Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.
O! wo habt ihr mich hingeführt, Gedanken! Wie hat mich Diese süße Gewalt nicht entzückt, so daß ich vergesse, Was hieher mich gebracht! -- Haß! -- und nicht Liebe, nicht Hoffnung 490Hier statt der Höll' ein Eden zu finden; nicht Hoffnung, hier Freuden, Oder Vergnügen zu schmecken; -- nein, alle Vergnügen und Freuden Zu
O! wo habt ihr mich hingefuͤhrt, Gedanken! Wie hat mich Dieſe ſuͤße Gewalt nicht entzuͤckt, ſo daß ich vergeſſe, Was hieher mich gebracht! — Haß! — und nicht Liebe, nicht Hoffnung 490Hier ſtatt der Hoͤll’ ein Eden zu finden; nicht Hoffnung, hier Freuden, Oder Vergnuͤgen zu ſchmecken; — nein, alle Vergnuͤgen und Freuden Zu
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="15"> <l> <pb facs="#f0107" n="87"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Neunter Geſang.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Alles, was reizend ihm ſchien, durch ſie noch reizender ſcheinet,</l><lb/> <l>Sie ihn am meiſten von allem, was ihn entzuͤcket, bezaubert,</l><lb/> <l>Und in ihrer Geſtalt er alles Vergnuͤgen vereint glaubt:<lb/><note place="left">470</note>Solche Freude ſchoͤpfte die Schlange beym heiteren Anblick</l><lb/> <l>Dieſes blumichten Raums, dem lieblichen Aufenthalt <hi rendition="#fr">Evens,</hi></l><lb/> <l>Welche ſo fruͤh, ſo allein hier war. Die himmliſche Bildung,</l><lb/> <l>Wie der Engel Geſtalt, nur zaͤrtlicher, fanfter, und weiblich;</l><lb/> <l>Jhre bezaubernde Unſchuld, die Anmuth in jeglicher Mine,<lb/><note place="left">475</note>Und der gewinnende Reiz in ihrem kleinſten Betragen,</l><lb/> <l>Floͤßten der Bosheit Ehrfurcht ein, und nahmen der Wuth ſelbſt</l><lb/> <l>Mit dem ſanfteſten Raube den giftigen wuͤthenden Vorſatz,</l><lb/> <l>Welchen ſie mit ſich gebracht. Der Boͤſe ſtand itzo vom Voͤſen</l><lb/> <l>Eine Zeitlang entbloͤßt, ſtand eine Zeitlang in Dummheit<lb/><note place="left">480</note>Gut, entwaffnet von Feindſchaft und Liſt, von Neid, und von Rache.</l><lb/> <l>Aber die heißeſte Hoͤlle, die, wo er nur geht, in ihm brennet,</l><lb/> <l>Waͤr er auch mitten im Himmel, macht ſchnell den Freuden ein Ende.</l><lb/> <l>Jtzo martern ſie ihn nur deſto mehr noch, je mehr er</l><lb/> <l>Freuden erblickt, die nicht fuͤr ihn da ſind. Er ſammelt von neuem<lb/><note place="left">485</note>Allen ſeinen toͤdtlichen Haß, und alle Gedanken,</l><lb/> <l>Schwanger von Ungluͤck und Rache, mit dieſen erweckenden Worten.</l> </lg><lb/> <lg n="16"> <l>O! wo habt ihr mich hingefuͤhrt, Gedanken! Wie hat mich</l><lb/> <l>Dieſe ſuͤße Gewalt nicht entzuͤckt, ſo daß ich vergeſſe,</l><lb/> <l>Was hieher mich gebracht! — Haß! — und nicht Liebe, nicht Hoffnung<lb/><note place="left">490</note>Hier ſtatt der Hoͤll’ ein Eden zu finden; nicht Hoffnung, hier Freuden,</l><lb/> <l>Oder Vergnuͤgen zu ſchmecken; — nein, alle Vergnuͤgen und Freuden<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Zu</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [87/0107]
Neunter Geſang.
Alles, was reizend ihm ſchien, durch ſie noch reizender ſcheinet,
Sie ihn am meiſten von allem, was ihn entzuͤcket, bezaubert,
Und in ihrer Geſtalt er alles Vergnuͤgen vereint glaubt:
Solche Freude ſchoͤpfte die Schlange beym heiteren Anblick
Dieſes blumichten Raums, dem lieblichen Aufenthalt Evens,
Welche ſo fruͤh, ſo allein hier war. Die himmliſche Bildung,
Wie der Engel Geſtalt, nur zaͤrtlicher, fanfter, und weiblich;
Jhre bezaubernde Unſchuld, die Anmuth in jeglicher Mine,
Und der gewinnende Reiz in ihrem kleinſten Betragen,
Floͤßten der Bosheit Ehrfurcht ein, und nahmen der Wuth ſelbſt
Mit dem ſanfteſten Raube den giftigen wuͤthenden Vorſatz,
Welchen ſie mit ſich gebracht. Der Boͤſe ſtand itzo vom Voͤſen
Eine Zeitlang entbloͤßt, ſtand eine Zeitlang in Dummheit
Gut, entwaffnet von Feindſchaft und Liſt, von Neid, und von Rache.
Aber die heißeſte Hoͤlle, die, wo er nur geht, in ihm brennet,
Waͤr er auch mitten im Himmel, macht ſchnell den Freuden ein Ende.
Jtzo martern ſie ihn nur deſto mehr noch, je mehr er
Freuden erblickt, die nicht fuͤr ihn da ſind. Er ſammelt von neuem
Allen ſeinen toͤdtlichen Haß, und alle Gedanken,
Schwanger von Ungluͤck und Rache, mit dieſen erweckenden Worten.
O! wo habt ihr mich hingefuͤhrt, Gedanken! Wie hat mich
Dieſe ſuͤße Gewalt nicht entzuͤckt, ſo daß ich vergeſſe,
Was hieher mich gebracht! — Haß! — und nicht Liebe, nicht Hoffnung
Hier ſtatt der Hoͤll’ ein Eden zu finden; nicht Hoffnung, hier Freuden,
Oder Vergnuͤgen zu ſchmecken; — nein, alle Vergnuͤgen und Freuden
Zu
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