Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.Das XV. Cap. Von den schneiden und den Verß nicht wie eine"Saue von der Weide lauffen lassen. Ich" bekenne es/ wenn Ich eine Ode zur Mu-" sik machen sol/ so wird sie mir allezeit" duppelt sauer/ als wann ich sie vor mich" und nach meinem gefallen machen darff" Ich wolte auch davor halten/ daß man zwar außerlesene Wörter in den Liedern die gesungen werden/ aber keine gar hohe und Metaphorische Redensarten ge- brauchen solle: Dann wann die Wörter nicht verständlich sein/ daß man zugleich mit den Thon den vollenkommenen Ver- stand der Wörter haben kan/ so hat sol- ches keine Krafft in Bewegung der Ge- müther. Sonsten ist eine Ode/ inson- derheit wann sie nicht gesungen wird/ der höhesten Redensart fähig. J. C. Sca- liger saget: proxime ad Heroici Carminis majestatem accedit. Ja sie übersteigt selbst die Heldenart; dann es sein audaci- ores Metaphorae und andere Redensar- ten zu gelassen/ die man in Heroico ge- nere nicht gebrauchen kan. Wann die alte
Das XV. Cap. Von den ſchneiden und den Verß nicht wie eine„Saue von der Weide lauffen laſſen. Ich„ bekenne es/ wenn Ich eine Ode zur Mu-„ ſik machen ſol/ ſo wird ſie mir allezeit„ duppelt ſauer/ als wann ich ſie vor mich„ und nach meinem gefallen machen darff„ Ich wolte auch davor halten/ daß man zwar außerleſene Woͤrter in den Liedern die geſungen werden/ aber keine gar hohe und Metaphoriſche Redensarten ge- brauchen ſolle: Dann wann die Woͤrter nicht verſtaͤndlich ſein/ daß man zugleich mit den Thon den vollenkommenen Ver- ſtand der Woͤrter haben kan/ ſo hat ſol- ches keine Krafft in Bewegung der Ge- muͤther. Sonſten iſt eine Ode/ inſon- derheit wann ſie nicht geſungen wird/ der hoͤheſten Redensart faͤhig. J. C. Sca- liger ſaget: proximè ad Heroici Carminis majeſtatem accedit. Ja ſie uͤberſteigt ſelbſt die Heldenart; dann es ſein audaci- ores Metaphoræ und andere Redensar- ten zu gelaſſen/ die man in Heroico ge- nere nicht gebrauchen kan. Wann die alte
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Saue von der Weide lauffen laſſen. Ich„
bekenne es/ wenn Ich eine Ode zur Mu-„
ſik machen ſol/ ſo wird ſie mir allezeit„
duppelt ſauer/ als wann ich ſie vor mich„
und nach meinem gefallen machen darff„
Ich wolte auch davor halten/ daß man
zwar außerleſene Woͤrter in den Liedern
die geſungen werden/ aber keine gar hohe
und Metaphoriſche Redensarten ge-
brauchen ſolle: Dann wann die Woͤrter
nicht verſtaͤndlich ſein/ daß man zugleich
mit den Thon den vollenkommenen Ver-
ſtand der Woͤrter haben kan/ ſo hat ſol-
ches keine Krafft in Bewegung der Ge-
muͤther. Sonſten iſt eine Ode/ inſon-
derheit wann ſie nicht geſungen wird/
der hoͤheſten Redensart faͤhig. J. C. Sca-
liger ſaget: proximè ad Heroici Carminis
majeſtatem accedit. Ja ſie uͤberſteigt
ſelbſt die Heldenart; dann es ſein audaci-
ores Metaphoræ und andere Redensar-
ten zu gelaſſen/ die man in Heroico ge-
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Zitationshilfe: | Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682, S. 710. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/722>, abgerufen am 17.06.2024. |