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[N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734.

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gieng sich der Geheimde Rath der Regentin, Graf von Barlemont ent-
setzlich, und machte durch ein einziges Wort, daß dieser Aufstand zu seinen
völligen Kräfften kam. Denn er sagte zu der Margaretha, Hertzogin
von Parma, als Stadthalterin: Sie hätten von diesen Geusen, das
ist, Bettlern nichts zu befürchten. Diese so einfältig als boßhafftige Re-
de feuerte den Grafen von Brederode so an, daß er nicht allein in der Ver-
samlung der malcontenten mit einem Bettel-Sack erschien, sondern auch
die Gläser auf die Gesundheit der Geusen wichtig herum wandern ließ, wo-
rauf die gantze Gesellschafft mit abgeschornen Bärten und Bettel-Sä-
cken
auf den Achseln durch die Gassen gieng, und eine Müntze gepräget
wurde, da auf der einem Seite des Königs Bildniß mit der Beyschrifft:
Fideles au Roi, und auf der andern ein Bettel-Sack, mit den Worten:
jusqu' a porter la besace, zu sehen war, welches teutsch heist: wir sind
dem Könige getreu biß an Bettel-Sack.
Bingley.
Diese Ausdrückung ist zweydeutig, werthester Tulsching, und weiß
man nicht, ob das Wort biß in- oder exclusive genommen wird. Denn
es kan auch heissen: wir sind dem Könige getreu, biß dahin, wenn
er uns den Bettel-Sack auflegen will, welches wir aber nicht
zugestehen wollen.
Tulsching.
Darauf wurde das Volck vollends in Harnisch gebracht, und die Bild-
stürmerey
gieng in den meisten Kirchen an, wobey die unvergleichlich-schö-
ne Kirche zu Antwerpen ihren kostbarsten Zierath einbüste. Dieses und
viel andre Ursachen bewogen den König auf Anrathen des grausamen Her-
tzogs von Alba die Gelindigkeit zu verbannen, und die Bekehrung dieser
Rebellen, wie sie an Spanischen Hofe genennet wurden, durch gestie-
felte
Apostel vorzunehmen. Dieses wuste man wohl, und deßwegen hielt
der Printz Wilhelm von Oranien vor gefährlich, sich länger allhier auf-
zuhalten. Er war der mächtigste Vasall und ob er sich gleich nicht an die
Spitze der Verschwornen stellte, so kam doch alles auf seinen Rath und
Meynung an. Er stellte in einer Zusammenkunfft obgedachten Grafen
vor, wie nöthig es wär, auswärtig auf Sicherheit zudencken, worein aber
der Graf von Egmond nicht willigen wolte, und aus einem vor ihm un-
glücklichen Verhängniß der Gnade des Königs allzuviel zutraute. Dieses
bewog den Printzen überlaut zu sagen: Nun so nehme ich denn Ab-
schied, und versichre euch, daß ihr den Spaniern zur Brücke
dienen, und hernach von ihnen keiner Barmhertzikeit werdet

gewür-
gieng ſich der Geheimde Rath der Regentin, Graf von Barlemont ent-
ſetzlich, und machte durch ein einziges Wort, daß dieſer Aufſtand zu ſeinen
voͤlligen Kraͤfften kam. Denn er ſagte zu der Margaretha, Hertzogin
von Parma, als Stadthalterin: Sie haͤtten von dieſen Geuſen, das
iſt, Bettlern nichts zu befuͤrchten. Dieſe ſo einfaͤltig als boßhafftige Re-
de feuerte den Grafen von Brederode ſo an, daß er nicht allein in der Ver-
ſamlung der malcontenten mit einem Bettel-Sack erſchien, ſondern auch
die Glaͤſer auf die Geſundheit der Geuſen wichtig herum wandern ließ, wo-
rauf die gantze Geſellſchafft mit abgeſchornen Baͤrten und Bettel-Saͤ-
cken
auf den Achſeln durch die Gaſſen gieng, und eine Muͤntze gepraͤget
wurde, da auf der einem Seite des Koͤnigs Bildniß mit der Beyſchrifft:
Fideles au Roi, und auf der andern ein Bettel-Sack, mit den Worten:
jusqu’ a porter la beſace, zu ſehen war, welches teutſch heiſt: wir ſind
dem Koͤnige getreu biß an Bettel-Sack.
Bingley.
Dieſe Ausdruͤckung iſt zweydeutig, wertheſter Tulſching, und weiß
man nicht, ob das Wort biß in- oder excluſive genommen wird. Denn
es kan auch heiſſen: wir ſind dem Koͤnige getreu, biß dahin, wenn
er uns den Bettel-Sack auflegen will, welches wir aber nicht
zugeſtehen wollen.
Tulſching.
Darauf wurde das Volck vollends in Harniſch gebracht, und die Bild-
ſtuͤrmerey
gieng in den meiſten Kirchen an, wobey die unvergleichlich-ſchoͤ-
ne Kirche zu Antwerpen ihren koſtbarſten Zierath einbuͤſte. Dieſes und
viel andre Urſachen bewogen den Koͤnig auf Anrathen des grauſamen Her-
tzogs von Alba die Gelindigkeit zu verbannen, und die Bekehrung dieſer
Rebellen, wie ſie an Spaniſchen Hofe genennet wurden, durch geſtie-
felte
Apoſtel vorzunehmen. Dieſes wuſte man wohl, und deßwegen hielt
der Printz Wilhelm von Oranien vor gefaͤhrlich, ſich laͤnger allhier auf-
zuhalten. Er war der maͤchtigſte Vaſall und ob er ſich gleich nicht an die
Spitze der Verſchwornen ſtellte, ſo kam doch alles auf ſeinen Rath und
Meynung an. Er ſtellte in einer Zuſammenkunfft obgedachten Grafen
vor, wie noͤthig es waͤr, auswaͤrtig auf Sicherheit zudencken, worein aber
der Graf von Egmond nicht willigen wolte, und aus einem vor ihm un-
gluͤcklichen Verhaͤngniß der Gnade des Koͤnigs allzuviel zutraute. Dieſes
bewog den Printzen uͤberlaut zu ſagen: Nun ſo nehme ich denn Ab-
ſchied, und verſichre euch, daß ihr den Spaniern zur Bruͤcke
dienen, und hernach von ihnen keiner Barmhertzikeit werdet

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_engellaender_1734/32>, abgerufen am 30.04.2024.