Doch, wie Manches gieng zugleich in dieser unglücklichen Nacht und mit meinem Schiffe verloren! Zwar mein Rheeder in Stettin war zu allen Zeiten ein zu umsich- tiger Mann gewesen, um sich nicht auch gegen ein Ereigniß dieser Art möglichst zu decken. Jch hatte von dem Augenblick an, da ich die Führung des Schiffes übernahm, den Auftrag von ihm erhalten, dasselbe, so oft ich aus einem Hafen abgieng, durch Be- sorgung des Hauses Joh. Dav. Klefecker in Hamburg, assecuriren zu lassen. Es war demnach auch jetzt für eine Summe von 20,000 Thaler, oder 40,000 Mark Hamb. Banco, versichert. Da nun dies Schiff, mit seinem vollen Zubehör und Ausrüstung, neu nur 22,000 Thaler gekostet hatte, die Ladung von Seesalz aber für eigne Rechnung nur einen Werth von 1,500 Thalern betrug: so ließ sich wohl absehen, daß der Verlust des Schiffes ihm keinen wesentlichen Schaden zuführen würde.
Anders aber fiel die Sache für mich selbst; und ich durfte wohl gestehen, daß dieser Schiffbruch mein eignes, eben wieder aufkeimendes Glück völlig zertrümmerte. Mei- nen Erwerb am festem Gehalt, als Schiffer, hatt' ich stets bei meinem Patron stehen lassen; und dieser war mir nun allerdings unverloren: allein ein Schiffs-Kapitain hat,
Doch, wie Manches gieng zugleich in dieſer ungluͤcklichen Nacht und mit meinem Schiffe verloren! Zwar mein Rheeder in Stettin war zu allen Zeiten ein zu umſich- tiger Mann geweſen, um ſich nicht auch gegen ein Ereigniß dieſer Art moͤglichſt zu decken. Jch hatte von dem Augenblick an, da ich die Fuͤhrung des Schiffes uͤbernahm, den Auftrag von ihm erhalten, daſſelbe, ſo oft ich aus einem Hafen abgieng, durch Be- ſorgung des Hauſes Joh. Dav. Klefecker in Hamburg, aſſecuriren zu laſſen. Es war demnach auch jetzt fuͤr eine Summe von 20,000 Thaler, oder 40,000 Mark Hamb. Banco, verſichert. Da nun dies Schiff, mit ſeinem vollen Zubehoͤr und Ausruͤſtung, neu nur 22,000 Thaler gekoſtet hatte, die Ladung von Seeſalz aber fuͤr eigne Rechnung nur einen Werth von 1,500 Thalern betrug: ſo ließ ſich wohl abſehen, daß der Verluſt des Schiffes ihm keinen weſentlichen Schaden zufuͤhren wuͤrde.
Anders aber fiel die Sache fuͤr mich ſelbſt; und ich durfte wohl geſtehen, daß dieſer Schiffbruch mein eignes, eben wieder aufkeimendes Gluͤck voͤllig zertruͤmmerte. Mei- nen Erwerb am feſtem Gehalt, als Schiffer, hatt’ ich ſtets bei meinem Patron ſtehen laſſen; und dieſer war mir nun allerdings unverloren: allein ein Schiffs-Kapitain hat,
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Doch, wie Manches gieng zugleich in
dieſer ungluͤcklichen Nacht und mit meinem
Schiffe verloren! Zwar mein Rheeder in
Stettin war zu allen Zeiten ein zu umſich-
tiger Mann geweſen, um ſich nicht auch
gegen ein Ereigniß dieſer Art moͤglichſt zu
decken. Jch hatte von dem Augenblick an,
da ich die Fuͤhrung des Schiffes uͤbernahm,
den Auftrag von ihm erhalten, daſſelbe, ſo
oft ich aus einem Hafen abgieng, durch Be-
ſorgung des Hauſes Joh. Dav. Klefecker in
Hamburg, aſſecuriren zu laſſen. Es war
demnach auch jetzt fuͤr eine Summe von
20,000 Thaler, oder 40,000 Mark Hamb.
Banco, verſichert. Da nun dies Schiff, mit
ſeinem vollen Zubehoͤr und Ausruͤſtung, neu
nur 22,000 Thaler gekoſtet hatte, die Ladung
von Seeſalz aber fuͤr eigne Rechnung nur
einen Werth von 1,500 Thalern betrug: ſo
ließ ſich wohl abſehen, daß der Verluſt des
Schiffes ihm keinen weſentlichen Schaden
zufuͤhren wuͤrde.
Anders aber fiel die Sache fuͤr mich
ſelbſt; und ich durfte wohl geſtehen, daß
dieſer Schiffbruch mein eignes, eben wieder
aufkeimendes Gluͤck voͤllig zertruͤmmerte. Mei-
nen Erwerb am feſtem Gehalt, als Schiffer,
hatt’ ich ſtets bei meinem Patron ſtehen
laſſen; und dieſer war mir nun allerdings
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/270>, abgerufen am 13.05.2024.
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