Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788.blieb ich bei meinen dringenden Bitten, und die Gesellschaft folgte mir auch aus Gefälligkeit nach. Noch scherzte man über meinen Mangel an Courage, und wir waren noch nicht 1000 Schritt von der Mühle weg, als - sie in die Luft sprang." 2) Jm Jahr 1749 fuhr ich mit mehrern Passagiers von N- nach S- auf der Post. Wir waren alle, und der Postillon selbst, gegen Abend eingeschlafen. Die sich selbst überlassenen Pferde waren aus dem Wege gekommen, und hatten den Postwagen nach dem hohen Ufer eines Sees hingelenkt. Eins von den Pferden kletterte schon an dem abschüssigen Ufer hin, so daß es sich kaum mehr halten konnte, zugleich hatte der Wagen auch schon eine solche schiefe Richtung gegen den See bekommen, daß wir gewiß in wenigen Augenblicken hinabgestürzt seyn würden. Jch schlief ziemlich fest, und es kam mir im Traume vor, als ob mich jemand mit Gewalt rüttelte, daß ich doch geschwind aufwachen möchte. Jch erwachte dadurch auch wirklich, und sah die Gefahr, worin wir alle waren. Jch griff sogleich nach dem Zügel, hielt die Pferde an, und rettete mich und die ganze Gesellschaft durch den im Traum erhaltenen Wink von einem nahen und fürchterlichen Tode. 3) Einer meiner Freunde, ein junger liebenswürdiger Mann, der in Jena studirte, wollte von hier nach Halle reiten. Die Nacht vorher träumte blieb ich bei meinen dringenden Bitten, und die Gesellschaft folgte mir auch aus Gefaͤlligkeit nach. Noch scherzte man uͤber meinen Mangel an Courage, und wir waren noch nicht 1000 Schritt von der Muͤhle weg, als – sie in die Luft sprang.« 2) Jm Jahr 1749 fuhr ich mit mehrern Passagiers von N– nach S– auf der Post. Wir waren alle, und der Postillon selbst, gegen Abend eingeschlafen. Die sich selbst uͤberlassenen Pferde waren aus dem Wege gekommen, und hatten den Postwagen nach dem hohen Ufer eines Sees hingelenkt. Eins von den Pferden kletterte schon an dem abschuͤssigen Ufer hin, so daß es sich kaum mehr halten konnte, zugleich hatte der Wagen auch schon eine solche schiefe Richtung gegen den See bekommen, daß wir gewiß in wenigen Augenblicken hinabgestuͤrzt seyn wuͤrden. Jch schlief ziemlich fest, und es kam mir im Traume vor, als ob mich jemand mit Gewalt ruͤttelte, daß ich doch geschwind aufwachen moͤchte. Jch erwachte dadurch auch wirklich, und sah die Gefahr, worin wir alle waren. Jch griff sogleich nach dem Zuͤgel, hielt die Pferde an, und rettete mich und die ganze Gesellschaft durch den im Traum erhaltenen Wink von einem nahen und fuͤrchterlichen Tode. 3) Einer meiner Freunde, ein junger liebenswuͤrdiger Mann, der in Jena studirte, wollte von hier nach Halle reiten. Die Nacht vorher traͤumte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <list> <item><pb facs="#f0075" n="73"/><lb/> blieb ich bei meinen dringenden Bitten, und die Gesellschaft folgte mir auch aus Gefaͤlligkeit nach. Noch scherzte man uͤber meinen Mangel an Courage, und wir waren noch nicht 1000 Schritt von der Muͤhle weg, als – sie in die Luft sprang.«</item> <item>2) Jm Jahr 1749 fuhr ich mit mehrern Passagiers von N– nach S– auf der Post. Wir waren alle, und der Postillon selbst, gegen Abend eingeschlafen. Die sich selbst uͤberlassenen Pferde waren aus dem Wege gekommen, und hatten den Postwagen nach dem hohen Ufer eines Sees hingelenkt. Eins von den Pferden kletterte schon an dem abschuͤssigen Ufer hin, so daß es sich kaum mehr halten konnte, zugleich hatte der Wagen auch schon eine solche schiefe Richtung gegen den See bekommen, daß wir gewiß in wenigen Augenblicken hinabgestuͤrzt seyn wuͤrden. Jch schlief ziemlich fest, und es kam mir im Traume vor, als ob mich jemand mit Gewalt ruͤttelte, daß ich doch geschwind aufwachen moͤchte. Jch erwachte dadurch auch wirklich, und sah die Gefahr, worin wir alle waren. Jch griff sogleich nach dem Zuͤgel, hielt die Pferde an, und rettete mich und die ganze Gesellschaft durch den im Traum erhaltenen Wink von einem nahen und fuͤrchterlichen Tode.</item> <item>3) Einer meiner Freunde, ein junger liebenswuͤrdiger Mann, der in Jena studirte, wollte von hier nach Halle reiten. Die Nacht vorher traͤumte<lb/></item> </list> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [73/0075]
blieb ich bei meinen dringenden Bitten, und die Gesellschaft folgte mir auch aus Gefaͤlligkeit nach. Noch scherzte man uͤber meinen Mangel an Courage, und wir waren noch nicht 1000 Schritt von der Muͤhle weg, als – sie in die Luft sprang.«
2) Jm Jahr 1749 fuhr ich mit mehrern Passagiers von N– nach S– auf der Post. Wir waren alle, und der Postillon selbst, gegen Abend eingeschlafen. Die sich selbst uͤberlassenen Pferde waren aus dem Wege gekommen, und hatten den Postwagen nach dem hohen Ufer eines Sees hingelenkt. Eins von den Pferden kletterte schon an dem abschuͤssigen Ufer hin, so daß es sich kaum mehr halten konnte, zugleich hatte der Wagen auch schon eine solche schiefe Richtung gegen den See bekommen, daß wir gewiß in wenigen Augenblicken hinabgestuͤrzt seyn wuͤrden. Jch schlief ziemlich fest, und es kam mir im Traume vor, als ob mich jemand mit Gewalt ruͤttelte, daß ich doch geschwind aufwachen moͤchte. Jch erwachte dadurch auch wirklich, und sah die Gefahr, worin wir alle waren. Jch griff sogleich nach dem Zuͤgel, hielt die Pferde an, und rettete mich und die ganze Gesellschaft durch den im Traum erhaltenen Wink von einem nahen und fuͤrchterlichen Tode.
3) Einer meiner Freunde, ein junger liebenswuͤrdiger Mann, der in Jena studirte, wollte von hier nach Halle reiten. Die Nacht vorher traͤumte
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |