ließ sich auf nichts ein, er war grob und wegwerfend und wollte sein Betragen als ganz gerecht hinstellen. Klärchen hörte durch die offene Thüre jedes Wort, und ihr Herz wollte brechen. Mit dem Mann konnte sie nicht zusammen bleiben. Aber wie von ihm los kommen? Sie hatte ja Niemand in der Welt, der ihr rathen und helfen konnte. An Tante Rieke dachte sie; aber hatte die sie nicht gewarnt und ihr Unglück vorhergesagt? Zu der wagte sie sich nicht. Aus Furcht auch hatte sie den am Weihnachtsmorgen versprochenen Besuch von Woche zu Woche aufgeschoben, und, da sie die Entschuldigung gehabt, daß ihr Mann es ver¬ boten, sich dabei beruhigt.
Jetzt kamen für Klärchen trübe Tage. Daß Gün¬ ther sich fast gar nicht bei ihr sehen ließ, war ihr ganz recht, aber sie war doch zu verlassen, selbst die Frau Rendantin und die anderen Frauen hatten sich seit dem Fastnachtsabend zurück gezogen. An Gelde fehlte es ihr oft, aber zum Glück war die Mutter immer bereit, Günthern etwas abzubetteln; so waren sie wenigstens nie in äußerer Noth. Dies letzte hob die Mutter immer besonders als Trost hervor. Dein Mann ist wohlhabend und darum hat er seine Eigen¬ heiten, die Du tragen mußt. Dein Vater hat mich weit schlechter behandelt, und dabei wußt' ich nicht, wovon ich uns satt machen sollte. Du kannst in allen Stücken ohne Sorgen leben und brauchst die Hände nicht zu rühren. -- Klärchen entgegnete, sie wollte lieber Salz und Brod essen, ja verhungern, als solche Behandlung dulden und überhaupt solch ein Leben füh¬ ren. -- Du wohl! sagte dann die Mutter wieder,
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ließ ſich auf nichts ein, er war grob und wegwerfend und wollte ſein Betragen als ganz gerecht hinſtellen. Klärchen hörte durch die offene Thüre jedes Wort, und ihr Herz wollte brechen. Mit dem Mann konnte ſie nicht zuſammen bleiben. Aber wie von ihm los kommen? Sie hatte ja Niemand in der Welt, der ihr rathen und helfen konnte. An Tante Rieke dachte ſie; aber hatte die ſie nicht gewarnt und ihr Unglück vorhergeſagt? Zu der wagte ſie ſich nicht. Aus Furcht auch hatte ſie den am Weihnachtsmorgen verſprochenen Beſuch von Woche zu Woche aufgeſchoben, und, da ſie die Entſchuldigung gehabt, daß ihr Mann es ver¬ boten, ſich dabei beruhigt.
Jetzt kamen für Klärchen trübe Tage. Daß Gün¬ ther ſich faſt gar nicht bei ihr ſehen ließ, war ihr ganz recht, aber ſie war doch zu verlaſſen, ſelbſt die Frau Rendantin und die anderen Frauen hatten ſich ſeit dem Faſtnachtsabend zurück gezogen. An Gelde fehlte es ihr oft, aber zum Glück war die Mutter immer bereit, Günthern etwas abzubetteln; ſo waren ſie wenigſtens nie in äußerer Noth. Dies letzte hob die Mutter immer beſonders als Troſt hervor. Dein Mann iſt wohlhabend und darum hat er ſeine Eigen¬ heiten, die Du tragen mußt. Dein Vater hat mich weit ſchlechter behandelt, und dabei wußt' ich nicht, wovon ich uns ſatt machen ſollte. Du kannſt in allen Stücken ohne Sorgen leben und brauchſt die Hände nicht zu rühren. — Klärchen entgegnete, ſie wollte lieber Salz und Brod eſſen, ja verhungern, als ſolche Behandlung dulden und überhaupt ſolch ein Leben füh¬ ren. — Du wohl! ſagte dann die Mutter wieder,
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ließ ſich auf nichts ein, er war grob und wegwerfend
und wollte ſein Betragen als ganz gerecht hinſtellen.
Klärchen hörte durch die offene Thüre jedes Wort,
und ihr Herz wollte brechen. Mit dem Mann konnte
ſie nicht zuſammen bleiben. Aber wie von ihm los
kommen? Sie hatte ja Niemand in der Welt, der
ihr rathen und helfen konnte. An Tante Rieke dachte
ſie; aber hatte die ſie nicht gewarnt und ihr Unglück
vorhergeſagt? Zu der wagte ſie ſich nicht. Aus Furcht
auch hatte ſie den am Weihnachtsmorgen verſprochenen
Beſuch von Woche zu Woche aufgeſchoben, und, da
ſie die Entſchuldigung gehabt, daß ihr Mann es ver¬
boten, ſich dabei beruhigt.
Jetzt kamen für Klärchen trübe Tage. Daß Gün¬
ther ſich faſt gar nicht bei ihr ſehen ließ, war ihr
ganz recht, aber ſie war doch zu verlaſſen, ſelbſt die
Frau Rendantin und die anderen Frauen hatten ſich
ſeit dem Faſtnachtsabend zurück gezogen. An Gelde
fehlte es ihr oft, aber zum Glück war die Mutter
immer bereit, Günthern etwas abzubetteln; ſo waren
ſie wenigſtens nie in äußerer Noth. Dies letzte hob
die Mutter immer beſonders als Troſt hervor. Dein
Mann iſt wohlhabend und darum hat er ſeine Eigen¬
heiten, die Du tragen mußt. Dein Vater hat mich
weit ſchlechter behandelt, und dabei wußt' ich nicht,
wovon ich uns ſatt machen ſollte. Du kannſt in allen
Stücken ohne Sorgen leben und brauchſt die Hände
nicht zu rühren. — Klärchen entgegnete, ſie wollte
lieber Salz und Brod eſſen, ja verhungern, als ſolche
Behandlung dulden und überhaupt ſolch ein Leben füh¬
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Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nathusius_kammerjungfer_1851/119>, abgerufen am 18.06.2024.
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