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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Wahn, daß ein rechtliches Verhältniß zwischen
Zweien dadurch entstehe, daß ein Dritter, Stär-
kerer, über ihnen walte, also endlich der Wahn,
daß alles Recht vom Stärkeren ausfließe, folg-
lich Recht des Stärkeren sey: -- dieser Wahn
hat auch das Problem vom ewigen Frieden un-
ter Völkern, d. h. von der Sicherheit vor
Kriegen,
und vom ewigen Frieden innerhalb
der Staaten, d. h. von der Sicherheit vor
Revolutionen,
veranlaßt. --

Soll unter den Völkern bloß der Krieg, und
innerhalb der Staaten bloß die Rebellion und
die Unruhe vermieden werden; besteht darin
das Wesen unsrer politischen Einrichtungen: --
wohlan! so setze man den Mächtigsten auf den
Thron der Welt, so erlaube man ihm eine Welt-
Polizei zu organisiren und zu concentriren. --
Und was haben wir dadurch erreicht? Mir
scheint es, Sicherheit, welche Ihr zum höchsten
und letzten Staatszweck erhebt, und eine Weile
ewigen Friedens. Auch der Geringste, nehmen
wir an, soll weder an seinem Eigenthume, noch
an seiner Person gekräukt werden.

Die Macht kann alles durchsetzen, was Ihr
von dem Rechte begehrt: aller Zwiespalt der
Kräfte beruhigt sich; es wird nun stille, und
Jeder ist sicher vor den Angriffen des Nachbars.

Wahn, daß ein rechtliches Verhaͤltniß zwiſchen
Zweien dadurch entſtehe, daß ein Dritter, Staͤr-
kerer, uͤber ihnen walte, alſo endlich der Wahn,
daß alles Recht vom Staͤrkeren ausfließe, folg-
lich Recht des Staͤrkeren ſey: — dieſer Wahn
hat auch das Problem vom ewigen Frieden un-
ter Voͤlkern, d. h. von der Sicherheit vor
Kriegen,
und vom ewigen Frieden innerhalb
der Staaten, d. h. von der Sicherheit vor
Revolutionen,
veranlaßt. —

Soll unter den Voͤlkern bloß der Krieg, und
innerhalb der Staaten bloß die Rebellion und
die Unruhe vermieden werden; beſteht darin
das Weſen unſrer politiſchen Einrichtungen: —
wohlan! ſo ſetze man den Maͤchtigſten auf den
Thron der Welt, ſo erlaube man ihm eine Welt-
Polizei zu organiſiren und zu concentriren. —
Und was haben wir dadurch erreicht? Mir
ſcheint es, Sicherheit, welche Ihr zum hoͤchſten
und letzten Staatszweck erhebt, und eine Weile
ewigen Friedens. Auch der Geringſte, nehmen
wir an, ſoll weder an ſeinem Eigenthume, noch
an ſeiner Perſon gekraͤukt werden.

Die Macht kann alles durchſetzen, was Ihr
von dem Rechte begehrt: aller Zwieſpalt der
Kraͤfte beruhigt ſich; es wird nun ſtille, und
Jeder iſt ſicher vor den Angriffen des Nachbars.

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[245/0279] Wahn, daß ein rechtliches Verhaͤltniß zwiſchen Zweien dadurch entſtehe, daß ein Dritter, Staͤr- kerer, uͤber ihnen walte, alſo endlich der Wahn, daß alles Recht vom Staͤrkeren ausfließe, folg- lich Recht des Staͤrkeren ſey: — dieſer Wahn hat auch das Problem vom ewigen Frieden un- ter Voͤlkern, d. h. von der Sicherheit vor Kriegen, und vom ewigen Frieden innerhalb der Staaten, d. h. von der Sicherheit vor Revolutionen, veranlaßt. — Soll unter den Voͤlkern bloß der Krieg, und innerhalb der Staaten bloß die Rebellion und die Unruhe vermieden werden; beſteht darin das Weſen unſrer politiſchen Einrichtungen: — wohlan! ſo ſetze man den Maͤchtigſten auf den Thron der Welt, ſo erlaube man ihm eine Welt- Polizei zu organiſiren und zu concentriren. — Und was haben wir dadurch erreicht? Mir ſcheint es, Sicherheit, welche Ihr zum hoͤchſten und letzten Staatszweck erhebt, und eine Weile ewigen Friedens. Auch der Geringſte, nehmen wir an, ſoll weder an ſeinem Eigenthume, noch an ſeiner Perſon gekraͤukt werden. Die Macht kann alles durchſetzen, was Ihr von dem Rechte begehrt: aller Zwieſpalt der Kraͤfte beruhigt ſich; es wird nun ſtille, und Jeder iſt ſicher vor den Angriffen des Nachbars.

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/279>, abgerufen am 27.04.2024.