Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.Bemerkungen über mich selbst in meiner Krankheit, die den 10. Junius 1781 anfing, von R. Heute (den 15ten Jul.) sind es nun fünf Wochen. Noch darf und kann ich nicht allein gehen, noch nicht viel reden, noch bin ich fast in allen Stücken eingeschränkter als andre Kranke in der Mitte ihrer Krankheit. Und doch weiß ich lange keine Zeit so vergnügt zugebracht zu haben, als diese letzten Tage, die immer in einem Gleise bleiben. -- -- Während mich andre beklagen, bin ich glücklich -- war auch wohl zuweilen, wenn sie mich beneideten, elend. Erstaunlicher Einfluß des Körpers! Sobald der Körper sich den 10ten Jun. durch den Auswurf des Bluts erleichtert hatte, war auch die Seele unbefangen und heiter.*) Drei Möglichkeiten stellten sich mir vor: Wiederherstellung und längeres Leben mit noch mehrern Beschwerlichkeiten und ängstlicherer Vorsicht, als bisher; oder in einigen Ta- *) Als nemlich das Gehirn von dem Blute, wodurch es gedruckt worden, sich erleichtert hatte, so wurden seine Bewegungen leichter und ungehinderter, und die Jdeen heller. -- Ueberhaupt enthalten diese Blätter viele, zum Theil neue, zum Theil aber auch sonst schon bekannte, Beobachtungen zur Lehre von den materiellen Jdeen, oder wie Platner Aphor. I. Theil, §. 298. wie ich glaube, sehr gut nennt, von den Bewegfertigkeiten in den Gehirnfibern.
Bemerkungen uͤber mich selbst in meiner Krankheit, die den 10. Junius 1781 anfing, von R. Heute (den 15ten Jul.) sind es nun fuͤnf Wochen. Noch darf und kann ich nicht allein gehen, noch nicht viel reden, noch bin ich fast in allen Stuͤcken eingeschraͤnkter als andre Kranke in der Mitte ihrer Krankheit. Und doch weiß ich lange keine Zeit so vergnuͤgt zugebracht zu haben, als diese letzten Tage, die immer in einem Gleise bleiben. — — Waͤhrend mich andre beklagen, bin ich gluͤcklich — war auch wohl zuweilen, wenn sie mich beneideten, elend. Erstaunlicher Einfluß des Koͤrpers! Sobald der Koͤrper sich den 10ten Jun. durch den Auswurf des Bluts erleichtert hatte, war auch die Seele unbefangen und heiter.*) Drei Moͤglichkeiten stellten sich mir vor: Wiederherstellung und laͤngeres Leben mit noch mehrern Beschwerlichkeiten und aͤngstlicherer Vorsicht, als bisher; oder in einigen Ta- *) Als nemlich das Gehirn von dem Blute, wodurch es gedruckt worden, sich erleichtert hatte, so wurden seine Bewegungen leichter und ungehinderter, und die Jdeen heller. — Ueberhaupt enthalten diese Blaͤtter viele, zum Theil neue, zum Theil aber auch sonst schon bekannte, Beobachtungen zur Lehre von den materiellen Jdeen, oder wie Platner Aphor. I. Theil, §. 298. wie ich glaube, sehr gut nennt, von den Bewegfertigkeiten in den Gehirnfibern.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0071" n="71"/><lb/> <div n="4"> <head>Bemerkungen uͤber mich selbst in meiner Krankheit, die den 10. Junius 1781 anfing, von R.</head><lb/> <note type="editorial"> <bibl> <persName ref="#ref77"><note type="editorial"/>Weber, Ernst Adolf</persName> </bibl> </note> <p>Heute (den 15ten Jul.) sind es nun fuͤnf Wochen. Noch darf und kann ich nicht allein gehen, noch nicht viel reden, noch bin ich fast in allen Stuͤcken eingeschraͤnkter als andre Kranke in der Mitte ihrer Krankheit. Und doch weiß ich lange keine Zeit so vergnuͤgt zugebracht zu haben, als diese letzten Tage, die immer in einem Gleise bleiben. — — Waͤhrend mich andre beklagen, bin ich gluͤcklich — war auch wohl zuweilen, wenn sie mich beneideten, elend. </p> <p>Erstaunlicher Einfluß des Koͤrpers! Sobald der Koͤrper sich den 10ten Jun. durch den Auswurf des Bluts erleichtert hatte, war auch die Seele unbefangen und heiter.*)<note place="foot"><p>*) Als nemlich das Gehirn von dem Blute, wodurch es gedruckt worden, sich erleichtert hatte, so wurden seine Bewegungen leichter und ungehinderter, und die Jdeen heller. — Ueberhaupt enthalten diese Blaͤtter viele, zum Theil neue, zum Theil aber auch sonst schon bekannte, Beobachtungen zur Lehre von den materiellen Jdeen, oder wie Platner Aphor. <hi rendition="#aq">I</hi>. Theil, §. 298. wie ich glaube, sehr gut nennt, von den Bewegfertigkeiten in den Gehirnfibern.</p></note> Drei Moͤglichkeiten stellten sich mir vor: <hi rendition="#b">Wiederherstellung</hi> und laͤngeres Leben mit noch mehrern Beschwerlichkeiten und aͤngstlicherer Vorsicht, als bisher; oder in einigen Ta-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [71/0071]
Bemerkungen uͤber mich selbst in meiner Krankheit, die den 10. Junius 1781 anfing, von R.
Heute (den 15ten Jul.) sind es nun fuͤnf Wochen. Noch darf und kann ich nicht allein gehen, noch nicht viel reden, noch bin ich fast in allen Stuͤcken eingeschraͤnkter als andre Kranke in der Mitte ihrer Krankheit. Und doch weiß ich lange keine Zeit so vergnuͤgt zugebracht zu haben, als diese letzten Tage, die immer in einem Gleise bleiben. — — Waͤhrend mich andre beklagen, bin ich gluͤcklich — war auch wohl zuweilen, wenn sie mich beneideten, elend.
Erstaunlicher Einfluß des Koͤrpers! Sobald der Koͤrper sich den 10ten Jun. durch den Auswurf des Bluts erleichtert hatte, war auch die Seele unbefangen und heiter.*) Drei Moͤglichkeiten stellten sich mir vor: Wiederherstellung und laͤngeres Leben mit noch mehrern Beschwerlichkeiten und aͤngstlicherer Vorsicht, als bisher; oder in einigen Ta-
*) Als nemlich das Gehirn von dem Blute, wodurch es gedruckt worden, sich erleichtert hatte, so wurden seine Bewegungen leichter und ungehinderter, und die Jdeen heller. — Ueberhaupt enthalten diese Blaͤtter viele, zum Theil neue, zum Theil aber auch sonst schon bekannte, Beobachtungen zur Lehre von den materiellen Jdeen, oder wie Platner Aphor. I. Theil, §. 298. wie ich glaube, sehr gut nennt, von den Bewegfertigkeiten in den Gehirnfibern.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |