Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neue Rheinische Zeitung. Nr. 63. Köln, 2. August 1848.

Bild:
<< vorherige Seite
* Mailand, 27. Juli.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
7 Florenz, 23. Juli.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Verona, 25. Juli.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Französische Republik.
17 Paris, 30.Juli.

Es ist artig zu sehen wie die Bourgeoisbrutusse der Juliepoche jetzt von Tag zu Tag mehr sich in Denunzianten verwandeln; z. B der "Charivari," dieser sonst so "wackere Freiheitskämpfer und Nachfolger Paul Courier's " macht sich sogar an seinen einst hochverehrten "Freiheitspriester" Lamennais, den er jetzt einen "Druiden und Menschenopferpriester" titulirt. Und der Trompetenhanswurst Alexander Dumas! er trompetet daß ein Duchatel ein Plaisir dabei haben muß. Eugenius Sue, der tapfere Ritter, ist noch stumm, man dräut aber schon mit einem ellenlangen Donnerkeil, den er für die Häupter der Verruchten schmiedet. Unendlich komisch ist daß diese Schriftsteller Zeter schreien ob des Prinzips des gleichen Salairs; wenn sie noch zitterten daß jeder nach Leistung und Tüchtigkeit besoldet werden sollte, nun dann wären sie noch zu entschuldigen, denn jedem ist seine Haut die nächste und liebste. - Auffallend ist der Mangel an Gesängen auf Straßen und in Schenkstuben; weder Marsaillaise, noch Mourir pour la patrie, noch das herrliche Entendez vous le canon d'alarme (mit diesem jubelnden Todesliede rückten die Blousenmontagnards am 15. Mai in die Repräsentantenkammer) hört man mehr. Die Carmagnole auch ist seit den Junitagen verschollen. Die Liniensoldaten in den Standlagern bei Paris dürfen keine Zeitungen studiren als den Constitutionnel und Siecle; die Ausrufer der übrigen werden ohnehin oft arretirt und alle Augenblicke sieht man einen der Wächter von Paris (Polizei in Uniform) ihnen ein Blatt wegziehen und durchlesen. Die fünfzehnhundert Ausrufer der konfiszirten Journale sind brodlos, und die Sieger sagen großmüthig: "mögen sie sich anderweitig beschäftigen."

Hie und da verkauft man die Biographicen und Konterfeys der dekorirten Mobilgardisten und zweier dekorirten "Demoisellen", die als Amazonen gegen die Barrikaden mitmarschirten. Dies ist gewiß sehr heiter, zumal wenn man damit die unabsehbaren düstern Gruppen der zerlumpten, abgehärmten aber stilltrotzigen Proletarierinnen vergleicht, die an bestimmten Wochentagen vor dem Thor der Insurgentenkerker harren, und Brod und Briefe und Blumensträuße abliefern, die Kinder an der Hand. Abends singt das Bühnenpersonal im Theater Gelegenheitsstrophen auf die Helden: vive la mobile, flanquez une pile u. s. w. und das Parterre brüllt: Bis. Die Banlieue singt: marchons toujours les premiers contre tous ces insurges, ein bekanntes Reaktionslied aus dem vorigen Jahrhundert. Von der Mauer der Tuilerien ist nun auch die Inschrift: "Hospital der Civilinvaliden" sorgfältiglich ausgelöscht worden, und inwendig bereitet man alles für die Wohnung des Präsidenten der Republik in spe vor; für die bewaffnete Macht wird ein aparter Eingang vom Garten her durchgebrochen. Dies ist alles sehr ordnungsmäßig; ebenso auch daß die Näherin eines Militärhemdes, woran sie einen vollen Tag Arbeit hat, mit zehn bis zwölf Sous bezahlt wird, wovon vier Sous für Zwirn abgehen; dahin hätte es denn also die Siegerpartei wieder glücklich gebracht, nachdem die weiblichen Nationalwerkstätten, wo die Arbeiterin fast zwanzig Sous bekam, als ordnungswidrig gesprengt wurden. " Die Prostitution reißt um sich wie die Pest, und alle Predigten der moralischen Millionäre wollen nicht dagegen helfen, deren Paris in und außer der Kammer einige ganze Wagenfuhren zählt, aber was stört das diese Kammer? Ist sie nicht in Blut berauscht? In Blut gebadet vom Scheitel bis zur Zehe? Und obendrein, die Damen und Demoisellen der ehrenwerthen Herren Volksrepräsentanten a 25 Franken Tagelohn haben nicht nöthig zu wählen zwischen 8 Sous Salair und Prostitution," schrieb " Le Montagnard " in Montpellier und ward konfiszirt. Das Pariser Blatt: L'Association Fraternelle " verschied mit der ersten Nummer unter den zarten Fingern der Polizei. Letztere amüsirt sich nun, in ihren eignen Reihen zu arretiren, was hier mit dem Kunstausdruck: " reinigen " heißt; drei Gardiens de Paris sind als des " Barrikadismus " verdächtig gestern Morgen verhaftet worden. Der " Corsaire " bläst heute Tusch: " Sieg, Sieg! die Klubs haben den Maulkorb gekriegt " (museles); " La Reforme " sagt: " Hundert stimmten gegen, sechshundert neun und zwanzig für die Niederdrückung, aber mögen die hundert muthig bleiben; einst in der Restaurationsepoche rief man: muthig ihr dreißig! " Der "Corsaire" berichtet mit Entzücken den Schaden, den die Artillerie vor dem Pantheon gemacht: nicht nur die Freiheitspappel, sondern auch die Bildsäule der Republik im Innern ist zerschmettert; " dies ist vielverheißend, " fügt er hinzu, " und wir wissen wahrlich kaum was die Plebejer von Paris mit der Republik machen wollen, für die sie sich so wenig interessirten, daß bei der Repräsentantenwahl an hunderttausend mitzustimmen vergaßen. " Dies ist allerdings Thatsache, aber sie hat, zum Theil wenigstens, eine Entschuldigung in der strafwürdigen Verfahrungsweise des damaligen Maire von Paris, des Herrn Marrast, der durch zu frühes Schließen der Votirlokale, die ohnedem schon unzulängliche Frist von zwei Tagen absichtlich verkürzte; so z. B. konnten 600 Ouvriers im Louvrelokal nicht mitvotiren, da die Urne um 8 Uhr (gegen das Reglement, welches ihr Offenbleiben bis Mitternacht verordnete) geschlossen war und die Leute erst um halb 9 Uhr von der Arbeit kamen. Eine gerichtliche Untersuchung über derartigen Unfug ward zwar angekündigt, jedoch niemals geführt. Marrast soll dem General Cavaignac selbst, seinem alten Freunde, zu anti-demokratisch werden, und man will ihn nach dem vierwöchentlichen Präsidium zum Gesandten in London ernennen, um ihn sich von der Seite zu schaffen. Interessant ist, daß die Bourgeoisie jetzt erst entdeckt, daß die ihr so werthen afrikanischen Jäger, die im Februar mit der Municipalgarde wetteiferten, nie anders als kegelförmige Kugeln gebraucht; hoffentlich wird jetzt das Heulen über die " unregelmäßigen " Insurgentenkugeln aufhören. Interessant auch, daß Jaques Arago, der erblindete Bruder des Astronomen und Weltumseglers, in einer Assische als echter Bourgeois die Gefangenen nach Patagonien, (insonderheit nach dem berüchtigten Port-Famine wo, wie er erzählt, eine spanische Schiffsmannschaft sich aus Hunger gegenseitig auffraß) spedirt wissen will; dort würden diese " theils schuldbeladenen theils verführten Söhne der Republik " sich zu " gehäbigen Kolonisten und Handelsleuten, emporschwingen ", und gegen englische Territorialansprüche " eine wackre Barrikade bilden um die Achtung Frankreichs wieder zu erringen ". Diese erbauliche Assische ist betitelt: " An die Richter der Aufständischen " und schließt mit dem Ausruf: " antwortet mir, ich bin ihr Fürsprecher, ich bitte euch, Belisar fleht um das Allmosen einer halben Verzeihung für die welche ihr aburtheilt ". Das ist ein Pröbchen von Bourgeoischarite. Der ehemalige revolutionäre
[Spaltenumbruch] Herausgeber der "Wespen," Monsieur Karr, ist nun auch Denunziant geworden, sein Blatt "Le Journal" betitelt sagt: " Die hundert in der Kammer welche gegen das Klubordnungsdekret votirten, mögen es sich gesagt sein lassen: Frankreich verbietet ihnen ein für allemal solche Streiche." Und aus Frankfurt läßt er sich schreiben: " Die Reaktion (sic) nach den monarchischen Ideen und Formen, nebst liberalem Fortschritte, macht glücklicherweise in Deutschland Fortschritte; dem Junitriumphe der Pariser haben wir dies zu danken; hätte die Emeute gesiegt, so wäre in Deutschland die kommunistische Schaar oben aufgekommen, die ohnehin viel zahlreicher und avancirter ist als in Frankreich; die Traditionen des Bauernkriegs sind noch ein Sauerteig bei uns." Monsieur Karr freut sich auch, daß die Munizipalität von Orleans jetzt wieder aus lauter Reaktionären besteht und kein einziger der 17 vom "revolutionären" Präfekten vorgeschlagenen Kandidaten in sie gewählt ist. Die Mobile hat zehntausend Rekruten bekommen, was als "glückliches Omen" verkündet wird um die "Banditen" zu schrecken. Wie arg letztre, erhellt z. B. aus dem Faktum, daß zwei Blousenleute einem jungen Frauenzimmer die fünf Franken, die sie ihr Abends bereits abgenommen, auf ihre Versicherung: sie müsse damit noch bis Ende Monats leben, schweigend zurückgaben; Hr. Karr geifert indessen, daß das Mädchen die Banditen "meine Herren" angeredet habe.

Alle Thiers-und Antithiersblätter schwärmen für Dänemark, welches "die Märtyrernation, die Heldenschaar gegenüber dem germanischen Koloß" titulirt wird. Dänische Speziesthaler und Dokumente haben seit einigen Jahren einen ergiebigen Einfluß auf manche dieser Blätter ausgeübt. Selbst La Reforme ist außer sich über die für Dänemark "so beleidigenden" Artikel des Waffenstillstands.

Paris, 30. Juli.

Die drei Julitage sind geräuschlos vorübergegangen. In der Kirche von Saint Paul wohnten die Juliritter mit den Redaktoren des National einem Trauergottesdienste bei, von wo sie sich zur Julisäule in feierlichem Zuge begaben. Dies war Alles, womit in diesem Jahre der 27., 28. und 29. Juli gefeiert wurden.

- Das Journal des Debats sagt: "Wenn man mit vollkommener Unparteilichkeit die Verhältnisse Roms betrachtet und die doppelte Pflicht des Pabstes Pius IX. als weltlicher und geistlicher Fürst im Auge behält, so wird man zugestehen, daß es eine große Ungerechtigkeit wäre, sein Benehmen zu tadeln. Als Statthalter Gottes und des Friedens widersetzte er sich einer Kriegserklärung gegen Oestereich; als Fürst gestattete er ja seinen Unterthanen, frei die Waffen zu ergreifen, freiwillige Bataillone zu bilden etc., nur einem Akt wirklicher Feindseligkeit, der seinem Gewissen als Vater aller Christen mit Recht widerstritt, widersetzte er sich."

General Damesme, der dem General Duvivier im Oberbefehl der Mobilgarde am 26. Juni folgte und der von einer Kugel in den Oberschenkel getroffen wurde, ist gestern gestorben.

- Die Insurgenten, 8123 an der Zahl, verzehren Jeder täglich 750 Grammen halbweißes Brod, 100 Grammen Weißbrod in der Suppe, 250 Grammen Fleisch, fünf Mal wöchentlich, 50 Centilitres Gemüse, zwei Mal und 33 Centilitres Wein per Mann.

- Die diplomatische Mission Lucian Murat's bezieht sich auf die italienischen Angelegenheiten. Er wird diese Nacht abreisen und sich nach dem Hauptquartier Karl Albert's begeben.

- Alphonse Karr redigirt ein neues Journal, das den Titel trägt: le Journal; das Journal par excellence. Es steht unter Cavaignac 's Obhut. Schöne Verwahrung! Es fällt furchtbar über die Klubs und die Zulassung von Frauen her: schöne Galanterie.

103 Straßburg, 27. Juli.

(Verspätet.) Sie werden bereits von den stürmischen Auftritten gehört haben, welche die Ankunft des berühmten Doktor und Lieutenant Rauschenplat hier hervorgerufen hat. Rauschenplat war hier als "Renegat" bei Deutschen und Franzosen bekannt; sein jüngstes Treiben in Baden hatte ihm vollends den Haß derer zugezogen, bei welchen der ehemalige Demagog und Flüchtling trotz seines hohlen Renomisten-Wesens stets freundschaftliche Aufnahme gefunden hatte. Manche frühern Zweideutigkeiten, welche damals kein besonderes Mißtrauen erregten, wie die öftern " Incognito-Reisen " nach Baden und zu Hecker nach Mannheim, welche doch der badischen Polizei kein Geheimniß sein konnten, haben jetzt durch seine letzten Thaten eine nachtrachliche Bedeutung erhalten; die Protektion des Constablers Mathy, welcher dem " Demagogen " bei seiner Heimkehr sofort die Wahl zwischen einer Lieutenantstelle oder einer Professur in Heidelberg freistellte, der Heldenmuth des Herrn Rauschenplat in Freiburg, wo er zwar nicht an dem Sturm der nassauischen Truppen Theil nahm, wohl aber nach der Erstürmung mit dem badischen Troß einzog und in den Straßen die sterbenden Freischärler mit Fußtritten und Kolbenstößen besiegte, - alle diese Abentheuer erklären zur Genüge die Erbitterung seiner ehemaligen Bekannten, welche sich lange und systematisch von ihm unter der Maske der Freundschaft verrathen sehen. Die Nachricht, daß Rauschenplat wieder hier angekommen sei und wahrscheinlich in Aufträgen Mathy 's reise, rief vorgestern in der Stadt überall die größte Aufregung hervor. Das Volk suchte den badischen Professor und Lieutenant in allen Quartieren, bis man in einer Winkelgasse sein Hotel ausfindig machte. Die Wirthleute erklärten, daß der Gesuchte nicht mehr hier sei, und öffneten das leere Zimmer, welches er bewohnt hatte. Eine Stunde darauf, nachdem die Menge sich schon verlaufen hatte, hieß es plötzlich, daß er sich wieder in dem Haus befinde und von dem Volk belagert werde. Einige tausend Straßburger Bürger wogten in der Straße, und verlangten mit lauten Drohungen die Herausgabe des " Mouchard. " Mit Mühe gelangten einige Gensdarmen und Nationalgardisten an das Haus; aber die Soldaten nahmen auf Aufforderung des Volks die Bajonette ab. Der Maire kam, ohne daß seine Worte die Menge beruhigt hätten; der Ruf: " An die Laterne! An die Laterne mit dem Verräther! " war die einzige Antwort des Volks. Drei Stundenlang blieb das Haus auf diese Weise belagert. Einige Bürger, die gleich Anfangs eingedrungen waren und den Verfolgten gefunden hatten, überhäuften ihn mit Schmach, und erinnerten ihn daran, wie er hier Gastfreundschaft genossen, die Vernichtung der Fürsten gepredigt, und jetzt seine alten Freunde an den Despotismus verrathen habe. Man wollte ihn indeß doch vor dem Lynchgericht des wüthenden Volkes retten. Einige Mal wurden von Innen Versuche gemacht, ihn in Verkleidung hinauszuschaffen, aber Blousenmänner hielten alle Ausgänge besetzt. Endlich gab draußen das Anzünden einer Laterne das Signal zur Erstürmung des Hauses. Die Thür flog ein, und Rauschenplat stand zitternd, bleich, in Todesangst vor den wilden, nach Rache schreienden Republikanern. Nur der Geistesgegenwart eines Bürgers gelang es, ihn vor dem sichern Tode zu retten: " Achtung vor dem Gesetz! " rief derselbe der Menge entgegen; " Rauschenplat ist als Spion von den Behörden verhaftet! " Mehrere Personen verbreiten, daß nach den vorgefundenen Indicien der Verhaftete kriegsrechtlich zum Tode verurtheilt werde. Auf diese Art wurde es möglich, daß eine Abtheilung Nationalgardisten ihn in die Mitte nahm und ins Gefängniß brachte. - Heute ist Rauschenplat, nachdem er erst von seinen alten Gläubiger zur Bezahlung gezwungen worden und dabei vielfach die Worte hörte, ob dies das Gold für seinen Volksverrath sei. unter sicherer Bedeckung von der Behörde über die badische Grenze transportirt worden.

Großbritannien.
* London, 29. Juli.

Sir W. Molesworth machte neulich im Unterhause eine Motion in Betreff der britischen Kolonieen, indem er erstens feststellte, daß die Ausgaben für die Kolonieen ohne Nachtheil für die Interessen des Landes verweigert werden könnten, so wie zweitens, daß eine Aenderung in der Verwaltung der auswärtigen Besitzungen sowohl für das Mutterland wie für die Kolonieen von Nutzen sein würde. Mit seinem Antrage wolle er nicht die Territorien berühren, welche unter der Herrschaft der ostindischen Kompagnie ständen; er beschränke sich auf jene Besitzungen der Krone, welche das Kolonieen-Amt leite. Trotz dieser Beschränkung machten diese britischen Besitzungen noch zwischen 4 bis 5 Mill. engl. Quadratmeilen aus, also eine Fläche, welche etwa so groß sei wie ganz Europa und britisch Indien zusammengenommen. Die Population dieser Kolonieen erreichte nur eine Zahl von etwa 5 Millionen Menschen, von denen die Hälfte der europäischen Rasse angehöre. Im Jahre 1844 habe England nach diesen Kolonieen für ungefähr 9 Millionen Pfund Sterling exportirt. Die Total-Summe der durch die Kolonieen verursachten Ausgaben betrage 8 Mill. Pfd. Sterl., wovon mehr als die Hälfte zu Lasten des Mutterlandes sei. Nach den Angaben Sir W. Molesworth's besteht die Militärmacht der Kolonieen aus ungefähr 42,000 Mann, die Artillerie und das Genie nicht einbegriffen; also ungefähr drei achtel der ganzen britischen Streitkräfte. Die Kosten dieser Truppen belaufen sich fast auf 2 1/2 Million Pfund per Jahr. Die im Dienste der Kolonieen stehende Seemacht besteht aus 45 Fahrzeugen und 8000 Mann, welche etwas mehr als eine Million kosten. Die Civilausgaben mögen in diesem Jahre auf 300,000 Pfd. anzuschlagen sein. Außerordentliche Ausgaben 200,000 Pfd. Zusammen kosten die Kolonieen daher dem Mutterlande jährlich 4 Millionen.

Von dem 9 Millionen betragenden deklarirten Werthe des Exportes englischer Artikel in die auswärtigen Besitzungen der Krone, ist noch für die nach Gibraltar zur Schmuggelei nach Spanien bestimmten Gegenstände ungefähr 1 Million abzuziehen. Die Ausgaben Großbritanniens für Rechnung der Kolonieen betrugen daher 9 Schilling in jedem Pfund Sterling des Exports.

Man kann die Kolonieen in zwei verschiedene Klassen eintheilen, in solche nämlich, welche nur aus politischen Gründen zu militärischen Stationen benutzt werden, und in solche, die man rein des Handels wegen betreibt. Die militärischen Stationen sind die Insel Helgoland, Gibraltar, Malta, die Ionischen und die Bermuda Inseln, die Stationen an der Westküste Afrika's, St. Helena, das Kap der guten Hoffnung, die Insel Mauritius, Hong-Kong, Labuan und die Falkland Inseln.

Von diesen kosten Gibraltar und Malta jährlich ungefähr eine Million Pfund Sterling, während man nur für 1,400,000 Pfd. Waaren dahin exportirt, inclusive einer Million für die Kontrebande nach Spanien. Die Unterdrückung des Sklavenhandels verursacht eine jährliche Ausgabe von einer halben Million. Der Krieg gegen die Kaffern kostete bereits 1,100,000 Pfd. und es werden wahrscheinlich noch 900,000 Pfd. nöthig sein um den Saldo der Rechnungen zu berichtigen. Ceylon kostet jährlich 110,000 Pfd. und England setzt nur für 240,000 Pfd. Waaren daselbst ab. Hong-Kong ist vielleicht die kostspieligste aller Stationen, da 25 Schiffe mit 4500 Mann dort liegen, was eine

* Mailand, 27. Juli.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
7 Florenz, 23. Juli.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Verona, 25. Juli.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Französische Republik.
17 Paris, 30.Juli.

Es ist artig zu sehen wie die Bourgeoisbrutusse der Juliepoche jetzt von Tag zu Tag mehr sich in Denunzianten verwandeln; z. B der „Charivari,“ dieser sonst so „wackere Freiheitskämpfer und Nachfolger Paul Courier's “ macht sich sogar an seinen einst hochverehrten „Freiheitspriester“ Lamennais, den er jetzt einen „Druiden und Menschenopferpriester“ titulirt. Und der Trompetenhanswurst Alexander Dumas! er trompetet daß ein Duchatel ein Plaisir dabei haben muß. Eugenius Sue, der tapfere Ritter, ist noch stumm, man dräut aber schon mit einem ellenlangen Donnerkeil, den er für die Häupter der Verruchten schmiedet. Unendlich komisch ist daß diese Schriftsteller Zeter schreien ob des Prinzips des gleichen Salairs; wenn sie noch zitterten daß jeder nach Leistung und Tüchtigkeit besoldet werden sollte, nun dann wären sie noch zu entschuldigen, denn jedem ist seine Haut die nächste und liebste. ‒ Auffallend ist der Mangel an Gesängen auf Straßen und in Schenkstuben; weder Marsaillaise, noch Mourir pour la patrie, noch das herrliche Entendez vous le canon d'alarme (mit diesem jubelnden Todesliede rückten die Blousenmontagnards am 15. Mai in die Repräsentantenkammer) hört man mehr. Die Carmagnole auch ist seit den Junitagen verschollen. Die Liniensoldaten in den Standlagern bei Paris dürfen keine Zeitungen studiren als den Constitutionnel und Siecle; die Ausrufer der übrigen werden ohnehin oft arretirt und alle Augenblicke sieht man einen der Wächter von Paris (Polizei in Uniform) ihnen ein Blatt wegziehen und durchlesen. Die fünfzehnhundert Ausrufer der konfiszirten Journale sind brodlos, und die Sieger sagen großmüthig: „mögen sie sich anderweitig beschäftigen.“

Hie und da verkauft man die Biographicen und Konterfeys der dekorirten Mobilgardisten und zweier dekorirten „Demoisellen“, die als Amazonen gegen die Barrikaden mitmarschirten. Dies ist gewiß sehr heiter, zumal wenn man damit die unabsehbaren düstern Gruppen der zerlumpten, abgehärmten aber stilltrotzigen Proletarierinnen vergleicht, die an bestimmten Wochentagen vor dem Thor der Insurgentenkerker harren, und Brod und Briefe und Blumensträuße abliefern, die Kinder an der Hand. Abends singt das Bühnenpersonal im Theater Gelegenheitsstrophen auf die Helden: vive la mobile, flanquez une pile u. s. w. und das Parterre brüllt: Bis. Die Banlieue singt: marchons toujours les premiers contre tous ces insurgés, ein bekanntes Reaktionslied aus dem vorigen Jahrhundert. Von der Mauer der Tuilerien ist nun auch die Inschrift: „Hospital der Civilinvaliden“ sorgfältiglich ausgelöscht worden, und inwendig bereitet man alles für die Wohnung des Präsidenten der Republik in spe vor; für die bewaffnete Macht wird ein aparter Eingang vom Garten her durchgebrochen. Dies ist alles sehr ordnungsmäßig; ebenso auch daß die Näherin eines Militärhemdes, woran sie einen vollen Tag Arbeit hat, mit zehn bis zwölf Sous bezahlt wird, wovon vier Sous für Zwirn abgehen; dahin hätte es denn also die Siegerpartei wieder glücklich gebracht, nachdem die weiblichen Nationalwerkstätten, wo die Arbeiterin fast zwanzig Sous bekam, als ordnungswidrig gesprengt wurden. „ Die Prostitution reißt um sich wie die Pest, und alle Predigten der moralischen Millionäre wollen nicht dagegen helfen, deren Paris in und außer der Kammer einige ganze Wagenfuhren zählt, aber was stört das diese Kammer? Ist sie nicht in Blut berauscht? In Blut gebadet vom Scheitel bis zur Zehe? Und obendrein, die Damen und Demoisellen der ehrenwerthen Herren Volksrepräsentanten à 25 Franken Tagelohn haben nicht nöthig zu wählen zwischen 8 Sous Salair und Prostitution,“ schrieb „ Le Montagnard “ in Montpellier und ward konfiszirt. Das Pariser Blatt: L'Association Fraternelle “ verschied mit der ersten Nummer unter den zarten Fingern der Polizei. Letztere amüsirt sich nun, in ihren eignen Reihen zu arretiren, was hier mit dem Kunstausdruck: „ reinigen “ heißt; drei Gardiens de Paris sind als des „ Barrikadismus “ verdächtig gestern Morgen verhaftet worden. Der „ Corsaire “ bläst heute Tusch: „ Sieg, Sieg! die Klubs haben den Maulkorb gekriegt “ (muselès); „ La Reforme “ sagt: „ Hundert stimmten gegen, sechshundert neun und zwanzig für die Niederdrückung, aber mögen die hundert muthig bleiben; einst in der Restaurationsepoche rief man: muthig ihr dreißig! “ Der „Corsaire“ berichtet mit Entzücken den Schaden, den die Artillerie vor dem Pantheon gemacht: nicht nur die Freiheitspappel, sondern auch die Bildsäule der Republik im Innern ist zerschmettert; „ dies ist vielverheißend, “ fügt er hinzu, „ und wir wissen wahrlich kaum was die Plebejer von Paris mit der Republik machen wollen, für die sie sich so wenig interessirten, daß bei der Repräsentantenwahl an hunderttausend mitzustimmen vergaßen. “ Dies ist allerdings Thatsache, aber sie hat, zum Theil wenigstens, eine Entschuldigung in der strafwürdigen Verfahrungsweise des damaligen Maire von Paris, des Herrn Marrast, der durch zu frühes Schließen der Votirlokale, die ohnedem schon unzulängliche Frist von zwei Tagen absichtlich verkürzte; so z. B. konnten 600 Ouvriers im Louvrelokal nicht mitvotiren, da die Urne um 8 Uhr (gegen das Reglement, welches ihr Offenbleiben bis Mitternacht verordnete) geschlossen war und die Leute erst um halb 9 Uhr von der Arbeit kamen. Eine gerichtliche Untersuchung über derartigen Unfug ward zwar angekündigt, jedoch niemals geführt. Marrast soll dem General Cavaignac selbst, seinem alten Freunde, zu anti-demokratisch werden, und man will ihn nach dem vierwöchentlichen Präsidium zum Gesandten in London ernennen, um ihn sich von der Seite zu schaffen. Interessant ist, daß die Bourgeoisie jetzt erst entdeckt, daß die ihr so werthen afrikanischen Jäger, die im Februar mit der Municipalgarde wetteiferten, nie anders als kegelförmige Kugeln gebraucht; hoffentlich wird jetzt das Heulen über die „ unregelmäßigen “ Insurgentenkugeln aufhören. Interessant auch, daß Jaques Arago, der erblindete Bruder des Astronomen und Weltumseglers, in einer Assische als echter Bourgeois die Gefangenen nach Patagonien, (insonderheit nach dem berüchtigten Port-Famine wo, wie er erzählt, eine spanische Schiffsmannschaft sich aus Hunger gegenseitig auffraß) spedirt wissen will; dort würden diese „ theils schuldbeladenen theils verführten Söhne der Republik “ sich zu „ gehäbigen Kolonisten und Handelsleuten, emporschwingen “, und gegen englische Territorialansprüche „ eine wackre Barrikade bilden um die Achtung Frankreichs wieder zu erringen “. Diese erbauliche Assische ist betitelt: „ An die Richter der Aufständischen “ und schließt mit dem Ausruf: „ antwortet mir, ich bin ihr Fürsprecher, ich bitte euch, Belisar fleht um das Allmosen einer halben Verzeihung für die welche ihr aburtheilt “. Das ist ein Pröbchen von Bourgeoischarité. Der ehemalige revolutionäre
[Spaltenumbruch] Herausgeber der „Wespen,“ Monsieur Karr, ist nun auch Denunziant geworden, sein Blatt „Le Journal“ betitelt sagt: „ Die hundert in der Kammer welche gegen das Klubordnungsdekret votirten, mögen es sich gesagt sein lassen: Frankreich verbietet ihnen ein für allemal solche Streiche.“ Und aus Frankfurt läßt er sich schreiben: „ Die Reaktion (sic) nach den monarchischen Ideen und Formen, nebst liberalem Fortschritte, macht glücklicherweise in Deutschland Fortschritte; dem Junitriumphe der Pariser haben wir dies zu danken; hätte die Emeute gesiegt, so wäre in Deutschland die kommunistische Schaar oben aufgekommen, die ohnehin viel zahlreicher und avancirter ist als in Frankreich; die Traditionen des Bauernkriegs sind noch ein Sauerteig bei uns.“ Monsieur Karr freut sich auch, daß die Munizipalität von Orleans jetzt wieder aus lauter Reaktionären besteht und kein einziger der 17 vom „revolutionären“ Präfekten vorgeschlagenen Kandidaten in sie gewählt ist. Die Mobile hat zehntausend Rekruten bekommen, was als „glückliches Omen“ verkündet wird um die „Banditen“ zu schrecken. Wie arg letztre, erhellt z. B. aus dem Faktum, daß zwei Blousenleute einem jungen Frauenzimmer die fünf Franken, die sie ihr Abends bereits abgenommen, auf ihre Versicherung: sie müsse damit noch bis Ende Monats leben, schweigend zurückgaben; Hr. Karr geifert indessen, daß das Mädchen die Banditen „meine Herren“ angeredet habe.

Alle Thiers-und Antithiersblätter schwärmen für Dänemark, welches „die Märtyrernation, die Heldenschaar gegenüber dem germanischen Koloß“ titulirt wird. Dänische Speziesthaler und Dokumente haben seit einigen Jahren einen ergiebigen Einfluß auf manche dieser Blätter ausgeübt. Selbst La Reforme ist außer sich über die für Dänemark „so beleidigenden“ Artikel des Waffenstillstands.

Paris, 30. Juli.

Die drei Julitage sind geräuschlos vorübergegangen. In der Kirche von Saint Paul wohnten die Juliritter mit den Redaktoren des National einem Trauergottesdienste bei, von wo sie sich zur Julisäule in feierlichem Zuge begaben. Dies war Alles, womit in diesem Jahre der 27., 28. und 29. Juli gefeiert wurden.

‒ Das Journal des Debats sagt: „Wenn man mit vollkommener Unparteilichkeit die Verhältnisse Roms betrachtet und die doppelte Pflicht des Pabstes Pius IX. als weltlicher und geistlicher Fürst im Auge behält, so wird man zugestehen, daß es eine große Ungerechtigkeit wäre, sein Benehmen zu tadeln. Als Statthalter Gottes und des Friedens widersetzte er sich einer Kriegserklärung gegen Oestereich; als Fürst gestattete er ja seinen Unterthanen, frei die Waffen zu ergreifen, freiwillige Bataillone zu bilden etc., nur einem Akt wirklicher Feindseligkeit, der seinem Gewissen als Vater aller Christen mit Recht widerstritt, widersetzte er sich.“

General Damesme, der dem General Duvivier im Oberbefehl der Mobilgarde am 26. Juni folgte und der von einer Kugel in den Oberschenkel getroffen wurde, ist gestern gestorben.

‒ Die Insurgenten, 8123 an der Zahl, verzehren Jeder täglich 750 Grammen halbweißes Brod, 100 Grammen Weißbrod in der Suppe, 250 Grammen Fleisch, fünf Mal wöchentlich, 50 Centilitres Gemüse, zwei Mal und 33 Centilitres Wein per Mann.

‒ Die diplomatische Mission Lucian Murat's bezieht sich auf die italienischen Angelegenheiten. Er wird diese Nacht abreisen und sich nach dem Hauptquartier Karl Albert's begeben.

‒ Alphonse Karr redigirt ein neues Journal, das den Titel trägt: le Journal; das Journal par excellence. Es steht unter Cavaignac 's Obhut. Schöne Verwahrung! Es fällt furchtbar über die Klubs und die Zulassung von Frauen her: schöne Galanterie.

103 Straßburg, 27. Juli.

(Verspätet.) Sie werden bereits von den stürmischen Auftritten gehört haben, welche die Ankunft des berühmten Doktor und Lieutenant Rauschenplat hier hervorgerufen hat. Rauschenplat war hier als „Renegat“ bei Deutschen und Franzosen bekannt; sein jüngstes Treiben in Baden hatte ihm vollends den Haß derer zugezogen, bei welchen der ehemalige Demagog und Flüchtling trotz seines hohlen Renomisten-Wesens stets freundschaftliche Aufnahme gefunden hatte. Manche frühern Zweideutigkeiten, welche damals kein besonderes Mißtrauen erregten, wie die öftern „ Incognito-Reisen “ nach Baden und zu Hecker nach Mannheim, welche doch der badischen Polizei kein Geheimniß sein konnten, haben jetzt durch seine letzten Thaten eine nachtrachliche Bedeutung erhalten; die Protektion des Constablers Mathy, welcher dem „ Demagogen “ bei seiner Heimkehr sofort die Wahl zwischen einer Lieutenantstelle oder einer Professur in Heidelberg freistellte, der Heldenmuth des Herrn Rauschenplat in Freiburg, wo er zwar nicht an dem Sturm der nassauischen Truppen Theil nahm, wohl aber nach der Erstürmung mit dem badischen Troß einzog und in den Straßen die sterbenden Freischärler mit Fußtritten und Kolbenstößen besiegte, ‒ alle diese Abentheuer erklären zur Genüge die Erbitterung seiner ehemaligen Bekannten, welche sich lange und systematisch von ihm unter der Maske der Freundschaft verrathen sehen. Die Nachricht, daß Rauschenplat wieder hier angekommen sei und wahrscheinlich in Aufträgen Mathy 's reise, rief vorgestern in der Stadt überall die größte Aufregung hervor. Das Volk suchte den badischen Professor und Lieutenant in allen Quartieren, bis man in einer Winkelgasse sein Hotel ausfindig machte. Die Wirthleute erklärten, daß der Gesuchte nicht mehr hier sei, und öffneten das leere Zimmer, welches er bewohnt hatte. Eine Stunde darauf, nachdem die Menge sich schon verlaufen hatte, hieß es plötzlich, daß er sich wieder in dem Haus befinde und von dem Volk belagert werde. Einige tausend Straßburger Bürger wogten in der Straße, und verlangten mit lauten Drohungen die Herausgabe des „ Mouchard. “ Mit Mühe gelangten einige Gensdarmen und Nationalgardisten an das Haus; aber die Soldaten nahmen auf Aufforderung des Volks die Bajonette ab. Der Maire kam, ohne daß seine Worte die Menge beruhigt hätten; der Ruf: „ An die Laterne! An die Laterne mit dem Verräther! “ war die einzige Antwort des Volks. Drei Stundenlang blieb das Haus auf diese Weise belagert. Einige Bürger, die gleich Anfangs eingedrungen waren und den Verfolgten gefunden hatten, überhäuften ihn mit Schmach, und erinnerten ihn daran, wie er hier Gastfreundschaft genossen, die Vernichtung der Fürsten gepredigt, und jetzt seine alten Freunde an den Despotismus verrathen habe. Man wollte ihn indeß doch vor dem Lynchgericht des wüthenden Volkes retten. Einige Mal wurden von Innen Versuche gemacht, ihn in Verkleidung hinauszuschaffen, aber Blousenmänner hielten alle Ausgänge besetzt. Endlich gab draußen das Anzünden einer Laterne das Signal zur Erstürmung des Hauses. Die Thür flog ein, und Rauschenplat stand zitternd, bleich, in Todesangst vor den wilden, nach Rache schreienden Republikanern. Nur der Geistesgegenwart eines Bürgers gelang es, ihn vor dem sichern Tode zu retten: „ Achtung vor dem Gesetz! “ rief derselbe der Menge entgegen; „ Rauschenplat ist als Spion von den Behörden verhaftet! “ Mehrere Personen verbreiten, daß nach den vorgefundenen Indicien der Verhaftete kriegsrechtlich zum Tode verurtheilt werde. Auf diese Art wurde es möglich, daß eine Abtheilung Nationalgardisten ihn in die Mitte nahm und ins Gefängniß brachte. ‒ Heute ist Rauschenplat, nachdem er erst von seinen alten Gläubiger zur Bezahlung gezwungen worden und dabei vielfach die Worte hörte, ob dies das Gold für seinen Volksverrath sei. unter sicherer Bedeckung von der Behörde über die badische Grenze transportirt worden.

Großbritannien.
* London, 29. Juli.

Sir W. Molesworth machte neulich im Unterhause eine Motion in Betreff der britischen Kolonieen, indem er erstens feststellte, daß die Ausgaben für die Kolonieen ohne Nachtheil für die Interessen des Landes verweigert werden könnten, so wie zweitens, daß eine Aenderung in der Verwaltung der auswärtigen Besitzungen sowohl für das Mutterland wie für die Kolonieen von Nutzen sein würde. Mit seinem Antrage wolle er nicht die Territorien berühren, welche unter der Herrschaft der ostindischen Kompagnie ständen; er beschränke sich auf jene Besitzungen der Krone, welche das Kolonieen-Amt leite. Trotz dieser Beschränkung machten diese britischen Besitzungen noch zwischen 4 bis 5 Mill. engl. Quadratmeilen aus, also eine Fläche, welche etwa so groß sei wie ganz Europa und britisch Indien zusammengenommen. Die Population dieser Kolonieen erreichte nur eine Zahl von etwa 5 Millionen Menschen, von denen die Hälfte der europäischen Rasse angehöre. Im Jahre 1844 habe England nach diesen Kolonieen für ungefähr 9 Millionen Pfund Sterling exportirt. Die Total-Summe der durch die Kolonieen verursachten Ausgaben betrage 8 Mill. Pfd. Sterl., wovon mehr als die Hälfte zu Lasten des Mutterlandes sei. Nach den Angaben Sir W. Molesworth's besteht die Militärmacht der Kolonieen aus ungefähr 42,000 Mann, die Artillerie und das Génie nicht einbegriffen; also ungefähr drei achtel der ganzen britischen Streitkräfte. Die Kosten dieser Truppen belaufen sich fast auf 2 1/2 Million Pfund per Jahr. Die im Dienste der Kolonieen stehende Seemacht besteht aus 45 Fahrzeugen und 8000 Mann, welche etwas mehr als eine Million kosten. Die Civilausgaben mögen in diesem Jahre auf 300,000 Pfd. anzuschlagen sein. Außerordentliche Ausgaben 200,000 Pfd. Zusammen kosten die Kolonieen daher dem Mutterlande jährlich 4 Millionen.

Von dem 9 Millionen betragenden deklarirten Werthe des Exportes englischer Artikel in die auswärtigen Besitzungen der Krone, ist noch für die nach Gibraltar zur Schmuggelei nach Spanien bestimmten Gegenstände ungefähr 1 Million abzuziehen. Die Ausgaben Großbritanniens für Rechnung der Kolonieen betrugen daher 9 Schilling in jedem Pfund Sterling des Exports.

Man kann die Kolonieen in zwei verschiedene Klassen eintheilen, in solche nämlich, welche nur aus politischen Gründen zu militärischen Stationen benutzt werden, und in solche, die man rein des Handels wegen betreibt. Die militärischen Stationen sind die Insel Helgoland, Gibraltar, Malta, die Ionischen und die Bermuda Inseln, die Stationen an der Westküste Afrika's, St. Helena, das Kap der guten Hoffnung, die Insel Mauritius, Hong-Kong, Labuan und die Falkland Inseln.

Von diesen kosten Gibraltar und Malta jährlich ungefähr eine Million Pfund Sterling, während man nur für 1,400,000 Pfd. Waaren dahin exportirt, inclusive einer Million für die Kontrebande nach Spanien. Die Unterdrückung des Sklavenhandels verursacht eine jährliche Ausgabe von einer halben Million. Der Krieg gegen die Kaffern kostete bereits 1,100,000 Pfd. und es werden wahrscheinlich noch 900,000 Pfd. nöthig sein um den Saldo der Rechnungen zu berichtigen. Ceylon kostet jährlich 110,000 Pfd. und England setzt nur für 240,000 Pfd. Waaren daselbst ab. Hong-Kong ist vielleicht die kostspieligste aller Stationen, da 25 Schiffe mit 4500 Mann dort liegen, was eine

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0003" n="0315"/>
        <div xml:id="ar063_017_c" type="jArticle">
          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 2. August 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 462.</bibl>                </note>
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Mailand, 27. Juli.</head>
          <gap reason="copyright"/>
        </div>
        <div xml:id="ar063_018_c" type="jArticle">
          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 2. August 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 462.</bibl>                </note>
          <head><bibl><author>7</author></bibl> Florenz, 23. Juli. </head>
          <gap reason="copyright"/>
        </div>
        <div xml:id="ar063_019_c" type="jArticle">
          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 2. August 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 462.</bibl>                </note>
          <head>Verona, 25. Juli.</head>
          <gap reason="copyright"/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Französische Republik.</head>
        <div xml:id="ar063_020" type="jArticle">
          <head><bibl><author>17</author></bibl> Paris, 30.Juli.</head>
          <p>Es ist artig zu sehen wie die Bourgeoisbrutusse der Juliepoche jetzt von Tag zu Tag mehr       sich in Denunzianten verwandeln; z. B der &#x201E;Charivari,&#x201C; dieser sonst so &#x201E;wackere       Freiheitskämpfer und Nachfolger Paul Courier's &#x201C; macht sich sogar an seinen einst       hochverehrten &#x201E;Freiheitspriester&#x201C; Lamennais, den er jetzt einen &#x201E;Druiden und       Menschenopferpriester&#x201C; titulirt. Und der Trompetenhanswurst Alexander Dumas! er trompetet daß       ein Duchatel ein Plaisir dabei haben muß. Eugenius Sue, der tapfere Ritter, ist noch stumm,       man dräut aber schon mit einem ellenlangen Donnerkeil, den er für die Häupter der Verruchten       schmiedet. Unendlich komisch ist daß diese Schriftsteller Zeter schreien ob des Prinzips des       gleichen Salairs; wenn sie noch zitterten daß jeder nach Leistung und Tüchtigkeit besoldet       werden sollte, nun dann wären sie noch zu entschuldigen, denn jedem ist seine Haut die nächste       und liebste. &#x2012; Auffallend ist der Mangel an Gesängen auf Straßen und in Schenkstuben; weder       Marsaillaise, noch Mourir pour la patrie, noch das herrliche Entendez vous le canon d'alarme       (mit diesem jubelnden Todesliede rückten die Blousenmontagnards am 15. Mai in die       Repräsentantenkammer) hört man mehr. Die Carmagnole auch ist seit den Junitagen verschollen.       Die Liniensoldaten in den Standlagern bei Paris dürfen keine Zeitungen studiren als den       Constitutionnel und Siecle; die Ausrufer der übrigen werden ohnehin oft arretirt und alle       Augenblicke sieht man einen der Wächter von Paris (Polizei in Uniform) ihnen ein Blatt       wegziehen und durchlesen. Die fünfzehnhundert Ausrufer der konfiszirten Journale sind brodlos,       und die Sieger sagen großmüthig: &#x201E;mögen sie sich anderweitig beschäftigen.&#x201C;</p>
          <p>Hie und da verkauft man die Biographicen und Konterfeys der dekorirten Mobilgardisten und       zweier dekorirten &#x201E;Demoisellen&#x201C;, die als Amazonen gegen die Barrikaden mitmarschirten. Dies       ist gewiß sehr heiter, zumal wenn man damit die unabsehbaren düstern Gruppen der zerlumpten,       abgehärmten aber stilltrotzigen Proletarierinnen vergleicht, die an bestimmten Wochentagen vor       dem Thor der Insurgentenkerker harren, und Brod und Briefe und Blumensträuße abliefern, die       Kinder an der Hand. Abends singt das Bühnenpersonal im Theater Gelegenheitsstrophen auf die       Helden: vive la mobile, flanquez une pile u. s. w. und das Parterre brüllt: Bis. Die Banlieue       singt: marchons toujours les premiers contre tous ces insurgés, ein bekanntes Reaktionslied       aus dem vorigen Jahrhundert. Von der Mauer der Tuilerien ist nun auch die Inschrift: &#x201E;Hospital       der Civilinvaliden&#x201C; sorgfältiglich ausgelöscht worden, und inwendig bereitet man alles für die       Wohnung des Präsidenten der Republik in spe vor; für die bewaffnete Macht wird ein aparter       Eingang vom Garten her durchgebrochen. Dies ist alles sehr ordnungsmäßig; ebenso auch daß die       Näherin eines Militärhemdes, woran sie einen vollen Tag Arbeit hat, mit zehn bis zwölf Sous       bezahlt wird, wovon vier Sous für Zwirn abgehen; dahin hätte es denn also die Siegerpartei       wieder glücklich gebracht, nachdem die weiblichen Nationalwerkstätten, wo die Arbeiterin fast       zwanzig Sous bekam, als ordnungswidrig gesprengt wurden. &#x201E; Die Prostitution reißt um sich wie       die Pest, und alle Predigten der moralischen Millionäre wollen nicht dagegen helfen, deren       Paris in und außer der Kammer einige ganze Wagenfuhren zählt, aber was stört das diese Kammer?       Ist sie nicht in Blut berauscht? In Blut gebadet vom Scheitel bis zur Zehe? Und obendrein, die       Damen und Demoisellen der ehrenwerthen Herren Volksrepräsentanten à 25 Franken Tagelohn haben       nicht nöthig zu wählen zwischen 8 Sous Salair und Prostitution,&#x201C; schrieb &#x201E; Le Montagnard &#x201C; in       Montpellier und ward konfiszirt. Das Pariser Blatt: L'Association Fraternelle &#x201C; verschied mit       der ersten Nummer unter den zarten Fingern der Polizei. Letztere amüsirt sich nun, in ihren       eignen Reihen zu arretiren, was hier mit dem Kunstausdruck: &#x201E; reinigen &#x201C; heißt; drei Gardiens       de Paris sind als des &#x201E; Barrikadismus &#x201C; verdächtig gestern Morgen verhaftet worden. Der &#x201E;       Corsaire &#x201C; bläst heute Tusch: &#x201E; Sieg, Sieg! die Klubs haben den Maulkorb gekriegt &#x201C; (muselès);       &#x201E; La Reforme &#x201C; sagt: &#x201E; <hi rendition="#g">Hundert</hi> stimmten gegen, sechshundert neun und       zwanzig für die Niederdrückung, aber mögen die <hi rendition="#g">hundert</hi> muthig bleiben;       einst in der Restaurationsepoche rief man: muthig ihr <hi rendition="#g">dreißig!</hi> &#x201C; Der       &#x201E;Corsaire&#x201C; berichtet mit Entzücken den Schaden, den die Artillerie vor dem Pantheon gemacht:       nicht nur die Freiheitspappel, sondern auch die Bildsäule der Republik im Innern ist       zerschmettert; &#x201E; dies ist vielverheißend, &#x201C; fügt er hinzu, &#x201E; und wir wissen wahrlich kaum was       die Plebejer von Paris mit der Republik machen wollen, für die sie sich so wenig       interessirten, daß bei der Repräsentantenwahl an hunderttausend mitzustimmen vergaßen. &#x201C; Dies       ist allerdings Thatsache, aber sie hat, zum Theil wenigstens, eine Entschuldigung in der       strafwürdigen Verfahrungsweise des damaligen Maire von Paris, des Herrn Marrast, der durch zu       frühes Schließen der Votirlokale, die ohnedem schon unzulängliche Frist von zwei Tagen       absichtlich verkürzte; so z. B. konnten 600 Ouvriers im Louvrelokal nicht mitvotiren, da die       Urne um 8 Uhr (gegen das Reglement, welches ihr Offenbleiben bis Mitternacht verordnete)       geschlossen war und die Leute erst um halb 9 Uhr von der Arbeit kamen. Eine gerichtliche       Untersuchung über derartigen Unfug ward zwar angekündigt, jedoch niemals geführt. Marrast soll       dem General Cavaignac selbst, seinem alten Freunde, zu anti-demokratisch werden, und man will       ihn nach dem vierwöchentlichen Präsidium zum Gesandten in London ernennen, um ihn sich von der       Seite zu schaffen. Interessant ist, daß die Bourgeoisie jetzt erst entdeckt, daß die ihr so       werthen afrikanischen Jäger, die im Februar mit der Municipalgarde wetteiferten, nie anders       als <hi rendition="#g">kegelförmige</hi> Kugeln gebraucht; hoffentlich wird jetzt das Heulen       über die &#x201E; unregelmäßigen &#x201C; Insurgentenkugeln aufhören. Interessant auch, daß Jaques Arago,       der erblindete Bruder des Astronomen und Weltumseglers, in einer Assische als echter Bourgeois       die Gefangenen nach Patagonien, (insonderheit nach dem berüchtigten Port-Famine wo, wie er       erzählt, eine spanische Schiffsmannschaft sich aus Hunger gegenseitig auffraß) spedirt wissen       will; dort würden diese &#x201E; theils schuldbeladenen theils verführten Söhne der Republik &#x201C; sich       zu &#x201E; gehäbigen Kolonisten und Handelsleuten, emporschwingen &#x201C;, und gegen englische       Territorialansprüche &#x201E; eine wackre Barrikade bilden um die Achtung Frankreichs wieder zu       erringen &#x201C;. Diese erbauliche Assische ist betitelt: &#x201E; An die Richter der Aufständischen &#x201C; und       schließt mit dem Ausruf: &#x201E; antwortet mir, ich bin ihr Fürsprecher, ich bitte euch, Belisar       fleht um das Allmosen einer halben Verzeihung für die welche ihr aburtheilt &#x201C;. Das ist ein       Pröbchen von Bourgeoischarité. Der ehemalige revolutionäre<lb/><cb n="2"/>
Herausgeber der &#x201E;Wespen,&#x201C; Monsieur Karr, ist nun auch Denunziant geworden, sein       Blatt &#x201E;Le Journal&#x201C; betitelt sagt: &#x201E; Die hundert in der Kammer welche gegen das       Klubordnungsdekret votirten, mögen es sich gesagt sein lassen: Frankreich verbietet ihnen ein       für allemal solche Streiche.&#x201C; Und aus Frankfurt läßt er sich schreiben: &#x201E; Die Reaktion (sic)       nach den monarchischen Ideen und Formen, nebst liberalem Fortschritte, macht glücklicherweise       in Deutschland Fortschritte; dem Junitriumphe der Pariser haben wir dies zu danken; hätte die       Emeute gesiegt, so wäre in Deutschland die kommunistische Schaar oben aufgekommen, die <hi rendition="#g">ohnehin viel zahlreicher und avancirter ist als in Frankreich;</hi> die       Traditionen des Bauernkriegs sind noch ein Sauerteig bei uns.&#x201C; Monsieur Karr freut sich auch,       daß die Munizipalität von Orleans jetzt wieder aus lauter Reaktionären besteht und kein       einziger der 17 vom &#x201E;revolutionären&#x201C; Präfekten vorgeschlagenen Kandidaten in sie gewählt ist.       Die Mobile hat <hi rendition="#g">zehntausend</hi> Rekruten bekommen, was als &#x201E;glückliches       Omen&#x201C; verkündet wird um die &#x201E;Banditen&#x201C; zu schrecken. Wie arg letztre, erhellt z. B. aus dem       Faktum, daß zwei Blousenleute einem jungen Frauenzimmer die fünf Franken, die sie ihr Abends       bereits abgenommen, auf ihre Versicherung: sie müsse damit noch bis Ende Monats leben,       schweigend zurückgaben; Hr. Karr geifert indessen, daß das Mädchen die Banditen &#x201E;meine Herren&#x201C;       angeredet habe.</p>
          <p>Alle Thiers-und Antithiersblätter schwärmen für Dänemark, welches &#x201E;die Märtyrernation, die       Heldenschaar gegenüber dem germanischen Koloß&#x201C; titulirt wird. Dänische Speziesthaler und       Dokumente haben seit einigen Jahren einen ergiebigen Einfluß auf manche dieser Blätter       ausgeübt. Selbst <hi rendition="#g">La Reforme</hi> ist außer sich über die für Dänemark &#x201E;so       beleidigenden&#x201C; Artikel des Waffenstillstands.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar063_021" type="jArticle">
          <head>Paris, 30. Juli.</head>
          <p>Die drei Julitage sind geräuschlos vorübergegangen. In der Kirche von Saint Paul wohnten die       Juliritter mit den Redaktoren des National einem Trauergottesdienste bei, von wo sie sich zur       Julisäule in feierlichem Zuge begaben. Dies war Alles, womit in diesem Jahre der 27., 28. und       29. Juli gefeiert wurden. </p>
          <p> &#x2012; Das Journal des Debats sagt: &#x201E;Wenn man mit vollkommener Unparteilichkeit die Verhältnisse       Roms betrachtet und die doppelte Pflicht des Pabstes Pius IX. als weltlicher und geistlicher       Fürst im Auge behält, so wird man zugestehen, daß es eine große Ungerechtigkeit wäre, sein       Benehmen zu tadeln. Als Statthalter Gottes und des Friedens widersetzte er sich einer <hi rendition="#g">Kriegserklärung gegen Oestereich;</hi> als Fürst gestattete er ja seinen       Unterthanen, frei die Waffen zu ergreifen, freiwillige Bataillone zu bilden etc., nur einem       Akt wirklicher Feindseligkeit, der seinem Gewissen als Vater aller Christen mit Recht       widerstritt, widersetzte er sich.&#x201C;</p>
          <p>General Damesme, der dem General Duvivier im Oberbefehl der Mobilgarde am 26. Juni folgte       und der von einer Kugel in den Oberschenkel getroffen wurde, ist gestern gestorben.</p>
          <p> &#x2012; Die Insurgenten, 8123 an der Zahl, verzehren Jeder täglich 750 Grammen halbweißes Brod,       100 Grammen Weißbrod in der Suppe, 250 Grammen Fleisch, fünf Mal wöchentlich, 50 Centilitres       Gemüse, zwei Mal und 33 Centilitres Wein per Mann.</p>
          <p> &#x2012; Die diplomatische Mission Lucian Murat's bezieht sich auf die italienischen       Angelegenheiten. Er wird diese Nacht abreisen und sich nach dem Hauptquartier Karl Albert's       begeben.</p>
          <p> &#x2012; Alphonse Karr redigirt ein neues Journal, das den Titel trägt: le Journal; das Journal       par excellence. Es steht unter Cavaignac 's Obhut. Schöne Verwahrung! Es fällt furchtbar über       die Klubs und die Zulassung von Frauen her: schöne Galanterie.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar063_022" type="jArticle">
          <head><bibl><author>103</author></bibl> Straßburg, 27. Juli.</head>
          <p>(Verspätet.) Sie werden bereits von den stürmischen Auftritten gehört haben, welche die       Ankunft des berühmten Doktor und Lieutenant Rauschenplat hier hervorgerufen hat. Rauschenplat       war hier als &#x201E;Renegat&#x201C; bei Deutschen und Franzosen bekannt; sein jüngstes Treiben in Baden       hatte ihm vollends den Haß derer zugezogen, bei welchen der ehemalige Demagog und Flüchtling       trotz seines hohlen Renomisten-Wesens stets freundschaftliche Aufnahme gefunden hatte. Manche       frühern Zweideutigkeiten, welche damals kein besonderes Mißtrauen erregten, wie die öftern &#x201E;       Incognito-Reisen &#x201C; nach Baden und zu Hecker nach Mannheim, welche doch der badischen Polizei       kein Geheimniß sein konnten, haben jetzt durch seine letzten Thaten eine nachtrachliche       Bedeutung erhalten; die Protektion des Constablers Mathy, welcher dem &#x201E; Demagogen &#x201C; bei seiner       Heimkehr sofort die Wahl zwischen einer Lieutenantstelle oder einer Professur in Heidelberg       freistellte, der Heldenmuth des Herrn Rauschenplat in Freiburg, wo er zwar nicht an dem Sturm       der nassauischen Truppen Theil nahm, wohl aber nach der Erstürmung mit dem badischen Troß       einzog und in den Straßen die sterbenden Freischärler mit Fußtritten und Kolbenstößen       besiegte, &#x2012; alle diese Abentheuer erklären zur Genüge die Erbitterung seiner ehemaligen       Bekannten, welche sich lange und systematisch von ihm unter der Maske der Freundschaft       verrathen sehen. Die Nachricht, daß Rauschenplat wieder hier angekommen sei und wahrscheinlich       in Aufträgen Mathy 's reise, rief vorgestern in der Stadt überall die größte Aufregung hervor.       Das Volk suchte den badischen Professor und Lieutenant in allen Quartieren, bis man in einer       Winkelgasse sein Hotel ausfindig machte. Die Wirthleute erklärten, daß der Gesuchte nicht mehr       hier sei, und öffneten das leere Zimmer, welches er bewohnt hatte. Eine Stunde darauf, nachdem       die Menge sich schon verlaufen hatte, hieß es plötzlich, daß er sich wieder in dem Haus       befinde und von dem Volk belagert werde. Einige tausend Straßburger Bürger wogten in der       Straße, und verlangten mit lauten Drohungen die Herausgabe des &#x201E; Mouchard. &#x201C; Mit Mühe       gelangten einige Gensdarmen und Nationalgardisten an das Haus; aber die Soldaten nahmen auf       Aufforderung des Volks die Bajonette ab. Der Maire kam, ohne daß seine Worte die Menge       beruhigt hätten; der Ruf: &#x201E; An die Laterne! An die Laterne mit dem Verräther! &#x201C; war die       einzige Antwort des Volks. Drei Stundenlang blieb das Haus auf diese Weise belagert. Einige       Bürger, die gleich Anfangs eingedrungen waren und den Verfolgten gefunden hatten, überhäuften       ihn mit Schmach, und erinnerten ihn daran, wie er hier Gastfreundschaft genossen, die       Vernichtung der Fürsten gepredigt, und jetzt seine alten Freunde an den Despotismus verrathen       habe. Man wollte ihn indeß doch vor dem Lynchgericht des wüthenden Volkes retten. Einige Mal       wurden von Innen Versuche gemacht, ihn in Verkleidung hinauszuschaffen, aber Blousenmänner       hielten alle Ausgänge besetzt. Endlich gab draußen das Anzünden einer Laterne das Signal zur       Erstürmung des Hauses. Die Thür flog ein, und Rauschenplat stand zitternd, bleich, in       Todesangst vor den wilden, nach Rache schreienden Republikanern. Nur der Geistesgegenwart       eines Bürgers gelang es, ihn vor dem sichern Tode zu retten: &#x201E; Achtung vor dem Gesetz! &#x201C; rief       derselbe der Menge entgegen; &#x201E; Rauschenplat ist als Spion von den Behörden verhaftet! &#x201C;       Mehrere Personen verbreiten, daß nach den vorgefundenen Indicien der Verhaftete <hi rendition="#g">kriegsrechtlich</hi> zum Tode verurtheilt werde. Auf diese Art wurde es       möglich, daß eine Abtheilung Nationalgardisten ihn in die Mitte nahm und ins Gefängniß       brachte. &#x2012; Heute ist Rauschenplat, nachdem er erst von seinen alten Gläubiger zur Bezahlung       gezwungen worden und dabei vielfach die Worte hörte, ob dies das Gold für seinen Volksverrath       sei. unter sicherer Bedeckung von der Behörde über die badische Grenze transportirt       worden.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Großbritannien.</head>
        <div xml:id="ar063_023" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 29. Juli.</head>
          <p>Sir W. Molesworth machte neulich im Unterhause eine Motion in Betreff der britischen       Kolonieen, indem er erstens feststellte, daß die Ausgaben für die Kolonieen ohne Nachtheil für       die Interessen des Landes verweigert werden könnten, so wie zweitens, daß eine Aenderung in       der Verwaltung der auswärtigen Besitzungen sowohl für das Mutterland wie für die Kolonieen von       Nutzen sein würde. Mit seinem Antrage wolle er nicht die Territorien berühren, welche unter       der Herrschaft der ostindischen Kompagnie ständen; er beschränke sich auf jene Besitzungen der       Krone, welche das Kolonieen-Amt leite. Trotz dieser Beschränkung machten diese britischen       Besitzungen noch zwischen 4 bis 5 Mill. engl. Quadratmeilen aus, also eine Fläche, welche etwa       so groß sei wie ganz Europa und britisch Indien zusammengenommen. Die Population dieser       Kolonieen erreichte nur eine Zahl von etwa 5 Millionen Menschen, von denen die Hälfte der       europäischen Rasse angehöre. Im Jahre 1844 habe England nach diesen Kolonieen für ungefähr 9       Millionen Pfund Sterling exportirt. Die Total-Summe der durch die Kolonieen verursachten       Ausgaben betrage 8 Mill. Pfd. Sterl., wovon mehr als die Hälfte zu Lasten des Mutterlandes       sei. Nach den Angaben Sir W. Molesworth's besteht die Militärmacht der Kolonieen aus ungefähr       42,000 Mann, die Artillerie und das Génie nicht einbegriffen; also ungefähr drei achtel der       ganzen britischen Streitkräfte. Die Kosten dieser Truppen belaufen sich fast auf 2 1/2 Million       Pfund per Jahr. Die im Dienste der Kolonieen stehende Seemacht besteht aus 45 Fahrzeugen und       8000 Mann, welche etwas mehr als eine Million kosten. Die Civilausgaben mögen in diesem Jahre       auf 300,000 Pfd. anzuschlagen sein. Außerordentliche Ausgaben 200,000 Pfd. Zusammen kosten die       Kolonieen daher dem Mutterlande jährlich 4 Millionen.</p>
          <p>Von dem 9 Millionen betragenden deklarirten Werthe des Exportes englischer Artikel in die       auswärtigen Besitzungen der Krone, ist noch für die nach Gibraltar zur Schmuggelei nach       Spanien bestimmten Gegenstände ungefähr 1 Million abzuziehen. Die Ausgaben Großbritanniens für       Rechnung der Kolonieen betrugen daher 9 Schilling in jedem Pfund Sterling des Exports. </p>
          <p>Man kann die Kolonieen in zwei verschiedene Klassen eintheilen, in solche nämlich, welche       nur aus politischen Gründen zu militärischen Stationen benutzt werden, und in solche, die man       rein des Handels wegen betreibt. Die militärischen Stationen sind die Insel Helgoland,       Gibraltar, Malta, die Ionischen und die Bermuda Inseln, die Stationen an der Westküste       Afrika's, St. Helena, das Kap der guten Hoffnung, die Insel Mauritius, Hong-Kong, Labuan und       die Falkland Inseln.</p>
          <p>Von diesen kosten Gibraltar und Malta jährlich ungefähr eine Million Pfund Sterling, während       man nur für 1,400,000 Pfd. Waaren dahin exportirt, inclusive einer Million für die Kontrebande       nach Spanien. Die Unterdrückung des Sklavenhandels verursacht eine jährliche Ausgabe von einer       halben Million. Der Krieg gegen die Kaffern kostete bereits 1,100,000 Pfd. und es werden       wahrscheinlich noch 900,000 Pfd. nöthig sein um den Saldo der Rechnungen zu berichtigen.       Ceylon kostet jährlich 110,000 Pfd. und England setzt nur für 240,000 Pfd. Waaren daselbst ab.       Hong-Kong ist vielleicht die kostspieligste aller Stationen, da 25 Schiffe mit 4500 Mann dort       liegen, was eine
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0315/0003] * Mailand, 27. Juli. _ 7 Florenz, 23. Juli. _ Verona, 25. Juli. _ Französische Republik. 17 Paris, 30.Juli. Es ist artig zu sehen wie die Bourgeoisbrutusse der Juliepoche jetzt von Tag zu Tag mehr sich in Denunzianten verwandeln; z. B der „Charivari,“ dieser sonst so „wackere Freiheitskämpfer und Nachfolger Paul Courier's “ macht sich sogar an seinen einst hochverehrten „Freiheitspriester“ Lamennais, den er jetzt einen „Druiden und Menschenopferpriester“ titulirt. Und der Trompetenhanswurst Alexander Dumas! er trompetet daß ein Duchatel ein Plaisir dabei haben muß. Eugenius Sue, der tapfere Ritter, ist noch stumm, man dräut aber schon mit einem ellenlangen Donnerkeil, den er für die Häupter der Verruchten schmiedet. Unendlich komisch ist daß diese Schriftsteller Zeter schreien ob des Prinzips des gleichen Salairs; wenn sie noch zitterten daß jeder nach Leistung und Tüchtigkeit besoldet werden sollte, nun dann wären sie noch zu entschuldigen, denn jedem ist seine Haut die nächste und liebste. ‒ Auffallend ist der Mangel an Gesängen auf Straßen und in Schenkstuben; weder Marsaillaise, noch Mourir pour la patrie, noch das herrliche Entendez vous le canon d'alarme (mit diesem jubelnden Todesliede rückten die Blousenmontagnards am 15. Mai in die Repräsentantenkammer) hört man mehr. Die Carmagnole auch ist seit den Junitagen verschollen. Die Liniensoldaten in den Standlagern bei Paris dürfen keine Zeitungen studiren als den Constitutionnel und Siecle; die Ausrufer der übrigen werden ohnehin oft arretirt und alle Augenblicke sieht man einen der Wächter von Paris (Polizei in Uniform) ihnen ein Blatt wegziehen und durchlesen. Die fünfzehnhundert Ausrufer der konfiszirten Journale sind brodlos, und die Sieger sagen großmüthig: „mögen sie sich anderweitig beschäftigen.“ Hie und da verkauft man die Biographicen und Konterfeys der dekorirten Mobilgardisten und zweier dekorirten „Demoisellen“, die als Amazonen gegen die Barrikaden mitmarschirten. Dies ist gewiß sehr heiter, zumal wenn man damit die unabsehbaren düstern Gruppen der zerlumpten, abgehärmten aber stilltrotzigen Proletarierinnen vergleicht, die an bestimmten Wochentagen vor dem Thor der Insurgentenkerker harren, und Brod und Briefe und Blumensträuße abliefern, die Kinder an der Hand. Abends singt das Bühnenpersonal im Theater Gelegenheitsstrophen auf die Helden: vive la mobile, flanquez une pile u. s. w. und das Parterre brüllt: Bis. Die Banlieue singt: marchons toujours les premiers contre tous ces insurgés, ein bekanntes Reaktionslied aus dem vorigen Jahrhundert. Von der Mauer der Tuilerien ist nun auch die Inschrift: „Hospital der Civilinvaliden“ sorgfältiglich ausgelöscht worden, und inwendig bereitet man alles für die Wohnung des Präsidenten der Republik in spe vor; für die bewaffnete Macht wird ein aparter Eingang vom Garten her durchgebrochen. Dies ist alles sehr ordnungsmäßig; ebenso auch daß die Näherin eines Militärhemdes, woran sie einen vollen Tag Arbeit hat, mit zehn bis zwölf Sous bezahlt wird, wovon vier Sous für Zwirn abgehen; dahin hätte es denn also die Siegerpartei wieder glücklich gebracht, nachdem die weiblichen Nationalwerkstätten, wo die Arbeiterin fast zwanzig Sous bekam, als ordnungswidrig gesprengt wurden. „ Die Prostitution reißt um sich wie die Pest, und alle Predigten der moralischen Millionäre wollen nicht dagegen helfen, deren Paris in und außer der Kammer einige ganze Wagenfuhren zählt, aber was stört das diese Kammer? Ist sie nicht in Blut berauscht? In Blut gebadet vom Scheitel bis zur Zehe? Und obendrein, die Damen und Demoisellen der ehrenwerthen Herren Volksrepräsentanten à 25 Franken Tagelohn haben nicht nöthig zu wählen zwischen 8 Sous Salair und Prostitution,“ schrieb „ Le Montagnard “ in Montpellier und ward konfiszirt. Das Pariser Blatt: L'Association Fraternelle “ verschied mit der ersten Nummer unter den zarten Fingern der Polizei. Letztere amüsirt sich nun, in ihren eignen Reihen zu arretiren, was hier mit dem Kunstausdruck: „ reinigen “ heißt; drei Gardiens de Paris sind als des „ Barrikadismus “ verdächtig gestern Morgen verhaftet worden. Der „ Corsaire “ bläst heute Tusch: „ Sieg, Sieg! die Klubs haben den Maulkorb gekriegt “ (muselès); „ La Reforme “ sagt: „ Hundert stimmten gegen, sechshundert neun und zwanzig für die Niederdrückung, aber mögen die hundert muthig bleiben; einst in der Restaurationsepoche rief man: muthig ihr dreißig! “ Der „Corsaire“ berichtet mit Entzücken den Schaden, den die Artillerie vor dem Pantheon gemacht: nicht nur die Freiheitspappel, sondern auch die Bildsäule der Republik im Innern ist zerschmettert; „ dies ist vielverheißend, “ fügt er hinzu, „ und wir wissen wahrlich kaum was die Plebejer von Paris mit der Republik machen wollen, für die sie sich so wenig interessirten, daß bei der Repräsentantenwahl an hunderttausend mitzustimmen vergaßen. “ Dies ist allerdings Thatsache, aber sie hat, zum Theil wenigstens, eine Entschuldigung in der strafwürdigen Verfahrungsweise des damaligen Maire von Paris, des Herrn Marrast, der durch zu frühes Schließen der Votirlokale, die ohnedem schon unzulängliche Frist von zwei Tagen absichtlich verkürzte; so z. B. konnten 600 Ouvriers im Louvrelokal nicht mitvotiren, da die Urne um 8 Uhr (gegen das Reglement, welches ihr Offenbleiben bis Mitternacht verordnete) geschlossen war und die Leute erst um halb 9 Uhr von der Arbeit kamen. Eine gerichtliche Untersuchung über derartigen Unfug ward zwar angekündigt, jedoch niemals geführt. Marrast soll dem General Cavaignac selbst, seinem alten Freunde, zu anti-demokratisch werden, und man will ihn nach dem vierwöchentlichen Präsidium zum Gesandten in London ernennen, um ihn sich von der Seite zu schaffen. Interessant ist, daß die Bourgeoisie jetzt erst entdeckt, daß die ihr so werthen afrikanischen Jäger, die im Februar mit der Municipalgarde wetteiferten, nie anders als kegelförmige Kugeln gebraucht; hoffentlich wird jetzt das Heulen über die „ unregelmäßigen “ Insurgentenkugeln aufhören. Interessant auch, daß Jaques Arago, der erblindete Bruder des Astronomen und Weltumseglers, in einer Assische als echter Bourgeois die Gefangenen nach Patagonien, (insonderheit nach dem berüchtigten Port-Famine wo, wie er erzählt, eine spanische Schiffsmannschaft sich aus Hunger gegenseitig auffraß) spedirt wissen will; dort würden diese „ theils schuldbeladenen theils verführten Söhne der Republik “ sich zu „ gehäbigen Kolonisten und Handelsleuten, emporschwingen “, und gegen englische Territorialansprüche „ eine wackre Barrikade bilden um die Achtung Frankreichs wieder zu erringen “. Diese erbauliche Assische ist betitelt: „ An die Richter der Aufständischen “ und schließt mit dem Ausruf: „ antwortet mir, ich bin ihr Fürsprecher, ich bitte euch, Belisar fleht um das Allmosen einer halben Verzeihung für die welche ihr aburtheilt “. Das ist ein Pröbchen von Bourgeoischarité. Der ehemalige revolutionäre Herausgeber der „Wespen,“ Monsieur Karr, ist nun auch Denunziant geworden, sein Blatt „Le Journal“ betitelt sagt: „ Die hundert in der Kammer welche gegen das Klubordnungsdekret votirten, mögen es sich gesagt sein lassen: Frankreich verbietet ihnen ein für allemal solche Streiche.“ Und aus Frankfurt läßt er sich schreiben: „ Die Reaktion (sic) nach den monarchischen Ideen und Formen, nebst liberalem Fortschritte, macht glücklicherweise in Deutschland Fortschritte; dem Junitriumphe der Pariser haben wir dies zu danken; hätte die Emeute gesiegt, so wäre in Deutschland die kommunistische Schaar oben aufgekommen, die ohnehin viel zahlreicher und avancirter ist als in Frankreich; die Traditionen des Bauernkriegs sind noch ein Sauerteig bei uns.“ Monsieur Karr freut sich auch, daß die Munizipalität von Orleans jetzt wieder aus lauter Reaktionären besteht und kein einziger der 17 vom „revolutionären“ Präfekten vorgeschlagenen Kandidaten in sie gewählt ist. Die Mobile hat zehntausend Rekruten bekommen, was als „glückliches Omen“ verkündet wird um die „Banditen“ zu schrecken. Wie arg letztre, erhellt z. B. aus dem Faktum, daß zwei Blousenleute einem jungen Frauenzimmer die fünf Franken, die sie ihr Abends bereits abgenommen, auf ihre Versicherung: sie müsse damit noch bis Ende Monats leben, schweigend zurückgaben; Hr. Karr geifert indessen, daß das Mädchen die Banditen „meine Herren“ angeredet habe. Alle Thiers-und Antithiersblätter schwärmen für Dänemark, welches „die Märtyrernation, die Heldenschaar gegenüber dem germanischen Koloß“ titulirt wird. Dänische Speziesthaler und Dokumente haben seit einigen Jahren einen ergiebigen Einfluß auf manche dieser Blätter ausgeübt. Selbst La Reforme ist außer sich über die für Dänemark „so beleidigenden“ Artikel des Waffenstillstands. Paris, 30. Juli. Die drei Julitage sind geräuschlos vorübergegangen. In der Kirche von Saint Paul wohnten die Juliritter mit den Redaktoren des National einem Trauergottesdienste bei, von wo sie sich zur Julisäule in feierlichem Zuge begaben. Dies war Alles, womit in diesem Jahre der 27., 28. und 29. Juli gefeiert wurden. ‒ Das Journal des Debats sagt: „Wenn man mit vollkommener Unparteilichkeit die Verhältnisse Roms betrachtet und die doppelte Pflicht des Pabstes Pius IX. als weltlicher und geistlicher Fürst im Auge behält, so wird man zugestehen, daß es eine große Ungerechtigkeit wäre, sein Benehmen zu tadeln. Als Statthalter Gottes und des Friedens widersetzte er sich einer Kriegserklärung gegen Oestereich; als Fürst gestattete er ja seinen Unterthanen, frei die Waffen zu ergreifen, freiwillige Bataillone zu bilden etc., nur einem Akt wirklicher Feindseligkeit, der seinem Gewissen als Vater aller Christen mit Recht widerstritt, widersetzte er sich.“ General Damesme, der dem General Duvivier im Oberbefehl der Mobilgarde am 26. Juni folgte und der von einer Kugel in den Oberschenkel getroffen wurde, ist gestern gestorben. ‒ Die Insurgenten, 8123 an der Zahl, verzehren Jeder täglich 750 Grammen halbweißes Brod, 100 Grammen Weißbrod in der Suppe, 250 Grammen Fleisch, fünf Mal wöchentlich, 50 Centilitres Gemüse, zwei Mal und 33 Centilitres Wein per Mann. ‒ Die diplomatische Mission Lucian Murat's bezieht sich auf die italienischen Angelegenheiten. Er wird diese Nacht abreisen und sich nach dem Hauptquartier Karl Albert's begeben. ‒ Alphonse Karr redigirt ein neues Journal, das den Titel trägt: le Journal; das Journal par excellence. Es steht unter Cavaignac 's Obhut. Schöne Verwahrung! Es fällt furchtbar über die Klubs und die Zulassung von Frauen her: schöne Galanterie. 103 Straßburg, 27. Juli. (Verspätet.) Sie werden bereits von den stürmischen Auftritten gehört haben, welche die Ankunft des berühmten Doktor und Lieutenant Rauschenplat hier hervorgerufen hat. Rauschenplat war hier als „Renegat“ bei Deutschen und Franzosen bekannt; sein jüngstes Treiben in Baden hatte ihm vollends den Haß derer zugezogen, bei welchen der ehemalige Demagog und Flüchtling trotz seines hohlen Renomisten-Wesens stets freundschaftliche Aufnahme gefunden hatte. Manche frühern Zweideutigkeiten, welche damals kein besonderes Mißtrauen erregten, wie die öftern „ Incognito-Reisen “ nach Baden und zu Hecker nach Mannheim, welche doch der badischen Polizei kein Geheimniß sein konnten, haben jetzt durch seine letzten Thaten eine nachtrachliche Bedeutung erhalten; die Protektion des Constablers Mathy, welcher dem „ Demagogen “ bei seiner Heimkehr sofort die Wahl zwischen einer Lieutenantstelle oder einer Professur in Heidelberg freistellte, der Heldenmuth des Herrn Rauschenplat in Freiburg, wo er zwar nicht an dem Sturm der nassauischen Truppen Theil nahm, wohl aber nach der Erstürmung mit dem badischen Troß einzog und in den Straßen die sterbenden Freischärler mit Fußtritten und Kolbenstößen besiegte, ‒ alle diese Abentheuer erklären zur Genüge die Erbitterung seiner ehemaligen Bekannten, welche sich lange und systematisch von ihm unter der Maske der Freundschaft verrathen sehen. Die Nachricht, daß Rauschenplat wieder hier angekommen sei und wahrscheinlich in Aufträgen Mathy 's reise, rief vorgestern in der Stadt überall die größte Aufregung hervor. Das Volk suchte den badischen Professor und Lieutenant in allen Quartieren, bis man in einer Winkelgasse sein Hotel ausfindig machte. Die Wirthleute erklärten, daß der Gesuchte nicht mehr hier sei, und öffneten das leere Zimmer, welches er bewohnt hatte. Eine Stunde darauf, nachdem die Menge sich schon verlaufen hatte, hieß es plötzlich, daß er sich wieder in dem Haus befinde und von dem Volk belagert werde. Einige tausend Straßburger Bürger wogten in der Straße, und verlangten mit lauten Drohungen die Herausgabe des „ Mouchard. “ Mit Mühe gelangten einige Gensdarmen und Nationalgardisten an das Haus; aber die Soldaten nahmen auf Aufforderung des Volks die Bajonette ab. Der Maire kam, ohne daß seine Worte die Menge beruhigt hätten; der Ruf: „ An die Laterne! An die Laterne mit dem Verräther! “ war die einzige Antwort des Volks. Drei Stundenlang blieb das Haus auf diese Weise belagert. Einige Bürger, die gleich Anfangs eingedrungen waren und den Verfolgten gefunden hatten, überhäuften ihn mit Schmach, und erinnerten ihn daran, wie er hier Gastfreundschaft genossen, die Vernichtung der Fürsten gepredigt, und jetzt seine alten Freunde an den Despotismus verrathen habe. Man wollte ihn indeß doch vor dem Lynchgericht des wüthenden Volkes retten. Einige Mal wurden von Innen Versuche gemacht, ihn in Verkleidung hinauszuschaffen, aber Blousenmänner hielten alle Ausgänge besetzt. Endlich gab draußen das Anzünden einer Laterne das Signal zur Erstürmung des Hauses. Die Thür flog ein, und Rauschenplat stand zitternd, bleich, in Todesangst vor den wilden, nach Rache schreienden Republikanern. Nur der Geistesgegenwart eines Bürgers gelang es, ihn vor dem sichern Tode zu retten: „ Achtung vor dem Gesetz! “ rief derselbe der Menge entgegen; „ Rauschenplat ist als Spion von den Behörden verhaftet! “ Mehrere Personen verbreiten, daß nach den vorgefundenen Indicien der Verhaftete kriegsrechtlich zum Tode verurtheilt werde. Auf diese Art wurde es möglich, daß eine Abtheilung Nationalgardisten ihn in die Mitte nahm und ins Gefängniß brachte. ‒ Heute ist Rauschenplat, nachdem er erst von seinen alten Gläubiger zur Bezahlung gezwungen worden und dabei vielfach die Worte hörte, ob dies das Gold für seinen Volksverrath sei. unter sicherer Bedeckung von der Behörde über die badische Grenze transportirt worden. Großbritannien. * London, 29. Juli. Sir W. Molesworth machte neulich im Unterhause eine Motion in Betreff der britischen Kolonieen, indem er erstens feststellte, daß die Ausgaben für die Kolonieen ohne Nachtheil für die Interessen des Landes verweigert werden könnten, so wie zweitens, daß eine Aenderung in der Verwaltung der auswärtigen Besitzungen sowohl für das Mutterland wie für die Kolonieen von Nutzen sein würde. Mit seinem Antrage wolle er nicht die Territorien berühren, welche unter der Herrschaft der ostindischen Kompagnie ständen; er beschränke sich auf jene Besitzungen der Krone, welche das Kolonieen-Amt leite. Trotz dieser Beschränkung machten diese britischen Besitzungen noch zwischen 4 bis 5 Mill. engl. Quadratmeilen aus, also eine Fläche, welche etwa so groß sei wie ganz Europa und britisch Indien zusammengenommen. Die Population dieser Kolonieen erreichte nur eine Zahl von etwa 5 Millionen Menschen, von denen die Hälfte der europäischen Rasse angehöre. Im Jahre 1844 habe England nach diesen Kolonieen für ungefähr 9 Millionen Pfund Sterling exportirt. Die Total-Summe der durch die Kolonieen verursachten Ausgaben betrage 8 Mill. Pfd. Sterl., wovon mehr als die Hälfte zu Lasten des Mutterlandes sei. Nach den Angaben Sir W. Molesworth's besteht die Militärmacht der Kolonieen aus ungefähr 42,000 Mann, die Artillerie und das Génie nicht einbegriffen; also ungefähr drei achtel der ganzen britischen Streitkräfte. Die Kosten dieser Truppen belaufen sich fast auf 2 1/2 Million Pfund per Jahr. Die im Dienste der Kolonieen stehende Seemacht besteht aus 45 Fahrzeugen und 8000 Mann, welche etwas mehr als eine Million kosten. Die Civilausgaben mögen in diesem Jahre auf 300,000 Pfd. anzuschlagen sein. Außerordentliche Ausgaben 200,000 Pfd. Zusammen kosten die Kolonieen daher dem Mutterlande jährlich 4 Millionen. Von dem 9 Millionen betragenden deklarirten Werthe des Exportes englischer Artikel in die auswärtigen Besitzungen der Krone, ist noch für die nach Gibraltar zur Schmuggelei nach Spanien bestimmten Gegenstände ungefähr 1 Million abzuziehen. Die Ausgaben Großbritanniens für Rechnung der Kolonieen betrugen daher 9 Schilling in jedem Pfund Sterling des Exports. Man kann die Kolonieen in zwei verschiedene Klassen eintheilen, in solche nämlich, welche nur aus politischen Gründen zu militärischen Stationen benutzt werden, und in solche, die man rein des Handels wegen betreibt. Die militärischen Stationen sind die Insel Helgoland, Gibraltar, Malta, die Ionischen und die Bermuda Inseln, die Stationen an der Westküste Afrika's, St. Helena, das Kap der guten Hoffnung, die Insel Mauritius, Hong-Kong, Labuan und die Falkland Inseln. Von diesen kosten Gibraltar und Malta jährlich ungefähr eine Million Pfund Sterling, während man nur für 1,400,000 Pfd. Waaren dahin exportirt, inclusive einer Million für die Kontrebande nach Spanien. Die Unterdrückung des Sklavenhandels verursacht eine jährliche Ausgabe von einer halben Million. Der Krieg gegen die Kaffern kostete bereits 1,100,000 Pfd. und es werden wahrscheinlich noch 900,000 Pfd. nöthig sein um den Saldo der Rechnungen zu berichtigen. Ceylon kostet jährlich 110,000 Pfd. und England setzt nur für 240,000 Pfd. Waaren daselbst ab. Hong-Kong ist vielleicht die kostspieligste aller Stationen, da 25 Schiffe mit 4500 Mann dort liegen, was eine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz063_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz063_1848/3
Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 63. Köln, 2. August 1848, S. 0315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz063_1848/3>, abgerufen am 29.04.2024.