Angelegenheiten
anderen Privatpersonen gleich, bloße Mandatarien schicken
können. In dem Verhältniß zwischen dem Oberherrn und
dessen Unterthanen und Ständen, können diese ihm zwar
Abgeordnete schicken, so wie er ihnen Commissarien sendet,
aber beide sind nicht als Gesandter anzusehn, jene nicht
weil die welche sie abgeordnet haben ihnen diese Eigenschaft
nicht beylegen können, diese nicht, weil der Oberherr sie ihnen

nicht

Geſandſchaftsrecht uͤberhaupt.
men den Ceremoniel- und beſtaͤndigen Geſandten faſt ohne
Ausnahme alle die Vorrechte bey, deren ein wirklicher Ne-
gociateur genießt, obgleich dies aus allgemeinen Gruͤnden
nicht zu folgen ſcheint.

§. 184.
Recht Geſandte zu ſchicken.

Der urſpruͤngliche und hauptſaͤchliche Zweck der Ge-
ſandſchaften ergiebt, daß 1) alle diejenigen welche in ihrem
eigenen Nahmen mit Auswaͤrtigen in Verhandlung zu tre-
ten berechtiget ſind, auch das Recht haben muͤſſen Geſandte
zu ſchicken, folglich daß nicht nur alle ganz unabhaͤngige
Staaten a), ſie moͤgen ungleiche Buͤndniſſe mit anderen ein-
gegangen haben oder nicht, ſondern auch alle diejenigen nicht
unabhaͤngigen (halb ſouveraine) Staaten welche das Recht
des Kriegs, des Friedens und der Buͤndniſſe haben, be-
fugt ſeyn muͤſſen Geſandte abzuſchicken, daher auch dieſes
active Geſandſchaftsrecht ſowohl den teutſchen Reichsſtaͤn-
den b), als einigen anderen abhaͤngigen Staaten c) jetzt un-
beſtritten zuſteht. Die Frage aber, wer in monarchiſchen
Staaten dieſes Recht auszuuͤben habe, ob der Regent allein
oder mit Zuziehung der Staͤnde, iſt aus dem poſitiven
Staatsrecht eines jeden Landes zu beurtheilen d). Hinge-
gen alle die unterworfene Theile eines Staats welche kein
Recht haben in eigenem Nahmen mit Auswaͤrtigen in Ver-
handlungen zu treten, und alle phyſiſche Perſonen denen die-
ſes Recht nicht zuſteht, wie hoch auch uͤbrigens ihre Geburt
oder das Amt welches ſie bekleiden ſeyn mag e), haben das
Geſandſchaftsrecht nicht, obſchon ſie in ihren Angelegenheiten
anderen Privatperſonen gleich, bloße Mandatarien ſchicken
koͤnnen. In dem Verhaͤltniß zwiſchen dem Oberherrn und
deſſen Unterthanen und Staͤnden, koͤnnen dieſe ihm zwar
Abgeordnete ſchicken, ſo wie er ihnen Commiſſarien ſendet,
aber beide ſind nicht als Geſandter anzuſehn, jene nicht
weil die welche ſie abgeordnet haben ihnen dieſe Eigenſchaft
nicht beylegen koͤnnen, dieſe nicht, weil der Oberherr ſie ihnen

nicht
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[219/0247] Geſandſchaftsrecht uͤberhaupt. men den Ceremoniel- und beſtaͤndigen Geſandten faſt ohne Ausnahme alle die Vorrechte bey, deren ein wirklicher Ne- gociateur genießt, obgleich dies aus allgemeinen Gruͤnden nicht zu folgen ſcheint. §. 184. Recht Geſandte zu ſchicken. Der urſpruͤngliche und hauptſaͤchliche Zweck der Ge- ſandſchaften ergiebt, daß 1) alle diejenigen welche in ihrem eigenen Nahmen mit Auswaͤrtigen in Verhandlung zu tre- ten berechtiget ſind, auch das Recht haben muͤſſen Geſandte zu ſchicken, folglich daß nicht nur alle ganz unabhaͤngige Staaten a), ſie moͤgen ungleiche Buͤndniſſe mit anderen ein- gegangen haben oder nicht, ſondern auch alle diejenigen nicht unabhaͤngigen (halb ſouveraine) Staaten welche das Recht des Kriegs, des Friedens und der Buͤndniſſe haben, be- fugt ſeyn muͤſſen Geſandte abzuſchicken, daher auch dieſes active Geſandſchaftsrecht ſowohl den teutſchen Reichsſtaͤn- den b), als einigen anderen abhaͤngigen Staaten c) jetzt un- beſtritten zuſteht. Die Frage aber, wer in monarchiſchen Staaten dieſes Recht auszuuͤben habe, ob der Regent allein oder mit Zuziehung der Staͤnde, iſt aus dem poſitiven Staatsrecht eines jeden Landes zu beurtheilen d). Hinge- gen alle die unterworfene Theile eines Staats welche kein Recht haben in eigenem Nahmen mit Auswaͤrtigen in Ver- handlungen zu treten, und alle phyſiſche Perſonen denen die- ſes Recht nicht zuſteht, wie hoch auch uͤbrigens ihre Geburt oder das Amt welches ſie bekleiden ſeyn mag e), haben das Geſandſchaftsrecht nicht, obſchon ſie in ihren Angelegenheiten anderen Privatperſonen gleich, bloße Mandatarien ſchicken koͤnnen. In dem Verhaͤltniß zwiſchen dem Oberherrn und deſſen Unterthanen und Staͤnden, koͤnnen dieſe ihm zwar Abgeordnete ſchicken, ſo wie er ihnen Commiſſarien ſendet, aber beide ſind nicht als Geſandter anzuſehn, jene nicht weil die welche ſie abgeordnet haben ihnen dieſe Eigenſchaft nicht beylegen koͤnnen, dieſe nicht, weil der Oberherr ſie ihnen nicht

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/247>, abgerufen am 30.04.2024.