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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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Es ist, wie man bei der Ricardo'schen Schule studiren kann,
ein ganz verkehrter Versuch, die Gesetze der Profitrate unmittel-
bar als Gesetze der Mehrwerthsrate oder umgekehrt darstellen zu
wollen. In dem Kopf des Kapitalisten unterscheiden sie sich
natürlich nicht. In dem Ausdruck ist der Mehrwerth gemessen
am Werth des Gesammtkapitals, das zu seiner Produktion vor-
geschossen und in dieser Produktion theilweise ganz konsumirt,
theilweis nur angewandt worden ist. In der That drückt das
Verhältniss den Verwerthungsgrad des ganzen vorgeschossnen
Kapitals aus, d. h. dem begrifflichen, innern Zusammenhang und
der Natur des Mehrwerths entsprechend gefasst, es zeigt an, wie
sich die Grösse der Variation des variablen Kapitals zur Grösse
des vorgeschossnen Gesammtkapitals verhält.

An und für sich steht die Werthgrösse des Gesammtkapitals in
keinem innern Verhältniss zur Grösse des Mehrwerths, wenigstens
nicht unmittelbar. Seinen stofflichen Elementen nach besteht das
Gesammtkapital minus das variable Kapital, besteht also das kon-
stante Kapital aus den stofflichen Bedingungen zur Verwirklichung
der Arbeit, Arbeitsmitteln und Arbeitsmaterial. Damit ein be-
stimmtes Quantum Arbeit sich in Waaren verwirklicht, und daher
auch Werth bildet, ist ein bestimmtes Quantum Arbeitsmaterial
und Arbeitsmittel erheischt. Es findet je nach dem besondern
Charakter der zugesetzten Arbeit ein bestimmtes technisches Ver-
hältniss statt zwischen der Masse der Arbeit und der Masse der
Produktionsmittel, denen diese lebendige Arbeit zugesetzt werden
soll. Es findet also insofern auch ein bestimmtes Verhältniss
statt zwischen der Masse des Mehrwerths oder der Mehrarbeit und
der Masse der Produktionsmittel. Wenn z. B. die nothwendige
Arbeit zur Produktion des Arbeitslohns 6 Stunden täglich beträgt,
muss der Arbeiter 12 Stunden arbeiten um 6 Stunden Mehrarbeit
zu thun, um einen Mehrwerth von 100 % zu erzeugen. Er ver-
braucht in den 12 Stunden doppelt so viel Produktionsmittel wie
in den 6. Aber desswegen steht der Mehrwerth, den er in 6 Stun-
den zusetzt, durchaus in keinem unmittelbaren Verhältniss zu dem
Werth der in den 6 oder auch in den 12 Stunden vernutzten
Produktionsmittel. Dieser Werth ist hier ganz gleichgültig; es
kommt nur auf die technisch nöthige Masse an. Ob der Rohstoff
oder das Arbeitsmittel wohlfeil oder theuer, ist ganz gleichgültig;
wenn es nur den erheischten Gebrauchswerth besitzt und in der
technisch vorgeschriebnen Proportion zu der zu absorbirenden leben-

Es ist, wie man bei der Ricardo’schen Schule studiren kann,
ein ganz verkehrter Versuch, die Gesetze der Profitrate unmittel-
bar als Gesetze der Mehrwerthsrate oder umgekehrt darstellen zu
wollen. In dem Kopf des Kapitalisten unterscheiden sie sich
natürlich nicht. In dem Ausdruck ist der Mehrwerth gemessen
am Werth des Gesammtkapitals, das zu seiner Produktion vor-
geschossen und in dieser Produktion theilweise ganz konsumirt,
theilweis nur angewandt worden ist. In der That drückt das
Verhältniss den Verwerthungsgrad des ganzen vorgeschossnen
Kapitals aus, d. h. dem begrifflichen, innern Zusammenhang und
der Natur des Mehrwerths entsprechend gefasst, es zeigt an, wie
sich die Grösse der Variation des variablen Kapitals zur Grösse
des vorgeschossnen Gesammtkapitals verhält.

An und für sich steht die Werthgrösse des Gesammtkapitals in
keinem innern Verhältniss zur Grösse des Mehrwerths, wenigstens
nicht unmittelbar. Seinen stofflichen Elementen nach besteht das
Gesammtkapital minus das variable Kapital, besteht also das kon-
stante Kapital aus den stofflichen Bedingungen zur Verwirklichung
der Arbeit, Arbeitsmitteln und Arbeitsmaterial. Damit ein be-
stimmtes Quantum Arbeit sich in Waaren verwirklicht, und daher
auch Werth bildet, ist ein bestimmtes Quantum Arbeitsmaterial
und Arbeitsmittel erheischt. Es findet je nach dem besondern
Charakter der zugesetzten Arbeit ein bestimmtes technisches Ver-
hältniss statt zwischen der Masse der Arbeit und der Masse der
Produktionsmittel, denen diese lebendige Arbeit zugesetzt werden
soll. Es findet also insofern auch ein bestimmtes Verhältniss
statt zwischen der Masse des Mehrwerths oder der Mehrarbeit und
der Masse der Produktionsmittel. Wenn z. B. die nothwendige
Arbeit zur Produktion des Arbeitslohns 6 Stunden täglich beträgt,
muss der Arbeiter 12 Stunden arbeiten um 6 Stunden Mehrarbeit
zu thun, um einen Mehrwerth von 100 % zu erzeugen. Er ver-
braucht in den 12 Stunden doppelt so viel Produktionsmittel wie
in den 6. Aber desswegen steht der Mehrwerth, den er in 6 Stun-
den zusetzt, durchaus in keinem unmittelbaren Verhältniss zu dem
Werth der in den 6 oder auch in den 12 Stunden vernutzten
Produktionsmittel. Dieser Werth ist hier ganz gleichgültig; es
kommt nur auf die technisch nöthige Masse an. Ob der Rohstoff
oder das Arbeitsmittel wohlfeil oder theuer, ist ganz gleichgültig;
wenn es nur den erheischten Gebrauchswerth besitzt und in der
technisch vorgeschriebnen Proportion zu der zu absorbirenden leben-

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[20/0054] Es ist, wie man bei der Ricardo’schen Schule studiren kann, ein ganz verkehrter Versuch, die Gesetze der Profitrate unmittel- bar als Gesetze der Mehrwerthsrate oder umgekehrt darstellen zu wollen. In dem Kopf des Kapitalisten unterscheiden sie sich natürlich nicht. In dem Ausdruck [FORMEL] ist der Mehrwerth gemessen am Werth des Gesammtkapitals, das zu seiner Produktion vor- geschossen und in dieser Produktion theilweise ganz konsumirt, theilweis nur angewandt worden ist. In der That drückt das Verhältniss [FORMEL] den Verwerthungsgrad des ganzen vorgeschossnen Kapitals aus, d. h. dem begrifflichen, innern Zusammenhang und der Natur des Mehrwerths entsprechend gefasst, es zeigt an, wie sich die Grösse der Variation des variablen Kapitals zur Grösse des vorgeschossnen Gesammtkapitals verhält. An und für sich steht die Werthgrösse des Gesammtkapitals in keinem innern Verhältniss zur Grösse des Mehrwerths, wenigstens nicht unmittelbar. Seinen stofflichen Elementen nach besteht das Gesammtkapital minus das variable Kapital, besteht also das kon- stante Kapital aus den stofflichen Bedingungen zur Verwirklichung der Arbeit, Arbeitsmitteln und Arbeitsmaterial. Damit ein be- stimmtes Quantum Arbeit sich in Waaren verwirklicht, und daher auch Werth bildet, ist ein bestimmtes Quantum Arbeitsmaterial und Arbeitsmittel erheischt. Es findet je nach dem besondern Charakter der zugesetzten Arbeit ein bestimmtes technisches Ver- hältniss statt zwischen der Masse der Arbeit und der Masse der Produktionsmittel, denen diese lebendige Arbeit zugesetzt werden soll. Es findet also insofern auch ein bestimmtes Verhältniss statt zwischen der Masse des Mehrwerths oder der Mehrarbeit und der Masse der Produktionsmittel. Wenn z. B. die nothwendige Arbeit zur Produktion des Arbeitslohns 6 Stunden täglich beträgt, muss der Arbeiter 12 Stunden arbeiten um 6 Stunden Mehrarbeit zu thun, um einen Mehrwerth von 100 % zu erzeugen. Er ver- braucht in den 12 Stunden doppelt so viel Produktionsmittel wie in den 6. Aber desswegen steht der Mehrwerth, den er in 6 Stun- den zusetzt, durchaus in keinem unmittelbaren Verhältniss zu dem Werth der in den 6 oder auch in den 12 Stunden vernutzten Produktionsmittel. Dieser Werth ist hier ganz gleichgültig; es kommt nur auf die technisch nöthige Masse an. Ob der Rohstoff oder das Arbeitsmittel wohlfeil oder theuer, ist ganz gleichgültig; wenn es nur den erheischten Gebrauchswerth besitzt und in der technisch vorgeschriebnen Proportion zu der zu absorbirenden leben-

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/54>, abgerufen am 30.04.2024.