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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 117. Köln, 15. Oktober 1848.

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[Deutschland]

[Fortsetzung] wünscht die Bürgerschaft? " - ""Daß das Militär nicht fortmarschire!"" - "Wünscht das die Bürgerschaft?" - ""Ja!"" - "Nun, dann marschirt es!" - Sprach's, legte sich wieder hin, warf sich auf die andere Seite und schnarchte weiter.

Die vier Deputirten sind heute früh nach Brandenburg zurückgereist.

(B. Z.-H.)
* Berlin.

Die unten nachfolgende Vorlage des Ministeriums ist von der Commission der National-Versammlung für Justizreform verworfen worden, obgleich Jung, und Doerk ausgenommen, nur Mitglieder der Rechten in dieser Commission sitzen und Reichensperger sie präsidirt. So groß ist der Schrecken, den die Wiener Nachrichten unter den konservativen Catos heraufbeschworen.

Botschaft an die zur Vereinbarung der Verfassung berufene Versammlung.

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc. lassen der zur Vereinbarung der Verfassung berufenen Versammlung hierbei den von Unserem Staats-Ministerium ausgearbeiteten Entwurf eines Gesetzes, die §§. 151 bis 155. Tit. 20. Th. II. Allg Landrechts betreffend, nebst Motiven zu ihrer Erklärung zugehen. Gegeben Sanssouci, den 8 Okt. 1848. (gez.) Friedrich Wilhelm. (gez.) v. Pfuel. Eichmann. v. Bonin. Dönhoff. Kisker. Für den Minister der geistlichen Angelegenheiten: v. Ladenberg.

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc. verordnen auf den Antrag Unseres Staats-Ministeriums und mit Zustimmung der zur Vereinbarung der preußischen Verfassung berufenen Versammlung was folgt: §. 1. Wer durch Reden an öffentlichen Orten oder bei öffentlichen Zusammenkünften, oder durch Schriften, Abbildungen oder andere Darstellungen, welche verkauft, ausgetheilt oder sonst verbreitet oder öffentlicht ausgestellt oder angeschlagen werden, gegen die Landes-Verfassung, die Gesetze, die Staats-Einrichtungen oder die Maßregeln der Verwaltung durch Erdichtung von Thatsachen oder durch Entstellung der Wahrheit, Haß oder Verachtung zu erwecken sucht, wird mit Gefängniß von vierzehn Tagen bis zu sechs Monaten bestraft. Die zur Verbreitung vorräthigen Exemplare solcher Schriften, Abbildungen, oder andern Darstellungen, so wie dazu bestimmten Platten und Formen sind in Beschlag zu nehmen und zu vernichten. §. 2. Die §§. 151. bis 155 Tit. II. Allg. Landrechts und die darauf Bezug habenden neuen Verordnungen, soweit sie noch gültig sind, treten außer Kraft. Urkundlich etc. etc.

Motive zum Entwurf eines Gesetzes über die Abänderung der §§. 151. und folg. Titel 20. Theil II. des Allgem. Landrechts. Es muß anerkannt werden, daß die §§. 151 und folg. Titel 20 Theil II. des Allgem. Landrechts in Verbindung mit der Volkschrift des Censur-Ediets vom 18 Oktober 1819 §. XVI. ad 2. (Gesetz-Sammlung S. 232.) in mehrfacher Beziehung nicht haltbar erscheinen. 1) Zunächst ist eine Beschränkung insofern nothwendig und dem Geiste der neuen Legislation angemessen, als die incriminirten Handlungen nur dann als strafbar betrachtet werden dürfen, wenn sie öffentlich in Worten. Schriften oder Darstellungen geäußert sind. Denn nur dann werden sie als wirklich die Würde des Staates verletzend und gefährlich für denselben angesehen werden können, weil sich nur unter solchen Umständen die Erregung von Unzufriedenheit und Mißvergnügen gegen die Regierung in einem bedeutungsvollen Maaße erwarten läßt. Eine ähnliche Auffassung der Sache hat sich auch in andern neuen Gesetzgebungen geltend gemacht. 2) Hiernächst ist gegen die §§. 151 und folg. zu bemerken, daß die Ausdrücke: "frecher unehrerbietiger Tadel und Verspottung", eine zu weite unbestimmte Anwendung zulassen. Es erscheint nothwendig, den Begriff des Verbrechens in engere Grenzen zu schließen; dies geschieht, wenn der Thatbestand lediglich auf den Fall beschränkt wird, wo durch Erdichtung von Thatsachen oder durch Entstellung der Wahrheit Haß oder Verachtung zu erwecken versucht wird. 3) Endlich ist in dem Allgem. Landrechte das Strafmaaß zu hoch. Es wird Gefängniß von 14 Tagen bis zu 6 Monaten genügen Wenn die Strafbestimmungen des Landrechts in der so formulirten Art und Weise beschränkt und umgestaltet werden, so dürften sie den Verhältnissen entsprechen. Die Bestimmungen des Landrechts ohne alles Surrogat aufzuheben, ist nicht zulässig, da es unmöglich gestattet werden kann, daß wider besseres Wissen und in der Absicht, die Regierung herabzuwürdigen, Thatsachen entstellt oder erdichtet werden. Es ist dies eine Verläumdung, die, wenn sie gegen Privatpersonen begangen wird, eine viel höhere Strafe, als die oben vorgeschlagene, nach sich zieht. Das Allgem. Landrecht spricht im §. 153 und 154 auch von Verkauf und Verbreitung strafbarer Schriften und Darstellungen. Indeß wird es der Aufnahme derartiger Bestimmungen nicht bedürfen. Es sind hierbei zwei Fälle zu unterscheiden. Haben die Verkäufer und Verbreiter wissentlich und vorsätzlich, mit Kenntniß des strafbaren Inhalts, gehandelt, so sind dieselben schon nach allgemeinen Grundsätzen über Miturheber und Gehülfen strafbar. Anders verhält es sich, wenn ein solcher Vorsatz nicht nachgewiesen werden kann. Für diese Art der fahrlässigen Verbreitung kann es allerdings wünschenswerth erscheinen, Bestimmungen zu treffen; allein nach dem Vorgange anderer Gesetzgebungen würden diese Bestimmungen immer nicht in Beschränkung auf ein einzelnes Verbrechen, wie das vorliegende, sondern von einem allgemeinen Standpunkte aus erlassen werden müssen, da solche Verbreitung auch für Provokationen zu Hochverrath, Majestäts-Beleidigung etc. von Bedeutung ist. Was schließlich die in Folge der landrechtlichen Bestimmungen erkannten Strafen so wie die nach denselben Vorschriften eingeleiteten Untersuchungen betrifft, so gehört die Bestimmung über den Erlaß der Strafe und die Niederschlagung der Untersuchung nicht in das Gesetz; vielmehr wird mit Rücksicht auf § 18 der Einleitung zum Allgem. Landrechte die Angelegenheit im Verwaltungswege zu erledigen sein.

Berlin, 11. Okt.

(Preuß. Nationalversammlung.) Wir tragen aus dieser Sitzung Folgendes nach. Zunächst mehrere Interpellationen: Behnsch vermißt in den amtlichen Mittheilungen der öffentlichen Blätter bezüglich der Posener Amnestie die "mittelbaren Staatsbeamten", welche doch, nach dem vom Justizminister in der vorigen Sitzung verlesenen Dekrete unter die, für die "unmittelbaren Staatsbeamten" ausgesprochene Amnestie ausdrücklich mitgehören sollten. Der Hr. Minister erklärt die Auslassung des Wortes "mittelbar" für einen Druckfehler und die Urschrift zu der Publikation als verloren gegangen. Der Abg. Kanonikus Richter verlangt. daß die Amnestie für die Polen (in Posen) auch auf die Polen in Westpreußen ausgedehnt werde und Temme fordert unbedingte Amnestie (nicht blos Befreiung von der Untersuchung) für alle in den Polenaufstand verflochtene Beamte, Offiziere, Geistliche und Lehrer. Beide Anträge werden als nicht dringlich zurückgestellt; nachdem der Justizminister erklärt hat, wie jede Amnestie eine doppelte Bedeutung habe, (leider sehr wahr) nämlich als Akt der Begnadigung und als bloße Niederschlagung der Untersuchung. Die Amnestie vom 9. habe zunächst nur die letzte Bedeutung; die erste, die "Begnadigung" werde späterhin erfolgen. Für die Anträge sprechen Waldeck, Jung, Bensch. Die beiden letzteren finden in dieser Amnestie (v. 9.) eine halbe Maßregel und gefährlich. Arntz und Philipp's verlangen vom Finanz-Minister noch vor dem 1. Dezember d. J. die Vorlegung des Büdjets für das Jahr 1849. Der Antrag wird, nach einigen weder zusagenden noch ablehnenden Bemerkungen des Herrn Ministers, von der Versammlung fast einstimmig zu dem ihrigen gemacht.

Dem Abgeordneten Krauß genügt das ministerielle Programm vom 22. September nicht; er will wissen, wie das Ministerium in Betreff der, schon von den beiden frühern Ministerien, in Aussicht gestellten Steuer- und Abgaben-Reform gesonnen ist; und ob es namentlich die Wahl-, Schlacht- und Klassensteuer abschaffen und dafür eine Einkommens- und Vermögenssteuer einführen wolle? Der Nachfolger des Hrn. Hansemann und Erbe dessen parlamentarischer Tugenden warnt, indem er sich ausdrücklich auf seinen (großen) Vorgänger beruft, vor "Täuschungen und mißlichen Experimenten" auf finanziellem Gebiete. (Sehr richtig! wir dürfen nur an den Staatsschatz denken.) Der Aufhebung der Wahl- und Schlachtsteuer widersetze sich das Ministerium nicht; in der Einkommensteuer - mit deren Einführung die Klassensteuer von selbst fortfalle - wolle man noch einen Schritt weiter gehen; nur lasse sich das Ertragsverhältniß noch nicht übersehen.

(Wir fragen ganz einfach: wie weit man denn mit den Vorarbeiten zur Einkommensteuer gekommen und welches der "Schritt" ist, den man "noch weiter gehen" wolle?)

Hierauf bringen Kirchmann, Kämpf und Wachsmuth als dringlich (vor der Tagesordnung) einen Gesetzesvorschlag ein, wonach bis zur Feststellung der Verfassung und Gemeindeordnung, in Betreff der Bürgerwehr folgende Vorschriften gelten sollen:

1) Das feierliche Gelöbniß der Treue für den König u. s. w. (§ 7 des Bürgerwehrgesetzes) findet nicht statt.

2) Auch die Hauptleute sollen "in dringenden Fällen" auf eigene Verantwortlichkeit, ohne Requisition der Behörden, die Bürgerwehrmänner ihres Bezirks zum Schutze der gesetzlichen Ordnung u. s. w. versammeln und wirken lassen dürfen.

3) Die vom Staate den Gemeinden verabreichten Waffen bleiben bis zum Erscheinen der Verfassung jedenfalls im Besitze der Gemeinden.

Gegen den Vorschlag sprechen: Stein; erst muß das Bürgerwehrgesetz im Ganzen zur Abstimmung kommen; er will nicht, daß der Versammlung die Annahme des Bürgerwehrgesetzes durch den jetzigen Vorschlag plausibler gemacht werde; - Temme: will durchaus keine transitorischen Bestimmungen mehr; er findet in dem Vorschlag die Absicht einer Beschwichtigung des Volkes wegen des Mißtrauensvotums, welches das Bürgerwehrgesetz gegen die ganze Bürgerwehr ausdrücke (Sturm) D'Ester begreift nicht, wie man über eine Gesetzesvorlage diskutiren könne, welche sich auf ein anderes, noch gar nicht existirendes Gesetz bezieht.

Elsner erklärt den Vorschlag als ein Amendement zum Bürgerwehrgesetz und deshalb die Diskussion für unzulässig; auch er findet, daß man die öffentliche Meinung, die sich entschieden gegen das Bürgerwehrgesetz ausgesprochen, nur beschwichtigen wolle (oho!).

Für den Antrag sprechen außer den Antragstellern verschiedene Redner, die gerade mit dem - von der Opposition angegriffenen - Zugeständnisse an die öffentliche Meinung, den Vorschlag rechtfertigen. Dieser wird endlich von der Versammlung angenommen, nachdem noch Gladbach und Behrends an der Debatte über die einzeln §§. sich in der Art betheiligt haben, daß Gladbach (zu § 3 ) verlangt: Die Gewehre sollen den Gemeinden "bis zum Erlasse eines volksthümlichen Bürgerwehrgesetzes" verbleiben (nicht angenommen); und Behrends gegen den § 2 sich erklärt, weil darin von dem " Schutze der Freiheit des Volks" nichts stehe.

Bevor nun in der Berathung des Ablösungsgesetzes fortgefahren wird, (welche für heute mit Annahme des § 1 Nr. 2 schließt) erhebt sich ein gewaltiger Sturm über ein in der Versammlung cirkulirendes Schreiben des Abgeordneten Prof. Haase von Breslau, in welchem dieser seinen Wählern ein durchaus unwürdiges Bild entwirft von den Parteistellungen in der Kammer. v. Berg, der diesen Gegenstand zur Sprache bringt, glaubt, daß das Druckstück wohl ein Falsum sein müsse, da es für einen Professor zu schlecht stylisirt, für einen Abgeordneten aber zu unehrenhaft sei, worauf Haase erwiedert, daß das Schreiben allerdings von ihm, aber nicht zur Veröffentlichung bestimmt, sondern nur an eine Person gerichtet sei, auf deren Diskretion er sicher rechnen zu können geglaubt habe. (Schluß der Sitzung 2 Uhr).

Berlin.

Nationalversammlung. (Sitzung vom 12. Oktober).

Das Protokoll wird genehmigt, die üblich gewordenen Urlaubsgesuche werden bewilligt. Tagesordnung: Bericht der Central-Abtheilung über den Titel I. des Entwurfs der Verfassungs-Urkunde. Der Berichterstatter der Central-Abtheilung (Lüdike) beantragt, nachdem er die Motive für die Fassung der Eingangsformel explicirt, die Fortlassung der Worte "von Gottes Gnaden". Ein Amendement von Schreiber beantragt die Suspension der Debatte über die Eingangsformel bis zur Vollendung der ganzen Verfassung. Die Formel in der Verfassung der Centralabtheilung lautet: Wir, Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen, thun kund und fügen zu wissen, daß wir mit den nach dem Wahlgesetze vom 8. April 1848 gewählten und demnächst von Uns zusammenberufenen Vertretern Unseres getreuen Volkes die nachfolgende Verfassung vereinbart haben, welche wir demnach hierdurch verkunden." Ein Amendement von Mätze lautet: "Wir, Friedrich Wilhelm, u. s. w. verkünden hiermit etc. Von Schneider ist ebenfalls ein Amendement gestellt, welches lautet: "Wir, Friedrich Wilhelm, König von Preußen u. s. w.", er vertheidigt dasselbe, indem er auf die Zartheit aber auch Wichtigkeit der Frage aufmerksam macht und zeigt, daß der Ausdruck "von Gottes Gnaden" dem alten patriarchalischen Absolutismus angehöre und einer Urkunde, die die künftige Verfassung eines constitutionellen Staates enthält, nicht vorgesetzt werden dürfe. Was den Ausdruck "König von Preußen" beträfe, so sei die Zeit vorüber, wo Landesschacher und Völkerraub möglich ist, darum darf auch der Fürst nicht mehr den Eigenthumstitel führen; abgesehen davon, daß er unconstitutionell ist Walther für die Formel der Centralabtheilung: Wenn es heißen sollte: "König von Preußen" so müßte das Potworowsky'sche Amendement: "beim Titel des Königs den Titel Großherzog von Polen beizubehalten" ebenso verändert werden, und da in Polen auch Deutsche sind, so müßte der Titel heißen: Großherzog der Posener Polen und Deutschen. Uebrigens fühle er das Bedürfniß, sich beim Namen des Königs an die Verantwortlichkeit zu erinnern, die derselbe nicht gegen die Nation, nicht gegen deren Vertreter, sondern gegen eine höhere Macht, die göttliche Vorsehung, hat. Borchart kräftig gegen diese Sentimentalität: Am 19. März hat es nicht von Gottes, sondern von des Volkes Gnade abgehangen, daß Friedrich Wilhelm noch König von Preußen geblieben ist. v. Daniels sieht eine Barbarei in dem Ausdruck "der Preußen", da die Vandalenkönige sich auch dieses Genitivs bedient hatten. Der Minister des Innern: Wir wollen treue Vermittler sein zwischen der Krone und der vereinbarenden Versammlung. Wir werden die Rechte des Volks wahrnehmen, aber auch die der Krone vertheidigen. Unconstitutionell ist der Ausdruck "von Gottes Gnaden" nicht. Die Engländer haben denselben auch beibehalten. Stolz können die Könige nicht darauf sein, vielmehr muß es sie demüthig machen, da es sie stets an ihren Ursprung erinnert. Auch ist die Krone jetzt im Besitz dieses Titels, man darf ihn ihr nicht rauben. So ist es auch mit dem Ausdruck: "König der Preußen" Solche Ausdrücke schaden ja Niemanden, warum sollen sie der Krone nicht bleiben. Kruhl findet eine tiefe Bedeutung in den Ausdrücken; besonders in dem ersten. Denn die Menschen bedürfen eines Symbols an dem sie mit Innigkeit und Hingebung hangen, Außerdem würde uns der Ausdruck "König von Preußen" zu Leibeigenen, zu Sklaven machen. Temme und Lisiecki haben ein Sousamendement des Schneider'schen Amendements eingereicht, zu setzen: "König von Preußen und Großherzog von Posen". Wird unterstützt, ebenso das von Parrisius: "Wir Friedrich Wilhelm, König von Preußen, verkünden hiermit u. s. w." Nur das Centrum erhebt sich bei der Unterstützungsfrage. Hildenhagen: wir wollen den König nicht erniedrigen. Aber statt daß der Königliche Thron früher von Aeußerlichkeiten umgeben war, vor denen das Volk in knechtischem Aberglauben niederzuknieen gewohnt war, soll jetzt die innere Tüchtigkeit, die Mannhaftigkeit und Intelligenz des Fürsten der Magnet sein, der die Herzen seines Volkes zu seinem Throne zieht. Während Wien vielleicht in diesem Augenblick seinen Fürsten dafür durch Verlust der Krone bestraft, daß er seine Zeit und ihre Forderungen nicht verstanden, debattiren wir über Worte, und erlangen vielleicht nicht einmal, daß auch nur der Form nach dem constitutionellen Verlangen der Zeit, nachgegeben werde. Wenn wir nicht brechen mit der alten Zeit, so wird die neue Zeit brechen mit uns. - Ein anhaltendes Bravo folgte der kernigen und von edler Begeisterung getragenen Reden und der folgende Redner, Sommer von der Rechten, wurde fast gar nicht angehört. Bodener (aus dem Centrum): Bei der Frage über die Verfassung gibt es keine Gemüthlichkeit und keine Phrasen, sondern strenge Bedachtsamkeit deshalb bin ich für den Ausdruck "von Preußen:" aber gegen "Gottes Gnaden" Rath einigen unwichtigen Reden wird durch Abstimmung eine viertheilige Diskussion, resp. Abstimmung beliebt. Das Schreiber'sche Amendement, welches eine Aufschiebung der Berathung über die Verkündigungsformel bis zur Vollendung der ganzen Verfassungs-Urkunde beantragt, wird verworfen. - Uhlich beantragt sofort den Schluß der Diskussion über die Worte: "von Gottes Gnaden." Nach Unterstützung und Motivirung des Schlusses spricht Schultz (Delitzsch) dagegen, weil ein Gesichtspunkt noch nicht genug erörtert ist. Wenn eine Firma banke ort gemacht hat, so wird in dem neuen Geschäft die Firma geändert. Die Worte "von Gottes Gnaden" stellten die Firma des Absolutismus dat, der bekanntlich nebst seinem Geschäftsführer Bankerott gemacht hat. Wollen wir nun auch den alten Geschäftsführer erhalten, so müssten wir doch die Firma abändern. Nach einer Menge faktischer Berichtigungen die theils nicht faktisch, theils nicht berichtigend sind, wird noch ein Amendement von v. Cziescowsky verlesen, das jedoch nicht unterstützt wird. Der Schluß wird darauf angenommen, und darauf die Worte "von Gottes Gnaden" zur namentlichen Abstimmung gebracht, welche das Resultat ergibt: 217 Ja, 134 Nein, 51 haben gefehlt. Für die Streichung stimmten aus dem Centrum und aus dem linken Centrum: Kosch, Moritz, Parrisius, Schadebrodt, Schwiegen, v. Unrub, Wachsmuth, Uhlich, v. Berg, Duncker, v. Kirchmann. Gegen die Streichung stimmten Harkort, Jonas I. und II, Zachariae, Zweifel, Auerswald I., Bornemann, Daniels, Milde, Märker und die ganze Rechte. Das die Linke (Waldeck, Elsner, Stein, Gladbach, Jung, Berends, Temme u. s. f.) für die Streichung stimmten, glauben wir kaum erwähnen zu dürfen. Es fehlte Sybow (der unmittelbar nach Beginn der Abstimmung hinausging und nicht eher wiederkam, als bis das Resultat verkündet war). - Es folgt hierauf die Diskussion über die Worte "König der Preußen." Jung trägt auf sofortigen Schluß der Debatte an. v. Mäusebach trägt auf Namensaufruf an, der von der äußersten Rechten und von der äußersten Linken unterstützt wird, worauf Schneider sein Amendement zurücknimmt und dann der Ausdruck: "König von Preußen" fast einstimmig angenommen wird. - v. Potworowski motivirt sein Amendement, wonach jenem Ausdruck hinzugesetzt werden soll: "Großherzog von Posen." Wir sind Polen unter preußischer Oberhoheit, keine Deutsche, keine Preußen. Soll ich mich hier vor den Vertretern des preußischen Volks im Jahre 1848 auf die Verträge von 1815 berufen? Wir sind schmählich behandelt, aber wir geben nicht die Hoffnung auf einstige Wiederherstellung unsrer nationalen Selbstständigkeit auf. Seien Sie gerecht, und löschen Sie nicht den letzten Funken von Hoffnung, indem Sie den Beinamen: "Großherzog von Posen" aus dem Titel des Königs streichen. Seeger gegen das Amendement, da er in den Wiener Verträgen durchaus nicht die Garantie für die Selbstständigkeit des Großherzogthums als eines solchen finde. Schramm: Da wir den alten Ausdruck "König von Preußen," gelassen haben, so scheint schon daraus zu folgen, daß dann auch die übrigen Titel, welche einen bestimmten Inhalt haben, verbleiben. Wir machen ja keinen Zusatz, indem wir das Amendement annehmen. Auch dürfen wir den Polen nicht die letzte Garantie für die Möglichkeit ihrer künftigen nationalen Selbstständigkeit rauben. Geßler dagegen, da dies Amendement keinen Unterschied mache zwischen den Theilen, die bei Deutschland verbleiben wollen, und denen, die einer Reorganisation unterworfen werden sollen. Nach einer thatsächlichen Berichtigung von v. Zoltowsky wegen der Abhängigkeit Posens von Preußen ergreift der Minister des Innern das Wort: Wenn gegenwärtig darauf angetragen ist, den Titel "Großherzog von Posen" in die Verfassungs-Urkunde mit hinüberzunehmen, so würde die Regierung nichts dagegen haben, wenn nicht damit eine ganz besondere politische Bedeutung verbunden wäre. Insofern muß sich die Regierung allerdings gegen das Amendement erklären. Er verliest darauf den Beschluß der deutschen National-Versammlung vom 7. Juli, betreffend die Zulassung der 12 deutschen Abgeordneten von Posen. v Dönhoff (Minister des Auswärtigen): Es würde sich hier nur um eine Bestimmung der Gränze handeln, da die Landestheile des Retzdistrikts und mehrere andere Kreise bereits am 22. Mai von der deutschen National-Versammlung in das deutsche Reich aufgenommen sind. - v. Zoltowski: Niemand hat bestritten, daß nach den Wiener Verträgen das Großherzogthum Posen nicht zum deutschen Bunde gehören solle. Somit ist die deutsche National-Versammlung gar nicht kompetent zu solchen Beschlüssen. (Oho!) - Bauer (Krotoschin) beantragt Verwerfung der Vertagung und den Schluß der Debatte. Das erstere wird angenommen, das zweite verworfen, worauf Temme für das Amendement. Er wolle sich nicht auf Staatsverträge berufen, sie gelten für ihre Zeit, und nicht für die neue Zeit, die das Prinzip der Nationalität und deren Selbstständigkeit zur Geltung bringen will. Ehren Sie dieses Verlangen und nehmen Sie das Amendement an, welches aus diesem Verlangen entsprungen ist. - Kalizki mit der Gluth nationaler Begeisterung die Schwierigkeiten einer ihm nicht geläufigen Sprache überwindend, für das Amendement. Er protestirt gegen die Kompetenz der Frankfurter Versammlung in Bezug auf die Posen'schen Verhältnisse und gegen die Rechtsgültigkeit ihrer Beschlüsse - Schmidt aus Czarnikau macht die Gleichberechtigung der Nationalitäten geltend gegen das Amendement. - Lisiecki: Nur das Verzweifelte unserer Lage treibt uns zur Berufung auf diese Verträge, deren bloßer Name meine tiefste Entrüstung hervorruft. Aber ich werde es nicht thun. Ich bin zu bewegt, um Vieles zu sagen. Ich beschwöre Sie, meine Herren, seien Sie gerecht. Der Pole hat überall sein Blut für die Freiheit vergossen, und wird es noch ferner vergießen, und er soll nicht einmal einen eigenen freien Heerd haben. Seien Sie gerecht, meine Herren. (Bravo.) Das Keserstein'sche Amendement kommt zur Unterstützung, wonach hinter dem Ausdruck "König von Preußen" nichts als ein "etc. etc." folgen soll. Hanow gegen das Amendement. Phillips trägt auf Vertagung der Diskussion bis zur Debatte über § 1 der Verfassungs-Urkunde an. Von der Linken und vom Centrum unterstützt. Die Abstimmung ist zuerst zweifelhaft, bald darauf entscheidet sich die Majorität für die Vertagung. Morgen: Bürgerwehrgesetz wird verlesen, ebenso die transitorischen Bestimmungen dazu, sowie das Jagdgesetz und zur definitiven Abstimmung darüber geschritten. Darauf Weinmoststeuer. Sitzungsschluß 2 ein halb Uhr.

Brandenburg a. d. H., 10. Oktbr.

Zwischen der hier garnisonirenden Kavallerie und Infanterie ist es dieser Tage zu einer Schlägerei gekommen, bei welcher die Infanterie die Oberhand behielt.

(B. Z. H.)
Breslau, 10. Okt., 9 1/2 Uhr.

So eben trifft der Abendzug der Oberschlesischen Eisenbahn mit der Wiener Post ein. Es ergibt sich, daß letztere deßhalb heute Mittag nicht eingetroffen war, weil der Train auf der Nordbahn, 25 Waggons stark, welche zum großen Theil Flüchtlinge aus Wien fortschafften, den Anschluß an den durchgehenden Zug versäumt hatte.

Hadersleben, 6. October.

Es kehren fortwährend deutsche Geschäftsreisende, die sich nach Jütland und Fühnen begeben haben, von dorther zurück und stimmen alle darin überein, daß man sich ungefährdet dort nicht aufhalten könne. Einer mußte sich zu Fuß von Bogense aus dem Staube machen, und erhielt in Odense vom Polizeimeister, Kammerjunker Klaumann, die Weisung, sich sofort aus der Stadt zu begeben, da die dortige Polizei sich nicht im Stande sehe, ihm Schutz zu gewähren. In Aarhuns mußten mehre Reisende des Nachts aus dem Bette heraus, um nicht ein Opfer der gegen sie gerichteten Pöbeldemonstration zu werden. Mehre Geschäftsreisende sind dadurch bewogen worden, theils auf halbem Wege wieder umzukehren, theils von hier aus nicht weiter zu reisen. In Raskov fand man des Morgens den Kaufmann Schüler aus Lübeck todt im Bette liegen, nachdem man ihn zuvor dadurch zu ärgern gesucht hatte, daß man ihm eine als Boot geformte Gurke mit der deutschen Trikolore en miniature präsentirte. Von einigen Jachten, die hier im Hafen liegen, sah man heute früh, am Geburtstage des dänischen Königs, dänische Flaggen wehen, die jedoch sehr bald, nach dem Einschreiten des Bürgermeisters, wieder gestrichen wurden. Patrouillen werden fernern Demonstrationen vorzubeugen wissen. Auf morgen wird der Rittmeister Matthiessen mit einer Eskadron schleswig-holsteinischer Dragoner hier erwartet.

(Sch.-H. Z.)
Triest, 6. October.

Man erfährt, daß die im Kreis von Cattaro ausgebrochenen Unruhen in der Verweigerung der Bauern die Steuern zu bezahlen, ihren Grund haben.

Ungarn.
Pesth, 5. Oktober.

Der reichstägige Ausschuß für die Landesvertheidigung hat folgenden Warnungsruf der Ungarn an die Oestreicher erlassen:

Ein unerhörter Verrath, an Ehre, Recht und der heiligsten Volkstreue verübt, machte es den räuberischen Horden, mit welchen Jellachich in unser Vaterland einbrach, allein möglich, bis nahe an die Hauptstadt vorzudringen. Das schändlich getäuschte Ungarn bedurfte aber nur zu erwachen und seinen Zustand der dringendsten Nothwehr zu erkennen, um diesem verbrecherischen Wagnisse ein Ziel zu setzen. Trotzdem, daß selbst manche ehrliche Kriegerscharen in einer nicht genug zu beklagenden Begriffsverwirrung nicht erkannten, wie die Fahnen Oesterreichs geschändet wurden und sich der verrätherischen Führung Jellachich's preisgaben, fand dieser zwischen Stuhlweißenburg und Ofen sein "bis hierher und nicht weiter", das ihm unsere tapfere Armee, obwohl damals noch der Zahl nach beiweitem schwächer, in einem entscheidenden Siege mit blutiger Schrift vorzeichnete. Von unserer tapfern Armee hart bedrängt, bat der Verräther um Waffenstillstand. Obwohl so oft getäuscht, verschollen wir doch unser Ohr nicht der Menschlichkeit und gewährten ihm sein Begehren; und siehe! ehrvergessen bricht der treulose Feind den Waffenstillstand, ändert seine beiderseitig auf Treue und Glauben festgesetzte Stellung und wendet sich vor Ablauf des Waffenstillstandes mit Raub und Verwüstung gegen Raab. Unsere über diesen Treubruth entrüstete Armee, die sich an Zahl, Kriegsmaterial und Hülfsmitteln aller Art von Tag zu Tag Hierzu eine Beilage.

[Deutschland]

[Fortsetzung] wünscht die Bürgerschaft? „ ‒ „„Daß das Militär nicht fortmarschire!““ ‒ „Wünscht das die Bürgerschaft?„ ‒ „„Ja!““ ‒ „Nun, dann marschirt es!“ ‒ Sprach's, legte sich wieder hin, warf sich auf die andere Seite und schnarchte weiter.

Die vier Deputirten sind heute früh nach Brandenburg zurückgereist.

(B. Z.-H.)
* Berlin.

Die unten nachfolgende Vorlage des Ministeriums ist von der Commission der National-Versammlung für Justizreform verworfen worden, obgleich Jung, und Doerk ausgenommen, nur Mitglieder der Rechten in dieser Commission sitzen und Reichensperger sie präsidirt. So groß ist der Schrecken, den die Wiener Nachrichten unter den konservativen Catos heraufbeschworen.

Botschaft an die zur Vereinbarung der Verfassung berufene Versammlung.

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc. lassen der zur Vereinbarung der Verfassung berufenen Versammlung hierbei den von Unserem Staats-Ministerium ausgearbeiteten Entwurf eines Gesetzes, die §§. 151 bis 155. Tit. 20. Th. II. Allg Landrechts betreffend, nebst Motiven zu ihrer Erklärung zugehen. Gegeben Sanssouci, den 8 Okt. 1848. (gez.) Friedrich Wilhelm. (gez.) v. Pfuel. Eichmann. v. Bonin. Dönhoff. Kisker. Für den Minister der geistlichen Angelegenheiten: v. Ladenberg.

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc. verordnen auf den Antrag Unseres Staats-Ministeriums und mit Zustimmung der zur Vereinbarung der preußischen Verfassung berufenen Versammlung was folgt: §. 1. Wer durch Reden an öffentlichen Orten oder bei öffentlichen Zusammenkünften, oder durch Schriften, Abbildungen oder andere Darstellungen, welche verkauft, ausgetheilt oder sonst verbreitet oder öffentlicht ausgestellt oder angeschlagen werden, gegen die Landes-Verfassung, die Gesetze, die Staats-Einrichtungen oder die Maßregeln der Verwaltung durch Erdichtung von Thatsachen oder durch Entstellung der Wahrheit, Haß oder Verachtung zu erwecken sucht, wird mit Gefängniß von vierzehn Tagen bis zu sechs Monaten bestraft. Die zur Verbreitung vorräthigen Exemplare solcher Schriften, Abbildungen, oder andern Darstellungen, so wie dazu bestimmten Platten und Formen sind in Beschlag zu nehmen und zu vernichten. §. 2. Die §§. 151. bis 155 Tit. II. Allg. Landrechts und die darauf Bezug habenden neuen Verordnungen, soweit sie noch gültig sind, treten außer Kraft. Urkundlich etc. etc.

Motive zum Entwurf eines Gesetzes über die Abänderung der §§. 151. und folg. Titel 20. Theil II. des Allgem. Landrechts. Es muß anerkannt werden, daß die §§. 151 und folg. Titel 20 Theil II. des Allgem. Landrechts in Verbindung mit der Volkschrift des Censur-Ediets vom 18 Oktober 1819 §. XVI. ad 2. (Gesetz-Sammlung S. 232.) in mehrfacher Beziehung nicht haltbar erscheinen. 1) Zunächst ist eine Beschränkung insofern nothwendig und dem Geiste der neuen Legislation angemessen, als die incriminirten Handlungen nur dann als strafbar betrachtet werden dürfen, wenn sie öffentlich in Worten. Schriften oder Darstellungen geäußert sind. Denn nur dann werden sie als wirklich die Würde des Staates verletzend und gefährlich für denselben angesehen werden können, weil sich nur unter solchen Umständen die Erregung von Unzufriedenheit und Mißvergnügen gegen die Regierung in einem bedeutungsvollen Maaße erwarten läßt. Eine ähnliche Auffassung der Sache hat sich auch in andern neuen Gesetzgebungen geltend gemacht. 2) Hiernächst ist gegen die §§. 151 und folg. zu bemerken, daß die Ausdrücke: „frecher unehrerbietiger Tadel und Verspottung“, eine zu weite unbestimmte Anwendung zulassen. Es erscheint nothwendig, den Begriff des Verbrechens in engere Grenzen zu schließen; dies geschieht, wenn der Thatbestand lediglich auf den Fall beschränkt wird, wo durch Erdichtung von Thatsachen oder durch Entstellung der Wahrheit Haß oder Verachtung zu erwecken versucht wird. 3) Endlich ist in dem Allgem. Landrechte das Strafmaaß zu hoch. Es wird Gefängniß von 14 Tagen bis zu 6 Monaten genügen Wenn die Strafbestimmungen des Landrechts in der so formulirten Art und Weise beschränkt und umgestaltet werden, so dürften sie den Verhältnissen entsprechen. Die Bestimmungen des Landrechts ohne alles Surrogat aufzuheben, ist nicht zulässig, da es unmöglich gestattet werden kann, daß wider besseres Wissen und in der Absicht, die Regierung herabzuwürdigen, Thatsachen entstellt oder erdichtet werden. Es ist dies eine Verläumdung, die, wenn sie gegen Privatpersonen begangen wird, eine viel höhere Strafe, als die oben vorgeschlagene, nach sich zieht. Das Allgem. Landrecht spricht im §. 153 und 154 auch von Verkauf und Verbreitung strafbarer Schriften und Darstellungen. Indeß wird es der Aufnahme derartiger Bestimmungen nicht bedürfen. Es sind hierbei zwei Fälle zu unterscheiden. Haben die Verkäufer und Verbreiter wissentlich und vorsätzlich, mit Kenntniß des strafbaren Inhalts, gehandelt, so sind dieselben schon nach allgemeinen Grundsätzen über Miturheber und Gehülfen strafbar. Anders verhält es sich, wenn ein solcher Vorsatz nicht nachgewiesen werden kann. Für diese Art der fahrlässigen Verbreitung kann es allerdings wünschenswerth erscheinen, Bestimmungen zu treffen; allein nach dem Vorgange anderer Gesetzgebungen würden diese Bestimmungen immer nicht in Beschränkung auf ein einzelnes Verbrechen, wie das vorliegende, sondern von einem allgemeinen Standpunkte aus erlassen werden müssen, da solche Verbreitung auch für Provokationen zu Hochverrath, Majestäts-Beleidigung etc. von Bedeutung ist. Was schließlich die in Folge der landrechtlichen Bestimmungen erkannten Strafen so wie die nach denselben Vorschriften eingeleiteten Untersuchungen betrifft, so gehört die Bestimmung über den Erlaß der Strafe und die Niederschlagung der Untersuchung nicht in das Gesetz; vielmehr wird mit Rücksicht auf § 18 der Einleitung zum Allgem. Landrechte die Angelegenheit im Verwaltungswege zu erledigen sein.

Berlin, 11. Okt.

(Preuß. Nationalversammlung.) Wir tragen aus dieser Sitzung Folgendes nach. Zunächst mehrere Interpellationen: Behnsch vermißt in den amtlichen Mittheilungen der öffentlichen Blätter bezüglich der Posener Amnestie die „mittelbaren Staatsbeamten“, welche doch, nach dem vom Justizminister in der vorigen Sitzung verlesenen Dekrete unter die, für die „unmittelbaren Staatsbeamten“ ausgesprochene Amnestie ausdrücklich mitgehören sollten. Der Hr. Minister erklärt die Auslassung des Wortes „mittelbar“ für einen Druckfehler und die Urschrift zu der Publikation als verloren gegangen. Der Abg. Kanonikus Richter verlangt. daß die Amnestie für die Polen (in Posen) auch auf die Polen in Westpreußen ausgedehnt werde und Temme fordert unbedingte Amnestie (nicht blos Befreiung von der Untersuchung) für alle in den Polenaufstand verflochtene Beamte, Offiziere, Geistliche und Lehrer. Beide Anträge werden als nicht dringlich zurückgestellt; nachdem der Justizminister erklärt hat, wie jede Amnestie eine doppelte Bedeutung habe, (leider sehr wahr) nämlich als Akt der Begnadigung und als bloße Niederschlagung der Untersuchung. Die Amnestie vom 9. habe zunächst nur die letzte Bedeutung; die erste, die „Begnadigung“ werde späterhin erfolgen. Für die Anträge sprechen Waldeck, Jung, Bensch. Die beiden letzteren finden in dieser Amnestie (v. 9.) eine halbe Maßregel und gefährlich. Arntz und Philipp's verlangen vom Finanz-Minister noch vor dem 1. Dezember d. J. die Vorlegung des Büdjets für das Jahr 1849. Der Antrag wird, nach einigen weder zusagenden noch ablehnenden Bemerkungen des Herrn Ministers, von der Versammlung fast einstimmig zu dem ihrigen gemacht.

Dem Abgeordneten Krauß genügt das ministerielle Programm vom 22. September nicht; er will wissen, wie das Ministerium in Betreff der, schon von den beiden frühern Ministerien, in Aussicht gestellten Steuer- und Abgaben-Reform gesonnen ist; und ob es namentlich die Wahl-, Schlacht- und Klassensteuer abschaffen und dafür eine Einkommens- und Vermögenssteuer einführen wolle? Der Nachfolger des Hrn. Hansemann und Erbe dessen parlamentarischer Tugenden warnt, indem er sich ausdrücklich auf seinen (großen) Vorgänger beruft, vor „Täuschungen und mißlichen Experimenten“ auf finanziellem Gebiete. (Sehr richtig! wir dürfen nur an den Staatsschatz denken.) Der Aufhebung der Wahl- und Schlachtsteuer widersetze sich das Ministerium nicht; in der Einkommensteuer ‒ mit deren Einführung die Klassensteuer von selbst fortfalle ‒ wolle man noch einen Schritt weiter gehen; nur lasse sich das Ertragsverhältniß noch nicht übersehen.

(Wir fragen ganz einfach: wie weit man denn mit den Vorarbeiten zur Einkommensteuer gekommen und welches der „Schritt“ ist, den man „noch weiter gehen“ wolle?)

Hierauf bringen Kirchmann, Kämpf und Wachsmuth als dringlich (vor der Tagesordnung) einen Gesetzesvorschlag ein, wonach bis zur Feststellung der Verfassung und Gemeindeordnung, in Betreff der Bürgerwehr folgende Vorschriften gelten sollen:

1) Das feierliche Gelöbniß der Treue für den König u. s. w. (§ 7 des Bürgerwehrgesetzes) findet nicht statt.

2) Auch die Hauptleute sollen „in dringenden Fällen“ auf eigene Verantwortlichkeit, ohne Requisition der Behörden, die Bürgerwehrmänner ihres Bezirks zum Schutze der gesetzlichen Ordnung u. s. w. versammeln und wirken lassen dürfen.

3) Die vom Staate den Gemeinden verabreichten Waffen bleiben bis zum Erscheinen der Verfassung jedenfalls im Besitze der Gemeinden.

Gegen den Vorschlag sprechen: Stein; erst muß das Bürgerwehrgesetz im Ganzen zur Abstimmung kommen; er will nicht, daß der Versammlung die Annahme des Bürgerwehrgesetzes durch den jetzigen Vorschlag plausibler gemacht werde; ‒ Temme: will durchaus keine transitorischen Bestimmungen mehr; er findet in dem Vorschlag die Absicht einer Beschwichtigung des Volkes wegen des Mißtrauensvotums, welches das Bürgerwehrgesetz gegen die ganze Bürgerwehr ausdrücke (Sturm) D'Ester begreift nicht, wie man über eine Gesetzesvorlage diskutiren könne, welche sich auf ein anderes, noch gar nicht existirendes Gesetz bezieht.

Elsner erklärt den Vorschlag als ein Amendement zum Bürgerwehrgesetz und deshalb die Diskussion für unzulässig; auch er findet, daß man die öffentliche Meinung, die sich entschieden gegen das Bürgerwehrgesetz ausgesprochen, nur beschwichtigen wolle (oho!).

Für den Antrag sprechen außer den Antragstellern verschiedene Redner, die gerade mit dem ‒ von der Opposition angegriffenen ‒ Zugeständnisse an die öffentliche Meinung, den Vorschlag rechtfertigen. Dieser wird endlich von der Versammlung angenommen, nachdem noch Gladbach und Behrends an der Debatte über die einzeln §§. sich in der Art betheiligt haben, daß Gladbach (zu § 3 ) verlangt: Die Gewehre sollen den Gemeinden „bis zum Erlasse eines volksthümlichen Bürgerwehrgesetzes“ verbleiben (nicht angenommen); und Behrends gegen den § 2 sich erklärt, weil darin von dem „ Schutze der Freiheit des Volks“ nichts stehe.

Bevor nun in der Berathung des Ablösungsgesetzes fortgefahren wird, (welche für heute mit Annahme des § 1 Nr. 2 schließt) erhebt sich ein gewaltiger Sturm über ein in der Versammlung cirkulirendes Schreiben des Abgeordneten Prof. Haase von Breslau, in welchem dieser seinen Wählern ein durchaus unwürdiges Bild entwirft von den Parteistellungen in der Kammer. v. Berg, der diesen Gegenstand zur Sprache bringt, glaubt, daß das Druckstück wohl ein Falsum sein müsse, da es für einen Professor zu schlecht stylisirt, für einen Abgeordneten aber zu unehrenhaft sei, worauf Haase erwiedert, daß das Schreiben allerdings von ihm, aber nicht zur Veröffentlichung bestimmt, sondern nur an eine Person gerichtet sei, auf deren Diskretion er sicher rechnen zu können geglaubt habe. (Schluß der Sitzung 2 Uhr).

Berlin.

Nationalversammlung. (Sitzung vom 12. Oktober).

Das Protokoll wird genehmigt, die üblich gewordenen Urlaubsgesuche werden bewilligt. Tagesordnung: Bericht der Central-Abtheilung über den Titel I. des Entwurfs der Verfassungs-Urkunde. Der Berichterstatter der Central-Abtheilung (Lüdike) beantragt, nachdem er die Motive für die Fassung der Eingangsformel explicirt, die Fortlassung der Worte „von Gottes Gnaden“. Ein Amendement von Schreiber beantragt die Suspension der Debatte über die Eingangsformel bis zur Vollendung der ganzen Verfassung. Die Formel in der Verfassung der Centralabtheilung lautet: Wir, Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen, thun kund und fügen zu wissen, daß wir mit den nach dem Wahlgesetze vom 8. April 1848 gewählten und demnächst von Uns zusammenberufenen Vertretern Unseres getreuen Volkes die nachfolgende Verfassung vereinbart haben, welche wir demnach hierdurch verkunden.“ Ein Amendement von Mätze lautet: „Wir, Friedrich Wilhelm, u. s. w. verkünden hiermit etc. Von Schneider ist ebenfalls ein Amendement gestellt, welches lautet: „Wir, Friedrich Wilhelm, König von Preußen u. s. w.“, er vertheidigt dasselbe, indem er auf die Zartheit aber auch Wichtigkeit der Frage aufmerksam macht und zeigt, daß der Ausdruck „von Gottes Gnaden“ dem alten patriarchalischen Absolutismus angehöre und einer Urkunde, die die künftige Verfassung eines constitutionellen Staates enthält, nicht vorgesetzt werden dürfe. Was den Ausdruck „König von Preußen“ beträfe, so sei die Zeit vorüber, wo Landesschacher und Völkerraub möglich ist, darum darf auch der Fürst nicht mehr den Eigenthumstitel führen; abgesehen davon, daß er unconstitutionell ist Walther für die Formel der Centralabtheilung: Wenn es heißen sollte: „König von Preußen“ so müßte das Potworowsky'sche Amendement: „beim Titel des Königs den Titel Großherzog von Polen beizubehalten“ ebenso verändert werden, und da in Polen auch Deutsche sind, so müßte der Titel heißen: Großherzog der Posener Polen und Deutschen. Uebrigens fühle er das Bedürfniß, sich beim Namen des Königs an die Verantwortlichkeit zu erinnern, die derselbe nicht gegen die Nation, nicht gegen deren Vertreter, sondern gegen eine höhere Macht, die göttliche Vorsehung, hat. Borchart kräftig gegen diese Sentimentalität: Am 19. März hat es nicht von Gottes, sondern von des Volkes Gnade abgehangen, daß Friedrich Wilhelm noch König von Preußen geblieben ist. v. Daniels sieht eine Barbarei in dem Ausdruck „der Preußen“, da die Vandalenkönige sich auch dieses Genitivs bedient hatten. Der Minister des Innern: Wir wollen treue Vermittler sein zwischen der Krone und der vereinbarenden Versammlung. Wir werden die Rechte des Volks wahrnehmen, aber auch die der Krone vertheidigen. Unconstitutionell ist der Ausdruck „von Gottes Gnaden“ nicht. Die Engländer haben denselben auch beibehalten. Stolz können die Könige nicht darauf sein, vielmehr muß es sie demüthig machen, da es sie stets an ihren Ursprung erinnert. Auch ist die Krone jetzt im Besitz dieses Titels, man darf ihn ihr nicht rauben. So ist es auch mit dem Ausdruck: „König der Preußen“ Solche Ausdrücke schaden ja Niemanden, warum sollen sie der Krone nicht bleiben. Kruhl findet eine tiefe Bedeutung in den Ausdrücken; besonders in dem ersten. Denn die Menschen bedürfen eines Symbols an dem sie mit Innigkeit und Hingebung hangen, Außerdem würde uns der Ausdruck „König von Preußen“ zu Leibeigenen, zu Sklaven machen. Temme und Lisiecki haben ein Sousamendement des Schneider'schen Amendements eingereicht, zu setzen: „König von Preußen und Großherzog von Posen“. Wird unterstützt, ebenso das von Parrisius: „Wir Friedrich Wilhelm, König von Preußen, verkünden hiermit u. s. w.“ Nur das Centrum erhebt sich bei der Unterstützungsfrage. Hildenhagen: wir wollen den König nicht erniedrigen. Aber statt daß der Königliche Thron früher von Aeußerlichkeiten umgeben war, vor denen das Volk in knechtischem Aberglauben niederzuknieen gewohnt war, soll jetzt die innere Tüchtigkeit, die Mannhaftigkeit und Intelligenz des Fürsten der Magnet sein, der die Herzen seines Volkes zu seinem Throne zieht. Während Wien vielleicht in diesem Augenblick seinen Fürsten dafür durch Verlust der Krone bestraft, daß er seine Zeit und ihre Forderungen nicht verstanden, debattiren wir über Worte, und erlangen vielleicht nicht einmal, daß auch nur der Form nach dem constitutionellen Verlangen der Zeit, nachgegeben werde. Wenn wir nicht brechen mit der alten Zeit, so wird die neue Zeit brechen mit uns. ‒ Ein anhaltendes Bravo folgte der kernigen und von edler Begeisterung getragenen Reden und der folgende Redner, Sommer von der Rechten, wurde fast gar nicht angehört. Bodener (aus dem Centrum): Bei der Frage über die Verfassung gibt es keine Gemüthlichkeit und keine Phrasen, sondern strenge Bedachtsamkeit deshalb bin ich für den Ausdruck „von Preußen:“ aber gegen „Gottes Gnaden“ Rath einigen unwichtigen Reden wird durch Abstimmung eine viertheilige Diskussion, resp. Abstimmung beliebt. Das Schreiber'sche Amendement, welches eine Aufschiebung der Berathung über die Verkündigungsformel bis zur Vollendung der ganzen Verfassungs-Urkunde beantragt, wird verworfen. ‒ Uhlich beantragt sofort den Schluß der Diskussion über die Worte: „von Gottes Gnaden.“ Nach Unterstützung und Motivirung des Schlusses spricht Schultz (Delitzsch) dagegen, weil ein Gesichtspunkt noch nicht genug erörtert ist. Wenn eine Firma banke ort gemacht hat, so wird in dem neuen Geschäft die Firma geändert. Die Worte „von Gottes Gnaden“ stellten die Firma des Absolutismus dat, der bekanntlich nebst seinem Geschäftsführer Bankerott gemacht hat. Wollen wir nun auch den alten Geschäftsführer erhalten, so müssten wir doch die Firma abändern. Nach einer Menge faktischer Berichtigungen die theils nicht faktisch, theils nicht berichtigend sind, wird noch ein Amendement von v. Cziescowsky verlesen, das jedoch nicht unterstützt wird. Der Schluß wird darauf angenommen, und darauf die Worte „von Gottes Gnaden“ zur namentlichen Abstimmung gebracht, welche das Resultat ergibt: 217 Ja, 134 Nein, 51 haben gefehlt. Für die Streichung stimmten aus dem Centrum und aus dem linken Centrum: Kosch, Moritz, Parrisius, Schadebrodt, Schwiegen, v. Unrub, Wachsmuth, Uhlich, v. Berg, Duncker, v. Kirchmann. Gegen die Streichung stimmten Harkort, Jonas I. und II, Zachariae, Zweifel, Auerswald I., Bornemann, Daniels, Milde, Märker und die ganze Rechte. Das die Linke (Waldeck, Elsner, Stein, Gladbach, Jung, Berends, Temme u. s. f.) für die Streichung stimmten, glauben wir kaum erwähnen zu dürfen. Es fehlte Sybow (der unmittelbar nach Beginn der Abstimmung hinausging und nicht eher wiederkam, als bis das Resultat verkündet war). ‒ Es folgt hierauf die Diskussion über die Worte „König der Preußen.“ Jung trägt auf sofortigen Schluß der Debatte an. v. Mäusebach trägt auf Namensaufruf an, der von der äußersten Rechten und von der äußersten Linken unterstützt wird, worauf Schneider sein Amendement zurücknimmt und dann der Ausdruck: „König von Preußen“ fast einstimmig angenommen wird. ‒ v. Potworowski motivirt sein Amendement, wonach jenem Ausdruck hinzugesetzt werden soll: „Großherzog von Posen.“ Wir sind Polen unter preußischer Oberhoheit, keine Deutsche, keine Preußen. Soll ich mich hier vor den Vertretern des preußischen Volks im Jahre 1848 auf die Verträge von 1815 berufen? Wir sind schmählich behandelt, aber wir geben nicht die Hoffnung auf einstige Wiederherstellung unsrer nationalen Selbstständigkeit auf. Seien Sie gerecht, und löschen Sie nicht den letzten Funken von Hoffnung, indem Sie den Beinamen: „Großherzog von Posen“ aus dem Titel des Königs streichen. Seeger gegen das Amendement, da er in den Wiener Verträgen durchaus nicht die Garantie für die Selbstständigkeit des Großherzogthums als eines solchen finde. Schramm: Da wir den alten Ausdruck „König von Preußen,“ gelassen haben, so scheint schon daraus zu folgen, daß dann auch die übrigen Titel, welche einen bestimmten Inhalt haben, verbleiben. Wir machen ja keinen Zusatz, indem wir das Amendement annehmen. Auch dürfen wir den Polen nicht die letzte Garantie für die Möglichkeit ihrer künftigen nationalen Selbstständigkeit rauben. Geßler dagegen, da dies Amendement keinen Unterschied mache zwischen den Theilen, die bei Deutschland verbleiben wollen, und denen, die einer Reorganisation unterworfen werden sollen. Nach einer thatsächlichen Berichtigung von v. Zoltowsky wegen der Abhängigkeit Posens von Preußen ergreift der Minister des Innern das Wort: Wenn gegenwärtig darauf angetragen ist, den Titel „Großherzog von Posen“ in die Verfassungs-Urkunde mit hinüberzunehmen, so würde die Regierung nichts dagegen haben, wenn nicht damit eine ganz besondere politische Bedeutung verbunden wäre. Insofern muß sich die Regierung allerdings gegen das Amendement erklären. Er verliest darauf den Beschluß der deutschen National-Versammlung vom 7. Juli, betreffend die Zulassung der 12 deutschen Abgeordneten von Posen. v Dönhoff (Minister des Auswärtigen): Es würde sich hier nur um eine Bestimmung der Gränze handeln, da die Landestheile des Retzdistrikts und mehrere andere Kreise bereits am 22. Mai von der deutschen National-Versammlung in das deutsche Reich aufgenommen sind. ‒ v. Zoltowski: Niemand hat bestritten, daß nach den Wiener Verträgen das Großherzogthum Posen nicht zum deutschen Bunde gehören solle. Somit ist die deutsche National-Versammlung gar nicht kompetent zu solchen Beschlüssen. (Oho!) ‒ Bauer (Krotoschin) beantragt Verwerfung der Vertagung und den Schluß der Debatte. Das erstere wird angenommen, das zweite verworfen, worauf Temme für das Amendement. Er wolle sich nicht auf Staatsverträge berufen, sie gelten für ihre Zeit, und nicht für die neue Zeit, die das Prinzip der Nationalität und deren Selbstständigkeit zur Geltung bringen will. Ehren Sie dieses Verlangen und nehmen Sie das Amendement an, welches aus diesem Verlangen entsprungen ist. ‒ Kalizki mit der Gluth nationaler Begeisterung die Schwierigkeiten einer ihm nicht geläufigen Sprache überwindend, für das Amendement. Er protestirt gegen die Kompetenz der Frankfurter Versammlung in Bezug auf die Posen'schen Verhältnisse und gegen die Rechtsgültigkeit ihrer Beschlüsse ‒ Schmidt aus Czarnikau macht die Gleichberechtigung der Nationalitäten geltend gegen das Amendement. ‒ Lisiecki: Nur das Verzweifelte unserer Lage treibt uns zur Berufung auf diese Verträge, deren bloßer Name meine tiefste Entrüstung hervorruft. Aber ich werde es nicht thun. Ich bin zu bewegt, um Vieles zu sagen. Ich beschwöre Sie, meine Herren, seien Sie gerecht. Der Pole hat überall sein Blut für die Freiheit vergossen, und wird es noch ferner vergießen, und er soll nicht einmal einen eigenen freien Heerd haben. Seien Sie gerecht, meine Herren. (Bravo.) Das Keserstein'sche Amendement kommt zur Unterstützung, wonach hinter dem Ausdruck „König von Preußen“ nichts als ein „etc. etc.“ folgen soll. Hanow gegen das Amendement. Phillips trägt auf Vertagung der Diskussion bis zur Debatte über § 1 der Verfassungs-Urkunde an. Von der Linken und vom Centrum unterstützt. Die Abstimmung ist zuerst zweifelhaft, bald darauf entscheidet sich die Majorität für die Vertagung. Morgen: Bürgerwehrgesetz wird verlesen, ebenso die transitorischen Bestimmungen dazu, sowie das Jagdgesetz und zur definitiven Abstimmung darüber geschritten. Darauf Weinmoststeuer. Sitzungsschluß 2 ein halb Uhr.

Brandenburg a. d. H., 10. Oktbr.

Zwischen der hier garnisonirenden Kavallerie und Infanterie ist es dieser Tage zu einer Schlägerei gekommen, bei welcher die Infanterie die Oberhand behielt.

(B. Z. H.)
Breslau, 10. Okt., 9 1/2 Uhr.

So eben trifft der Abendzug der Oberschlesischen Eisenbahn mit der Wiener Post ein. Es ergibt sich, daß letztere deßhalb heute Mittag nicht eingetroffen war, weil der Train auf der Nordbahn, 25 Waggons stark, welche zum großen Theil Flüchtlinge aus Wien fortschafften, den Anschluß an den durchgehenden Zug versäumt hatte.

Hadersleben, 6. October.

Es kehren fortwährend deutsche Geschäftsreisende, die sich nach Jütland und Fühnen begeben haben, von dorther zurück und stimmen alle darin überein, daß man sich ungefährdet dort nicht aufhalten könne. Einer mußte sich zu Fuß von Bogense aus dem Staube machen, und erhielt in Odense vom Polizeimeister, Kammerjunker Klaumann, die Weisung, sich sofort aus der Stadt zu begeben, da die dortige Polizei sich nicht im Stande sehe, ihm Schutz zu gewähren. In Aarhuns mußten mehre Reisende des Nachts aus dem Bette heraus, um nicht ein Opfer der gegen sie gerichteten Pöbeldemonstration zu werden. Mehre Geschäftsreisende sind dadurch bewogen worden, theils auf halbem Wege wieder umzukehren, theils von hier aus nicht weiter zu reisen. In Raskov fand man des Morgens den Kaufmann Schüler aus Lübeck todt im Bette liegen, nachdem man ihn zuvor dadurch zu ärgern gesucht hatte, daß man ihm eine als Boot geformte Gurke mit der deutschen Trikolore en miniature präsentirte. Von einigen Jachten, die hier im Hafen liegen, sah man heute früh, am Geburtstage des dänischen Königs, dänische Flaggen wehen, die jedoch sehr bald, nach dem Einschreiten des Bürgermeisters, wieder gestrichen wurden. Patrouillen werden fernern Demonstrationen vorzubeugen wissen. Auf morgen wird der Rittmeister Matthiessen mit einer Eskadron schleswig-holsteinischer Dragoner hier erwartet.

(Sch.-H. Z.)
Triest, 6. October.

Man erfährt, daß die im Kreis von Cattaro ausgebrochenen Unruhen in der Verweigerung der Bauern die Steuern zu bezahlen, ihren Grund haben.

Ungarn.
Pesth, 5. Oktober.

Der reichstägige Ausschuß für die Landesvertheidigung hat folgenden Warnungsruf der Ungarn an die Oestreicher erlassen:

Ein unerhörter Verrath, an Ehre, Recht und der heiligsten Volkstreue verübt, machte es den räuberischen Horden, mit welchen Jellachich in unser Vaterland einbrach, allein möglich, bis nahe an die Hauptstadt vorzudringen. Das schändlich getäuschte Ungarn bedurfte aber nur zu erwachen und seinen Zustand der dringendsten Nothwehr zu erkennen, um diesem verbrecherischen Wagnisse ein Ziel zu setzen. Trotzdem, daß selbst manche ehrliche Kriegerscharen in einer nicht genug zu beklagenden Begriffsverwirrung nicht erkannten, wie die Fahnen Oesterreichs geschändet wurden und sich der verrätherischen Führung Jellachich's preisgaben, fand dieser zwischen Stuhlweißenburg und Ofen sein „bis hierher und nicht weiter“, das ihm unsere tapfere Armee, obwohl damals noch der Zahl nach beiweitem schwächer, in einem entscheidenden Siege mit blutiger Schrift vorzeichnete. Von unserer tapfern Armee hart bedrängt, bat der Verräther um Waffenstillstand. Obwohl so oft getäuscht, verschollen wir doch unser Ohr nicht der Menschlichkeit und gewährten ihm sein Begehren; und siehe! ehrvergessen bricht der treulose Feind den Waffenstillstand, ändert seine beiderseitig auf Treue und Glauben festgesetzte Stellung und wendet sich vor Ablauf des Waffenstillstandes mit Raub und Verwüstung gegen Raab. Unsere über diesen Treubruth entrüstete Armee, die sich an Zahl, Kriegsmaterial und Hülfsmitteln aller Art von Tag zu Tag Hierzu eine Beilage.

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        <head>[Deutschland]</head>
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          <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> wünscht die Bürgerschaft? &#x201E; &#x2012; &#x201E;&#x201E;Daß das Militär nicht fortmarschire!&#x201C;&#x201C; &#x2012; &#x201E;Wünscht das die Bürgerschaft?&#x201E; &#x2012; &#x201E;&#x201E;Ja!&#x201C;&#x201C; &#x2012; &#x201E;Nun, dann marschirt es!&#x201C; &#x2012; Sprach's, legte sich wieder hin, warf sich auf die andere Seite und schnarchte weiter.</p>
          <p>Die vier Deputirten sind heute früh nach Brandenburg zurückgereist.</p>
          <bibl>(B. Z.-H.)</bibl>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin.</head>
          <p>Die unten nachfolgende Vorlage des Ministeriums ist von der Commission der National-Versammlung für Justizreform verworfen worden, obgleich Jung, und Doerk ausgenommen, nur Mitglieder der Rechten in dieser Commission sitzen und Reichensperger sie präsidirt. So groß ist der Schrecken, den die Wiener Nachrichten unter den konservativen Catos heraufbeschworen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Botschaft</hi> an die zur Vereinbarung der Verfassung berufene Versammlung.</p>
          <p>Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc. lassen der zur Vereinbarung der Verfassung berufenen Versammlung hierbei den von Unserem Staats-Ministerium ausgearbeiteten Entwurf eines Gesetzes, die §§. 151 bis 155. Tit. 20. Th. II. Allg Landrechts betreffend, nebst Motiven zu ihrer Erklärung zugehen. Gegeben Sanssouci, den 8 Okt. 1848. (gez.) Friedrich Wilhelm. (gez.) v. Pfuel. Eichmann. v. Bonin. Dönhoff. Kisker. Für den Minister der geistlichen Angelegenheiten: v. Ladenberg.</p>
          <p>Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc. verordnen auf den Antrag Unseres Staats-Ministeriums und mit Zustimmung der zur Vereinbarung der preußischen Verfassung berufenen Versammlung was folgt: §. 1. Wer durch Reden an öffentlichen Orten oder bei öffentlichen Zusammenkünften, oder durch Schriften, Abbildungen oder andere Darstellungen, welche verkauft, ausgetheilt oder sonst verbreitet oder öffentlicht ausgestellt oder angeschlagen werden, gegen die Landes-Verfassung, die Gesetze, die Staats-Einrichtungen oder die Maßregeln der Verwaltung durch Erdichtung von Thatsachen oder durch Entstellung der Wahrheit, Haß oder Verachtung zu erwecken sucht, wird mit Gefängniß von vierzehn Tagen bis zu sechs Monaten bestraft. Die zur Verbreitung vorräthigen Exemplare solcher Schriften, Abbildungen, oder andern Darstellungen, so wie dazu bestimmten Platten und Formen sind in Beschlag zu nehmen und zu vernichten. §. 2. Die §§. 151. bis 155 Tit. II. Allg. Landrechts und die darauf Bezug habenden neuen Verordnungen, soweit sie noch gültig sind, treten außer Kraft. Urkundlich etc. etc.</p>
          <p>Motive zum Entwurf eines Gesetzes über die Abänderung der §§. 151. und folg. Titel 20. Theil II. des Allgem. Landrechts. Es muß anerkannt werden, daß die §§. 151 und folg. Titel 20 Theil II. des Allgem. Landrechts in Verbindung mit der Volkschrift des Censur-Ediets vom 18 Oktober 1819 §. XVI. ad 2. (Gesetz-Sammlung S. 232.) in mehrfacher Beziehung nicht haltbar erscheinen. 1) Zunächst ist eine Beschränkung insofern nothwendig und dem Geiste der neuen Legislation angemessen, als die incriminirten Handlungen nur dann als strafbar betrachtet werden dürfen, wenn sie öffentlich in Worten. Schriften oder Darstellungen geäußert sind. Denn nur dann werden sie als wirklich die Würde des Staates verletzend und gefährlich für denselben angesehen werden können, weil sich nur unter solchen Umständen die Erregung von Unzufriedenheit und Mißvergnügen gegen die Regierung in einem bedeutungsvollen Maaße erwarten läßt. Eine ähnliche Auffassung der Sache hat sich auch in andern neuen Gesetzgebungen geltend gemacht. 2) Hiernächst ist gegen die §§. 151 und folg. zu bemerken, daß die Ausdrücke: &#x201E;frecher unehrerbietiger Tadel und Verspottung&#x201C;, eine zu weite unbestimmte Anwendung zulassen. Es erscheint nothwendig, den Begriff des Verbrechens in engere Grenzen zu schließen; dies geschieht, wenn der Thatbestand lediglich auf den Fall beschränkt wird, wo durch Erdichtung von Thatsachen oder durch Entstellung der Wahrheit Haß oder Verachtung zu erwecken versucht wird. 3) Endlich ist in dem Allgem. Landrechte das Strafmaaß zu hoch. Es wird Gefängniß von 14 Tagen bis zu 6 Monaten genügen Wenn die Strafbestimmungen des Landrechts in der so formulirten Art und Weise beschränkt und umgestaltet werden, so dürften sie den Verhältnissen entsprechen. Die Bestimmungen des Landrechts ohne alles Surrogat aufzuheben, ist nicht zulässig, da es unmöglich gestattet werden kann, daß wider besseres Wissen und in der Absicht, die Regierung herabzuwürdigen, Thatsachen entstellt oder erdichtet werden. Es ist dies eine Verläumdung, die, wenn sie gegen Privatpersonen begangen wird, eine viel höhere Strafe, als die oben vorgeschlagene, nach sich zieht. Das Allgem. Landrecht spricht im §. 153 und 154 auch von Verkauf und Verbreitung strafbarer Schriften und Darstellungen. Indeß wird es der Aufnahme derartiger Bestimmungen nicht bedürfen. Es sind hierbei zwei Fälle zu unterscheiden. Haben die Verkäufer und Verbreiter wissentlich und vorsätzlich, mit Kenntniß des strafbaren Inhalts, gehandelt, so sind dieselben schon nach allgemeinen Grundsätzen über Miturheber und Gehülfen strafbar. Anders verhält es sich, wenn ein solcher Vorsatz nicht nachgewiesen werden kann. Für diese Art der fahrlässigen Verbreitung kann es allerdings wünschenswerth erscheinen, Bestimmungen zu treffen; allein nach dem Vorgange anderer Gesetzgebungen würden diese Bestimmungen immer nicht in Beschränkung auf ein einzelnes Verbrechen, wie das vorliegende, sondern von einem allgemeinen Standpunkte aus erlassen werden müssen, da solche Verbreitung auch für Provokationen zu Hochverrath, Majestäts-Beleidigung etc. von Bedeutung ist. Was schließlich die in Folge der landrechtlichen Bestimmungen erkannten Strafen so wie die nach denselben Vorschriften eingeleiteten Untersuchungen betrifft, so gehört die Bestimmung über den Erlaß der Strafe und die Niederschlagung der Untersuchung nicht in das Gesetz; vielmehr wird mit Rücksicht auf § 18 der Einleitung zum Allgem. Landrechte die Angelegenheit im Verwaltungswege zu erledigen sein.</p>
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          <head>Berlin, 11. Okt.</head>
          <p>(Preuß. Nationalversammlung.) Wir tragen aus dieser Sitzung Folgendes nach. Zunächst mehrere Interpellationen: Behnsch vermißt in den amtlichen Mittheilungen der öffentlichen Blätter bezüglich der Posener Amnestie die &#x201E;mittelbaren Staatsbeamten&#x201C;, welche doch, nach dem vom Justizminister in der vorigen Sitzung verlesenen Dekrete unter die, für die &#x201E;unmittelbaren Staatsbeamten&#x201C; ausgesprochene Amnestie ausdrücklich mitgehören sollten. Der Hr. Minister erklärt die Auslassung des Wortes &#x201E;mittelbar&#x201C; für einen Druckfehler und die Urschrift zu der Publikation als verloren gegangen. Der Abg. Kanonikus Richter verlangt. daß die Amnestie für die Polen (in Posen) auch auf die Polen in Westpreußen ausgedehnt werde und Temme fordert unbedingte Amnestie (nicht blos Befreiung von der Untersuchung) für alle in den Polenaufstand verflochtene Beamte, Offiziere, Geistliche und Lehrer. Beide Anträge werden als nicht dringlich zurückgestellt; nachdem der Justizminister erklärt hat, wie jede Amnestie eine doppelte Bedeutung habe, (leider sehr wahr) nämlich als Akt der Begnadigung und als bloße Niederschlagung der Untersuchung. Die Amnestie vom 9. habe zunächst nur die letzte Bedeutung; die erste, die &#x201E;Begnadigung&#x201C; werde späterhin erfolgen. Für die Anträge sprechen Waldeck, Jung, Bensch. Die beiden letzteren finden in dieser Amnestie (v. 9.) eine halbe Maßregel und gefährlich. Arntz und Philipp's verlangen vom Finanz-Minister noch vor dem 1. Dezember d. J. die Vorlegung des Büdjets für das Jahr 1849. Der Antrag wird, nach einigen weder zusagenden noch ablehnenden Bemerkungen des Herrn Ministers, von der Versammlung fast einstimmig zu dem ihrigen gemacht.</p>
          <p>Dem Abgeordneten Krauß genügt das ministerielle Programm vom 22. September nicht; er will wissen, wie das Ministerium in Betreff der, schon von den beiden frühern Ministerien, in Aussicht gestellten Steuer- und Abgaben-Reform gesonnen ist; und ob es namentlich die Wahl-, Schlacht- und Klassensteuer abschaffen und dafür eine Einkommens- und Vermögenssteuer einführen wolle? Der Nachfolger des Hrn. Hansemann und Erbe dessen parlamentarischer Tugenden warnt, indem er sich ausdrücklich auf seinen (großen) Vorgänger beruft, vor &#x201E;Täuschungen und mißlichen Experimenten&#x201C; auf finanziellem Gebiete. (Sehr richtig! wir dürfen nur an den Staatsschatz denken.) Der Aufhebung der Wahl- und Schlachtsteuer widersetze sich das Ministerium nicht; in der Einkommensteuer &#x2012; mit deren Einführung die Klassensteuer von selbst fortfalle &#x2012; wolle man noch einen Schritt weiter gehen; nur lasse sich das Ertragsverhältniß noch nicht übersehen.</p>
          <p>(Wir fragen ganz einfach: wie weit man denn mit den Vorarbeiten zur Einkommensteuer gekommen und welches der &#x201E;Schritt&#x201C; ist, den man &#x201E;noch weiter gehen&#x201C; wolle?)</p>
          <p>Hierauf bringen Kirchmann, Kämpf und Wachsmuth als dringlich (vor der Tagesordnung) einen Gesetzesvorschlag ein, wonach bis zur Feststellung der Verfassung und Gemeindeordnung, in Betreff der Bürgerwehr folgende Vorschriften gelten sollen:</p>
          <p>1) Das feierliche Gelöbniß der Treue für den König u. s. w. (§ 7 des Bürgerwehrgesetzes) findet nicht statt.</p>
          <p>2) Auch die Hauptleute sollen &#x201E;in dringenden Fällen&#x201C; auf eigene Verantwortlichkeit, ohne Requisition der Behörden, die Bürgerwehrmänner ihres Bezirks zum Schutze der gesetzlichen Ordnung u. s. w. versammeln und wirken lassen dürfen.</p>
          <p>3) Die vom Staate den Gemeinden verabreichten Waffen bleiben bis zum Erscheinen der Verfassung jedenfalls im Besitze der Gemeinden.</p>
          <p>Gegen den Vorschlag sprechen: Stein; erst muß das Bürgerwehrgesetz im Ganzen zur Abstimmung kommen; er will nicht, daß der Versammlung die Annahme des Bürgerwehrgesetzes durch den jetzigen Vorschlag plausibler gemacht werde; &#x2012; Temme: will durchaus keine transitorischen Bestimmungen mehr; er findet in dem Vorschlag die Absicht einer Beschwichtigung des Volkes wegen des Mißtrauensvotums, welches das Bürgerwehrgesetz gegen die ganze Bürgerwehr ausdrücke (Sturm) D'Ester begreift nicht, wie man über eine Gesetzesvorlage diskutiren könne, welche sich auf ein anderes, noch gar nicht existirendes Gesetz bezieht.</p>
          <p>Elsner erklärt den Vorschlag als ein Amendement zum Bürgerwehrgesetz und deshalb die Diskussion für unzulässig; auch er findet, daß man die öffentliche Meinung, die sich entschieden gegen das Bürgerwehrgesetz ausgesprochen, nur beschwichtigen wolle (oho!).</p>
          <p>Für den Antrag sprechen außer den Antragstellern verschiedene Redner, die gerade mit dem &#x2012; von der Opposition angegriffenen &#x2012; Zugeständnisse an die öffentliche Meinung, den Vorschlag rechtfertigen. Dieser wird endlich von der Versammlung angenommen, nachdem noch Gladbach und Behrends an der Debatte über die einzeln §§. sich in der Art betheiligt haben, daß Gladbach (zu § 3 ) verlangt: Die Gewehre sollen den Gemeinden &#x201E;bis zum Erlasse eines volksthümlichen Bürgerwehrgesetzes&#x201C; verbleiben (nicht angenommen); und Behrends gegen den § 2 sich erklärt, weil darin von dem &#x201E; Schutze der Freiheit des Volks&#x201C; nichts stehe.</p>
          <p>Bevor nun in der Berathung des Ablösungsgesetzes fortgefahren wird, (welche für heute mit Annahme des § 1 Nr. 2 schließt) erhebt sich ein gewaltiger Sturm über ein in der Versammlung cirkulirendes Schreiben des Abgeordneten Prof. Haase von Breslau, in welchem dieser seinen Wählern ein durchaus unwürdiges Bild entwirft von den Parteistellungen in der Kammer. v. Berg, der diesen Gegenstand zur Sprache bringt, glaubt, daß das Druckstück wohl ein Falsum sein müsse, da es für einen Professor zu schlecht stylisirt, für einen Abgeordneten aber zu unehrenhaft sei, worauf Haase erwiedert, daß das Schreiben allerdings von ihm, aber nicht zur Veröffentlichung bestimmt, sondern nur an eine Person gerichtet sei, auf deren Diskretion er sicher rechnen zu können geglaubt habe. (Schluß der Sitzung 2 Uhr).</p>
        </div>
        <div xml:id="ar117_017" type="jArticle">
          <head>Berlin.</head>
          <p>Nationalversammlung. (Sitzung vom 12. Oktober).</p>
          <p>Das Protokoll wird genehmigt, die üblich gewordenen Urlaubsgesuche werden bewilligt. Tagesordnung: Bericht der Central-Abtheilung über den Titel I. des Entwurfs der Verfassungs-Urkunde. Der Berichterstatter der Central-Abtheilung (Lüdike) beantragt, nachdem er die Motive für die Fassung der Eingangsformel explicirt, die Fortlassung der Worte &#x201E;von Gottes Gnaden&#x201C;. Ein Amendement von Schreiber beantragt die Suspension der Debatte über die Eingangsformel bis zur Vollendung der ganzen Verfassung. Die Formel in der Verfassung der Centralabtheilung lautet: Wir, Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen, thun kund und fügen zu wissen, daß wir mit den nach dem Wahlgesetze vom 8. April 1848 gewählten und demnächst von Uns zusammenberufenen Vertretern Unseres getreuen Volkes die nachfolgende Verfassung vereinbart haben, welche wir demnach hierdurch verkunden.&#x201C; Ein Amendement von Mätze lautet: &#x201E;Wir, Friedrich Wilhelm, u. s. w. verkünden hiermit etc. Von Schneider ist ebenfalls ein Amendement gestellt, welches lautet: &#x201E;Wir, Friedrich Wilhelm, König von Preußen u. s. w.&#x201C;, er vertheidigt dasselbe, indem er auf die Zartheit aber auch Wichtigkeit der Frage aufmerksam macht und zeigt, daß der Ausdruck &#x201E;von Gottes Gnaden&#x201C; dem alten patriarchalischen Absolutismus angehöre und einer Urkunde, die die künftige Verfassung eines constitutionellen Staates enthält, nicht vorgesetzt werden dürfe. Was den Ausdruck &#x201E;König von Preußen&#x201C; beträfe, so sei die Zeit vorüber, wo Landesschacher und Völkerraub möglich ist, darum darf auch der Fürst nicht mehr den Eigenthumstitel führen; abgesehen davon, daß er unconstitutionell ist Walther für die Formel der Centralabtheilung: Wenn es heißen sollte: &#x201E;König von Preußen&#x201C; so müßte das Potworowsky'sche Amendement: &#x201E;beim Titel des Königs den Titel Großherzog von Polen beizubehalten&#x201C; ebenso verändert werden, und da in Polen auch Deutsche sind, so müßte der Titel heißen: Großherzog der Posener Polen und Deutschen. Uebrigens fühle er das Bedürfniß, sich beim Namen des Königs an die Verantwortlichkeit zu erinnern, die derselbe nicht gegen die Nation, nicht gegen deren Vertreter, sondern gegen eine höhere Macht, die göttliche Vorsehung, hat. Borchart kräftig gegen diese Sentimentalität: Am 19. März hat es nicht von Gottes, sondern von des Volkes Gnade abgehangen, daß Friedrich Wilhelm noch König von Preußen geblieben ist. v. Daniels sieht eine Barbarei in dem Ausdruck &#x201E;der Preußen&#x201C;, da die Vandalenkönige sich auch dieses Genitivs bedient hatten. Der Minister des Innern: Wir wollen treue Vermittler sein zwischen der Krone und der vereinbarenden Versammlung. Wir werden die Rechte des Volks wahrnehmen, aber auch die der Krone vertheidigen. Unconstitutionell ist der Ausdruck &#x201E;von Gottes Gnaden&#x201C; nicht. Die Engländer haben denselben auch beibehalten. Stolz können die Könige nicht darauf sein, vielmehr muß es sie demüthig machen, da es sie stets an ihren Ursprung erinnert. Auch ist die Krone jetzt im Besitz dieses Titels, man darf ihn ihr nicht rauben. So ist es auch mit dem Ausdruck: &#x201E;König der Preußen&#x201C; Solche Ausdrücke schaden ja Niemanden, warum sollen sie der Krone nicht bleiben. Kruhl findet eine tiefe Bedeutung in den Ausdrücken; besonders in dem ersten. Denn die Menschen bedürfen eines Symbols an dem sie mit Innigkeit und Hingebung hangen, Außerdem würde uns der Ausdruck &#x201E;König von Preußen&#x201C; zu Leibeigenen, zu Sklaven machen. Temme und Lisiecki haben ein Sousamendement des Schneider'schen Amendements eingereicht, zu setzen: &#x201E;König von Preußen und Großherzog von Posen&#x201C;. Wird unterstützt, ebenso das von Parrisius: &#x201E;Wir Friedrich Wilhelm, König von Preußen, verkünden hiermit u. s. w.&#x201C; Nur das Centrum erhebt sich bei der Unterstützungsfrage. Hildenhagen: wir wollen den König nicht erniedrigen. Aber statt daß der Königliche Thron früher von Aeußerlichkeiten umgeben war, vor denen das Volk in knechtischem Aberglauben niederzuknieen gewohnt war, soll jetzt die innere Tüchtigkeit, die Mannhaftigkeit und Intelligenz des Fürsten der Magnet sein, der die Herzen seines Volkes zu seinem Throne zieht. Während Wien vielleicht in diesem Augenblick seinen Fürsten dafür durch Verlust der Krone bestraft, daß er seine Zeit und ihre Forderungen nicht verstanden, debattiren wir über Worte, und erlangen vielleicht nicht einmal, daß auch nur der Form nach dem constitutionellen Verlangen der Zeit, nachgegeben werde. Wenn wir nicht brechen mit der alten Zeit, so wird die neue Zeit brechen mit uns. &#x2012; Ein anhaltendes Bravo folgte der kernigen und von edler Begeisterung getragenen Reden und der folgende Redner, Sommer von der Rechten, wurde fast gar nicht angehört. Bodener (aus dem Centrum): Bei der Frage über die Verfassung gibt es keine Gemüthlichkeit und keine Phrasen, sondern strenge Bedachtsamkeit deshalb bin ich für den Ausdruck &#x201E;von Preußen:&#x201C; aber gegen &#x201E;Gottes Gnaden&#x201C; Rath einigen unwichtigen Reden wird durch Abstimmung eine viertheilige Diskussion, resp. Abstimmung beliebt. Das Schreiber'sche Amendement, welches eine Aufschiebung der Berathung über die Verkündigungsformel bis zur Vollendung der ganzen Verfassungs-Urkunde beantragt, wird verworfen. &#x2012; Uhlich beantragt sofort den Schluß der Diskussion über die Worte: &#x201E;von Gottes Gnaden.&#x201C; Nach Unterstützung und Motivirung des Schlusses spricht Schultz (Delitzsch) dagegen, weil ein Gesichtspunkt noch nicht genug erörtert ist. Wenn eine Firma banke ort gemacht hat, so wird in dem neuen Geschäft die Firma geändert. Die Worte &#x201E;von Gottes Gnaden&#x201C; stellten die Firma des Absolutismus dat, der bekanntlich nebst seinem Geschäftsführer Bankerott gemacht hat. Wollen wir nun auch den alten Geschäftsführer erhalten, so müssten wir doch die Firma abändern. Nach einer Menge faktischer Berichtigungen die theils nicht faktisch, theils nicht berichtigend sind, wird noch ein Amendement von v. Cziescowsky verlesen, das jedoch nicht unterstützt wird. Der Schluß wird darauf angenommen, und darauf die Worte &#x201E;von Gottes Gnaden&#x201C; zur namentlichen Abstimmung gebracht, welche das Resultat ergibt: 217 Ja, 134 Nein, 51 haben gefehlt. Für die Streichung stimmten aus dem Centrum und aus dem linken Centrum: Kosch, Moritz, Parrisius, Schadebrodt, Schwiegen, v. Unrub, Wachsmuth, Uhlich, v. Berg, Duncker, v. Kirchmann. Gegen die Streichung stimmten Harkort, Jonas I. und II, Zachariae, Zweifel, Auerswald I., Bornemann, Daniels, Milde, Märker und die ganze Rechte. Das die Linke (Waldeck, Elsner, Stein, Gladbach, Jung, Berends, Temme u. s. f.) für die Streichung stimmten, glauben wir kaum erwähnen zu dürfen. Es fehlte Sybow (der unmittelbar nach Beginn der Abstimmung hinausging und nicht eher wiederkam, als bis das Resultat verkündet war). &#x2012; Es folgt hierauf die Diskussion über die Worte &#x201E;König der Preußen.&#x201C; Jung trägt auf sofortigen Schluß der Debatte an. v. Mäusebach trägt auf Namensaufruf an, der von der äußersten Rechten und von der äußersten Linken unterstützt wird, worauf Schneider sein Amendement zurücknimmt und dann der Ausdruck: &#x201E;König von Preußen&#x201C; fast einstimmig angenommen wird. &#x2012; v. Potworowski motivirt sein Amendement, wonach jenem Ausdruck hinzugesetzt werden soll: &#x201E;Großherzog von Posen.&#x201C; Wir sind Polen unter preußischer Oberhoheit, keine Deutsche, keine Preußen. Soll ich mich hier vor den Vertretern des preußischen Volks im Jahre 1848 auf die Verträge von 1815 berufen? Wir sind schmählich behandelt, aber wir geben nicht die Hoffnung auf einstige Wiederherstellung unsrer nationalen Selbstständigkeit auf. Seien Sie gerecht, und löschen Sie nicht den letzten Funken von Hoffnung, indem Sie den Beinamen: &#x201E;Großherzog von Posen&#x201C; aus dem Titel des Königs streichen. Seeger gegen das Amendement, da er in den Wiener Verträgen durchaus nicht die Garantie für die Selbstständigkeit des Großherzogthums als eines solchen finde. Schramm: Da wir den alten Ausdruck &#x201E;König von Preußen,&#x201C; gelassen haben, so scheint schon daraus zu folgen, daß dann auch die übrigen Titel, welche einen bestimmten Inhalt haben, verbleiben. Wir machen ja keinen Zusatz, indem wir das Amendement annehmen. Auch dürfen wir den Polen nicht die letzte Garantie für die Möglichkeit ihrer künftigen nationalen Selbstständigkeit rauben. Geßler dagegen, da dies Amendement keinen Unterschied mache zwischen den Theilen, die bei Deutschland verbleiben wollen, und denen, die einer Reorganisation unterworfen werden sollen. Nach einer thatsächlichen Berichtigung von v. Zoltowsky wegen der Abhängigkeit Posens von Preußen ergreift der Minister des Innern das Wort: Wenn gegenwärtig darauf angetragen ist, den Titel &#x201E;Großherzog von Posen&#x201C; in die Verfassungs-Urkunde mit hinüberzunehmen, so würde die Regierung nichts dagegen haben, wenn nicht damit eine ganz besondere politische Bedeutung verbunden wäre. Insofern muß sich die Regierung allerdings gegen das Amendement erklären. Er verliest darauf den Beschluß der deutschen National-Versammlung vom 7. Juli, betreffend die Zulassung der 12 deutschen Abgeordneten von Posen. v Dönhoff (Minister des Auswärtigen): Es würde sich hier nur um eine Bestimmung der Gränze handeln, da die Landestheile des Retzdistrikts und mehrere andere Kreise bereits am 22. Mai von der deutschen National-Versammlung in das deutsche Reich aufgenommen sind. &#x2012; v. Zoltowski: Niemand hat bestritten, daß nach den Wiener Verträgen das Großherzogthum Posen nicht zum deutschen Bunde gehören solle. Somit ist die deutsche National-Versammlung gar nicht kompetent zu solchen Beschlüssen. (Oho!) &#x2012; Bauer (Krotoschin) beantragt Verwerfung der Vertagung und den Schluß der Debatte. Das erstere wird angenommen, das zweite verworfen, worauf Temme für das Amendement. Er wolle sich nicht auf Staatsverträge berufen, sie gelten für ihre Zeit, und nicht für die neue Zeit, die das Prinzip der Nationalität und deren Selbstständigkeit zur Geltung bringen will. Ehren Sie dieses Verlangen und nehmen Sie das Amendement an, welches aus diesem Verlangen entsprungen ist. &#x2012; Kalizki mit der Gluth nationaler Begeisterung die Schwierigkeiten einer ihm nicht geläufigen Sprache überwindend, für das Amendement. Er protestirt gegen die Kompetenz der Frankfurter Versammlung in Bezug auf die Posen'schen Verhältnisse und gegen die Rechtsgültigkeit ihrer Beschlüsse &#x2012; Schmidt aus Czarnikau macht die Gleichberechtigung der Nationalitäten geltend gegen das Amendement. &#x2012; Lisiecki: Nur das Verzweifelte unserer Lage treibt uns zur Berufung auf diese Verträge, deren bloßer Name meine tiefste Entrüstung hervorruft. Aber ich werde es nicht thun. Ich bin zu bewegt, um Vieles zu sagen. Ich beschwöre Sie, meine Herren, seien Sie gerecht. Der Pole hat überall sein Blut für die Freiheit vergossen, und wird es noch ferner vergießen, und er soll nicht einmal einen eigenen freien Heerd haben. Seien Sie gerecht, meine Herren. (Bravo.) Das Keserstein'sche Amendement kommt zur Unterstützung, wonach hinter dem Ausdruck &#x201E;König von Preußen&#x201C; nichts als ein &#x201E;etc. etc.&#x201C; folgen soll. Hanow gegen das Amendement. Phillips trägt auf Vertagung der Diskussion bis zur Debatte über § 1 der Verfassungs-Urkunde an. Von der Linken und vom Centrum unterstützt. Die Abstimmung ist zuerst zweifelhaft, bald darauf entscheidet sich die Majorität für die Vertagung. Morgen: Bürgerwehrgesetz wird verlesen, ebenso die transitorischen Bestimmungen dazu, sowie das Jagdgesetz und zur definitiven Abstimmung darüber geschritten. Darauf Weinmoststeuer. Sitzungsschluß 2 ein halb Uhr.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar117_018" type="jArticle">
          <head>Brandenburg a. d. H., 10. Oktbr.</head>
          <p>Zwischen der hier garnisonirenden Kavallerie und Infanterie ist es dieser Tage zu einer Schlägerei gekommen, bei welcher die Infanterie die Oberhand behielt.</p>
          <bibl>(B. Z. H.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar117_019" type="jArticle">
          <head>Breslau, 10. Okt., 9 1/2 Uhr.</head>
          <p>So eben trifft der Abendzug der Oberschlesischen Eisenbahn mit der Wiener Post ein. Es ergibt sich, daß letztere deßhalb heute Mittag nicht eingetroffen war, weil der Train auf der Nordbahn, 25 Waggons stark, welche zum großen Theil Flüchtlinge aus Wien fortschafften, den Anschluß an den durchgehenden Zug versäumt hatte.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar117_020" type="jArticle">
          <head>Hadersleben, 6. October.</head>
          <p>Es kehren fortwährend deutsche Geschäftsreisende, die sich nach Jütland und Fühnen begeben haben, von dorther zurück und stimmen alle darin überein, daß man sich ungefährdet dort nicht aufhalten könne. Einer mußte sich zu Fuß von Bogense aus dem Staube machen, und erhielt in Odense vom Polizeimeister, Kammerjunker Klaumann, die Weisung, sich sofort aus der Stadt zu begeben, da die dortige Polizei sich nicht im Stande sehe, ihm Schutz zu gewähren. In Aarhuns mußten mehre Reisende des Nachts aus dem Bette heraus, um nicht ein Opfer der gegen sie gerichteten Pöbeldemonstration zu werden. Mehre Geschäftsreisende sind dadurch bewogen worden, theils auf halbem Wege wieder umzukehren, theils von hier aus nicht weiter zu reisen. In Raskov fand man des Morgens den Kaufmann Schüler aus Lübeck todt im Bette liegen, nachdem man ihn zuvor dadurch zu ärgern gesucht hatte, daß man ihm eine als Boot geformte Gurke mit der deutschen Trikolore en miniature präsentirte. Von einigen Jachten, die hier im Hafen liegen, sah man heute früh, am Geburtstage des dänischen Königs, dänische Flaggen wehen, die jedoch sehr bald, nach dem Einschreiten des Bürgermeisters, wieder gestrichen wurden. Patrouillen werden fernern Demonstrationen vorzubeugen wissen. Auf morgen wird der Rittmeister Matthiessen mit einer Eskadron schleswig-holsteinischer Dragoner hier erwartet.</p>
          <bibl>(Sch.-H. Z.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar117_021" type="jArticle">
          <head>Triest, 6. October.</head>
          <p>Man erfährt, daß die im Kreis von Cattaro ausgebrochenen Unruhen in der Verweigerung der Bauern die Steuern zu bezahlen, ihren Grund haben.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Ungarn.</head>
        <div xml:id="ar117_022" type="jArticle">
          <head>Pesth, 5. Oktober.</head>
          <p>Der reichstägige Ausschuß für die Landesvertheidigung hat folgenden Warnungsruf der Ungarn an die Oestreicher erlassen:</p>
          <p>Ein unerhörter Verrath, an Ehre, Recht und der heiligsten Volkstreue verübt, machte es den räuberischen Horden, mit welchen Jellachich in unser Vaterland einbrach, allein möglich, bis nahe an die Hauptstadt vorzudringen. Das schändlich getäuschte Ungarn bedurfte aber nur zu erwachen und seinen Zustand der dringendsten Nothwehr zu erkennen, um diesem verbrecherischen Wagnisse ein Ziel zu setzen. Trotzdem, daß selbst manche ehrliche Kriegerscharen in einer nicht genug zu beklagenden Begriffsverwirrung nicht erkannten, wie die Fahnen Oesterreichs geschändet wurden und sich der verrätherischen Führung Jellachich's preisgaben, fand dieser zwischen Stuhlweißenburg und Ofen sein &#x201E;bis hierher und nicht weiter&#x201C;, das ihm unsere tapfere Armee, obwohl damals noch der Zahl nach beiweitem schwächer, in einem entscheidenden Siege mit blutiger Schrift vorzeichnete. Von unserer tapfern Armee hart bedrängt, bat der Verräther um Waffenstillstand. Obwohl so oft getäuscht, verschollen wir doch unser Ohr nicht der Menschlichkeit und gewährten ihm sein Begehren; und siehe! ehrvergessen bricht der treulose Feind den Waffenstillstand, ändert seine beiderseitig auf Treue und Glauben festgesetzte Stellung und wendet sich vor Ablauf des Waffenstillstandes mit Raub und Verwüstung gegen Raab. Unsere über diesen Treubruth entrüstete Armee, die sich an Zahl, Kriegsmaterial und Hülfsmitteln aller Art von Tag zu Tag <ref type="link">Hierzu eine Beilage.</ref>                </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0586/0004] [Deutschland] [Fortsetzung] wünscht die Bürgerschaft? „ ‒ „„Daß das Militär nicht fortmarschire!““ ‒ „Wünscht das die Bürgerschaft?„ ‒ „„Ja!““ ‒ „Nun, dann marschirt es!“ ‒ Sprach's, legte sich wieder hin, warf sich auf die andere Seite und schnarchte weiter. Die vier Deputirten sind heute früh nach Brandenburg zurückgereist. (B. Z.-H.) * Berlin. Die unten nachfolgende Vorlage des Ministeriums ist von der Commission der National-Versammlung für Justizreform verworfen worden, obgleich Jung, und Doerk ausgenommen, nur Mitglieder der Rechten in dieser Commission sitzen und Reichensperger sie präsidirt. So groß ist der Schrecken, den die Wiener Nachrichten unter den konservativen Catos heraufbeschworen. Botschaft an die zur Vereinbarung der Verfassung berufene Versammlung. Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc. lassen der zur Vereinbarung der Verfassung berufenen Versammlung hierbei den von Unserem Staats-Ministerium ausgearbeiteten Entwurf eines Gesetzes, die §§. 151 bis 155. Tit. 20. Th. II. Allg Landrechts betreffend, nebst Motiven zu ihrer Erklärung zugehen. Gegeben Sanssouci, den 8 Okt. 1848. (gez.) Friedrich Wilhelm. (gez.) v. Pfuel. Eichmann. v. Bonin. Dönhoff. Kisker. Für den Minister der geistlichen Angelegenheiten: v. Ladenberg. Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc. verordnen auf den Antrag Unseres Staats-Ministeriums und mit Zustimmung der zur Vereinbarung der preußischen Verfassung berufenen Versammlung was folgt: §. 1. Wer durch Reden an öffentlichen Orten oder bei öffentlichen Zusammenkünften, oder durch Schriften, Abbildungen oder andere Darstellungen, welche verkauft, ausgetheilt oder sonst verbreitet oder öffentlicht ausgestellt oder angeschlagen werden, gegen die Landes-Verfassung, die Gesetze, die Staats-Einrichtungen oder die Maßregeln der Verwaltung durch Erdichtung von Thatsachen oder durch Entstellung der Wahrheit, Haß oder Verachtung zu erwecken sucht, wird mit Gefängniß von vierzehn Tagen bis zu sechs Monaten bestraft. Die zur Verbreitung vorräthigen Exemplare solcher Schriften, Abbildungen, oder andern Darstellungen, so wie dazu bestimmten Platten und Formen sind in Beschlag zu nehmen und zu vernichten. §. 2. Die §§. 151. bis 155 Tit. II. Allg. Landrechts und die darauf Bezug habenden neuen Verordnungen, soweit sie noch gültig sind, treten außer Kraft. Urkundlich etc. etc. Motive zum Entwurf eines Gesetzes über die Abänderung der §§. 151. und folg. Titel 20. Theil II. des Allgem. Landrechts. Es muß anerkannt werden, daß die §§. 151 und folg. Titel 20 Theil II. des Allgem. Landrechts in Verbindung mit der Volkschrift des Censur-Ediets vom 18 Oktober 1819 §. XVI. ad 2. (Gesetz-Sammlung S. 232.) in mehrfacher Beziehung nicht haltbar erscheinen. 1) Zunächst ist eine Beschränkung insofern nothwendig und dem Geiste der neuen Legislation angemessen, als die incriminirten Handlungen nur dann als strafbar betrachtet werden dürfen, wenn sie öffentlich in Worten. Schriften oder Darstellungen geäußert sind. Denn nur dann werden sie als wirklich die Würde des Staates verletzend und gefährlich für denselben angesehen werden können, weil sich nur unter solchen Umständen die Erregung von Unzufriedenheit und Mißvergnügen gegen die Regierung in einem bedeutungsvollen Maaße erwarten läßt. Eine ähnliche Auffassung der Sache hat sich auch in andern neuen Gesetzgebungen geltend gemacht. 2) Hiernächst ist gegen die §§. 151 und folg. zu bemerken, daß die Ausdrücke: „frecher unehrerbietiger Tadel und Verspottung“, eine zu weite unbestimmte Anwendung zulassen. Es erscheint nothwendig, den Begriff des Verbrechens in engere Grenzen zu schließen; dies geschieht, wenn der Thatbestand lediglich auf den Fall beschränkt wird, wo durch Erdichtung von Thatsachen oder durch Entstellung der Wahrheit Haß oder Verachtung zu erwecken versucht wird. 3) Endlich ist in dem Allgem. Landrechte das Strafmaaß zu hoch. Es wird Gefängniß von 14 Tagen bis zu 6 Monaten genügen Wenn die Strafbestimmungen des Landrechts in der so formulirten Art und Weise beschränkt und umgestaltet werden, so dürften sie den Verhältnissen entsprechen. Die Bestimmungen des Landrechts ohne alles Surrogat aufzuheben, ist nicht zulässig, da es unmöglich gestattet werden kann, daß wider besseres Wissen und in der Absicht, die Regierung herabzuwürdigen, Thatsachen entstellt oder erdichtet werden. Es ist dies eine Verläumdung, die, wenn sie gegen Privatpersonen begangen wird, eine viel höhere Strafe, als die oben vorgeschlagene, nach sich zieht. Das Allgem. Landrecht spricht im §. 153 und 154 auch von Verkauf und Verbreitung strafbarer Schriften und Darstellungen. Indeß wird es der Aufnahme derartiger Bestimmungen nicht bedürfen. Es sind hierbei zwei Fälle zu unterscheiden. Haben die Verkäufer und Verbreiter wissentlich und vorsätzlich, mit Kenntniß des strafbaren Inhalts, gehandelt, so sind dieselben schon nach allgemeinen Grundsätzen über Miturheber und Gehülfen strafbar. Anders verhält es sich, wenn ein solcher Vorsatz nicht nachgewiesen werden kann. Für diese Art der fahrlässigen Verbreitung kann es allerdings wünschenswerth erscheinen, Bestimmungen zu treffen; allein nach dem Vorgange anderer Gesetzgebungen würden diese Bestimmungen immer nicht in Beschränkung auf ein einzelnes Verbrechen, wie das vorliegende, sondern von einem allgemeinen Standpunkte aus erlassen werden müssen, da solche Verbreitung auch für Provokationen zu Hochverrath, Majestäts-Beleidigung etc. von Bedeutung ist. Was schließlich die in Folge der landrechtlichen Bestimmungen erkannten Strafen so wie die nach denselben Vorschriften eingeleiteten Untersuchungen betrifft, so gehört die Bestimmung über den Erlaß der Strafe und die Niederschlagung der Untersuchung nicht in das Gesetz; vielmehr wird mit Rücksicht auf § 18 der Einleitung zum Allgem. Landrechte die Angelegenheit im Verwaltungswege zu erledigen sein. Berlin, 11. Okt. (Preuß. Nationalversammlung.) Wir tragen aus dieser Sitzung Folgendes nach. Zunächst mehrere Interpellationen: Behnsch vermißt in den amtlichen Mittheilungen der öffentlichen Blätter bezüglich der Posener Amnestie die „mittelbaren Staatsbeamten“, welche doch, nach dem vom Justizminister in der vorigen Sitzung verlesenen Dekrete unter die, für die „unmittelbaren Staatsbeamten“ ausgesprochene Amnestie ausdrücklich mitgehören sollten. Der Hr. Minister erklärt die Auslassung des Wortes „mittelbar“ für einen Druckfehler und die Urschrift zu der Publikation als verloren gegangen. Der Abg. Kanonikus Richter verlangt. daß die Amnestie für die Polen (in Posen) auch auf die Polen in Westpreußen ausgedehnt werde und Temme fordert unbedingte Amnestie (nicht blos Befreiung von der Untersuchung) für alle in den Polenaufstand verflochtene Beamte, Offiziere, Geistliche und Lehrer. Beide Anträge werden als nicht dringlich zurückgestellt; nachdem der Justizminister erklärt hat, wie jede Amnestie eine doppelte Bedeutung habe, (leider sehr wahr) nämlich als Akt der Begnadigung und als bloße Niederschlagung der Untersuchung. Die Amnestie vom 9. habe zunächst nur die letzte Bedeutung; die erste, die „Begnadigung“ werde späterhin erfolgen. Für die Anträge sprechen Waldeck, Jung, Bensch. Die beiden letzteren finden in dieser Amnestie (v. 9.) eine halbe Maßregel und gefährlich. Arntz und Philipp's verlangen vom Finanz-Minister noch vor dem 1. Dezember d. J. die Vorlegung des Büdjets für das Jahr 1849. Der Antrag wird, nach einigen weder zusagenden noch ablehnenden Bemerkungen des Herrn Ministers, von der Versammlung fast einstimmig zu dem ihrigen gemacht. Dem Abgeordneten Krauß genügt das ministerielle Programm vom 22. September nicht; er will wissen, wie das Ministerium in Betreff der, schon von den beiden frühern Ministerien, in Aussicht gestellten Steuer- und Abgaben-Reform gesonnen ist; und ob es namentlich die Wahl-, Schlacht- und Klassensteuer abschaffen und dafür eine Einkommens- und Vermögenssteuer einführen wolle? Der Nachfolger des Hrn. Hansemann und Erbe dessen parlamentarischer Tugenden warnt, indem er sich ausdrücklich auf seinen (großen) Vorgänger beruft, vor „Täuschungen und mißlichen Experimenten“ auf finanziellem Gebiete. (Sehr richtig! wir dürfen nur an den Staatsschatz denken.) Der Aufhebung der Wahl- und Schlachtsteuer widersetze sich das Ministerium nicht; in der Einkommensteuer ‒ mit deren Einführung die Klassensteuer von selbst fortfalle ‒ wolle man noch einen Schritt weiter gehen; nur lasse sich das Ertragsverhältniß noch nicht übersehen. (Wir fragen ganz einfach: wie weit man denn mit den Vorarbeiten zur Einkommensteuer gekommen und welches der „Schritt“ ist, den man „noch weiter gehen“ wolle?) Hierauf bringen Kirchmann, Kämpf und Wachsmuth als dringlich (vor der Tagesordnung) einen Gesetzesvorschlag ein, wonach bis zur Feststellung der Verfassung und Gemeindeordnung, in Betreff der Bürgerwehr folgende Vorschriften gelten sollen: 1) Das feierliche Gelöbniß der Treue für den König u. s. w. (§ 7 des Bürgerwehrgesetzes) findet nicht statt. 2) Auch die Hauptleute sollen „in dringenden Fällen“ auf eigene Verantwortlichkeit, ohne Requisition der Behörden, die Bürgerwehrmänner ihres Bezirks zum Schutze der gesetzlichen Ordnung u. s. w. versammeln und wirken lassen dürfen. 3) Die vom Staate den Gemeinden verabreichten Waffen bleiben bis zum Erscheinen der Verfassung jedenfalls im Besitze der Gemeinden. Gegen den Vorschlag sprechen: Stein; erst muß das Bürgerwehrgesetz im Ganzen zur Abstimmung kommen; er will nicht, daß der Versammlung die Annahme des Bürgerwehrgesetzes durch den jetzigen Vorschlag plausibler gemacht werde; ‒ Temme: will durchaus keine transitorischen Bestimmungen mehr; er findet in dem Vorschlag die Absicht einer Beschwichtigung des Volkes wegen des Mißtrauensvotums, welches das Bürgerwehrgesetz gegen die ganze Bürgerwehr ausdrücke (Sturm) D'Ester begreift nicht, wie man über eine Gesetzesvorlage diskutiren könne, welche sich auf ein anderes, noch gar nicht existirendes Gesetz bezieht. Elsner erklärt den Vorschlag als ein Amendement zum Bürgerwehrgesetz und deshalb die Diskussion für unzulässig; auch er findet, daß man die öffentliche Meinung, die sich entschieden gegen das Bürgerwehrgesetz ausgesprochen, nur beschwichtigen wolle (oho!). Für den Antrag sprechen außer den Antragstellern verschiedene Redner, die gerade mit dem ‒ von der Opposition angegriffenen ‒ Zugeständnisse an die öffentliche Meinung, den Vorschlag rechtfertigen. Dieser wird endlich von der Versammlung angenommen, nachdem noch Gladbach und Behrends an der Debatte über die einzeln §§. sich in der Art betheiligt haben, daß Gladbach (zu § 3 ) verlangt: Die Gewehre sollen den Gemeinden „bis zum Erlasse eines volksthümlichen Bürgerwehrgesetzes“ verbleiben (nicht angenommen); und Behrends gegen den § 2 sich erklärt, weil darin von dem „ Schutze der Freiheit des Volks“ nichts stehe. Bevor nun in der Berathung des Ablösungsgesetzes fortgefahren wird, (welche für heute mit Annahme des § 1 Nr. 2 schließt) erhebt sich ein gewaltiger Sturm über ein in der Versammlung cirkulirendes Schreiben des Abgeordneten Prof. Haase von Breslau, in welchem dieser seinen Wählern ein durchaus unwürdiges Bild entwirft von den Parteistellungen in der Kammer. v. Berg, der diesen Gegenstand zur Sprache bringt, glaubt, daß das Druckstück wohl ein Falsum sein müsse, da es für einen Professor zu schlecht stylisirt, für einen Abgeordneten aber zu unehrenhaft sei, worauf Haase erwiedert, daß das Schreiben allerdings von ihm, aber nicht zur Veröffentlichung bestimmt, sondern nur an eine Person gerichtet sei, auf deren Diskretion er sicher rechnen zu können geglaubt habe. (Schluß der Sitzung 2 Uhr). Berlin. Nationalversammlung. (Sitzung vom 12. Oktober). Das Protokoll wird genehmigt, die üblich gewordenen Urlaubsgesuche werden bewilligt. Tagesordnung: Bericht der Central-Abtheilung über den Titel I. des Entwurfs der Verfassungs-Urkunde. Der Berichterstatter der Central-Abtheilung (Lüdike) beantragt, nachdem er die Motive für die Fassung der Eingangsformel explicirt, die Fortlassung der Worte „von Gottes Gnaden“. Ein Amendement von Schreiber beantragt die Suspension der Debatte über die Eingangsformel bis zur Vollendung der ganzen Verfassung. Die Formel in der Verfassung der Centralabtheilung lautet: Wir, Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen, thun kund und fügen zu wissen, daß wir mit den nach dem Wahlgesetze vom 8. April 1848 gewählten und demnächst von Uns zusammenberufenen Vertretern Unseres getreuen Volkes die nachfolgende Verfassung vereinbart haben, welche wir demnach hierdurch verkunden.“ Ein Amendement von Mätze lautet: „Wir, Friedrich Wilhelm, u. s. w. verkünden hiermit etc. Von Schneider ist ebenfalls ein Amendement gestellt, welches lautet: „Wir, Friedrich Wilhelm, König von Preußen u. s. w.“, er vertheidigt dasselbe, indem er auf die Zartheit aber auch Wichtigkeit der Frage aufmerksam macht und zeigt, daß der Ausdruck „von Gottes Gnaden“ dem alten patriarchalischen Absolutismus angehöre und einer Urkunde, die die künftige Verfassung eines constitutionellen Staates enthält, nicht vorgesetzt werden dürfe. Was den Ausdruck „König von Preußen“ beträfe, so sei die Zeit vorüber, wo Landesschacher und Völkerraub möglich ist, darum darf auch der Fürst nicht mehr den Eigenthumstitel führen; abgesehen davon, daß er unconstitutionell ist Walther für die Formel der Centralabtheilung: Wenn es heißen sollte: „König von Preußen“ so müßte das Potworowsky'sche Amendement: „beim Titel des Königs den Titel Großherzog von Polen beizubehalten“ ebenso verändert werden, und da in Polen auch Deutsche sind, so müßte der Titel heißen: Großherzog der Posener Polen und Deutschen. Uebrigens fühle er das Bedürfniß, sich beim Namen des Königs an die Verantwortlichkeit zu erinnern, die derselbe nicht gegen die Nation, nicht gegen deren Vertreter, sondern gegen eine höhere Macht, die göttliche Vorsehung, hat. Borchart kräftig gegen diese Sentimentalität: Am 19. März hat es nicht von Gottes, sondern von des Volkes Gnade abgehangen, daß Friedrich Wilhelm noch König von Preußen geblieben ist. v. Daniels sieht eine Barbarei in dem Ausdruck „der Preußen“, da die Vandalenkönige sich auch dieses Genitivs bedient hatten. Der Minister des Innern: Wir wollen treue Vermittler sein zwischen der Krone und der vereinbarenden Versammlung. Wir werden die Rechte des Volks wahrnehmen, aber auch die der Krone vertheidigen. Unconstitutionell ist der Ausdruck „von Gottes Gnaden“ nicht. Die Engländer haben denselben auch beibehalten. Stolz können die Könige nicht darauf sein, vielmehr muß es sie demüthig machen, da es sie stets an ihren Ursprung erinnert. Auch ist die Krone jetzt im Besitz dieses Titels, man darf ihn ihr nicht rauben. So ist es auch mit dem Ausdruck: „König der Preußen“ Solche Ausdrücke schaden ja Niemanden, warum sollen sie der Krone nicht bleiben. Kruhl findet eine tiefe Bedeutung in den Ausdrücken; besonders in dem ersten. Denn die Menschen bedürfen eines Symbols an dem sie mit Innigkeit und Hingebung hangen, Außerdem würde uns der Ausdruck „König von Preußen“ zu Leibeigenen, zu Sklaven machen. Temme und Lisiecki haben ein Sousamendement des Schneider'schen Amendements eingereicht, zu setzen: „König von Preußen und Großherzog von Posen“. Wird unterstützt, ebenso das von Parrisius: „Wir Friedrich Wilhelm, König von Preußen, verkünden hiermit u. s. w.“ Nur das Centrum erhebt sich bei der Unterstützungsfrage. Hildenhagen: wir wollen den König nicht erniedrigen. Aber statt daß der Königliche Thron früher von Aeußerlichkeiten umgeben war, vor denen das Volk in knechtischem Aberglauben niederzuknieen gewohnt war, soll jetzt die innere Tüchtigkeit, die Mannhaftigkeit und Intelligenz des Fürsten der Magnet sein, der die Herzen seines Volkes zu seinem Throne zieht. Während Wien vielleicht in diesem Augenblick seinen Fürsten dafür durch Verlust der Krone bestraft, daß er seine Zeit und ihre Forderungen nicht verstanden, debattiren wir über Worte, und erlangen vielleicht nicht einmal, daß auch nur der Form nach dem constitutionellen Verlangen der Zeit, nachgegeben werde. Wenn wir nicht brechen mit der alten Zeit, so wird die neue Zeit brechen mit uns. ‒ Ein anhaltendes Bravo folgte der kernigen und von edler Begeisterung getragenen Reden und der folgende Redner, Sommer von der Rechten, wurde fast gar nicht angehört. Bodener (aus dem Centrum): Bei der Frage über die Verfassung gibt es keine Gemüthlichkeit und keine Phrasen, sondern strenge Bedachtsamkeit deshalb bin ich für den Ausdruck „von Preußen:“ aber gegen „Gottes Gnaden“ Rath einigen unwichtigen Reden wird durch Abstimmung eine viertheilige Diskussion, resp. Abstimmung beliebt. Das Schreiber'sche Amendement, welches eine Aufschiebung der Berathung über die Verkündigungsformel bis zur Vollendung der ganzen Verfassungs-Urkunde beantragt, wird verworfen. ‒ Uhlich beantragt sofort den Schluß der Diskussion über die Worte: „von Gottes Gnaden.“ Nach Unterstützung und Motivirung des Schlusses spricht Schultz (Delitzsch) dagegen, weil ein Gesichtspunkt noch nicht genug erörtert ist. Wenn eine Firma banke ort gemacht hat, so wird in dem neuen Geschäft die Firma geändert. Die Worte „von Gottes Gnaden“ stellten die Firma des Absolutismus dat, der bekanntlich nebst seinem Geschäftsführer Bankerott gemacht hat. Wollen wir nun auch den alten Geschäftsführer erhalten, so müssten wir doch die Firma abändern. Nach einer Menge faktischer Berichtigungen die theils nicht faktisch, theils nicht berichtigend sind, wird noch ein Amendement von v. Cziescowsky verlesen, das jedoch nicht unterstützt wird. Der Schluß wird darauf angenommen, und darauf die Worte „von Gottes Gnaden“ zur namentlichen Abstimmung gebracht, welche das Resultat ergibt: 217 Ja, 134 Nein, 51 haben gefehlt. Für die Streichung stimmten aus dem Centrum und aus dem linken Centrum: Kosch, Moritz, Parrisius, Schadebrodt, Schwiegen, v. Unrub, Wachsmuth, Uhlich, v. Berg, Duncker, v. Kirchmann. Gegen die Streichung stimmten Harkort, Jonas I. und II, Zachariae, Zweifel, Auerswald I., Bornemann, Daniels, Milde, Märker und die ganze Rechte. Das die Linke (Waldeck, Elsner, Stein, Gladbach, Jung, Berends, Temme u. s. f.) für die Streichung stimmten, glauben wir kaum erwähnen zu dürfen. Es fehlte Sybow (der unmittelbar nach Beginn der Abstimmung hinausging und nicht eher wiederkam, als bis das Resultat verkündet war). ‒ Es folgt hierauf die Diskussion über die Worte „König der Preußen.“ Jung trägt auf sofortigen Schluß der Debatte an. v. Mäusebach trägt auf Namensaufruf an, der von der äußersten Rechten und von der äußersten Linken unterstützt wird, worauf Schneider sein Amendement zurücknimmt und dann der Ausdruck: „König von Preußen“ fast einstimmig angenommen wird. ‒ v. Potworowski motivirt sein Amendement, wonach jenem Ausdruck hinzugesetzt werden soll: „Großherzog von Posen.“ Wir sind Polen unter preußischer Oberhoheit, keine Deutsche, keine Preußen. Soll ich mich hier vor den Vertretern des preußischen Volks im Jahre 1848 auf die Verträge von 1815 berufen? Wir sind schmählich behandelt, aber wir geben nicht die Hoffnung auf einstige Wiederherstellung unsrer nationalen Selbstständigkeit auf. Seien Sie gerecht, und löschen Sie nicht den letzten Funken von Hoffnung, indem Sie den Beinamen: „Großherzog von Posen“ aus dem Titel des Königs streichen. Seeger gegen das Amendement, da er in den Wiener Verträgen durchaus nicht die Garantie für die Selbstständigkeit des Großherzogthums als eines solchen finde. Schramm: Da wir den alten Ausdruck „König von Preußen,“ gelassen haben, so scheint schon daraus zu folgen, daß dann auch die übrigen Titel, welche einen bestimmten Inhalt haben, verbleiben. Wir machen ja keinen Zusatz, indem wir das Amendement annehmen. Auch dürfen wir den Polen nicht die letzte Garantie für die Möglichkeit ihrer künftigen nationalen Selbstständigkeit rauben. Geßler dagegen, da dies Amendement keinen Unterschied mache zwischen den Theilen, die bei Deutschland verbleiben wollen, und denen, die einer Reorganisation unterworfen werden sollen. Nach einer thatsächlichen Berichtigung von v. Zoltowsky wegen der Abhängigkeit Posens von Preußen ergreift der Minister des Innern das Wort: Wenn gegenwärtig darauf angetragen ist, den Titel „Großherzog von Posen“ in die Verfassungs-Urkunde mit hinüberzunehmen, so würde die Regierung nichts dagegen haben, wenn nicht damit eine ganz besondere politische Bedeutung verbunden wäre. Insofern muß sich die Regierung allerdings gegen das Amendement erklären. Er verliest darauf den Beschluß der deutschen National-Versammlung vom 7. Juli, betreffend die Zulassung der 12 deutschen Abgeordneten von Posen. v Dönhoff (Minister des Auswärtigen): Es würde sich hier nur um eine Bestimmung der Gränze handeln, da die Landestheile des Retzdistrikts und mehrere andere Kreise bereits am 22. Mai von der deutschen National-Versammlung in das deutsche Reich aufgenommen sind. ‒ v. Zoltowski: Niemand hat bestritten, daß nach den Wiener Verträgen das Großherzogthum Posen nicht zum deutschen Bunde gehören solle. Somit ist die deutsche National-Versammlung gar nicht kompetent zu solchen Beschlüssen. (Oho!) ‒ Bauer (Krotoschin) beantragt Verwerfung der Vertagung und den Schluß der Debatte. Das erstere wird angenommen, das zweite verworfen, worauf Temme für das Amendement. Er wolle sich nicht auf Staatsverträge berufen, sie gelten für ihre Zeit, und nicht für die neue Zeit, die das Prinzip der Nationalität und deren Selbstständigkeit zur Geltung bringen will. Ehren Sie dieses Verlangen und nehmen Sie das Amendement an, welches aus diesem Verlangen entsprungen ist. ‒ Kalizki mit der Gluth nationaler Begeisterung die Schwierigkeiten einer ihm nicht geläufigen Sprache überwindend, für das Amendement. Er protestirt gegen die Kompetenz der Frankfurter Versammlung in Bezug auf die Posen'schen Verhältnisse und gegen die Rechtsgültigkeit ihrer Beschlüsse ‒ Schmidt aus Czarnikau macht die Gleichberechtigung der Nationalitäten geltend gegen das Amendement. ‒ Lisiecki: Nur das Verzweifelte unserer Lage treibt uns zur Berufung auf diese Verträge, deren bloßer Name meine tiefste Entrüstung hervorruft. Aber ich werde es nicht thun. Ich bin zu bewegt, um Vieles zu sagen. Ich beschwöre Sie, meine Herren, seien Sie gerecht. Der Pole hat überall sein Blut für die Freiheit vergossen, und wird es noch ferner vergießen, und er soll nicht einmal einen eigenen freien Heerd haben. Seien Sie gerecht, meine Herren. (Bravo.) Das Keserstein'sche Amendement kommt zur Unterstützung, wonach hinter dem Ausdruck „König von Preußen“ nichts als ein „etc. etc.“ folgen soll. Hanow gegen das Amendement. Phillips trägt auf Vertagung der Diskussion bis zur Debatte über § 1 der Verfassungs-Urkunde an. Von der Linken und vom Centrum unterstützt. Die Abstimmung ist zuerst zweifelhaft, bald darauf entscheidet sich die Majorität für die Vertagung. Morgen: Bürgerwehrgesetz wird verlesen, ebenso die transitorischen Bestimmungen dazu, sowie das Jagdgesetz und zur definitiven Abstimmung darüber geschritten. Darauf Weinmoststeuer. Sitzungsschluß 2 ein halb Uhr. Brandenburg a. d. H., 10. Oktbr. Zwischen der hier garnisonirenden Kavallerie und Infanterie ist es dieser Tage zu einer Schlägerei gekommen, bei welcher die Infanterie die Oberhand behielt. (B. Z. H.) Breslau, 10. Okt., 9 1/2 Uhr. So eben trifft der Abendzug der Oberschlesischen Eisenbahn mit der Wiener Post ein. Es ergibt sich, daß letztere deßhalb heute Mittag nicht eingetroffen war, weil der Train auf der Nordbahn, 25 Waggons stark, welche zum großen Theil Flüchtlinge aus Wien fortschafften, den Anschluß an den durchgehenden Zug versäumt hatte. Hadersleben, 6. October. Es kehren fortwährend deutsche Geschäftsreisende, die sich nach Jütland und Fühnen begeben haben, von dorther zurück und stimmen alle darin überein, daß man sich ungefährdet dort nicht aufhalten könne. Einer mußte sich zu Fuß von Bogense aus dem Staube machen, und erhielt in Odense vom Polizeimeister, Kammerjunker Klaumann, die Weisung, sich sofort aus der Stadt zu begeben, da die dortige Polizei sich nicht im Stande sehe, ihm Schutz zu gewähren. In Aarhuns mußten mehre Reisende des Nachts aus dem Bette heraus, um nicht ein Opfer der gegen sie gerichteten Pöbeldemonstration zu werden. Mehre Geschäftsreisende sind dadurch bewogen worden, theils auf halbem Wege wieder umzukehren, theils von hier aus nicht weiter zu reisen. In Raskov fand man des Morgens den Kaufmann Schüler aus Lübeck todt im Bette liegen, nachdem man ihn zuvor dadurch zu ärgern gesucht hatte, daß man ihm eine als Boot geformte Gurke mit der deutschen Trikolore en miniature präsentirte. Von einigen Jachten, die hier im Hafen liegen, sah man heute früh, am Geburtstage des dänischen Königs, dänische Flaggen wehen, die jedoch sehr bald, nach dem Einschreiten des Bürgermeisters, wieder gestrichen wurden. Patrouillen werden fernern Demonstrationen vorzubeugen wissen. Auf morgen wird der Rittmeister Matthiessen mit einer Eskadron schleswig-holsteinischer Dragoner hier erwartet. (Sch.-H. Z.) Triest, 6. October. Man erfährt, daß die im Kreis von Cattaro ausgebrochenen Unruhen in der Verweigerung der Bauern die Steuern zu bezahlen, ihren Grund haben. Ungarn. Pesth, 5. Oktober. Der reichstägige Ausschuß für die Landesvertheidigung hat folgenden Warnungsruf der Ungarn an die Oestreicher erlassen: Ein unerhörter Verrath, an Ehre, Recht und der heiligsten Volkstreue verübt, machte es den räuberischen Horden, mit welchen Jellachich in unser Vaterland einbrach, allein möglich, bis nahe an die Hauptstadt vorzudringen. Das schändlich getäuschte Ungarn bedurfte aber nur zu erwachen und seinen Zustand der dringendsten Nothwehr zu erkennen, um diesem verbrecherischen Wagnisse ein Ziel zu setzen. Trotzdem, daß selbst manche ehrliche Kriegerscharen in einer nicht genug zu beklagenden Begriffsverwirrung nicht erkannten, wie die Fahnen Oesterreichs geschändet wurden und sich der verrätherischen Führung Jellachich's preisgaben, fand dieser zwischen Stuhlweißenburg und Ofen sein „bis hierher und nicht weiter“, das ihm unsere tapfere Armee, obwohl damals noch der Zahl nach beiweitem schwächer, in einem entscheidenden Siege mit blutiger Schrift vorzeichnete. Von unserer tapfern Armee hart bedrängt, bat der Verräther um Waffenstillstand. Obwohl so oft getäuscht, verschollen wir doch unser Ohr nicht der Menschlichkeit und gewährten ihm sein Begehren; und siehe! ehrvergessen bricht der treulose Feind den Waffenstillstand, ändert seine beiderseitig auf Treue und Glauben festgesetzte Stellung und wendet sich vor Ablauf des Waffenstillstandes mit Raub und Verwüstung gegen Raab. Unsere über diesen Treubruth entrüstete Armee, die sich an Zahl, Kriegsmaterial und Hülfsmitteln aller Art von Tag zu Tag Hierzu eine Beilage.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 117. Köln, 15. Oktober 1848, S. 0586. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz117_1848/4>, abgerufen am 27.04.2024.