Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786.Die kleinen Wörter aber, auch, wie, obgleich, denn, weil u.s.w., welche eigentlich an und für sich keinen Gegenstand in der Welt außer uns, sondern bloß die Art des Zusammenhanges unsrer Vorstellungen bezeichnen, sind gewiß äußerst merkwürdig, und geben einen reichen Stoff zum Nachdenken, ob sie gleich auch größtentheils auf die Weise nur im figürlichen Stande gebraucht werden. -- Denn z.B. ist eigentlich von der Zeit hergenommen, so wie auch wenn, und weil, und da. Der Vergleichungspunkt liegt nehmlich darin, daß ich mir füglich zwei Jdeen zu gleicher Zeit denken kann, ohne, daß sie sich einander aufheben. -- Jn dieser Probe, die ich auf die Art bei der Zusammenstehung von zwei Jdeenreihen anstelle, liegt eben die Stärke des Beweises -- eben so wie in weil; daß ich die folgende Reihe von Jdeen unbeschadet der gegenwärtigen zu gleicher Zeit denken kann, bürgt mir für ihre Wahrheit. -- Jch werde hiervon in der Folge Veranlassung nehmen, diese kleinen Wörter ausführlich nacheinander durchzugehen, um dadurch einen Beitrag zu einer vollständigen Theorie des menschlichen Denkens zu liefern. Jm ersten Stück des zweiten Bandes pag. 118 habe ich einen Versuch gemacht aus den einzelnen Buchstaben, vermittelst deren sich unsre deutsche Die kleinen Woͤrter aber, auch, wie, obgleich, denn, weil u.s.w., welche eigentlich an und fuͤr sich keinen Gegenstand in der Welt außer uns, sondern bloß die Art des Zusammenhanges unsrer Vorstellungen bezeichnen, sind gewiß aͤußerst merkwuͤrdig, und geben einen reichen Stoff zum Nachdenken, ob sie gleich auch groͤßtentheils auf die Weise nur im figuͤrlichen Stande gebraucht werden. — Denn z.B. ist eigentlich von der Zeit hergenommen, so wie auch wenn, und weil, und da. Der Vergleichungspunkt liegt nehmlich darin, daß ich mir fuͤglich zwei Jdeen zu gleicher Zeit denken kann, ohne, daß sie sich einander aufheben. — Jn dieser Probe, die ich auf die Art bei der Zusammenstehung von zwei Jdeenreihen anstelle, liegt eben die Staͤrke des Beweises — eben so wie in weil; daß ich die folgende Reihe von Jdeen unbeschadet der gegenwaͤrtigen zu gleicher Zeit denken kann, buͤrgt mir fuͤr ihre Wahrheit. — Jch werde hiervon in der Folge Veranlassung nehmen, diese kleinen Woͤrter ausfuͤhrlich nacheinander durchzugehen, um dadurch einen Beitrag zu einer vollstaͤndigen Theorie des menschlichen Denkens zu liefern. Jm ersten Stuͤck des zweiten Bandes pag. 118 habe ich einen Versuch gemacht aus den einzelnen Buchstaben, vermittelst deren sich unsre deutsche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0052" n="50"/><lb/> <p>Die kleinen Woͤrter <hi rendition="#b">aber, auch, wie, obgleich, denn, weil</hi> u.s.w., welche eigentlich an und fuͤr sich keinen Gegenstand in der Welt außer uns, sondern bloß die Art des Zusammenhanges unsrer Vorstellungen bezeichnen, sind gewiß aͤußerst merkwuͤrdig, und geben einen reichen Stoff zum Nachdenken, ob sie gleich auch groͤßtentheils auf die Weise nur im figuͤrlichen Stande gebraucht werden. — <hi rendition="#b">Denn </hi> z.B. ist eigentlich von der <hi rendition="#b">Zeit</hi> hergenommen, so wie auch <hi rendition="#b">wenn,</hi> und <hi rendition="#b">weil,</hi> und <hi rendition="#b">da. </hi> Der Vergleichungspunkt liegt nehmlich darin, daß ich mir fuͤglich zwei Jdeen zu <hi rendition="#b">gleicher Zeit</hi> denken kann, ohne, daß sie sich einander <hi rendition="#b">aufheben.</hi> — Jn dieser <hi rendition="#b">Probe,</hi> die ich auf die Art bei der Zusammenstehung von zwei Jdeenreihen anstelle, liegt eben die <hi rendition="#b">Staͤrke des Beweises</hi> — eben so wie in <hi rendition="#b">weil;</hi> daß ich die folgende Reihe von Jdeen unbeschadet der gegenwaͤrtigen <hi rendition="#b">zu gleicher Zeit denken</hi> kann, buͤrgt mir fuͤr ihre Wahrheit. — Jch werde hiervon in der Folge Veranlassung nehmen, diese kleinen Woͤrter ausfuͤhrlich nacheinander durchzugehen, um dadurch einen Beitrag zu einer vollstaͤndigen Theorie des menschlichen Denkens zu liefern. </p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Jm ersten Stuͤck des zweiten Bandes pag. 118 habe ich einen Versuch gemacht aus den einzelnen Buchstaben, vermittelst deren sich unsre deutsche<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [50/0052]
Die kleinen Woͤrter aber, auch, wie, obgleich, denn, weil u.s.w., welche eigentlich an und fuͤr sich keinen Gegenstand in der Welt außer uns, sondern bloß die Art des Zusammenhanges unsrer Vorstellungen bezeichnen, sind gewiß aͤußerst merkwuͤrdig, und geben einen reichen Stoff zum Nachdenken, ob sie gleich auch groͤßtentheils auf die Weise nur im figuͤrlichen Stande gebraucht werden. — Denn z.B. ist eigentlich von der Zeit hergenommen, so wie auch wenn, und weil, und da. Der Vergleichungspunkt liegt nehmlich darin, daß ich mir fuͤglich zwei Jdeen zu gleicher Zeit denken kann, ohne, daß sie sich einander aufheben. — Jn dieser Probe, die ich auf die Art bei der Zusammenstehung von zwei Jdeenreihen anstelle, liegt eben die Staͤrke des Beweises — eben so wie in weil; daß ich die folgende Reihe von Jdeen unbeschadet der gegenwaͤrtigen zu gleicher Zeit denken kann, buͤrgt mir fuͤr ihre Wahrheit. — Jch werde hiervon in der Folge Veranlassung nehmen, diese kleinen Woͤrter ausfuͤhrlich nacheinander durchzugehen, um dadurch einen Beitrag zu einer vollstaͤndigen Theorie des menschlichen Denkens zu liefern.
Jm ersten Stuͤck des zweiten Bandes pag. 118 habe ich einen Versuch gemacht aus den einzelnen Buchstaben, vermittelst deren sich unsre deutsche
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0401_1786/52>, abgerufen am 17.06.2024. |