Jhnen guten Rath ertheilen. Wenn Sie vermeinen, nichts von Jhrem eigenen nehmen zu können, so geht mir eben noch eine andre Jdee bey, die ich Jhnen nicht vorenthalten will. Hab gekannt einen Mann, der ver- stund sich aufs Ausbälgen der Vögel, wußt' von allerley Flügelwerk die Haut künstlich abzuziehn, und den entnervten und entknoch- ten Balg mit Stroh und Papierspähnen so geschickt auszustopfen, daß das Federvieh wieder da stand, als wenns lebte. Den Kunstgriff haben ihm Andre abgesehn, und das mit mehr Dingen versucht: hat sich Ei- ner ohnlängst verheißen, die heiligen Kir- chenväter samt und sonders auszubälgen. Ein Andrer ist mit seinem anatomischen Messer über die Romanen hergefallen; der hats mit der Weltgeschichte, iener mit den Reisebeschreibern versucht, und Allen ists, wenigstens im ökonomischen Verstande, da- mit gelungen. Wie wärs, wenn Sie eben
das
Jhnen guten Rath ertheilen. Wenn Sie vermeinen, nichts von Jhrem eigenen nehmen zu koͤnnen, ſo geht mir eben noch eine andre Jdee bey, die ich Jhnen nicht vorenthalten will. Hab gekannt einen Mann, der ver- ſtund ſich aufs Ausbaͤlgen der Voͤgel, wußt’ von allerley Fluͤgelwerk die Haut kuͤnſtlich abzuziehn, und den entnervten und entknoch- ten Balg mit Stroh und Papierſpaͤhnen ſo geſchickt auszuſtopfen, daß das Federvieh wieder da ſtand, als wenns lebte. Den Kunſtgriff haben ihm Andre abgeſehn, und das mit mehr Dingen verſucht: hat ſich Ei- ner ohnlaͤngſt verheißen, die heiligen Kir- chenvaͤter ſamt und ſonders auszubaͤlgen. Ein Andrer iſt mit ſeinem anatomiſchen Meſſer uͤber die Romanen hergefallen; der hats mit der Weltgeſchichte, iener mit den Reiſebeſchreibern verſucht, und Allen iſts, wenigſtens im oͤkonomiſchen Verſtande, da- mit gelungen. Wie waͤrs, wenn Sie eben
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Jhnen guten Rath ertheilen. Wenn Sie
vermeinen, nichts von Jhrem eigenen nehmen
zu koͤnnen, ſo geht mir eben noch eine andre
Jdee bey, die ich Jhnen nicht vorenthalten
will. Hab gekannt einen Mann, der ver-
ſtund ſich aufs Ausbaͤlgen der Voͤgel, wußt’
von allerley Fluͤgelwerk die Haut kuͤnſtlich
abzuziehn, und den entnervten und entknoch-
ten Balg mit Stroh und Papierſpaͤhnen ſo
geſchickt auszuſtopfen, daß das Federvieh
wieder da ſtand, als wenns lebte. Den
Kunſtgriff haben ihm Andre abgeſehn, und
das mit mehr Dingen verſucht: hat ſich Ei-
ner ohnlaͤngſt verheißen, die heiligen Kir-
chenvaͤter ſamt und ſonders auszubaͤlgen.
Ein Andrer iſt mit ſeinem anatomiſchen
Meſſer uͤber die Romanen hergefallen; der
hats mit der Weltgeſchichte, iener mit den
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wenigſtens im oͤkonomiſchen Verſtande, da-
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/110>, abgerufen am 13.06.2024.
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