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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.

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CINNA UND SULLA.
benden vernahm. Es war eine grässliche Execution und sie soll
nicht entschuldigt werden; aber es ist nicht gerecht zu ver-
schweigen, dass diese selben Menschen, die dort starben, wie
eine Räuberbande hergefallen waren über die Hauptstadt und die
Bürgerschaft und sie, wenn sie Zeit gefunden hätten, so weit ver-
nichtet haben würden, als Feuer und Eisen eine Stadt und eine
Bürgerschaft zu vernichten vermögen. -- Damit war der Krieg
in der Hauptsache zu Ende. Die Besatzung von Praeneste ergab
sich, als sie den Ausgang der Schlacht von Rom aus den über
die Mauer geworfenen Köpfen des Carrinas und anderer Offiziere
erfuhr. Die Führer, der Consul Gaius Marius und der Sohn des
Pontius stürzten, als ein Versuch zu entkommen ihnen vereitelt
war, sich einer in des andern Schwert. Die Menge gab der Hoff-
nung sich hin und ward durch Cethegus darin bestärkt, dass der
Sieger für sie auch jetzt noch Gnade walten lassen werde. Aber
die Zeiten der Gnade waren vorbei. Je unbedingter Sulla bis
zum letzten Augenblick den Uebertretenden volle Verzeihung ge-
währt hatte, desto unerbittlicher erwies er sich gegen die Chefs
und die Gemeinden, die ausgehalten hatten bis zuletzt. Von den
praenestinischen Gefangenen, 12000 an der Zahl, wurden zwar
ausser den Kindern und Frauen die meisten Römer und einzelne
Praenestiner entlassen, aber die römischen Senatoren, fast alle
Praenestiner und sämmtliche Samniten wurden entwaffnet und
zusammengehauen, die reiche Stadt geplündert. Es ist begreif-
lich, dass nach solchem Vorgang die noch nicht übergebenen
Neubürgerstädte den Widerstand in hartnäckigster Weise fort-
setzten. So wehrten sich in Etrurien Populonium und vor allem
das unbezwingliche Volaterrae, das aus den Resten der geschla-
genen Partei ein Heer von vier Legionen um sich sammelte und
erst nach zweijähriger von Sulla persönlich geleiteter Belagerung
capitulirte (673). So ward in Umbrien Tuder durch Marcus
Crassus erstürmt. So tödteten in der latinischen Stadt Norba,
als Aemilius Lepidus durch Verrath daselbst eindrang, die Bür-
ger sich unter einander und zündeten selbst ihre Stadt an, um
nur ihren Henkern die Rache und die Beute zu entziehen. In
Unteritalien war bereits früher Neapolis erstürmt und wie es
scheint Capua und Nola freiwillig geräumt worden. Dagegen
ward die letzte Burg der Samniten Aesernia * erst bezwungen,
als Sulla das Jahr darauf (673) selbst in die Landschaft ein-

* Ein anderer Name kann wohl kaum in der Corruptel Liv. 89 mtam
in Samnio
sich verbergen; vgl. Strabon 5, 3, 10.

CINNA UND SULLA.
benden vernahm. Es war eine gräſsliche Execution und sie soll
nicht entschuldigt werden; aber es ist nicht gerecht zu ver-
schweigen, daſs diese selben Menschen, die dort starben, wie
eine Räuberbande hergefallen waren über die Hauptstadt und die
Bürgerschaft und sie, wenn sie Zeit gefunden hätten, so weit ver-
nichtet haben würden, als Feuer und Eisen eine Stadt und eine
Bürgerschaft zu vernichten vermögen. — Damit war der Krieg
in der Hauptsache zu Ende. Die Besatzung von Praeneste ergab
sich, als sie den Ausgang der Schlacht von Rom aus den über
die Mauer geworfenen Köpfen des Carrinas und anderer Offiziere
erfuhr. Die Führer, der Consul Gaius Marius und der Sohn des
Pontius stürzten, als ein Versuch zu entkommen ihnen vereitelt
war, sich einer in des andern Schwert. Die Menge gab der Hoff-
nung sich hin und ward durch Cethegus darin bestärkt, daſs der
Sieger für sie auch jetzt noch Gnade walten lassen werde. Aber
die Zeiten der Gnade waren vorbei. Je unbedingter Sulla bis
zum letzten Augenblick den Uebertretenden volle Verzeihung ge-
währt hatte, desto unerbittlicher erwies er sich gegen die Chefs
und die Gemeinden, die ausgehalten hatten bis zuletzt. Von den
praenestinischen Gefangenen, 12000 an der Zahl, wurden zwar
auſser den Kindern und Frauen die meisten Römer und einzelne
Praenestiner entlassen, aber die römischen Senatoren, fast alle
Praenestiner und sämmtliche Samniten wurden entwaffnet und
zusammengehauen, die reiche Stadt geplündert. Es ist begreif-
lich, daſs nach solchem Vorgang die noch nicht übergebenen
Neubürgerstädte den Widerstand in hartnäckigster Weise fort-
setzten. So wehrten sich in Etrurien Populonium und vor allem
das unbezwingliche Volaterrae, das aus den Resten der geschla-
genen Partei ein Heer von vier Legionen um sich sammelte und
erst nach zweijähriger von Sulla persönlich geleiteter Belagerung
capitulirte (673). So ward in Umbrien Tuder durch Marcus
Crassus erstürmt. So tödteten in der latinischen Stadt Norba,
als Aemilius Lepidus durch Verrath daselbst eindrang, die Bür-
ger sich unter einander und zündeten selbst ihre Stadt an, um
nur ihren Henkern die Rache und die Beute zu entziehen. In
Unteritalien war bereits früher Neapolis erstürmt und wie es
scheint Capua und Nola freiwillig geräumt worden. Dagegen
ward die letzte Burg der Samniten Aesernia * erst bezwungen,
als Sulla das Jahr darauf (673) selbst in die Landschaft ein-

* Ein anderer Name kann wohl kaum in der Corruptel Liv. 89 mtam
in Samnio
sich verbergen; vgl. Strabon 5, 3, 10.
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[317/0327] CINNA UND SULLA. benden vernahm. Es war eine gräſsliche Execution und sie soll nicht entschuldigt werden; aber es ist nicht gerecht zu ver- schweigen, daſs diese selben Menschen, die dort starben, wie eine Räuberbande hergefallen waren über die Hauptstadt und die Bürgerschaft und sie, wenn sie Zeit gefunden hätten, so weit ver- nichtet haben würden, als Feuer und Eisen eine Stadt und eine Bürgerschaft zu vernichten vermögen. — Damit war der Krieg in der Hauptsache zu Ende. Die Besatzung von Praeneste ergab sich, als sie den Ausgang der Schlacht von Rom aus den über die Mauer geworfenen Köpfen des Carrinas und anderer Offiziere erfuhr. Die Führer, der Consul Gaius Marius und der Sohn des Pontius stürzten, als ein Versuch zu entkommen ihnen vereitelt war, sich einer in des andern Schwert. Die Menge gab der Hoff- nung sich hin und ward durch Cethegus darin bestärkt, daſs der Sieger für sie auch jetzt noch Gnade walten lassen werde. Aber die Zeiten der Gnade waren vorbei. Je unbedingter Sulla bis zum letzten Augenblick den Uebertretenden volle Verzeihung ge- währt hatte, desto unerbittlicher erwies er sich gegen die Chefs und die Gemeinden, die ausgehalten hatten bis zuletzt. Von den praenestinischen Gefangenen, 12000 an der Zahl, wurden zwar auſser den Kindern und Frauen die meisten Römer und einzelne Praenestiner entlassen, aber die römischen Senatoren, fast alle Praenestiner und sämmtliche Samniten wurden entwaffnet und zusammengehauen, die reiche Stadt geplündert. Es ist begreif- lich, daſs nach solchem Vorgang die noch nicht übergebenen Neubürgerstädte den Widerstand in hartnäckigster Weise fort- setzten. So wehrten sich in Etrurien Populonium und vor allem das unbezwingliche Volaterrae, das aus den Resten der geschla- genen Partei ein Heer von vier Legionen um sich sammelte und erst nach zweijähriger von Sulla persönlich geleiteter Belagerung capitulirte (673). So ward in Umbrien Tuder durch Marcus Crassus erstürmt. So tödteten in der latinischen Stadt Norba, als Aemilius Lepidus durch Verrath daselbst eindrang, die Bür- ger sich unter einander und zündeten selbst ihre Stadt an, um nur ihren Henkern die Rache und die Beute zu entziehen. In Unteritalien war bereits früher Neapolis erstürmt und wie es scheint Capua und Nola freiwillig geräumt worden. Dagegen ward die letzte Burg der Samniten Aesernia * erst bezwungen, als Sulla das Jahr darauf (673) selbst in die Landschaft ein- * Ein anderer Name kann wohl kaum in der Corruptel Liv. 89 mtam in Samnio sich verbergen; vgl. Strabon 5, 3, 10.

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855/327>, abgerufen am 01.11.2024.