Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.er mit dem stattlichen Manne vor den silbergefaßten Krystallflaschen, und Glas ans Glas wurde bei den lustigen Gesprächen geleert. Christie Hvaland war ein Mann, der mit vollen Gläsern umzugehen wußte und so leicht Keinem wich; hier aber hatte er seinen Meister gefunden. Es nebelte ihm um Kopf und Augen, während Stureson genau wußte, was er sprach und that. Der Kaufmann erzählte viel und offenherzig. Er sagte dem Landrichter zwanzig Mal, daß er ein Nachbar nach seinem Herzen sei, der von ihm fordern könne, was er wolle, er würde es nicht verweigern. Ohne alle Vorsicht bot er ihm Geld an, wenn es ihm mangeln sollte, und ließ Blicke auf sein baares Vermögen thun, das, da im Weine die Wahrheit spricht, sehr bedeutend sein mußte. Der Missionär hatte längst sein Kämmerchen aufgesucht, auch Mary war gegangen, der Schulmeister hatte sich verabschiedet, als Voigt und Pfarrer ihren Heimweg antraten. Stureson hatte ihn nicht aus den Augen gelassen und, bis er am Fjord verschwand, ihn unablässig beobachtet; aber kein Blick, keine Geberde bezeugte irgend ein Einverständniß, kein Wort wurde zwischen ihm und Mary gewechselt. Mit seiner stillen Unterwürfigkeit und Sanftmuth stand Olaf immer bescheidentlich von fern, bis ihm erlaubt war, sich zu nähern, oder bis Einer ihn einer Frage würdigte. Der Druck, welcher auf ihm zu lasten schien, wich niemals, und er mit dem stattlichen Manne vor den silbergefaßten Krystallflaschen, und Glas ans Glas wurde bei den lustigen Gesprächen geleert. Christie Hvaland war ein Mann, der mit vollen Gläsern umzugehen wußte und so leicht Keinem wich; hier aber hatte er seinen Meister gefunden. Es nebelte ihm um Kopf und Augen, während Stureson genau wußte, was er sprach und that. Der Kaufmann erzählte viel und offenherzig. Er sagte dem Landrichter zwanzig Mal, daß er ein Nachbar nach seinem Herzen sei, der von ihm fordern könne, was er wolle, er würde es nicht verweigern. Ohne alle Vorsicht bot er ihm Geld an, wenn es ihm mangeln sollte, und ließ Blicke auf sein baares Vermögen thun, das, da im Weine die Wahrheit spricht, sehr bedeutend sein mußte. Der Missionär hatte längst sein Kämmerchen aufgesucht, auch Mary war gegangen, der Schulmeister hatte sich verabschiedet, als Voigt und Pfarrer ihren Heimweg antraten. Stureson hatte ihn nicht aus den Augen gelassen und, bis er am Fjord verschwand, ihn unablässig beobachtet; aber kein Blick, keine Geberde bezeugte irgend ein Einverständniß, kein Wort wurde zwischen ihm und Mary gewechselt. Mit seiner stillen Unterwürfigkeit und Sanftmuth stand Olaf immer bescheidentlich von fern, bis ihm erlaubt war, sich zu nähern, oder bis Einer ihn einer Frage würdigte. Der Druck, welcher auf ihm zu lasten schien, wich niemals, und <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="3"> <p><pb facs="#f0082"/> er mit dem stattlichen Manne vor den silbergefaßten Krystallflaschen, und Glas ans Glas wurde bei den lustigen Gesprächen geleert. Christie Hvaland war ein Mann, der mit vollen Gläsern umzugehen wußte und so leicht Keinem wich; hier aber hatte er seinen Meister gefunden. Es nebelte ihm um Kopf und Augen, während Stureson genau wußte, was er sprach und that. Der Kaufmann erzählte viel und offenherzig. Er sagte dem Landrichter zwanzig Mal, daß er ein Nachbar nach seinem Herzen sei, der von ihm fordern könne, was er wolle, er würde es nicht verweigern. Ohne alle Vorsicht bot er ihm Geld an, wenn es ihm mangeln sollte, und ließ Blicke auf sein baares Vermögen thun, das, da im Weine die Wahrheit spricht, sehr bedeutend sein mußte. </p><lb/> <p> Der Missionär hatte längst sein Kämmerchen aufgesucht, auch Mary war gegangen, der Schulmeister hatte sich verabschiedet, als Voigt und Pfarrer ihren Heimweg antraten. </p><lb/> <p> Stureson hatte ihn nicht aus den Augen gelassen und, bis er am Fjord verschwand, ihn unablässig beobachtet; aber kein Blick, keine Geberde bezeugte irgend ein Einverständniß, kein Wort wurde zwischen ihm und Mary gewechselt. Mit seiner stillen Unterwürfigkeit und Sanftmuth stand Olaf immer bescheidentlich von fern, bis ihm erlaubt war, sich zu nähern, oder bis Einer ihn einer Frage würdigte. Der Druck, welcher auf ihm zu lasten schien, wich niemals, und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0082]
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Der Missionär hatte längst sein Kämmerchen aufgesucht, auch Mary war gegangen, der Schulmeister hatte sich verabschiedet, als Voigt und Pfarrer ihren Heimweg antraten.
Stureson hatte ihn nicht aus den Augen gelassen und, bis er am Fjord verschwand, ihn unablässig beobachtet; aber kein Blick, keine Geberde bezeugte irgend ein Einverständniß, kein Wort wurde zwischen ihm und Mary gewechselt. Mit seiner stillen Unterwürfigkeit und Sanftmuth stand Olaf immer bescheidentlich von fern, bis ihm erlaubt war, sich zu nähern, oder bis Einer ihn einer Frage würdigte. Der Druck, welcher auf ihm zu lasten schien, wich niemals, und
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Zitationshilfe: | Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muegge_fjord_1910/82>, abgerufen am 18.06.2024. |