Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.Das I. Cap Von der Kunstrichtigkeit Gedancken/ durch ihre Wörter erfor-schen wolle. Solches wird aber von Cartesio vor eine Grillenfängerey gehal- ten. Derselbe hat auch vor gehabt ei- ne neue allgemeine Grammatica zu ma- chen/ nach welcher eine Sprache in fünff oder sechs Stunden könne gelernet wer- den. Welches Cartesius nicht eben ta- delt. Kan nicht wissen/ ob es nicht etwa demienigen gleich sein solte/ welches der Autor der Grammaire Generale ersonnen. Er setzet aber zweene Fehler/ welche die Arbeit unangenehm machen würden: als erstlich die zusammenstossung vieler Buch- staben/ die den Ohren zu wider ist: dann um dieser Uhrsachen willen hat man die vielen flexiones der Wörter eingeführet: zum andern/ die beschwerlichkeit die Wörter der Sprache außwendig zu ler- nen; dann es muste ein jede Nation ent- weder die Stammwörter ihrer Syrache gebrauchen: so wer es zwar leicht/ aber man würde mit andern keine Gemein- schafft haben können/ oder auch fremb- de
Das I. Cap Von der Kunſtrichtigkeit Gedancken/ durch ihre Woͤrter erfor-ſchen wolle. Solches wird aber von Carteſio vor eine Grillenfaͤngerey gehal- ten. Derſelbe hat auch vor gehabt ei- ne neue allgemeine Grammatica zu ma- chen/ nach welcher eine Sprache in fuͤnff oder ſechs Stunden koͤnne gelernet wer- den. Welches Carteſius nicht eben ta- delt. Kan nicht wiſſen/ ob es nicht etwa demienigen gleich ſein ſolte/ welches der Autor der Grammaire Generale erſonnen. Er ſetzet aber zweene Fehler/ welche die Arbeit unangenehm machen wuͤrden: als erſtlich die zuſammenſtoſſung vieler Buch- ſtaben/ die den Ohren zu wider iſt: dañ um dieſer Uhrſachen willen hat man die vielen flexiones der Woͤrter eingefuͤhret: zum andern/ die beſchwerlichkeit die Woͤrter der Sprache außwendig zu ler- nen; dann es muſte ein jede Nation ent- weder die Stammwoͤrter ihrer Syrache gebrauchen: ſo wer es zwar leicht/ aber man wuͤrde mit andern keine Gemein- ſchafft haben koͤnnen/ oder auch fremb- de
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Das I. Cap Von der Kunſtrichtigkeit
Gedancken/ durch ihre Woͤrter erfor-
ſchen wolle. Solches wird aber von
Carteſio vor eine Grillenfaͤngerey gehal-
ten. Derſelbe hat auch vor gehabt ei-
ne neue allgemeine Grammatica zu ma-
chen/ nach welcher eine Sprache in fuͤnff
oder ſechs Stunden koͤnne gelernet wer-
den. Welches Carteſius nicht eben ta-
delt. Kan nicht wiſſen/ ob es nicht etwa
demienigen gleich ſein ſolte/ welches der
Autor der Grammaire Generale erſonnen.
Er ſetzet aber zweene Fehler/ welche die
Arbeit unangenehm machen wuͤrden: als
erſtlich die zuſammenſtoſſung vieler Buch-
ſtaben/ die den Ohren zu wider iſt: dañ
um dieſer Uhrſachen willen hat man die
vielen flexiones der Woͤrter eingefuͤhret:
zum andern/ die beſchwerlichkeit die
Woͤrter der Sprache außwendig zu ler-
nen; dann es muſte ein jede Nation ent-
weder die Stammwoͤrter ihrer Syrache
gebrauchen: ſo wer es zwar leicht/ aber
man wuͤrde mit andern keine Gemein-
ſchafft haben koͤnnen/ oder auch fremb-
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Zitationshilfe: | Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/472>, abgerufen am 17.06.2024. |