Füßen; und man kann ohne Uebertreibung sagen, daß es rings um uns war, als ob die Welt ver- gehen sollte. Sichtbarlich legten unsre Gegner es darauf an, uns durch ihr Bombardement zwi- schen dem engen Raume unsrer Wälle dergestalt zu ängstigen, daß wir, nirgends mehr unsers Bleibens wissend, die weisse Fahne zur Ergebung aufstecken müßten.
Jch befand mich in dieser entsetzlichen Nacht neben unserm Commandanten auf dem Bastion Preussen, als dem höchsten Punkte, den unsre Wälle zum Umherschauen darboten. Von hier aus konnten wir beinahe alle feindliche Schanzen übersehen; und ebenso lag die Stadt vor uns. Es ist nicht auszusprechen, wie höllenmäßig das Aufblitzen und Donnern des Geschützes Schlag auf Schlag und Zuck auf Zuck um uns her wü- thete; während auch das Feuer unsrer Festung in seiner Antwort nichts schuldig blieb. Jn der Luft schwärmte es lichterloh von Granaten und Bomben; wir sahen sie hie und da und überall ihren lichten Bogen nach der Stadt hinein wäl- zen; hörten das Krachen ihres Zerspringens, so wie das Einstürzen der Giebel und Häuser; ver- nahmen den wüsten Lärm, der drinnen wogte und tos'te, und waren Zeuge, wie bald hier bald dort, wo es gezündet hatte, eine Feuerflamme emporloderte. Von dem Allen war die Nacht so hell, als ob tausend Fackeln brennten; und das gräßliche Schauspiel schien nicht ein Menschen-
Fuͤßen; und man kann ohne Uebertreibung ſagen, daß es rings um uns war, als ob die Welt ver- gehen ſollte. Sichtbarlich legten unſre Gegner es darauf an, uns durch ihr Bombardement zwi- ſchen dem engen Raume unſrer Waͤlle dergeſtalt zu aͤngſtigen, daß wir, nirgends mehr unſers Bleibens wiſſend, die weiſſe Fahne zur Ergebung aufſtecken muͤßten.
Jch befand mich in dieſer entſetzlichen Nacht neben unſerm Commandanten auf dem Baſtion Preuſſen, als dem hoͤchſten Punkte, den unſre Waͤlle zum Umherſchauen darboten. Von hier aus konnten wir beinahe alle feindliche Schanzen uͤberſehen; und ebenſo lag die Stadt vor uns. Es iſt nicht auszuſprechen, wie hoͤllenmaͤßig das Aufblitzen und Donnern des Geſchuͤtzes Schlag auf Schlag und Zuck auf Zuck um uns her wuͤ- thete; waͤhrend auch das Feuer unſrer Feſtung in ſeiner Antwort nichts ſchuldig blieb. Jn der Luft ſchwaͤrmte es lichterloh von Granaten und Bomben; wir ſahen ſie hie und da und uͤberall ihren lichten Bogen nach der Stadt hinein waͤl- zen; hoͤrten das Krachen ihres Zerſpringens, ſo wie das Einſtuͤrzen der Giebel und Haͤuſer; ver- nahmen den wuͤſten Laͤrm, der drinnen wogte und toſ’te, und waren Zeuge, wie bald hier bald dort, wo es gezuͤndet hatte, eine Feuerflamme emporloderte. Von dem Allen war die Nacht ſo hell, als ob tauſend Fackeln brennten; und das graͤßliche Schauſpiel ſchien nicht ein Menſchen-
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Fuͤßen; und man kann ohne Uebertreibung ſagen,
daß es rings um uns war, als ob die Welt ver-
gehen ſollte. Sichtbarlich legten unſre Gegner
es darauf an, uns durch ihr Bombardement zwi-
ſchen dem engen Raume unſrer Waͤlle dergeſtalt
zu aͤngſtigen, daß wir, nirgends mehr unſers
Bleibens wiſſend, die weiſſe Fahne zur Ergebung
aufſtecken muͤßten.
Jch befand mich in dieſer entſetzlichen Nacht
neben unſerm Commandanten auf dem Baſtion
Preuſſen, als dem hoͤchſten Punkte, den unſre
Waͤlle zum Umherſchauen darboten. Von hier
aus konnten wir beinahe alle feindliche Schanzen
uͤberſehen; und ebenſo lag die Stadt vor uns.
Es iſt nicht auszuſprechen, wie hoͤllenmaͤßig das
Aufblitzen und Donnern des Geſchuͤtzes Schlag
auf Schlag und Zuck auf Zuck um uns her wuͤ-
thete; waͤhrend auch das Feuer unſrer Feſtung
in ſeiner Antwort nichts ſchuldig blieb. Jn der
Luft ſchwaͤrmte es lichterloh von Granaten und
Bomben; wir ſahen ſie hie und da und uͤberall
ihren lichten Bogen nach der Stadt hinein waͤl-
zen; hoͤrten das Krachen ihres Zerſpringens, ſo
wie das Einſtuͤrzen der Giebel und Haͤuſer; ver-
nahmen den wuͤſten Laͤrm, der drinnen wogte
und toſ’te, und waren Zeuge, wie bald hier bald
dort, wo es gezuͤndet hatte, eine Feuerflamme
emporloderte. Von dem Allen war die Nacht ſo
hell, als ob tauſend Fackeln brennten; und das
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/162>, abgerufen am 14.06.2024.
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