Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.von den Westphälischen Freygerichten. serlichen Comissair zulassen. Jeder Bischof und Fürstwar darauf bedacht die Commission auf sich zu bekom- men, selbst Oberlehnsherr der Stühle in seinem Lande zu werden, und damit eine fremde Gerichtsbarkeit auszu- schließen. Der Erzhischof von Cölln allein, welcher das Herzogthum in Engern und Westphalen erhalten hatte, widersetzte sich diesen Unternehmungen, und brachte es auch würklich dahin, daß er fast überall in Westphalen und Engern als oberster Stuhlherr erkannt wurde. Von ihm hieng also eine Zeitlang die Ernennung aller Frey- grafen in diesen Ländern ab, und vermuthlich auch die Belehnung derselben mit des Königs Banne. Jn dieser Lage blieben die Freygrafschaften eine gute be- N 3
von den Weſtphaͤliſchen Freygerichten. ſerlichen Comiſſair zulaſſen. Jeder Biſchof und Fuͤrſtwar darauf bedacht die Commiſſion auf ſich zu bekom- men, ſelbſt Oberlehnsherr der Stuͤhle in ſeinem Lande zu werden, und damit eine fremde Gerichtsbarkeit auszu- ſchließen. Der Erzhiſchof von Coͤlln allein, welcher das Herzogthum in Engern und Weſtphalen erhalten hatte, widerſetzte ſich dieſen Unternehmungen, und brachte es auch wuͤrklich dahin, daß er faſt uͤberall in Weſtphalen und Engern als oberſter Stuhlherr erkannt wurde. Von ihm hieng alſo eine Zeitlang die Ernennung aller Frey- grafen in dieſen Laͤndern ab, und vermuthlich auch die Belehnung derſelben mit des Koͤnigs Banne. Jn dieſer Lage blieben die Freygrafſchaften eine gute be- N 3
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von den Weſtphaͤliſchen Freygerichten.
ſerlichen Comiſſair zulaſſen. Jeder Biſchof und Fuͤrſt
war darauf bedacht die Commiſſion auf ſich zu bekom-
men, ſelbſt Oberlehnsherr der Stuͤhle in ſeinem Lande zu
werden, und damit eine fremde Gerichtsbarkeit auszu-
ſchließen. Der Erzhiſchof von Coͤlln allein, welcher das
Herzogthum in Engern und Weſtphalen erhalten hatte,
widerſetzte ſich dieſen Unternehmungen, und brachte es
auch wuͤrklich dahin, daß er faſt uͤberall in Weſtphalen
und Engern als oberſter Stuhlherr erkannt wurde. Von
ihm hieng alſo eine Zeitlang die Ernennung aller Frey-
grafen in dieſen Laͤndern ab, und vermuthlich auch die
Belehnung derſelben mit des Koͤnigs Banne.
Jn dieſer Lage blieben die Freygrafſchaften eine gute
Weile, außer daß ſich viele Biſchoͤfe, Fuͤrſten und Staͤd-
te, welche das ordentliche Richteramt zur Erhaltung,
oder die Gowgrafſchaften an ſich gebracht hatten, ſich
dieſem auſſerordentlichen Beamten zu entziehen, und ent-
weder dieſes ihr Richteramt auch auf die Faͤlle zu Haut
und Haar zu erſtrecken ſuchten, oder ſich auf andre Art
den Freygrafen widerſetzten, wozu die allmaͤhlige Abnah-
me des Rechts die Verbrechen mit Gelde zu loͤſen, der
Landfrieden, und andre Arten von Selbſthuͤlfen, haupt-
ſaͤchlich aber die von dem Kayſer gegen ſein eignes Jnte-
reſſe ertheilten Privilegien nicht wenig beytragen mochten.
Gegen das Ende des vierzehnten und zu Anfang des funf-
zehnten Jahrhunderts erſchienen ſie aber auf einmal mit
einer ſolchen Macht, daß ganz Deutſchland davor zittern
mußte; und ich glaube nicht zu viel zu ſagen, wenn ich
annehme, daß mehr als hundert tauſend Freyſchoͤpfen in
Deutſchland waren, die wie die Freymaͤurer vereint und
unerkannt, jeden der von der heimlichen Acht verdammt
war, unverwarnt hinrichteten, und was die Ausrichtung
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