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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
von selbst daran geknüpft oder durch das Gericht besonders aus-
zusprechen28.

Die Dienstunfähigkeit endigt das Dienstverhältnis durch einen
darauf gegründeten Ausspruch der Behörde, die Verabschiedung,
Pensionierung, Quiescierung, Emeritierung, Zur-Ruhe-Setzung. Sie
geschieht in geordnetem Verfahren von Amtswegen oder auf Antrag
des Beamten, der unter dieser Voraussetzung einen Rechtsanspruch
hat, daß die Entlassung nicht schlechthin, sondern mit der besonderen
Begründung erteilt werde, weil sie alsdann verbunden ist mit der
Fortdauer eines Teiles seines Gehaltsanspruchs, mit dem Anspruch
auf Ruhegehalt (unten § 46, I n. 1)29.

III. Neben dem Staatsdienstverhältnis steht wie neben dem Ehren-
amt eine verwandte Erscheinung, minder bedeutsam und mit ab-
geschwächten Rechtsformen. Es ist das Verhältnis derjenigen Leute,
welche dazu bestimmt sind, künftighin in den Staatsdienst zu treten
und einstweilen praktisch dazu vorbereitet werden sollen, der
Referendarien, Supernumerare, Lehrlinge des Forst-
und Jagdwesens
.

Zu diesem Zwecke treten sie in den Dienst des Staates, werden
bei einer Behörde beschäftigt und finden in dem Geschäftskreise der-
selben mancherlei Verwendung. Dabei bekommen sie meist dasselbe
zu thun, was neben ihnen Beamte dieses Dienstzweiges kraft ihrer
Amtspflicht verrichten. Ihre Thätigkeit ist aber dem Hauptzwecke
nach ihrer eigenen Ausbildung, nicht der Besorgung von Geschäften
des Staates gewidmet; sie erfüllen die öffentlichrechtliche Dienst-
pflicht, die ihnen obliegt, an sich selbst, vor allem in der Gewöhnung
daran, eine solche Dienstpflicht zu haben. Sie gleichen in dieser Be-
ziehung den kraft gesetzlicher Heerdienstpflicht einberufenen Soldaten,
die ja auch zu mancherlei Geschäften verwendet werden um ihrer
Ausbildung willen. Sie sind Beamte so wenig wie diese30.

28 Stf.G.B. §§ 31--36, 81, 83, 84, 87--91, 94, 95. Der "Verlust der von dem
Verurteilten bekleideten Ämter" bedeutet vielmehr Aufhebung des Dienstverhält-
nisses, womit der Verlust des Amtes sich von selbst verbindet.
29 Das ist allerdings nicht unbedingt der Fall; vgl. G. Meyer, St.R. S. 474.
Statt der Verabschiedung wegen Dienstunfähigkeit kann das Gesetz auch bloß
Amtsentziehung aus diesem Grunde anordnen lassen (Württemb. Staatsdienerges.
art. 22; Bad. Ges. v. 26. Mai 1876 Art. 7; vgl. oben Note 15). Da ist dann
Wiedereinberufung zum Amte vorbehalten, die aber der Beamte wegen noch fort-
dauernder Unfähigkeit muß anfechten können.
30 Es ist nur gesellschaftliche Rücksichtnahme, wenn man namentlich den
Referendarien eine Art von Beamteneigenschaft zuerkennt. F. Seydel, Dienst-
vergehen, sagt von ihnen (S. 264): "sie sind, wenn man sie einmal Beamte nennen

Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
von selbst daran geknüpft oder durch das Gericht besonders aus-
zusprechen28.

Die Dienstunfähigkeit endigt das Dienstverhältnis durch einen
darauf gegründeten Ausspruch der Behörde, die Verabschiedung,
Pensionierung, Quiescierung, Emeritierung, Zur-Ruhe-Setzung. Sie
geschieht in geordnetem Verfahren von Amtswegen oder auf Antrag
des Beamten, der unter dieser Voraussetzung einen Rechtsanspruch
hat, daß die Entlassung nicht schlechthin, sondern mit der besonderen
Begründung erteilt werde, weil sie alsdann verbunden ist mit der
Fortdauer eines Teiles seines Gehaltsanspruchs, mit dem Anspruch
auf Ruhegehalt (unten § 46, I n. 1)29.

III. Neben dem Staatsdienstverhältnis steht wie neben dem Ehren-
amt eine verwandte Erscheinung, minder bedeutsam und mit ab-
geschwächten Rechtsformen. Es ist das Verhältnis derjenigen Leute,
welche dazu bestimmt sind, künftighin in den Staatsdienst zu treten
und einstweilen praktisch dazu vorbereitet werden sollen, der
Referendarien, Supernumerare, Lehrlinge des Forst-
und Jagdwesens
.

Zu diesem Zwecke treten sie in den Dienst des Staates, werden
bei einer Behörde beschäftigt und finden in dem Geschäftskreise der-
selben mancherlei Verwendung. Dabei bekommen sie meist dasselbe
zu thun, was neben ihnen Beamte dieses Dienstzweiges kraft ihrer
Amtspflicht verrichten. Ihre Thätigkeit ist aber dem Hauptzwecke
nach ihrer eigenen Ausbildung, nicht der Besorgung von Geschäften
des Staates gewidmet; sie erfüllen die öffentlichrechtliche Dienst-
pflicht, die ihnen obliegt, an sich selbst, vor allem in der Gewöhnung
daran, eine solche Dienstpflicht zu haben. Sie gleichen in dieser Be-
ziehung den kraft gesetzlicher Heerdienstpflicht einberufenen Soldaten,
die ja auch zu mancherlei Geschäften verwendet werden um ihrer
Ausbildung willen. Sie sind Beamte so wenig wie diese30.

28 Stf.G.B. §§ 31—36, 81, 83, 84, 87—91, 94, 95. Der „Verlust der von dem
Verurteilten bekleideten Ämter“ bedeutet vielmehr Aufhebung des Dienstverhält-
nisses, womit der Verlust des Amtes sich von selbst verbindet.
29 Das ist allerdings nicht unbedingt der Fall; vgl. G. Meyer, St.R. S. 474.
Statt der Verabschiedung wegen Dienstunfähigkeit kann das Gesetz auch bloß
Amtsentziehung aus diesem Grunde anordnen lassen (Württemb. Staatsdienerges.
art. 22; Bad. Ges. v. 26. Mai 1876 Art. 7; vgl. oben Note 15). Da ist dann
Wiedereinberufung zum Amte vorbehalten, die aber der Beamte wegen noch fort-
dauernder Unfähigkeit muß anfechten können.
30 Es ist nur gesellschaftliche Rücksichtnahme, wenn man namentlich den
Referendarien eine Art von Beamteneigenschaft zuerkennt. F. Seydel, Dienst-
vergehen, sagt von ihnen (S. 264): „sie sind, wenn man sie einmal Beamte nennen
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[232/0244] Recht der besonderen Schuldverhältnisse. von selbst daran geknüpft oder durch das Gericht besonders aus- zusprechen 28. Die Dienstunfähigkeit endigt das Dienstverhältnis durch einen darauf gegründeten Ausspruch der Behörde, die Verabschiedung, Pensionierung, Quiescierung, Emeritierung, Zur-Ruhe-Setzung. Sie geschieht in geordnetem Verfahren von Amtswegen oder auf Antrag des Beamten, der unter dieser Voraussetzung einen Rechtsanspruch hat, daß die Entlassung nicht schlechthin, sondern mit der besonderen Begründung erteilt werde, weil sie alsdann verbunden ist mit der Fortdauer eines Teiles seines Gehaltsanspruchs, mit dem Anspruch auf Ruhegehalt (unten § 46, I n. 1) 29. III. Neben dem Staatsdienstverhältnis steht wie neben dem Ehren- amt eine verwandte Erscheinung, minder bedeutsam und mit ab- geschwächten Rechtsformen. Es ist das Verhältnis derjenigen Leute, welche dazu bestimmt sind, künftighin in den Staatsdienst zu treten und einstweilen praktisch dazu vorbereitet werden sollen, der Referendarien, Supernumerare, Lehrlinge des Forst- und Jagdwesens. Zu diesem Zwecke treten sie in den Dienst des Staates, werden bei einer Behörde beschäftigt und finden in dem Geschäftskreise der- selben mancherlei Verwendung. Dabei bekommen sie meist dasselbe zu thun, was neben ihnen Beamte dieses Dienstzweiges kraft ihrer Amtspflicht verrichten. Ihre Thätigkeit ist aber dem Hauptzwecke nach ihrer eigenen Ausbildung, nicht der Besorgung von Geschäften des Staates gewidmet; sie erfüllen die öffentlichrechtliche Dienst- pflicht, die ihnen obliegt, an sich selbst, vor allem in der Gewöhnung daran, eine solche Dienstpflicht zu haben. Sie gleichen in dieser Be- ziehung den kraft gesetzlicher Heerdienstpflicht einberufenen Soldaten, die ja auch zu mancherlei Geschäften verwendet werden um ihrer Ausbildung willen. Sie sind Beamte so wenig wie diese 30. 28 Stf.G.B. §§ 31—36, 81, 83, 84, 87—91, 94, 95. Der „Verlust der von dem Verurteilten bekleideten Ämter“ bedeutet vielmehr Aufhebung des Dienstverhält- nisses, womit der Verlust des Amtes sich von selbst verbindet. 29 Das ist allerdings nicht unbedingt der Fall; vgl. G. Meyer, St.R. S. 474. Statt der Verabschiedung wegen Dienstunfähigkeit kann das Gesetz auch bloß Amtsentziehung aus diesem Grunde anordnen lassen (Württemb. Staatsdienerges. art. 22; Bad. Ges. v. 26. Mai 1876 Art. 7; vgl. oben Note 15). Da ist dann Wiedereinberufung zum Amte vorbehalten, die aber der Beamte wegen noch fort- dauernder Unfähigkeit muß anfechten können. 30 Es ist nur gesellschaftliche Rücksichtnahme, wenn man namentlich den Referendarien eine Art von Beamteneigenschaft zuerkennt. F. Seydel, Dienst- vergehen, sagt von ihnen (S. 264): „sie sind, wenn man sie einmal Beamte nennen

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/244>, abgerufen am 30.04.2024.