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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL X.
wirrung; mit Mühe gelang es dem Befehlshaber der nächsten
Schanze Marcus Antonius diese zu behaupten und für den Augen-
blick dem Vordringen der Pompeianer ein Ziel zu setzen; aber,
abgesehen von dem ansehnlichen Verlust, blieb die äusserste
Schanze am Meer in den Händen der Pompeianer und die Linie
durchbrochen. Um so eifriger ergriff Caesar die Gelegenheit,
die bald darauf sich ihm darbot, eine unvorsichtig sich verein-
zelnde pompeianische Legion mit dem Gros seiner Infanterie an-
zugreifen. Allein die angegriffene Legion leistete tapferen Wider-
stand und in dem mehrmals zum Lager grösserer und kleinerer
Abtheilungen benutzten und kreuz und quer von Wällen und
Gräben durchzogenen Terrain, auf dem gefochten ward, kam
Caesars rechter Flügel nebst der Reiterei ganz vom Wege ab und
statt den linken im Angriff auf die pompeianische Legion zu un-
terstützen, gerieth er in einen engen aus einem der alten Lager
zum Fluss hin geführten Laufgraben. So fand Pompeius, der den
Seinigen zu Hülfe mit fünf Legionen eiligst herbeikam, die beiden
Flügel der Feinde von einander getrennt und den einen in einer
gänzlich verlorenen Stellung. Wie die Caesarianer ihn anrücken
sahen, ergriff sie ein panischer Schreck; alles stürzte in wilder
Flucht zurück und wenn es bei dem Verlust von 1000 der besten
Soldaten blieb und Caesars Armee nicht eine vollständige Nieder-
lage erlitt, so hatte sie dies nur dem Umstand zu danken, dass
auch Pompeius sich in dem coupirten Terrain nicht frei ent-
wickeln konnte und überdies, eine Kriegslist besorgend, seine
Truppen anfangs zurückhielt. Aber auch so waren es unheilvolle
Tage. Nicht bloss hatte Caesar die empfindlichsten Verluste er-
litten und seine Verschanzungen, das Resultat einer viermonat-
lichen Riesenarbeit, auf einen Schlag eingebüsst: er war durch
die letzten Gefechte wieder genau auf den Punct zurückgeworfen,
von welchem er ausgegangen war. Von der See war er vollstän-
diger verdrängt als je, seit des Pompeius älterer Sohn Gnaeus
Caesars wenige Kriegsschiffe, die im Hafen von Orikon lagerten,
durch einen kühnen Angriff theils verbrannt, theils weggeführt
und bald nachher die in Lissos zurückgebliebene Transportflotte
gleichfalls in Brand gesteckt hatte; jede Möglichkeit von Brundi-
sium noch weitere Verstärkungen heranzuziehen war damit für
Caesar verloren. Die zahlreiche pompeianische Reiterei, jetzt
ihrer Fesseln entledigt, ergoss sich in die Umgegend und drohte
Caesar die stets schwierige Verpflegung der Armee völlig unmög-
lich zu machen. Caesars verwegenes Unternehmen gegen einen
seemächtigen auf die Flotte gestützten Feind bloss zu Lande die

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wirrung; mit Mühe gelang es dem Befehlshaber der nächsten
Schanze Marcus Antonius diese zu behaupten und für den Augen-
blick dem Vordringen der Pompeianer ein Ziel zu setzen; aber,
abgesehen von dem ansehnlichen Verlust, blieb die äuſserste
Schanze am Meer in den Händen der Pompeianer und die Linie
durchbrochen. Um so eifriger ergriff Caesar die Gelegenheit,
die bald darauf sich ihm darbot, eine unvorsichtig sich verein-
zelnde pompeianische Legion mit dem Gros seiner Infanterie an-
zugreifen. Allein die angegriffene Legion leistete tapferen Wider-
stand und in dem mehrmals zum Lager gröſserer und kleinerer
Abtheilungen benutzten und kreuz und quer von Wällen und
Gräben durchzogenen Terrain, auf dem gefochten ward, kam
Caesars rechter Flügel nebst der Reiterei ganz vom Wege ab und
statt den linken im Angriff auf die pompeianische Legion zu un-
terstützen, gerieth er in einen engen aus einem der alten Lager
zum Fluſs hin geführten Laufgraben. So fand Pompeius, der den
Seinigen zu Hülfe mit fünf Legionen eiligst herbeikam, die beiden
Flügel der Feinde von einander getrennt und den einen in einer
gänzlich verlorenen Stellung. Wie die Caesarianer ihn anrücken
sahen, ergriff sie ein panischer Schreck; alles stürzte in wilder
Flucht zurück und wenn es bei dem Verlust von 1000 der besten
Soldaten blieb und Caesars Armee nicht eine vollständige Nieder-
lage erlitt, so hatte sie dies nur dem Umstand zu danken, daſs
auch Pompeius sich in dem coupirten Terrain nicht frei ent-
wickeln konnte und überdies, eine Kriegslist besorgend, seine
Truppen anfangs zurückhielt. Aber auch so waren es unheilvolle
Tage. Nicht bloſs hatte Caesar die empfindlichsten Verluste er-
litten und seine Verschanzungen, das Resultat einer viermonat-
lichen Riesenarbeit, auf einen Schlag eingebüſst: er war durch
die letzten Gefechte wieder genau auf den Punct zurückgeworfen,
von welchem er ausgegangen war. Von der See war er vollstän-
diger verdrängt als je, seit des Pompeius älterer Sohn Gnaeus
Caesars wenige Kriegsschiffe, die im Hafen von Orikon lagerten,
durch einen kühnen Angriff theils verbrannt, theils weggeführt
und bald nachher die in Lissos zurückgebliebene Transportflotte
gleichfalls in Brand gesteckt hatte; jede Möglichkeit von Brundi-
sium noch weitere Verstärkungen heranzuziehen war damit für
Caesar verloren. Die zahlreiche pompeianische Reiterei, jetzt
ihrer Fesseln entledigt, ergoſs sich in die Umgegend und drohte
Caesar die stets schwierige Verpflegung der Armee völlig unmög-
lich zu machen. Caesars verwegenes Unternehmen gegen einen
seemächtigen auf die Flotte gestützten Feind bloſs zu Lande die

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[388/0398] FÜNFTES BUCH. KAPITEL X. wirrung; mit Mühe gelang es dem Befehlshaber der nächsten Schanze Marcus Antonius diese zu behaupten und für den Augen- blick dem Vordringen der Pompeianer ein Ziel zu setzen; aber, abgesehen von dem ansehnlichen Verlust, blieb die äuſserste Schanze am Meer in den Händen der Pompeianer und die Linie durchbrochen. Um so eifriger ergriff Caesar die Gelegenheit, die bald darauf sich ihm darbot, eine unvorsichtig sich verein- zelnde pompeianische Legion mit dem Gros seiner Infanterie an- zugreifen. Allein die angegriffene Legion leistete tapferen Wider- stand und in dem mehrmals zum Lager gröſserer und kleinerer Abtheilungen benutzten und kreuz und quer von Wällen und Gräben durchzogenen Terrain, auf dem gefochten ward, kam Caesars rechter Flügel nebst der Reiterei ganz vom Wege ab und statt den linken im Angriff auf die pompeianische Legion zu un- terstützen, gerieth er in einen engen aus einem der alten Lager zum Fluſs hin geführten Laufgraben. So fand Pompeius, der den Seinigen zu Hülfe mit fünf Legionen eiligst herbeikam, die beiden Flügel der Feinde von einander getrennt und den einen in einer gänzlich verlorenen Stellung. Wie die Caesarianer ihn anrücken sahen, ergriff sie ein panischer Schreck; alles stürzte in wilder Flucht zurück und wenn es bei dem Verlust von 1000 der besten Soldaten blieb und Caesars Armee nicht eine vollständige Nieder- lage erlitt, so hatte sie dies nur dem Umstand zu danken, daſs auch Pompeius sich in dem coupirten Terrain nicht frei ent- wickeln konnte und überdies, eine Kriegslist besorgend, seine Truppen anfangs zurückhielt. Aber auch so waren es unheilvolle Tage. Nicht bloſs hatte Caesar die empfindlichsten Verluste er- litten und seine Verschanzungen, das Resultat einer viermonat- lichen Riesenarbeit, auf einen Schlag eingebüſst: er war durch die letzten Gefechte wieder genau auf den Punct zurückgeworfen, von welchem er ausgegangen war. Von der See war er vollstän- diger verdrängt als je, seit des Pompeius älterer Sohn Gnaeus Caesars wenige Kriegsschiffe, die im Hafen von Orikon lagerten, durch einen kühnen Angriff theils verbrannt, theils weggeführt und bald nachher die in Lissos zurückgebliebene Transportflotte gleichfalls in Brand gesteckt hatte; jede Möglichkeit von Brundi- sium noch weitere Verstärkungen heranzuziehen war damit für Caesar verloren. Die zahlreiche pompeianische Reiterei, jetzt ihrer Fesseln entledigt, ergoſs sich in die Umgegend und drohte Caesar die stets schwierige Verpflegung der Armee völlig unmög- lich zu machen. Caesars verwegenes Unternehmen gegen einen seemächtigen auf die Flotte gestützten Feind bloſs zu Lande die

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/398>, abgerufen am 31.10.2024.