nicht anders war. Denn als wir wieder in das Ge¬ richtszimmer kamen und der Amtshaubtmann fragete wie es stünd, bezeugete sie, daß alldorten zwar ein Maal bei eines Guldens Größe und gelblich anzusehen fürhan¬ den, daß aber Gefühl in selbigem wäre, angesehen Rea laut aufgeschrieen als sie unvermerkt mit einer Nadel hineingestochen. Hierzwischen sprung aber Dn. Came¬ rarius plötzlich auf und trat für mein Töchterlein ihr die Augenlieder auseinanderschiebend, worauf er zu zit¬ tern begunnte, und ausrief: sehet hier, das Zeichen wel¬ ches nimmer treugt *) worauf das ganze Gericht auf¬ sprung, und ihr das kleine Maalein beschauete so sich unter dem rechten Liede wies, was von eim Gerstenkorn gekommen, aber Niemand nit gläuben wollte. Beson¬ dern Dn. Consul sprach: Sieh, der Satan hat dich ge¬ zeichnet an Leib und Seelen? und du fährest dennoch fort, dem heiligen Geist zu lügen, aber es wird dir nich¬ tes helfen, und machstu dein Urtel nur schwerer. O du schaamlos Weibsbild, willtu der alten Lisen ihr Ge¬ zeugniß nit annehmen, willtu es dann auch nicht dieser Leute Zeugniß, so dich sämmtlich haben auf dem Berge mit ihr deinen Buhlen, den Teufel, anrufen hören, wor¬
den Hexen alsdann unzubezweifelnde Zeichen des Teufels wären, wenn sie kein Gefühl hatten, und wurde diese Procedur mit jedem, der Zauberei Verdächtigen, vorge¬ nommen.
*) Man sehe u. a. Delrio disquisit. magicae lib. V. Tit.XIV. No. 28.
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nicht anders war. Denn als wir wieder in das Ge¬ richtszimmer kamen und der Amtshaubtmann fragete wie es ſtünd, bezeugete ſie, daß alldorten zwar ein Maal bei eines Guldens Größe und gelblich anzuſehen fürhan¬ den, daß aber Gefühl in ſelbigem wäre, angeſehen Rea laut aufgeſchrieen als ſie unvermerkt mit einer Nadel hineingeſtochen. Hierzwiſchen ſprung aber Dn. Came¬ rarius plötzlich auf und trat für mein Töchterlein ihr die Augenlieder auseinanderſchiebend, worauf er zu zit¬ tern begunnte, und ausrief: ſehet hier, das Zeichen wel¬ ches nimmer treugt *) worauf das ganze Gericht auf¬ ſprung, und ihr das kleine Maalein beſchauete ſo ſich unter dem rechten Liede wies, was von eim Gerſtenkorn gekommen, aber Niemand nit gläuben wollte. Beſon¬ dern Dn. Consul ſprach: Sieh, der Satan hat dich ge¬ zeichnet an Leib und Seelen? und du fähreſt dennoch fort, dem heiligen Geiſt zu lügen, aber es wird dir nich¬ tes helfen, und machſtu dein Urtel nur ſchwerer. O du ſchaamlos Weibsbild, willtu der alten Liſen ihr Ge¬ zeugniß nit annehmen, willtu es dann auch nicht dieſer Leute Zeugniß, ſo dich ſämmtlich haben auf dem Berge mit ihr deinen Buhlen, den Teufel, anrufen hören, wor¬
den Hexen alsdann unzubezweifelnde Zeichen des Teufels wären, wenn ſie kein Gefühl hatten, und wurde dieſe Procedur mit jedem, der Zauberei Verdächtigen, vorge¬ nommen.
*) Man ſehe u. a. Delrio disquisit. magicae lib. V. Tit.XIV. No. 28.
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nicht anders war. Denn als wir wieder in das Ge¬
richtszimmer kamen und der Amtshaubtmann fragete wie
es ſtünd, bezeugete ſie, daß alldorten zwar ein Maal
bei eines Guldens Größe und gelblich anzuſehen fürhan¬
den, daß aber Gefühl in ſelbigem wäre, angeſehen Rea
laut aufgeſchrieen als ſie unvermerkt mit einer Nadel
hineingeſtochen. Hierzwiſchen ſprung aber Dn. Came¬
rarius plötzlich auf und trat für mein Töchterlein ihr
die Augenlieder auseinanderſchiebend, worauf er zu zit¬
tern begunnte, und ausrief: ſehet hier, das Zeichen wel¬
ches nimmer treugt *) worauf das ganze Gericht auf¬
ſprung, und ihr das kleine Maalein beſchauete ſo ſich
unter dem rechten Liede wies, was von eim Gerſtenkorn
gekommen, aber Niemand nit gläuben wollte. Beſon¬
dern Dn. Consul ſprach: Sieh, der Satan hat dich ge¬
zeichnet an Leib und Seelen? und du fähreſt dennoch
fort, dem heiligen Geiſt zu lügen, aber es wird dir nich¬
tes helfen, und machſtu dein Urtel nur ſchwerer. O
du ſchaamlos Weibsbild, willtu der alten Liſen ihr Ge¬
zeugniß nit annehmen, willtu es dann auch nicht dieſer
Leute Zeugniß, ſo dich ſämmtlich haben auf dem Berge
mit ihr deinen Buhlen, den Teufel, anrufen hören, wor¬
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*) Man ſehe u. a. Delrio disquisit. magicae lib. V. Tit.XIV.
No. 28.
*) den Hexen alsdann unzubezweifelnde Zeichen des Teufels
wären, wenn ſie kein Gefühl hatten, und wurde dieſe
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nommen.
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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/193>, abgerufen am 16.06.2024.
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