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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 119. Köln, 18. Oktober 1848.

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Pillersdorf spricht dafür, dem Finanzminister das volle Vertrauen zu geben. Er wird nicht mehr benützen, als er bedarf. Beim Bedarf über eine Beschränkung würde die Kammer nur neuerdings mit einer Berathung behelligt und könnte dann abermals nur an die Bank weisen.

Dilevskis Antrag erhält Majorität.

Schuselka erstattet Bericht vom Ausschusse. Es erschien bei ihm eine Deputation von zwei Mitgliedern des ungarischen Reichstages und überbrachte eine Adresse. Es wird darin den edlen Bewohnern Wiens gedankt, daß sie sich für Ungarn erhoben, und die Ungarn schwören vor Gott die Freiheit Wiens ihrer eigenen gleich zu achten. (Acclamation.) Sie wollen einen freien Bruderbund schließen und bieten die Bruderhand. (Acclamation.)

Sie haben erfahren, daß Jellachich in Oesterreich 13,000 Mann Zuzug, bekommen und aus Galizien noch erhalten werden. Sie erklären Jeden- der sich gegen Oesterreich erhebt, als einen Landesverräther, und erklären es für eine heilige Pflicht der Dankbarkeit, das edle Oesterreich zu unterstützen.

Die ungarische Nation hat daher beschlossen, dem Feinde zu folgen wohin er, auch flieht. Man möge es nicht als Gebietsverletzung betrachten, wenn sie auf unsern Boden kommen, sondern lediglich als einen Zug des dankbaren Herzens.

Sie werden ihre Truppen selbst verpflegen und in demselben Augenblicke, als der Feind geschlagen und entwaffnet ist, das Gebiet verlassen.

Anhaltender Beifall.

Schuselka theilt ferner mit, daß Lohner gestern 10 Uhr Nachts, nach vielen Bitten eine Audienz beim Erzherzog Franz Karl erhalten.

Löhner hat ferner einen Erlaß des Kaisers überschickt, der auf dem Lande vertheilt wird, ohne Contrasignatur und aus Herzogenburg datirt ist. Es wird darin einer Partei in Wien sehr übel gedacht, und der Kaiser erklärt einen andern Punkt als Wien zur Berathung auszuersehen.

Der Kaiser hat die Abdankung der Minister Doblnoff und Bach angenommen, von Hornbostel ist noch nichts bekannt.

Finanzminister Kraus erscheint und bedauert, daß er bei der frühern Beschlußfassung nicht gegenwärtig war. Er erklärt, mit 6 Millionen nicht den nächsten Monat auslangen zu können. Er findet es nicht sehr ehrend, daß man immer das Vertrauen tropfenweise zumesse, er ist verantwortlich, und-wenn man es ihm nicht ganz schenke, sei es besser, man stelle einen Vertrauenswürdigeren an die Stelle.

Fedorovitsch verwahrt sich, daß die Kammer kein Vertrauen gehegt habe, im Gegentheile, sie spendete Lob; es waren ihr aber die Grunde unbekannt, die jetzt der Minister vorgelegt und man kann nun den Kredit erweitern.

Dieses wird von der Kammer bewilligt.

Smolka bittet nun, da die gemessene Zeit abgelaufen ist, ein neues Bureau zu wählen. Er bittet das vorgeschriebene Serutinium zu beobachten und muß, trotz der gestrigen zweimaligen Acclamation, auf Serutinium dringen, da die Geschichte zeigt, daß man selbst Beschlüsse als ungültig erklärt hat, weil das Bureau nicht gesetzmäßig war. Er dankt im Namen der Kammer den Schriftführern für ihre bisherigen Dienste.

Die Wahl des Präsidenten findet noch heute statt, der andern Bureaumitglieder noch morgen früh Borrosch ergreift das Wort im Interesse des jetzt so bedrothen Vaterlandes. Er fürchtet nach dem oben eingelangten Erlasse, daß der Kaiser durch seine Umgebung gehindert sein werde, die wahre Sachlage zu erkennen. Er macht ferner auf seine Rede aufmerksam, als die Ungarn an der Schwelle des Hauses waren, und ruft nach den Ereignissen Alle zum Zeugen an, daß er es damals ehrlich gemeint. Er beantrage, dem Kaiser eine zweite Adresse nachzusenden, und die Ungarn zu einem Völkerkongresse nach Wisn einzuladen. So werde das Interesse des Gesammtvaterlandes und des Thrones gewahrt werden.

Acclamation.

Das Scrutinium findet statt, es stimmen 200 Mitglieder. Smolka erhält 186 Stimmen, ist daher Präsident, und dankt für die Ehre.

Podlevski stellt den Antrag, die ungarische Adresse zu drucken.

Wird angenommen.

Borrosch nimmt nach einer Pause das Wort. Er habe keineswegs einen gemeinsamen Reichstag in der Absicht wie Manche meinen. Es möge nur eine internationelle Kommission niedergesetzt werden, bestehend aus Reichstagsabgeordneten der beiden Reiche und unter Beziehung der beiden Ministerien. Aehnliches auch für Italien

Zimmer will die Berathung der permanenten Kommission zuweisen.

Fischer will, man möge diese Adresse den Herren mittheilen, und so Waffenstillstand bis zur Erledigung herbeiführen.

Smerecke sagt, wir dürfen den Vorwurf nicht auf uns laden, indem wir die ungarische Armee aufhalten, der Stadt Wien in ihrer Vertheidigung hinderlich gewesen zu sein. (Beifall.)

Zimmer sagt, er müsse sich gegen den Antrag erklären. Der Hof will nichts hören in unserer eigenen Sache, viel weniger wenn wir zugleich in Angelegenheit eines andern Volkes sprechen. Der Hof will siegen, und ein Waffenstillstand wird nur dazu dienen, um Truppenmassen heranrücken zu lassen um uns ganz zu erdrücken.

Pillersdorff rathet zur Versöhnung. Borrosch eben so. Die Kammer müsse alle Mittel versuchen.

Fedorovitsch ermahnt die Pflicht zu thun. Die Kammer ist wahrhaftig jetzt mehr hier, um das edle Blut der Wiener zu schonen, als Gesetze zu geben. Wir thun unsere Pflicht, ob sie der Kaiser thut, dies hängt nicht von uns ab. Das Mittel ist vorgeschlagen, versuchen wir es - vielleicht ist es in dem Rathschlusse Gottes, daß es doch etwas helfe.

Piencikovski beantragt mit der Beschlußfassung bis zur Rückkunft der Deputation zu warten. Wird verworfen.

Borrosch's Antrag wird angenommen.

Die Adresse wird morgen der Kammer vorgelegt werden.

Reuwall beantragt eine Abschrift an den ungarischen Reichstag mit der Einladung, sich dem Wunsche anzuschließen.

Violand theilt mit, daß der heute ernannte Kommandant Spitzhütes seine Stelle wieder niederlegt. Der Ausschuß hat sich an die Garde und Legion gewendet, daß sie einen Vertrauensmann erwählen.

Die Sitzung wird geschlossen, 9 Uhr. Eröffnung morgen 10 Uhr.

Wien, 12. Oktober.

Die Adresse des Ungarischen Reichstags an den Wiener lautet:

An den konstituirenden Reichstag in Wien.

Die ungarische Nation, im heiligen Kampfe für ihre Freiheit und ihr gutes Recht gegen den in der Weltgeschichte unerhörten Verrath der reaktionären Camarilla und ihre eidbrüchichen Söldlinge begriffen, ist von dem wärmsten Dankgefühle durchdrungen für die heldenmüthige Aufopferung der edlen Bewohner Wiens, womit selbe die Verstärkung der Armee des Verräthers Jellachich zu verhindern sich so glorreich erhoben hat.

Die ungarische Nation erklärt vor Gott und vor der Welt, daß sie die Freiheit Oesterreichs ihrer eignen Freiheit gleich achten und zu deren Aufrechthaltung gewiß den Wünschen der österreichischen Nationen nach Kräften beizutragen stets zu ihrer heiligsten Pflicht rechnen wird. Die Gefahr ist gemeinschaftlich, welche die Freiheit beider Nationen bedroht.

Ungarn weis't entschieden von sich jeden Tractat mit der Camarilla und ihren eidbrüchigen Söldnern, bekennt sich aber vor Gott und der Welt zum tiefverpflichteten Freunde, treuen Bundesgenossen und Bruder der österreichischen Nationen, und erklärt sich unwandelbar geneigt, die gegenseitigen Interessen zur beiderseitigen Zufriedenheit auf der breitesten Basis des Rechtes, der Billigkeit und der treuen Bruderliebe regeln zu wollen, und bietet hierzu seine treue Bruderhand.

Ungarn erklärt zugleich seinen wärmsten Dank der hohen Reichs-Versammlung für die kräftigen Maßregeln zur Verhinderung des Anmarsches von einer reaktionären Soldateska, bestimmt, die räuberischen Horden Jellachich's zu unterstützen; findet sich aber auch zugleich veranlaßt, die hohe Reichs-Versammlung zu benachrichtigen, daß die ungarische Regierung Kunde bekommen habe, daß trotz der vorbemerkten Maßregeln dem Empörer Jellachich es doch gelungen sei, gegen 13,000 Mann Verstärkung aus Oesterreich an sich zu ziehen und, daß unserm armen verrathenen Vaterlande auch von dem in Galizien stationirten Militär eine Invasion droht.

Die ungarische Nation ersucht die edlen Vertreter Oesterreichs, hiegegen kräftig einschreiten zu wollen, und so, wie wir jeden Ungar für einen Landesverräther zu erklären, der seine unheilige Hand gegen die Freiheit Oesterreichs erhebt, eben so jeden Unterthan der österreichischen Monarchie für einen Landesverräther zu erklären, der dem Empörer Jellachich, dem eidbrüchigen Werkzeuge, das sich die Camarilla zur Unterdrückung der Freiheit Oesterreichs und Ungarns auserlesen, die mindeste Unterstützung gewähren würde.

Der Empörer Jellachich treibt seine Horden mit Kartätschen in den Kampf gegen die Freiheit. Es ist höchst wahrscheinlich, daß er, von unseren tapferen Truppen gedrängt, seine räuberischen Horden auf das Gebiet Oesterreichs wirft, und wo möglich selbst Wien zu bedrohen beabsichtigt.

Die ungarische Nation ist fest überzeugt, daß er in diesem Falle unter dem Racheschwerte der Freiheitssöhne Oesterreichs unrettbar fallen wird; doch erachtet es die ungarische Nation für ihre heilige Pflicht der Dankbarkeit gegen Wien und Oesterreich, in diesem Falle Jellachich nachzujagen, und in dem Werke seiner wohlverdienten Vernichtung das edle Völk Oesterreichs zu unterstützen.

Darum haben die Repräsentanten der ungarischen Nation den Befehl an die ungarische Armee ertheilt: Jellachich zu verfolgen, wohin er sich wenden möge.

Doch betheuert die ungarische Nation vor Gott und der Welt: daß wenn ihre Truppen den fliehenden Feind nach Oesterreich zu verfolgen bemüssigt wären, hiermit nicht nur keine Gebiets-Verletzung Oesterreichs beabsichtigt würde, sondern daß in diesem Falle die ungarische Nation auch dem Triebe der Dankbarkeit folgt, welcher ihr es zur Ehrenpflicht macht, die edlen Bewohner Wiens nicht ohne Unterstützung zu lassen gegen den gemeinsamen Feind.

Möge die hohe Reichsversammlung diese aufrichtig gemeinte Erklärung mit gleicher Bruderliebe entgegen nehmen. Die ungarische Nation erklärt, daß ihre Truppen in dem nämlichen Augenblicke Halt machen und sich nach Ungarn zurückwenden werden, wo die edlen Vertreter des tapfern Oesterreichs dem commandirenden Generale der ungarischen Armee die Weisung zukommen lassen, daß die Entwaffnung des gemeinsamen Feindes, durch eigene Kräfte bewirkt, und die Mitwirkung unserer Truppen zum Siege der gemeinsamen Freiheit nicht mehr nöthig sei.

Ungarns Regierung hat die strengsten Befehle erlassen, daß, im Fall die ungarische Armee vorrückt, ihre Verpflegung selbst auf den uns heiligen österreichischen Boden, von Ungarn aus verfolgt, und dem edlen Volke Oesterreich nicht die mindeste Last aufgebürdet werde.

Gruß, Hochachtung und Bruderliebe.

Pesth, den 10. October 1848.

Des ungarischeu Reichstages.

Unterhauses erster Vice-Präsident, Johann Pallfy, m. p. Oberhauses erster Vice-Präsident, B. Sigm. v. Perenj, m. p.

Wien, 13. Okt.

Der Reichstag hat in Erwiederung auf die Demonstration der ezechischen Parthei, welche zu einem Sonderreichstag in Brünn auffordert, folgende Proklamation erlassen:

Kundmachung.

Der hohe Reichstag beschließt, mit Rücksicht auf die im "Constitutionellen Blatte aus Böhmen" vom 11. d. Mts. enthaltene Aufforderung einiger böhmischer Abgeordneten: Der Reichstag hat auch unter den Ereignissen der letzten Tage seine Berathungen mit Beobachtung aller legalen Formen nie unterbrochen. Er ist die einzige legale konstituirende und gesetzgebende Autorität. Die überwiegende Mehrzahl hat, ihrer Pflicht eingedenk, ihre Plätze nicht verlassen, und wird ihre Aufgabe, ohne sich durch irgend ein Hinderniß beirren zu lassen, ununterbrochen fortsetzen. Der Reichstag hat alle abwesenden Mitglieder aufgefordert, ungesäumt den Verpflichtungen gegen ihre Kommittenten und gegen die Gesammt-Monarchie nachzukommen. Diese Pflichten können nur hier, am Sitze des Reichstages erfüllt werden. Jeder Versuch von Abgeordneten oder andern Individuen, sich an einem andern Orte zu sammeln, um Beschlüsse zu fassen, welche nur dem Reichstage zustehen, ist ungesetzlich und ungültig, Der Reichstag erklärt daher auch jede Aufforderung zu diesem Zwecke als null und nichtig-protestirt in vorhinein gegen alle etwaigen Beschlüsse und macht, die Urheber und Theilnehmer an denselben für alle Folgen vertantwortlich. Das Ministerium wird aufgefordert, diesen Beschlüssen sogleich die ausgedehnteste Publicität auf dem geeignetsten Wege zu geben.

Wien, 13. Okt. 1848.

Smolka, Präsident.

Prag, 12. Oktober Mittags.

Eben wird folgendes Plakat angeschlagen:

An die Bewohner Böhmens!

Anarchie und deren gräuliche Folgen, die sich leider in Wien auf empörende Weise entwickelt haben, und alle Grundfeste einer geregelten Verfassung zu untergraben drohen, legen mir die Pflicht auf, mit einem Theile der mir unterstehenden braven Truppen zum Schutze der geheiligten Person des Monarchen und zur Wahrung der Einheit der konstitutionellen Monarchie mich von hier zu entfernen. Der nun schon seit geraumer Zeit hier bestehende geregelte friedliche Zustand und die loyalen Aeußerungen der Bewohner dieser Hauptstadt gewähren mir die beruhigende Ueberzeugung, daß die so bedauerlichen Juni-Ereignisse hauptsächlich durch fremden Einfluß herbeigeführt wurden. Ich verlasse daher die Stadt und das Land mit dem festen Vertrauen, daß Ruhe und Ordnung nicht mehr gestört werde; - die Ehre und Wohlfahrt der Nation hängt wahrlich davon ab, daß dieses mein Vertrauen nicht getäuscht werde. Prag am 11. Oktober 1848. Fürst Windisch-Grätz, kommandirender General."

Prag, 12. Oktober.

Reichstagspräsident Strobach ließ heute folgendes Plakat anschlagen:

"Die Herren Reichstagsdeputirten, welche durch die letzten Ereignisse genöthigt sind, Wien zu verlassen, werden eingeladen, sich heute um 6 Uhr Abends im Lokale der Bürger-Ressource zu einer wichtigen Berathung einzufinden. Zugleich wird bekannt gegeben, daß der Drang der Ereignisse es nöthig macht, sich täglich um 6 Uhr Abends in dem erwähnten Lokale zu versammeln, daß demnach alle im Verlaufe dieser Tage hier ankommenden Reichstags-Abgeordneten ihre Kollegen in Berathung versammelt antreffen werden. Prag am 12. Oktober 1848. Dr. Anton Strobach, im eigenen und im Namen 30 anderer Reichstags-Mitglieder."

Prag, 12. Oktober.

Die Nordbahn-Direktion soll sich, dem Reichstagsbeschlusse gemäß, standhaft weigern, Militär auf der Bahn gegen Wien zu befördern, und es dürfte, falls sich diese Angabe bestätigt, zu eigenthümlichen Konflikten zwischen den Militärbehörden, welche die physische Gewalt in Händen haben, und den Beamten führen, welche der einzigen jetzt noch legalen Exekutivgewalt gehorchen. - Gestern in der Nacht und heute Morgens kamen Linientruppen aus den böhmischen Festungen hier an, welche die hiesige nach dem Süden abgehende Garnison theilweise ersetzen sollen. - Unter den gestern hier eingetroffenen Reichstags-abgeordneten befand sich auch Dr. Helfert; heute wurde die Zahl derselben noch durch die Ankunft Placek's, Kucera's und Dusek's vermehrt.

(C. B. a. B.)
* Olmütz, 10. Oktober.

Die in Olmütz erscheinende "Neue Zeitung" enthält in ihrem Aufruf zur Unterstützung der Wittwen und Waisen der in Wien Gefallenen, folgende Worte: "Wien ist das Herz Oestreich's; unsre Freiheit ist dort geboren worden, unsre Freiheit erhält dort die Bluttaufe. Wir haben bei jeder Gelegenheit unsre warmen Sympathien für die Wiener ausgesprochen; lassen wir es nicht bei Worten bewenden!"

Berlin.

Bis zum 13. Oktober Mittags waren als an der Cholera erkrankt gemeldet 2056 Personen, Zugang bis 14. Mittags 46 Personen. Zusammen 2102 Personen. Davon sind gestorben 1312, genesen 494, in ärztlicher Behandlung 296 Personen. In Summa 2102 Personen.

(N. Z.)
Breslau,: 13. Okt.

Wir sind in den Stand gesetzt, über die Ereignisse in Preßburg den Bericht eines Augenzeugen zu geben. Freitag früh kamen österreichsische Truppen nach Preßburg. Die Stadt, die schwach besetzt war, wurde ihnen übergeben. - Abends kamen die Nachrichten von Wien an; das Militär wurde sofort in den Kasernen konsignirt. Man erwartete noch die Ankunft von Cekopieri-Infanterie und Joseph-Dragonern. Das Militär aber, bereits von den Ereignissen unterrichtet, brach aus den Kasernen aus und fraternisirte mit dem Volke. Offiziere, die selbst mit der Waffe in der Hand die Soldaten zurückhalten wollten, wurden verlacht und verspottet. Die Brücke wurde ausgehängt. Am Sonnabend kamen 8 Sereczaner mit einem Briefe von Jellachich an den General Knöhrl, Brigadier in Preßburg. Die Boten wurden von den Bürgergarden aufgehalten und mit dem Briefe auf's Stadthaus gebracht. Man schickte zu Knöhr, er möge auf's Stadthaus kommen, und den Brief verlesen. Er erschien nicht; als man ihn suchte, war er verschwunden. Der Brief wurde verlesen; er war vom General Zeisberg im Namen Jellachich's geschrieben und lautete etwa folgen dermaßen: "Haben Sie sich der Brücke in Preßburg bemächtigt und auf welche Weise? Schicken Sie mir die disponiblen Truppen herüber. Haben Sie meinen Brief von gestern erhalten? Berichten Sie mir über die Stimmung in Preßburg und über den Stand der Dinge. Hauptquartier. Ungar. Altentenburg."

Als das Volk diesen Brief gehört hatte, suchte es den General Knöhr überall, um ihn zu hängen. Er war nicht zu finden. Plötzlich aber zog sich das Militär aus der Stadt. Alle Wachen wurden leer, ohne daß man besondere Vorbereitungen gesehen hatte. Die Bürgergarde behielt die Stadt, die in dieser Weise entsetzt wurde. Von den Soldaten selbst ist eine Anzahl zurückgekehrt und in die ungarische Nationalgarde eingetreten. Sie haben ihren Obersten und Hauptmann erschossen, die sie zurückhalten wollten; die übrigen Offiziere weggejagt. Das übrige Militär, meldeten sie, würde von Cekopieri-Infanterie und Joseph-Dragonern bewacht.

Mittlerweile waren zu Knöhr zwei Schwadronen Joseph-Dragoner gestoßen und die kroatischen Truppen hatten Neudorf und die Brücke über die March besetzt. Jellachich schrieb wiederum an den Magistrat von Preßburg. Der Brief lautete:

"Die Stadt Preßburg wird wissen, daß ich zum Civil- und Militär-Gouverneur ernannt bin; ich lege, falls es unbekannt ist, das Manifest des Kaisers bei. Ich will Sonntag Mittag über die Brücke marschiren, dieselbe muß eingehängt sein; es sollte mir leid thun, wenn ich damit anfangen sollte, die Stadt zusammen zu schießen."

Der Magistrat schickte ihm 2 seiner Mitglieder mit der Antwort: sie würden die Brücke nicht einhängen. Zugleich schickte er ihm die 8 Sereczaner zurück. Die Antwort Jelachich's war: "Er wolle verzeihen, wenn man Folge leiste, wenn nicht, würde er Gewalt anwenden."

In Preßburg selbst stehen 8000 Bauern, mit Sensen bewaffnet. Von ihnen wurden den Ungarn, die bei Wieselburg unter dem Obersten Moga und einem Obersten Wanka standen, 1500 Mann als Succurs geschickt. Die Nachricht ist bestätigt, daß General Rott gefangen ist, und 7000 Mann entwaffnet worden sind.

(A. O. Z.)
* Dresden, 10. Oktober.

Der russische Flüchtling Bakunin, der neulich aus Preußen ausgewiesen wurde, hatte sich auch hier, leigch nach seiner Ankunft, eines Besuches der Polizei zu erfreuen, und trotzdem daß sein Paß durchaus in Ordnung war, erhielt er doch den Befehl, das Land auf der Stelle zu verlassen.

Man muß gestehen, der Arm des Kaisers Nikolaus ist sehr lang und die deutschen Regierungen sind äußerst gefällig!

Altenburg, 7. October.

(Die Ansicht des Erzherzogs Johann über den Liberalismus.) Sie wissen, daß wir eine Deputation nach Frankfurt geschickt haben, um gegen die Besetzung unseres Landes zu protestiren. Dieser Deputation hat der Reichsverweser folgende interessante Antwort gegeben: "Die nach Altenburg beorderten Truppen sind keine fremden, sondern einheimische, weil sie Truppen des einigen deutschen Reichs sind. Die militärische Besetzung Altenburgs ist keine volksfeindliche Maßregel. Es ist nicht wahr, daß das Volk diese Maßregel als volksfeindlich betrachtet. Das wird dem Volke nur von den Demagogen eingeredet, die nicht wollen, daß man Maßregeln gegen ihre anarchischen Bestrebungen trifft. Den Demagogen werde ich kräftig entgentreten; die Demagogie ist Anarchie und Lüderlichkeit, und das ist alles Streben der Demagogen." Auf eine Aeußerung eines Mitgliedes der Deputation über Militärübermuth, die neuesten Vorfälle in Mainz und die Berichte darüber in den liberalen Zeitungen, bemerkte der Reichsverweser: "Ich erkenne keine liberalen Zeitungen an; ebenso keine liberalen Menschen." Nach meiner Ansicht gibt es nur gesetzmäßige Menschen und Wühler, die gesetzmäßigen Menschen, welche sich dem Gesetze unterwerfen, die Wühler oder Demagogen, welche nie ruhen, sondern Anarchie und Umsturz begehren." Nie wohl sind die Grundsätze der Reaktion mit größerer Naivität ausgesprochen worden, als hier.

(A. Oder-Ztg.)
Polen.
Krakau, 11. October.

Die Aufregung ist hier von Neuem in die Gemüther gekommen. Die Wiener Ereignisse konnten nicht ohne Nachwirkung bleiben. Es gibt häufig Conflikte mit Militärs. So war gestern eine Bleifederzeichnung, welche an einer Ecke des Ringes befestigt war, Veranlassung dazu. Diese Zeichnung stellte den gehängten Kriegsminister Latour und den bei letzterem Wache haltenden Metternich mit sehr langer Nase vor. Das Volk hinderte den Polizei-Soldaten daran, die Zeichnung abzureißen, und in Folge dessen entstand eine Prügelei. Der Soldat setzte seinen Willen durch; die Volksmasse schwoll indeß immer mehr an, bis endlich vom Krott'schen Hause her eine Patrouille mit gefälltem Bajonett einschritt. Vernünftige Bürger redeten der Masse zu, und diese zerstreute sich. Der Vorfall erschien in seinem Beginn so ernst, daß sämmtliche Läden des Ringes sofort geschlossen wurden und die Hökerweiber eilig die Flucht ergriffen. Des Abends fiel eine größere Prügelei vor, bei welcher einige Soldaten derbe Schläge erhielten. - Vorkehrungen zur Besetzung Krakau's durch die nachbarlichen Russen scheinen getroffen zu sein. In dem eine Meile von hier entfernten Michalowice werden die Letzteren ein großes Lager beziehen. Der Gouverneur von Galizien, Zulewski, so wie General Schlick waren zu verschiedenen Malen dort und haben mehrstündige Conferenzen mit dem russischen General gehalten. Dem in Krakau stationirten Militär, etwa 7000 Mann stark, scheint übrigens unheimlich zu Muthe zu sein. Die Offiziere haben in den letzten Tagen viel an Humanität gewonnen.

(P. Z.)
Ungarn.
Pesth, 9. October.

Gestern wurden die Nachrichten von dem Wiener Aufstand bekannt. "Latour, der größte Feind unseres Vaterlandes", jubelten die Pesther Blätter, "ist aufgehängt." Im Repräsentantenhause wurde zugleich mit dieser Nachricht die Gefangennehmung der Generale Roth und Filippovics (mit 7500 Soldaten) gemeldet; die beiden Generale und 50 Offiziere hätten ihre schwarzgelben Zeichen von sich abgerissen und fortgeworfen: "nie mehr wollten sie unter diesen Farben dienen." Auch die gefangene Mannschaft habe geschworen, nie wieder gegen Ungarn die Waffen zu ergreifen. Die Eljens, welche ausbrachen, mögen Sie sich selbst vorstellen. Noch fanatischer war aber der Beifallsruf bei der Nachricht von der Wiener Revolution und bei der Meldung, die bei Raab stehenden magyarischen Generale seien auf diese Kunde sogleich, ohne einen Befehl abzuwarten, aufgebrochen und Jellachich nachgeeilt. Da trat Kossuth auf und hielt eine donnernde Rede. "Nachdem die Wiener die Sache der Magyaren befördert, dürfte auch Ungarn Wien nicht verlassen: um keinen Preis dürfe man mehr mit der Camarilla unterhandeln, aber dem Volke Oestreichs aufopfernd beistehen." Die Regierung wurde dem Landesvertheidigungsausschusse übergeben, Kossuth zum Präsidenten ernannt und beschlossen, daß noch denselben Tag Bewaffnete gegen Wien aufbrächen.

(C. B. a. B)
Pesth, 8. October.

Damit die für Raab und die dortige Gegend lautenden Briefschaften nicht in die Hände der kroatischen Empörer gerathen, und so diese hinter die Geheimnisse unserer Kriegsangelegenheiten kommen, wurde vom Ministerium des Handels verordnet, daß die bisher zwischen Wien und Osen bestandene Brief-Eilpost, so wie die Malleposten eingestellt werden.

Italien.
*

Am 7. Oktbr. fanden Unruhen in Genua statt. Plakate gegen den König waren angeschlagen. Ein Soldat wollte sie ab

Pillersdorf spricht dafür, dem Finanzminister das volle Vertrauen zu geben. Er wird nicht mehr benützen, als er bedarf. Beim Bedarf über eine Beschränkung würde die Kammer nur neuerdings mit einer Berathung behelligt und könnte dann abermals nur an die Bank weisen.

Dilevskis Antrag erhält Majorität.

Schuselka erstattet Bericht vom Ausschusse. Es erschien bei ihm eine Deputation von zwei Mitgliedern des ungarischen Reichstages und überbrachte eine Adresse. Es wird darin den edlen Bewohnern Wiens gedankt, daß sie sich für Ungarn erhoben, und die Ungarn schwören vor Gott die Freiheit Wiens ihrer eigenen gleich zu achten. (Acclamation.) Sie wollen einen freien Bruderbund schließen und bieten die Bruderhand. (Acclamation.)

Sie haben erfahren, daß Jellachich in Oesterreich 13,000 Mann Zuzug, bekommen und aus Galizien noch erhalten werden. Sie erklären Jeden- der sich gegen Oesterreich erhebt, als einen Landesverräther, und erklären es für eine heilige Pflicht der Dankbarkeit, das edle Oesterreich zu unterstützen.

Die ungarische Nation hat daher beschlossen, dem Feinde zu folgen wohin er, auch flieht. Man möge es nicht als Gebietsverletzung betrachten, wenn sie auf unsern Boden kommen, sondern lediglich als einen Zug des dankbaren Herzens.

Sie werden ihre Truppen selbst verpflegen und in demselben Augenblicke, als der Feind geschlagen und entwaffnet ist, das Gebiet verlassen.

Anhaltender Beifall.

Schuselka theilt ferner mit, daß Lohner gestern 10 Uhr Nachts, nach vielen Bitten eine Audienz beim Erzherzog Franz Karl erhalten.

Löhner hat ferner einen Erlaß des Kaisers überschickt, der auf dem Lande vertheilt wird, ohne Contrasignatur und aus Herzogenburg datirt ist. Es wird darin einer Partei in Wien sehr übel gedacht, und der Kaiser erklärt einen andern Punkt als Wien zur Berathung auszuersehen.

Der Kaiser hat die Abdankung der Minister Doblnoff und Bach angenommen, von Hornbostel ist noch nichts bekannt.

Finanzminister Kraus erscheint und bedauert, daß er bei der frühern Beschlußfassung nicht gegenwärtig war. Er erklärt, mit 6 Millionen nicht den nächsten Monat auslangen zu können. Er findet es nicht sehr ehrend, daß man immer das Vertrauen tropfenweise zumesse, er ist verantwortlich, und-wenn man es ihm nicht ganz schenke, sei es besser, man stelle einen Vertrauenswürdigeren an die Stelle.

Fedorovitsch verwahrt sich, daß die Kammer kein Vertrauen gehegt habe, im Gegentheile, sie spendete Lob; es waren ihr aber die Grunde unbekannt, die jetzt der Minister vorgelegt und man kann nun den Kredit erweitern.

Dieses wird von der Kammer bewilligt.

Smolka bittet nun, da die gemessene Zeit abgelaufen ist, ein neues Bureau zu wählen. Er bittet das vorgeschriebene Serutinium zu beobachten und muß, trotz der gestrigen zweimaligen Acclamation, auf Serutinium dringen, da die Geschichte zeigt, daß man selbst Beschlüsse als ungültig erklärt hat, weil das Bureau nicht gesetzmäßig war. Er dankt im Namen der Kammer den Schriftführern für ihre bisherigen Dienste.

Die Wahl des Präsidenten findet noch heute statt, der andern Bureaumitglieder noch morgen früh Borrosch ergreift das Wort im Interesse des jetzt so bedrothen Vaterlandes. Er fürchtet nach dem oben eingelangten Erlasse, daß der Kaiser durch seine Umgebung gehindert sein werde, die wahre Sachlage zu erkennen. Er macht ferner auf seine Rede aufmerksam, als die Ungarn an der Schwelle des Hauses waren, und ruft nach den Ereignissen Alle zum Zeugen an, daß er es damals ehrlich gemeint. Er beantrage, dem Kaiser eine zweite Adresse nachzusenden, und die Ungarn zu einem Völkerkongresse nach Wisn einzuladen. So werde das Interesse des Gesammtvaterlandes und des Thrones gewahrt werden.

Acclamation.

Das Scrutinium findet statt, es stimmen 200 Mitglieder. Smolka erhält 186 Stimmen, ist daher Präsident, und dankt für die Ehre.

Podlevski stellt den Antrag, die ungarische Adresse zu drucken.

Wird angenommen.

Borrosch nimmt nach einer Pause das Wort. Er habe keineswegs einen gemeinsamen Reichstag in der Absicht wie Manche meinen. Es möge nur eine internationelle Kommission niedergesetzt werden, bestehend aus Reichstagsabgeordneten der beiden Reiche und unter Beziehung der beiden Ministerien. Aehnliches auch für Italien

Zimmer will die Berathung der permanenten Kommission zuweisen.

Fischer will, man möge diese Adresse den Herren mittheilen, und so Waffenstillstand bis zur Erledigung herbeiführen.

Smerecke sagt, wir dürfen den Vorwurf nicht auf uns laden, indem wir die ungarische Armee aufhalten, der Stadt Wien in ihrer Vertheidigung hinderlich gewesen zu sein. (Beifall.)

Zimmer sagt, er müsse sich gegen den Antrag erklären. Der Hof will nichts hören in unserer eigenen Sache, viel weniger wenn wir zugleich in Angelegenheit eines andern Volkes sprechen. Der Hof will siegen, und ein Waffenstillstand wird nur dazu dienen, um Truppenmassen heranrücken zu lassen um uns ganz zu erdrücken.

Pillersdorff rathet zur Versöhnung. Borrosch eben so. Die Kammer müsse alle Mittel versuchen.

Fedorovitsch ermahnt die Pflicht zu thun. Die Kammer ist wahrhaftig jetzt mehr hier, um das edle Blut der Wiener zu schonen, als Gesetze zu geben. Wir thun unsere Pflicht, ob sie der Kaiser thut, dies hängt nicht von uns ab. Das Mittel ist vorgeschlagen, versuchen wir es ‒ vielleicht ist es in dem Rathschlusse Gottes, daß es doch etwas helfe.

Piencikovski beantragt mit der Beschlußfassung bis zur Rückkunft der Deputation zu warten. Wird verworfen.

Borrosch's Antrag wird angenommen.

Die Adresse wird morgen der Kammer vorgelegt werden.

Reuwall beantragt eine Abschrift an den ungarischen Reichstag mit der Einladung, sich dem Wunsche anzuschließen.

Violand theilt mit, daß der heute ernannte Kommandant Spitzhütes seine Stelle wieder niederlegt. Der Ausschuß hat sich an die Garde und Legion gewendet, daß sie einen Vertrauensmann erwählen.

Die Sitzung wird geschlossen, 9 Uhr. Eröffnung morgen 10 Uhr.

Wien, 12. Oktober.

Die Adresse des Ungarischen Reichstags an den Wiener lautet:

An den konstituirenden Reichstag in Wien.

Die ungarische Nation, im heiligen Kampfe für ihre Freiheit und ihr gutes Recht gegen den in der Weltgeschichte unerhörten Verrath der reaktionären Camarilla und ihre eidbrüchichen Söldlinge begriffen, ist von dem wärmsten Dankgefühle durchdrungen für die heldenmüthige Aufopferung der edlen Bewohner Wiens, womit selbe die Verstärkung der Armee des Verräthers Jellachich zu verhindern sich so glorreich erhoben hat.

Die ungarische Nation erklärt vor Gott und vor der Welt, daß sie die Freiheit Oesterreichs ihrer eignen Freiheit gleich achten und zu deren Aufrechthaltung gewiß den Wünschen der österreichischen Nationen nach Kräften beizutragen stets zu ihrer heiligsten Pflicht rechnen wird. Die Gefahr ist gemeinschaftlich, welche die Freiheit beider Nationen bedroht.

Ungarn weis't entschieden von sich jeden Tractat mit der Camarilla und ihren eidbrüchigen Söldnern, bekennt sich aber vor Gott und der Welt zum tiefverpflichteten Freunde, treuen Bundesgenossen und Bruder der österreichischen Nationen, und erklärt sich unwandelbar geneigt, die gegenseitigen Interessen zur beiderseitigen Zufriedenheit auf der breitesten Basis des Rechtes, der Billigkeit und der treuen Bruderliebe regeln zu wollen, und bietet hierzu seine treue Bruderhand.

Ungarn erklärt zugleich seinen wärmsten Dank der hohen Reichs-Versammlung für die kräftigen Maßregeln zur Verhinderung des Anmarsches von einer reaktionären Soldateska, bestimmt, die räuberischen Horden Jellachich's zu unterstützen; findet sich aber auch zugleich veranlaßt, die hohe Reichs-Versammlung zu benachrichtigen, daß die ungarische Regierung Kunde bekommen habe, daß trotz der vorbemerkten Maßregeln dem Empörer Jellachich es doch gelungen sei, gegen 13,000 Mann Verstärkung aus Oesterreich an sich zu ziehen und, daß unserm armen verrathenen Vaterlande auch von dem in Galizien stationirten Militär eine Invasion droht.

Die ungarische Nation ersucht die edlen Vertreter Oesterreichs, hiegegen kräftig einschreiten zu wollen, und so, wie wir jeden Ungar für einen Landesverräther zu erklären, der seine unheilige Hand gegen die Freiheit Oesterreichs erhebt, eben so jeden Unterthan der österreichischen Monarchie für einen Landesverräther zu erklären, der dem Empörer Jellachich, dem eidbrüchigen Werkzeuge, das sich die Camarilla zur Unterdrückung der Freiheit Oesterreichs und Ungarns auserlesen, die mindeste Unterstützung gewähren würde.

Der Empörer Jellachich treibt seine Horden mit Kartätschen in den Kampf gegen die Freiheit. Es ist höchst wahrscheinlich, daß er, von unseren tapferen Truppen gedrängt, seine räuberischen Horden auf das Gebiet Oesterreichs wirft, und wo möglich selbst Wien zu bedrohen beabsichtigt.

Die ungarische Nation ist fest überzeugt, daß er in diesem Falle unter dem Racheschwerte der Freiheitssöhne Oesterreichs unrettbar fallen wird; doch erachtet es die ungarische Nation für ihre heilige Pflicht der Dankbarkeit gegen Wien und Oesterreich, in diesem Falle Jellachich nachzujagen, und in dem Werke seiner wohlverdienten Vernichtung das edle Völk Oesterreichs zu unterstützen.

Darum haben die Repräsentanten der ungarischen Nation den Befehl an die ungarische Armee ertheilt: Jellachich zu verfolgen, wohin er sich wenden möge.

Doch betheuert die ungarische Nation vor Gott und der Welt: daß wenn ihre Truppen den fliehenden Feind nach Oesterreich zu verfolgen bemüssigt wären, hiermit nicht nur keine Gebiets-Verletzung Oesterreichs beabsichtigt würde, sondern daß in diesem Falle die ungarische Nation auch dem Triebe der Dankbarkeit folgt, welcher ihr es zur Ehrenpflicht macht, die edlen Bewohner Wiens nicht ohne Unterstützung zu lassen gegen den gemeinsamen Feind.

Möge die hohe Reichsversammlung diese aufrichtig gemeinte Erklärung mit gleicher Bruderliebe entgegen nehmen. Die ungarische Nation erklärt, daß ihre Truppen in dem nämlichen Augenblicke Halt machen und sich nach Ungarn zurückwenden werden, wo die edlen Vertreter des tapfern Oesterreichs dem commandirenden Generale der ungarischen Armee die Weisung zukommen lassen, daß die Entwaffnung des gemeinsamen Feindes, durch eigene Kräfte bewirkt, und die Mitwirkung unserer Truppen zum Siege der gemeinsamen Freiheit nicht mehr nöthig sei.

Ungarns Regierung hat die strengsten Befehle erlassen, daß, im Fall die ungarische Armee vorrückt, ihre Verpflegung selbst auf den uns heiligen österreichischen Boden, von Ungarn aus verfolgt, und dem edlen Volke Oesterreich nicht die mindeste Last aufgebürdet werde.

Gruß, Hochachtung und Bruderliebe.

Pesth, den 10. October 1848.

Des ungarischeu Reichstages.

Unterhauses erster Vice-Präsident, Johann Pallfy, m. p. Oberhauses erster Vice-Präsident, B. Sigm. v. Perenj, m. p.

Wien, 13. Okt.

Der Reichstag hat in Erwiederung auf die Demonstration der ezechischen Parthei, welche zu einem Sonderreichstag in Brünn auffordert, folgende Proklamation erlassen:

Kundmachung.

Der hohe Reichstag beschließt, mit Rücksicht auf die im „Constitutionellen Blatte aus Böhmen“ vom 11. d. Mts. enthaltene Aufforderung einiger böhmischer Abgeordneten: Der Reichstag hat auch unter den Ereignissen der letzten Tage seine Berathungen mit Beobachtung aller legalen Formen nie unterbrochen. Er ist die einzige legale konstituirende und gesetzgebende Autorität. Die überwiegende Mehrzahl hat, ihrer Pflicht eingedenk, ihre Plätze nicht verlassen, und wird ihre Aufgabe, ohne sich durch irgend ein Hinderniß beirren zu lassen, ununterbrochen fortsetzen. Der Reichstag hat alle abwesenden Mitglieder aufgefordert, ungesäumt den Verpflichtungen gegen ihre Kommittenten und gegen die Gesammt-Monarchie nachzukommen. Diese Pflichten können nur hier, am Sitze des Reichstages erfüllt werden. Jeder Versuch von Abgeordneten oder andern Individuen, sich an einem andern Orte zu sammeln, um Beschlüsse zu fassen, welche nur dem Reichstage zustehen, ist ungesetzlich und ungültig, Der Reichstag erklärt daher auch jede Aufforderung zu diesem Zwecke als null und nichtig-protestirt in vorhinein gegen alle etwaigen Beschlüsse und macht, die Urheber und Theilnehmer an denselben für alle Folgen vertantwortlich. Das Ministerium wird aufgefordert, diesen Beschlüssen sogleich die ausgedehnteste Publicität auf dem geeignetsten Wege zu geben.

Wien, 13. Okt. 1848.

Smolka, Präsident.

Prag, 12. Oktober Mittags.

Eben wird folgendes Plakat angeschlagen:

An die Bewohner Böhmens!

Anarchie und deren gräuliche Folgen, die sich leider in Wien auf empörende Weise entwickelt haben, und alle Grundfeste einer geregelten Verfassung zu untergraben drohen, legen mir die Pflicht auf, mit einem Theile der mir unterstehenden braven Truppen zum Schutze der geheiligten Person des Monarchen und zur Wahrung der Einheit der konstitutionellen Monarchie mich von hier zu entfernen. Der nun schon seit geraumer Zeit hier bestehende geregelte friedliche Zustand und die loyalen Aeußerungen der Bewohner dieser Hauptstadt gewähren mir die beruhigende Ueberzeugung, daß die so bedauerlichen Juni-Ereignisse hauptsächlich durch fremden Einfluß herbeigeführt wurden. Ich verlasse daher die Stadt und das Land mit dem festen Vertrauen, daß Ruhe und Ordnung nicht mehr gestört werde; ‒ die Ehre und Wohlfahrt der Nation hängt wahrlich davon ab, daß dieses mein Vertrauen nicht getäuscht werde. Prag am 11. Oktober 1848. Fürst Windisch-Grätz, kommandirender General.“

Prag, 12. Oktober.

Reichstagspräsident Strobach ließ heute folgendes Plakat anschlagen:

„Die Herren Reichstagsdeputirten, welche durch die letzten Ereignisse genöthigt sind, Wien zu verlassen, werden eingeladen, sich heute um 6 Uhr Abends im Lokale der Bürger-Ressource zu einer wichtigen Berathung einzufinden. Zugleich wird bekannt gegeben, daß der Drang der Ereignisse es nöthig macht, sich täglich um 6 Uhr Abends in dem erwähnten Lokale zu versammeln, daß demnach alle im Verlaufe dieser Tage hier ankommenden Reichstags-Abgeordneten ihre Kollegen in Berathung versammelt antreffen werden. Prag am 12. Oktober 1848. Dr. Anton Strobach, im eigenen und im Namen 30 anderer Reichstags-Mitglieder.“

Prag, 12. Oktober.

Die Nordbahn-Direktion soll sich, dem Reichstagsbeschlusse gemäß, standhaft weigern, Militär auf der Bahn gegen Wien zu befördern, und es dürfte, falls sich diese Angabe bestätigt, zu eigenthümlichen Konflikten zwischen den Militärbehörden, welche die physische Gewalt in Händen haben, und den Beamten führen, welche der einzigen jetzt noch legalen Exekutivgewalt gehorchen. ‒ Gestern in der Nacht und heute Morgens kamen Linientruppen aus den böhmischen Festungen hier an, welche die hiesige nach dem Süden abgehende Garnison theilweise ersetzen sollen. ‒ Unter den gestern hier eingetroffenen Reichstags-abgeordneten befand sich auch Dr. Helfert; heute wurde die Zahl derselben noch durch die Ankunft Placek's, Kucera's und Dusek's vermehrt.

(C. B. a. B.)
* Olmütz, 10. Oktober.

Die in Olmütz erscheinende „Neue Zeitung“ enthält in ihrem Aufruf zur Unterstützung der Wittwen und Waisen der in Wien Gefallenen, folgende Worte: „Wien ist das Herz Oestreich's; unsre Freiheit ist dort geboren worden, unsre Freiheit erhält dort die Bluttaufe. Wir haben bei jeder Gelegenheit unsre warmen Sympathien für die Wiener ausgesprochen; lassen wir es nicht bei Worten bewenden!“

Berlin.

Bis zum 13. Oktober Mittags waren als an der Cholera erkrankt gemeldet 2056 Personen, Zugang bis 14. Mittags 46 Personen. Zusammen 2102 Personen. Davon sind gestorben 1312, genesen 494, in ärztlicher Behandlung 296 Personen. In Summa 2102 Personen.

(N. Z.)
Breslau,: 13. Okt.

Wir sind in den Stand gesetzt, über die Ereignisse in Preßburg den Bericht eines Augenzeugen zu geben. Freitag früh kamen österreichsische Truppen nach Preßburg. Die Stadt, die schwach besetzt war, wurde ihnen übergeben. ‒ Abends kamen die Nachrichten von Wien an; das Militär wurde sofort in den Kasernen konsignirt. Man erwartete noch die Ankunft von Cekopieri-Infanterie und Joseph-Dragonern. Das Militär aber, bereits von den Ereignissen unterrichtet, brach aus den Kasernen aus und fraternisirte mit dem Volke. Offiziere, die selbst mit der Waffe in der Hand die Soldaten zurückhalten wollten, wurden verlacht und verspottet. Die Brücke wurde ausgehängt. Am Sonnabend kamen 8 Sereczaner mit einem Briefe von Jellachich an den General Knöhrl, Brigadier in Preßburg. Die Boten wurden von den Bürgergarden aufgehalten und mit dem Briefe auf's Stadthaus gebracht. Man schickte zu Knöhr, er möge auf's Stadthaus kommen, und den Brief verlesen. Er erschien nicht; als man ihn suchte, war er verschwunden. Der Brief wurde verlesen; er war vom General Zeisberg im Namen Jellachich's geschrieben und lautete etwa folgen dermaßen: „Haben Sie sich der Brücke in Preßburg bemächtigt und auf welche Weise? Schicken Sie mir die disponiblen Truppen herüber. Haben Sie meinen Brief von gestern erhalten? Berichten Sie mir über die Stimmung in Preßburg und über den Stand der Dinge. Hauptquartier. Ungar. Altentenburg.“

Als das Volk diesen Brief gehört hatte, suchte es den General Knöhr überall, um ihn zu hängen. Er war nicht zu finden. Plötzlich aber zog sich das Militär aus der Stadt. Alle Wachen wurden leer, ohne daß man besondere Vorbereitungen gesehen hatte. Die Bürgergarde behielt die Stadt, die in dieser Weise entsetzt wurde. Von den Soldaten selbst ist eine Anzahl zurückgekehrt und in die ungarische Nationalgarde eingetreten. Sie haben ihren Obersten und Hauptmann erschossen, die sie zurückhalten wollten; die übrigen Offiziere weggejagt. Das übrige Militär, meldeten sie, würde von Cekopieri-Infanterie und Joseph-Dragonern bewacht.

Mittlerweile waren zu Knöhr zwei Schwadronen Joseph-Dragoner gestoßen und die kroatischen Truppen hatten Neudorf und die Brücke über die March besetzt. Jellachich schrieb wiederum an den Magistrat von Preßburg. Der Brief lautete:

„Die Stadt Preßburg wird wissen, daß ich zum Civil- und Militär-Gouverneur ernannt bin; ich lege, falls es unbekannt ist, das Manifest des Kaisers bei. Ich will Sonntag Mittag über die Brücke marschiren, dieselbe muß eingehängt sein; es sollte mir leid thun, wenn ich damit anfangen sollte, die Stadt zusammen zu schießen.“

Der Magistrat schickte ihm 2 seiner Mitglieder mit der Antwort: sie würden die Brücke nicht einhängen. Zugleich schickte er ihm die 8 Sereczaner zurück. Die Antwort Jelachich's war: „Er wolle verzeihen, wenn man Folge leiste, wenn nicht, würde er Gewalt anwenden.“

In Preßburg selbst stehen 8000 Bauern, mit Sensen bewaffnet. Von ihnen wurden den Ungarn, die bei Wieselburg unter dem Obersten Moga und einem Obersten Wanka standen, 1500 Mann als Succurs geschickt. Die Nachricht ist bestätigt, daß General Rott gefangen ist, und 7000 Mann entwaffnet worden sind.

(A. O. Z.)
* Dresden, 10. Oktober.

Der russische Flüchtling Bakunin, der neulich aus Preußen ausgewiesen wurde, hatte sich auch hier, leigch nach seiner Ankunft, eines Besuches der Polizei zu erfreuen, und trotzdem daß sein Paß durchaus in Ordnung war, erhielt er doch den Befehl, das Land auf der Stelle zu verlassen.

Man muß gestehen, der Arm des Kaisers Nikolaus ist sehr lang und die deutschen Regierungen sind äußerst gefällig!

Altenburg, 7. October.

(Die Ansicht des Erzherzogs Johann über den Liberalismus.) Sie wissen, daß wir eine Deputation nach Frankfurt geschickt haben, um gegen die Besetzung unseres Landes zu protestiren. Dieser Deputation hat der Reichsverweser folgende interessante Antwort gegeben: „Die nach Altenburg beorderten Truppen sind keine fremden, sondern einheimische, weil sie Truppen des einigen deutschen Reichs sind. Die militärische Besetzung Altenburgs ist keine volksfeindliche Maßregel. Es ist nicht wahr, daß das Volk diese Maßregel als volksfeindlich betrachtet. Das wird dem Volke nur von den Demagogen eingeredet, die nicht wollen, daß man Maßregeln gegen ihre anarchischen Bestrebungen trifft. Den Demagogen werde ich kräftig entgentreten; die Demagogie ist Anarchie und Lüderlichkeit, und das ist alles Streben der Demagogen.“ Auf eine Aeußerung eines Mitgliedes der Deputation über Militärübermuth, die neuesten Vorfälle in Mainz und die Berichte darüber in den liberalen Zeitungen, bemerkte der Reichsverweser: „Ich erkenne keine liberalen Zeitungen an; ebenso keine liberalen Menschen.“ Nach meiner Ansicht gibt es nur gesetzmäßige Menschen und Wühler, die gesetzmäßigen Menschen, welche sich dem Gesetze unterwerfen, die Wühler oder Demagogen, welche nie ruhen, sondern Anarchie und Umsturz begehren.“ Nie wohl sind die Grundsätze der Reaktion mit größerer Naivität ausgesprochen worden, als hier.

(A. Oder-Ztg.)
Polen.
Krakau, 11. October.

Die Aufregung ist hier von Neuem in die Gemüther gekommen. Die Wiener Ereignisse konnten nicht ohne Nachwirkung bleiben. Es gibt häufig Conflikte mit Militärs. So war gestern eine Bleifederzeichnung, welche an einer Ecke des Ringes befestigt war, Veranlassung dazu. Diese Zeichnung stellte den gehängten Kriegsminister Latour und den bei letzterem Wache haltenden Metternich mit sehr langer Nase vor. Das Volk hinderte den Polizei-Soldaten daran, die Zeichnung abzureißen, und in Folge dessen entstand eine Prügelei. Der Soldat setzte seinen Willen durch; die Volksmasse schwoll indeß immer mehr an, bis endlich vom Krott'schen Hause her eine Patrouille mit gefälltem Bajonett einschritt. Vernünftige Bürger redeten der Masse zu, und diese zerstreute sich. Der Vorfall erschien in seinem Beginn so ernst, daß sämmtliche Läden des Ringes sofort geschlossen wurden und die Hökerweiber eilig die Flucht ergriffen. Des Abends fiel eine größere Prügelei vor, bei welcher einige Soldaten derbe Schläge erhielten. ‒ Vorkehrungen zur Besetzung Krakau's durch die nachbarlichen Russen scheinen getroffen zu sein. In dem eine Meile von hier entfernten Michalowice werden die Letzteren ein großes Lager beziehen. Der Gouverneur von Galizien, Zulewski, so wie General Schlick waren zu verschiedenen Malen dort und haben mehrstündige Conferenzen mit dem russischen General gehalten. Dem in Krakau stationirten Militär, etwa 7000 Mann stark, scheint übrigens unheimlich zu Muthe zu sein. Die Offiziere haben in den letzten Tagen viel an Humanität gewonnen.

(P. Z.)
Ungarn.
Pesth, 9. October.

Gestern wurden die Nachrichten von dem Wiener Aufstand bekannt. „Latour, der größte Feind unseres Vaterlandes“, jubelten die Pesther Blätter, „ist aufgehängt.“ Im Repräsentantenhause wurde zugleich mit dieser Nachricht die Gefangennehmung der Generale Roth und Filippovics (mit 7500 Soldaten) gemeldet; die beiden Generale und 50 Offiziere hätten ihre schwarzgelben Zeichen von sich abgerissen und fortgeworfen: „nie mehr wollten sie unter diesen Farben dienen.“ Auch die gefangene Mannschaft habe geschworen, nie wieder gegen Ungarn die Waffen zu ergreifen. Die Eljens, welche ausbrachen, mögen Sie sich selbst vorstellen. Noch fanatischer war aber der Beifallsruf bei der Nachricht von der Wiener Revolution und bei der Meldung, die bei Raab stehenden magyarischen Generale seien auf diese Kunde sogleich, ohne einen Befehl abzuwarten, aufgebrochen und Jellachich nachgeeilt. Da trat Kossuth auf und hielt eine donnernde Rede. „Nachdem die Wiener die Sache der Magyaren befördert, dürfte auch Ungarn Wien nicht verlassen: um keinen Preis dürfe man mehr mit der Camarilla unterhandeln, aber dem Volke Oestreichs aufopfernd beistehen.“ Die Regierung wurde dem Landesvertheidigungsausschusse übergeben, Kossuth zum Präsidenten ernannt und beschlossen, daß noch denselben Tag Bewaffnete gegen Wien aufbrächen.

(C. B. a. B)
Pesth, 8. October.

Damit die für Raab und die dortige Gegend lautenden Briefschaften nicht in die Hände der kroatischen Empörer gerathen, und so diese hinter die Geheimnisse unserer Kriegsangelegenheiten kommen, wurde vom Ministerium des Handels verordnet, daß die bisher zwischen Wien und Osen bestandene Brief-Eilpost, so wie die Malleposten eingestellt werden.

Italien.
*

Am 7. Oktbr. fanden Unruhen in Genua statt. Plakate gegen den König waren angeschlagen. Ein Soldat wollte sie ab

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          <p>Pillersdorf spricht dafür, dem Finanzminister das volle Vertrauen zu geben. Er wird nicht mehr benützen, als er bedarf. Beim Bedarf über eine Beschränkung würde die Kammer nur neuerdings mit einer Berathung behelligt und könnte dann abermals nur an die Bank weisen.</p>
          <p>Dilevskis Antrag erhält Majorität.</p>
          <p>Schuselka erstattet Bericht vom Ausschusse. Es erschien bei ihm eine Deputation von zwei Mitgliedern des ungarischen Reichstages und überbrachte eine Adresse. Es wird darin den edlen Bewohnern Wiens gedankt, daß sie sich für Ungarn erhoben, und die Ungarn schwören vor Gott die Freiheit Wiens ihrer eigenen gleich zu achten. (Acclamation.) Sie wollen einen freien Bruderbund schließen und bieten die Bruderhand. (Acclamation.)</p>
          <p>Sie haben erfahren, daß Jellachich in Oesterreich 13,000 Mann Zuzug, bekommen und aus Galizien noch erhalten werden. Sie erklären Jeden- der sich gegen Oesterreich erhebt, als einen Landesverräther, und erklären es für eine heilige Pflicht der Dankbarkeit, das edle Oesterreich zu unterstützen.</p>
          <p>Die ungarische Nation hat daher beschlossen, dem Feinde zu folgen wohin er, auch flieht. Man möge es nicht als Gebietsverletzung betrachten, wenn sie auf unsern Boden kommen, sondern lediglich als einen Zug des dankbaren Herzens.</p>
          <p>Sie werden ihre Truppen selbst verpflegen und in demselben Augenblicke, als der Feind geschlagen und entwaffnet ist, das Gebiet verlassen.</p>
          <p>Anhaltender Beifall.</p>
          <p>Schuselka theilt ferner mit, daß Lohner gestern 10 Uhr Nachts, nach vielen Bitten eine Audienz beim Erzherzog Franz Karl erhalten.</p>
          <p>Löhner hat ferner einen Erlaß des Kaisers überschickt, der auf dem Lande vertheilt wird, ohne Contrasignatur und aus Herzogenburg datirt ist. Es wird darin einer Partei in Wien sehr übel gedacht, und der Kaiser erklärt einen andern Punkt als Wien zur Berathung auszuersehen.</p>
          <p>Der Kaiser hat die Abdankung der Minister Doblnoff und Bach angenommen, von Hornbostel ist noch nichts bekannt.</p>
          <p>Finanzminister Kraus erscheint und bedauert, daß er bei der frühern Beschlußfassung nicht gegenwärtig war. Er erklärt, mit 6 Millionen nicht den nächsten Monat auslangen zu können. Er findet es nicht sehr ehrend, daß man immer das Vertrauen tropfenweise zumesse, er ist verantwortlich, und-wenn man es ihm nicht ganz schenke, sei es besser, man stelle einen Vertrauenswürdigeren an die Stelle.</p>
          <p>Fedorovitsch verwahrt sich, daß die Kammer kein Vertrauen gehegt habe, im Gegentheile, sie spendete Lob; es waren ihr aber die Grunde unbekannt, die jetzt der Minister vorgelegt und man kann nun den Kredit erweitern.</p>
          <p>Dieses wird von der Kammer bewilligt.</p>
          <p>Smolka bittet nun, da die gemessene Zeit abgelaufen ist, ein neues Bureau zu wählen. Er bittet das vorgeschriebene Serutinium zu beobachten und muß, trotz der gestrigen zweimaligen Acclamation, auf Serutinium dringen, da die Geschichte zeigt, daß man selbst Beschlüsse als ungültig erklärt hat, weil das Bureau nicht gesetzmäßig war. Er dankt im Namen der Kammer den Schriftführern für ihre bisherigen Dienste.</p>
          <p>Die Wahl des Präsidenten findet noch heute statt, der andern Bureaumitglieder noch morgen früh Borrosch ergreift das Wort im Interesse des jetzt so bedrothen Vaterlandes. Er fürchtet nach dem oben eingelangten Erlasse, daß der Kaiser durch seine Umgebung gehindert sein werde, die wahre Sachlage zu erkennen. Er macht ferner auf seine Rede aufmerksam, als die Ungarn an der Schwelle des Hauses waren, und ruft nach den Ereignissen Alle zum Zeugen an, daß er es damals ehrlich gemeint. Er beantrage, dem Kaiser eine zweite Adresse nachzusenden, und die Ungarn zu einem Völkerkongresse nach Wisn einzuladen. So werde das Interesse des Gesammtvaterlandes und des Thrones gewahrt werden.</p>
          <p>Acclamation.</p>
          <p>Das Scrutinium findet statt, es stimmen 200 Mitglieder. Smolka erhält 186 Stimmen, ist daher Präsident, und dankt für die Ehre.</p>
          <p>Podlevski stellt den Antrag, die ungarische Adresse zu drucken.</p>
          <p>Wird angenommen.</p>
          <p>Borrosch nimmt nach einer Pause das Wort. Er habe keineswegs einen gemeinsamen Reichstag in der Absicht wie Manche meinen. Es möge nur eine internationelle Kommission niedergesetzt werden, bestehend aus Reichstagsabgeordneten der beiden Reiche und unter Beziehung der beiden Ministerien. Aehnliches auch für Italien</p>
          <p>Zimmer will die Berathung der permanenten Kommission zuweisen.</p>
          <p>Fischer will, man möge diese Adresse den Herren mittheilen, und so Waffenstillstand bis zur Erledigung herbeiführen.</p>
          <p>Smerecke sagt, wir dürfen den Vorwurf nicht auf uns laden, indem wir die ungarische Armee aufhalten, der Stadt Wien in ihrer Vertheidigung hinderlich gewesen zu sein. (Beifall.)</p>
          <p>Zimmer sagt, er müsse sich gegen den Antrag erklären. Der Hof will nichts hören in unserer eigenen Sache, viel weniger wenn wir zugleich in Angelegenheit eines andern Volkes sprechen. Der Hof will siegen, und ein Waffenstillstand wird nur dazu dienen, um Truppenmassen heranrücken zu lassen um uns ganz zu erdrücken.</p>
          <p>Pillersdorff rathet zur Versöhnung. Borrosch eben so. Die Kammer müsse alle Mittel versuchen.</p>
          <p>Fedorovitsch ermahnt die Pflicht zu thun. Die Kammer ist wahrhaftig jetzt mehr hier, um das edle Blut der Wiener zu schonen, als Gesetze zu geben. Wir thun unsere Pflicht, ob sie der Kaiser thut, dies hängt nicht von uns ab. Das Mittel ist vorgeschlagen, versuchen wir es &#x2012; vielleicht ist es in dem Rathschlusse Gottes, daß es doch etwas helfe.</p>
          <p>Piencikovski beantragt mit der Beschlußfassung bis zur Rückkunft der Deputation zu warten. Wird verworfen.</p>
          <p>Borrosch's Antrag wird angenommen.</p>
          <p>Die Adresse wird morgen der Kammer vorgelegt werden.</p>
          <p>Reuwall beantragt eine Abschrift an den ungarischen Reichstag mit der Einladung, sich dem Wunsche anzuschließen.</p>
          <p>Violand theilt mit, daß der heute ernannte Kommandant Spitzhütes seine Stelle wieder niederlegt. Der Ausschuß hat sich an die Garde und Legion gewendet, daß sie einen Vertrauensmann erwählen.</p>
          <p>Die Sitzung wird geschlossen, 9 Uhr. Eröffnung morgen 10 Uhr.</p>
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          <head>Wien, 12. Oktober.</head>
          <p>Die Adresse des Ungarischen Reichstags an den Wiener lautet:</p>
          <p>An den konstituirenden Reichstag in Wien.</p>
          <p>Die ungarische Nation, im heiligen Kampfe für ihre Freiheit und ihr gutes Recht gegen den in der Weltgeschichte unerhörten Verrath der reaktionären Camarilla und ihre eidbrüchichen Söldlinge begriffen, ist von dem wärmsten Dankgefühle durchdrungen für die heldenmüthige Aufopferung der edlen Bewohner Wiens, womit selbe die Verstärkung der Armee des Verräthers Jellachich zu verhindern sich so glorreich erhoben hat.</p>
          <p>Die ungarische Nation erklärt vor Gott und vor der Welt, daß sie die Freiheit Oesterreichs ihrer eignen Freiheit gleich achten und zu deren Aufrechthaltung gewiß den Wünschen der österreichischen Nationen nach Kräften beizutragen stets zu ihrer heiligsten Pflicht rechnen wird. Die Gefahr ist gemeinschaftlich, welche die Freiheit beider Nationen bedroht.</p>
          <p>Ungarn weis't entschieden von sich jeden Tractat mit der Camarilla und ihren eidbrüchigen Söldnern, bekennt sich aber vor Gott und der Welt zum tiefverpflichteten Freunde, treuen Bundesgenossen und Bruder der österreichischen Nationen, und erklärt sich unwandelbar geneigt, die gegenseitigen Interessen zur beiderseitigen Zufriedenheit auf der breitesten Basis des Rechtes, der Billigkeit und der treuen Bruderliebe regeln zu wollen, und bietet hierzu seine treue Bruderhand.</p>
          <p>Ungarn erklärt zugleich seinen wärmsten Dank der hohen Reichs-Versammlung für die kräftigen Maßregeln zur Verhinderung des Anmarsches von einer reaktionären Soldateska, bestimmt, die räuberischen Horden Jellachich's zu unterstützen; findet sich aber auch zugleich veranlaßt, die hohe Reichs-Versammlung zu benachrichtigen, daß die ungarische Regierung Kunde bekommen habe, daß trotz der vorbemerkten Maßregeln dem Empörer Jellachich es doch gelungen sei, gegen 13,000 Mann Verstärkung aus Oesterreich an sich zu ziehen und, daß unserm armen verrathenen Vaterlande auch von dem in Galizien stationirten Militär eine Invasion droht.</p>
          <p>Die ungarische Nation ersucht die edlen Vertreter Oesterreichs, hiegegen kräftig einschreiten zu wollen, und so, wie wir jeden Ungar für einen Landesverräther zu erklären, der seine unheilige Hand gegen die Freiheit Oesterreichs erhebt, eben so jeden Unterthan der österreichischen Monarchie für einen Landesverräther zu erklären, der dem Empörer Jellachich, dem eidbrüchigen Werkzeuge, das sich die Camarilla zur Unterdrückung der Freiheit Oesterreichs und Ungarns auserlesen, die mindeste Unterstützung gewähren würde.</p>
          <p>Der Empörer Jellachich treibt seine Horden mit Kartätschen in den Kampf gegen die Freiheit. Es ist höchst wahrscheinlich, daß er, von unseren tapferen Truppen gedrängt, seine räuberischen Horden auf das Gebiet Oesterreichs wirft, und wo möglich selbst Wien zu bedrohen beabsichtigt.</p>
          <p>Die ungarische Nation ist fest überzeugt, daß er in diesem Falle unter dem Racheschwerte der Freiheitssöhne Oesterreichs unrettbar fallen wird; doch erachtet es die ungarische Nation für ihre heilige Pflicht der Dankbarkeit gegen Wien und Oesterreich, in diesem Falle Jellachich nachzujagen, und in dem Werke seiner wohlverdienten Vernichtung das edle Völk Oesterreichs zu unterstützen.</p>
          <p>Darum haben die Repräsentanten der ungarischen Nation den Befehl an die ungarische Armee ertheilt: Jellachich zu verfolgen, wohin er sich wenden möge.</p>
          <p>Doch betheuert die ungarische Nation vor Gott und der Welt: daß wenn ihre Truppen den fliehenden Feind nach Oesterreich zu verfolgen bemüssigt wären, hiermit nicht nur keine Gebiets-Verletzung Oesterreichs beabsichtigt würde, sondern daß in diesem Falle die ungarische Nation auch dem Triebe der Dankbarkeit folgt, welcher ihr es zur Ehrenpflicht macht, die edlen Bewohner Wiens nicht ohne Unterstützung zu lassen gegen den gemeinsamen Feind.</p>
          <p>Möge die hohe Reichsversammlung diese aufrichtig gemeinte Erklärung mit gleicher Bruderliebe entgegen nehmen. Die ungarische Nation erklärt, daß ihre Truppen in dem nämlichen Augenblicke Halt machen und sich nach Ungarn zurückwenden werden, wo die edlen Vertreter des tapfern Oesterreichs dem commandirenden Generale der ungarischen Armee die Weisung zukommen lassen, daß die Entwaffnung des gemeinsamen Feindes, durch eigene Kräfte bewirkt, und die Mitwirkung unserer Truppen zum Siege der gemeinsamen Freiheit nicht mehr nöthig sei.</p>
          <p>Ungarns Regierung hat die strengsten Befehle erlassen, daß, im Fall die ungarische Armee vorrückt, ihre Verpflegung selbst auf den uns heiligen österreichischen Boden, von Ungarn aus verfolgt, und dem edlen Volke Oesterreich nicht die mindeste Last aufgebürdet werde.</p>
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          <p>&#x201E;Die Herren Reichstagsdeputirten, welche durch die letzten Ereignisse genöthigt sind, Wien zu verlassen, werden eingeladen, sich heute um 6 Uhr Abends im Lokale der Bürger-Ressource zu einer wichtigen Berathung einzufinden. Zugleich wird bekannt gegeben, daß der Drang der Ereignisse es nöthig macht, sich täglich um 6 Uhr Abends in dem erwähnten Lokale zu versammeln, daß demnach alle im Verlaufe dieser Tage hier ankommenden Reichstags-Abgeordneten ihre Kollegen in Berathung versammelt antreffen werden. Prag am 12. Oktober 1848. Dr. Anton Strobach, im eigenen und im Namen 30 anderer Reichstags-Mitglieder.&#x201C;</p>
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        <div xml:id="ar119_010" type="jArticle">
          <head>Prag, 12. Oktober.</head>
          <p>Die Nordbahn-Direktion soll sich, dem Reichstagsbeschlusse gemäß, standhaft weigern, Militär auf der Bahn gegen Wien zu befördern, und es dürfte, falls sich diese Angabe bestätigt, zu eigenthümlichen Konflikten zwischen den Militärbehörden, welche die physische Gewalt in Händen haben, und den Beamten führen, welche der einzigen jetzt noch legalen Exekutivgewalt gehorchen. &#x2012; Gestern in der Nacht und heute Morgens kamen Linientruppen aus den böhmischen Festungen hier an, welche die hiesige nach dem Süden abgehende Garnison theilweise ersetzen sollen. &#x2012; Unter den gestern hier eingetroffenen Reichstags-abgeordneten befand sich auch Dr. Helfert; heute wurde die Zahl derselben noch durch die Ankunft Placek's, Kucera's und Dusek's vermehrt.</p>
          <bibl>(C. B. a. B.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar119_011" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Olmütz, 10. Oktober.</head>
          <p>Die in Olmütz erscheinende &#x201E;Neue Zeitung&#x201C; enthält in ihrem Aufruf zur Unterstützung der Wittwen und Waisen der in Wien Gefallenen, folgende Worte: &#x201E;Wien ist das Herz Oestreich's; unsre Freiheit ist dort geboren worden, unsre Freiheit erhält dort die Bluttaufe. Wir haben bei jeder Gelegenheit unsre warmen Sympathien für die Wiener ausgesprochen; lassen wir es nicht bei Worten bewenden!&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar119_012" type="jArticle">
          <head>Berlin.</head>
          <p>Bis zum 13. Oktober Mittags waren als an der Cholera erkrankt gemeldet 2056 Personen, Zugang bis 14. Mittags 46 Personen. Zusammen 2102 Personen. Davon sind gestorben 1312, genesen 494, in ärztlicher Behandlung 296 Personen. In Summa 2102 Personen.</p>
          <bibl>(N. Z.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar119_013" type="jArticle">
          <head>Breslau,: 13. Okt.</head>
          <p>Wir sind in den Stand gesetzt, über die Ereignisse in Preßburg den Bericht eines Augenzeugen zu geben. Freitag früh kamen österreichsische Truppen nach Preßburg. Die Stadt, die schwach besetzt war, <hi rendition="#g">wurde</hi> ihnen übergeben. &#x2012; Abends kamen die Nachrichten von Wien an; das Militär wurde sofort in den Kasernen konsignirt. Man erwartete noch die Ankunft von Cekopieri-Infanterie und Joseph-Dragonern. Das Militär aber, bereits von den Ereignissen unterrichtet, brach aus den Kasernen aus und fraternisirte mit dem Volke. Offiziere, die selbst mit der Waffe in der Hand die Soldaten zurückhalten wollten, wurden verlacht und verspottet. Die Brücke wurde ausgehängt. Am Sonnabend kamen 8 Sereczaner mit einem Briefe von Jellachich an den General Knöhrl, Brigadier in Preßburg. Die Boten wurden von den Bürgergarden aufgehalten und mit dem Briefe auf's Stadthaus gebracht. Man schickte zu Knöhr, er möge auf's Stadthaus kommen, und den Brief verlesen. Er erschien nicht; als man ihn suchte, war er verschwunden. Der Brief wurde verlesen; er war vom General Zeisberg im Namen Jellachich's geschrieben und lautete etwa folgen dermaßen: &#x201E;Haben Sie sich der Brücke in Preßburg bemächtigt und auf welche Weise? Schicken Sie mir die disponiblen Truppen herüber. Haben Sie meinen Brief von gestern erhalten? Berichten Sie mir über die Stimmung in Preßburg und über den Stand der Dinge. Hauptquartier. Ungar. Altentenburg.&#x201C;</p>
          <p>Als das Volk diesen Brief gehört hatte, suchte es den General Knöhr überall, um ihn zu hängen. Er war nicht zu finden. Plötzlich aber zog sich das Militär aus der Stadt. Alle Wachen wurden leer, ohne daß man besondere Vorbereitungen gesehen hatte. Die Bürgergarde behielt die Stadt, die in dieser Weise entsetzt wurde. Von den Soldaten selbst ist eine Anzahl zurückgekehrt und in die ungarische Nationalgarde eingetreten. Sie haben ihren Obersten und Hauptmann erschossen, die sie zurückhalten wollten; die übrigen Offiziere weggejagt. Das übrige Militär, meldeten sie, würde von Cekopieri-Infanterie und Joseph-Dragonern bewacht.</p>
          <p>Mittlerweile waren zu Knöhr zwei Schwadronen Joseph-Dragoner gestoßen und die kroatischen Truppen hatten Neudorf und die Brücke über die March besetzt. Jellachich schrieb wiederum an den Magistrat von Preßburg. Der Brief lautete:</p>
          <p>&#x201E;Die Stadt Preßburg wird wissen, daß ich zum Civil- und Militär-Gouverneur ernannt bin; ich lege, falls es unbekannt ist, das Manifest des Kaisers bei. Ich will Sonntag Mittag über die Brücke marschiren, dieselbe muß eingehängt sein; es sollte mir leid thun, wenn ich damit anfangen sollte, die Stadt zusammen zu schießen.&#x201C;</p>
          <p>Der Magistrat schickte ihm 2 seiner Mitglieder mit der Antwort: sie würden die Brücke nicht einhängen. Zugleich schickte er ihm die 8 Sereczaner zurück. Die Antwort Jelachich's war: &#x201E;Er wolle verzeihen, wenn man Folge leiste, wenn nicht, würde er Gewalt anwenden.&#x201C;</p>
          <p>In Preßburg selbst stehen 8000 Bauern, mit Sensen bewaffnet. Von ihnen wurden den Ungarn, die bei Wieselburg unter dem Obersten Moga und einem Obersten Wanka standen, 1500 Mann als Succurs geschickt. Die Nachricht ist bestätigt, daß General Rott gefangen ist, und 7000 Mann entwaffnet worden sind.</p>
          <bibl>(A. O. Z.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar119_014" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Dresden, 10. Oktober.</head>
          <p>Der russische Flüchtling Bakunin, der neulich aus Preußen ausgewiesen wurde, hatte sich auch hier, leigch nach seiner Ankunft, eines Besuches der Polizei zu erfreuen, und trotzdem daß sein Paß durchaus in Ordnung war, erhielt er doch den Befehl, das Land auf der Stelle zu verlassen.</p>
          <p>Man muß gestehen, der Arm des Kaisers Nikolaus ist sehr lang und die deutschen Regierungen sind äußerst gefällig!</p>
        </div>
        <div xml:id="ar119_015" type="jArticle">
          <head>Altenburg, 7. October.</head>
          <p>(Die Ansicht des Erzherzogs Johann über den Liberalismus.) Sie wissen, daß wir eine Deputation nach Frankfurt geschickt haben, um gegen die Besetzung unseres Landes zu protestiren. Dieser Deputation hat der Reichsverweser folgende interessante Antwort gegeben: &#x201E;Die nach Altenburg beorderten Truppen sind keine fremden, sondern einheimische, weil sie Truppen des einigen deutschen Reichs sind. Die militärische Besetzung Altenburgs ist keine volksfeindliche Maßregel. Es ist nicht wahr, daß das Volk diese Maßregel als volksfeindlich betrachtet. Das wird dem Volke nur von den Demagogen eingeredet, die nicht wollen, daß man Maßregeln gegen ihre anarchischen Bestrebungen trifft. Den Demagogen werde ich kräftig entgentreten; die Demagogie ist Anarchie und Lüderlichkeit, und das ist alles Streben der Demagogen.&#x201C; Auf eine Aeußerung eines Mitgliedes der Deputation über Militärübermuth, die neuesten Vorfälle in Mainz und die Berichte darüber in den liberalen Zeitungen, bemerkte der Reichsverweser: &#x201E;Ich erkenne keine liberalen Zeitungen an; ebenso keine liberalen Menschen.&#x201C; Nach meiner Ansicht gibt es nur gesetzmäßige Menschen und Wühler, die gesetzmäßigen Menschen, welche sich dem Gesetze unterwerfen, die Wühler oder Demagogen, welche nie ruhen, sondern Anarchie und Umsturz begehren.&#x201C; Nie wohl sind die Grundsätze der Reaktion mit größerer Naivität ausgesprochen worden, als hier.</p>
          <bibl>(A. Oder-Ztg.)</bibl>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Polen.</head>
        <div xml:id="ar119_016" type="jArticle">
          <head>Krakau, 11. October.</head>
          <p>Die Aufregung ist hier von Neuem in die Gemüther gekommen. Die Wiener Ereignisse konnten nicht ohne Nachwirkung bleiben. Es gibt häufig Conflikte mit Militärs. So war gestern eine Bleifederzeichnung, welche an einer Ecke des Ringes befestigt war, Veranlassung dazu. Diese Zeichnung stellte den gehängten Kriegsminister Latour und den bei letzterem Wache haltenden Metternich mit sehr langer Nase vor. Das Volk hinderte den Polizei-Soldaten daran, die Zeichnung abzureißen, und in Folge dessen entstand eine Prügelei. Der Soldat setzte seinen Willen durch; die Volksmasse schwoll indeß immer mehr an, bis endlich vom Krott'schen Hause her eine Patrouille mit gefälltem Bajonett einschritt. Vernünftige Bürger redeten der Masse zu, und diese zerstreute sich. Der Vorfall erschien in seinem Beginn so ernst, daß sämmtliche Läden des Ringes sofort geschlossen wurden und die Hökerweiber eilig die Flucht ergriffen. Des Abends fiel eine größere Prügelei vor, bei welcher einige Soldaten derbe Schläge erhielten. &#x2012; Vorkehrungen zur Besetzung Krakau's durch die nachbarlichen Russen scheinen getroffen zu sein. In dem eine Meile von hier entfernten Michalowice werden die Letzteren ein großes Lager beziehen. Der Gouverneur von Galizien, Zulewski, so wie General Schlick waren zu verschiedenen Malen dort und haben mehrstündige Conferenzen mit dem russischen General gehalten. Dem in Krakau stationirten Militär, etwa 7000 Mann stark, scheint übrigens unheimlich zu Muthe zu sein. Die Offiziere haben in den letzten Tagen viel an Humanität gewonnen.</p>
          <bibl>(P. Z.)</bibl>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Ungarn.</head>
        <div xml:id="ar119_017" type="jArticle">
          <head>Pesth, 9. October.</head>
          <p>Gestern wurden die Nachrichten von dem Wiener Aufstand bekannt. &#x201E;Latour, der größte Feind unseres Vaterlandes&#x201C;, jubelten die Pesther Blätter, &#x201E;ist aufgehängt.&#x201C; Im Repräsentantenhause wurde zugleich mit dieser Nachricht die Gefangennehmung der Generale Roth und Filippovics (mit 7500 Soldaten) gemeldet; die beiden Generale und 50 Offiziere hätten ihre schwarzgelben Zeichen von sich abgerissen und fortgeworfen: &#x201E;nie mehr wollten sie unter diesen Farben dienen.&#x201C; Auch die gefangene Mannschaft habe geschworen, nie wieder gegen Ungarn die Waffen zu ergreifen. Die Eljens, welche ausbrachen, mögen Sie sich selbst vorstellen. Noch fanatischer war aber der Beifallsruf bei der Nachricht von der Wiener Revolution und bei der Meldung, die bei Raab stehenden magyarischen Generale seien auf diese Kunde sogleich, ohne einen Befehl abzuwarten, aufgebrochen und Jellachich nachgeeilt. Da trat Kossuth auf und hielt eine donnernde Rede. &#x201E;Nachdem die Wiener die Sache der Magyaren befördert, dürfte auch Ungarn Wien nicht verlassen: um keinen Preis dürfe man mehr mit der Camarilla unterhandeln, aber dem Volke Oestreichs aufopfernd beistehen.&#x201C; Die Regierung wurde dem Landesvertheidigungsausschusse übergeben, Kossuth zum Präsidenten ernannt und beschlossen, daß noch denselben Tag Bewaffnete gegen Wien aufbrächen.</p>
          <bibl>(C. B. a. B)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar119_018" type="jArticle">
          <head>Pesth, 8. October.</head>
          <p>Damit die für Raab und die dortige Gegend lautenden Briefschaften nicht in die Hände der kroatischen Empörer gerathen, und so diese hinter die Geheimnisse unserer Kriegsangelegenheiten kommen, wurde vom Ministerium des Handels verordnet, daß die bisher zwischen Wien und Osen bestandene Brief-Eilpost, so wie die Malleposten eingestellt werden.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Italien.</head>
        <div xml:id="ar119_019" type="jArticle">
          <head>
            <bibl>
              <author>*</author>
            </bibl>
          </head>
          <p>Am 7. Oktbr. fanden Unruhen in Genua statt. Plakate gegen den König waren angeschlagen. Ein Soldat wollte sie ab
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0598/0002] Pillersdorf spricht dafür, dem Finanzminister das volle Vertrauen zu geben. Er wird nicht mehr benützen, als er bedarf. Beim Bedarf über eine Beschränkung würde die Kammer nur neuerdings mit einer Berathung behelligt und könnte dann abermals nur an die Bank weisen. Dilevskis Antrag erhält Majorität. Schuselka erstattet Bericht vom Ausschusse. Es erschien bei ihm eine Deputation von zwei Mitgliedern des ungarischen Reichstages und überbrachte eine Adresse. Es wird darin den edlen Bewohnern Wiens gedankt, daß sie sich für Ungarn erhoben, und die Ungarn schwören vor Gott die Freiheit Wiens ihrer eigenen gleich zu achten. (Acclamation.) Sie wollen einen freien Bruderbund schließen und bieten die Bruderhand. (Acclamation.) Sie haben erfahren, daß Jellachich in Oesterreich 13,000 Mann Zuzug, bekommen und aus Galizien noch erhalten werden. Sie erklären Jeden- der sich gegen Oesterreich erhebt, als einen Landesverräther, und erklären es für eine heilige Pflicht der Dankbarkeit, das edle Oesterreich zu unterstützen. Die ungarische Nation hat daher beschlossen, dem Feinde zu folgen wohin er, auch flieht. Man möge es nicht als Gebietsverletzung betrachten, wenn sie auf unsern Boden kommen, sondern lediglich als einen Zug des dankbaren Herzens. Sie werden ihre Truppen selbst verpflegen und in demselben Augenblicke, als der Feind geschlagen und entwaffnet ist, das Gebiet verlassen. Anhaltender Beifall. Schuselka theilt ferner mit, daß Lohner gestern 10 Uhr Nachts, nach vielen Bitten eine Audienz beim Erzherzog Franz Karl erhalten. Löhner hat ferner einen Erlaß des Kaisers überschickt, der auf dem Lande vertheilt wird, ohne Contrasignatur und aus Herzogenburg datirt ist. Es wird darin einer Partei in Wien sehr übel gedacht, und der Kaiser erklärt einen andern Punkt als Wien zur Berathung auszuersehen. Der Kaiser hat die Abdankung der Minister Doblnoff und Bach angenommen, von Hornbostel ist noch nichts bekannt. Finanzminister Kraus erscheint und bedauert, daß er bei der frühern Beschlußfassung nicht gegenwärtig war. Er erklärt, mit 6 Millionen nicht den nächsten Monat auslangen zu können. Er findet es nicht sehr ehrend, daß man immer das Vertrauen tropfenweise zumesse, er ist verantwortlich, und-wenn man es ihm nicht ganz schenke, sei es besser, man stelle einen Vertrauenswürdigeren an die Stelle. Fedorovitsch verwahrt sich, daß die Kammer kein Vertrauen gehegt habe, im Gegentheile, sie spendete Lob; es waren ihr aber die Grunde unbekannt, die jetzt der Minister vorgelegt und man kann nun den Kredit erweitern. Dieses wird von der Kammer bewilligt. Smolka bittet nun, da die gemessene Zeit abgelaufen ist, ein neues Bureau zu wählen. Er bittet das vorgeschriebene Serutinium zu beobachten und muß, trotz der gestrigen zweimaligen Acclamation, auf Serutinium dringen, da die Geschichte zeigt, daß man selbst Beschlüsse als ungültig erklärt hat, weil das Bureau nicht gesetzmäßig war. Er dankt im Namen der Kammer den Schriftführern für ihre bisherigen Dienste. Die Wahl des Präsidenten findet noch heute statt, der andern Bureaumitglieder noch morgen früh Borrosch ergreift das Wort im Interesse des jetzt so bedrothen Vaterlandes. Er fürchtet nach dem oben eingelangten Erlasse, daß der Kaiser durch seine Umgebung gehindert sein werde, die wahre Sachlage zu erkennen. Er macht ferner auf seine Rede aufmerksam, als die Ungarn an der Schwelle des Hauses waren, und ruft nach den Ereignissen Alle zum Zeugen an, daß er es damals ehrlich gemeint. Er beantrage, dem Kaiser eine zweite Adresse nachzusenden, und die Ungarn zu einem Völkerkongresse nach Wisn einzuladen. So werde das Interesse des Gesammtvaterlandes und des Thrones gewahrt werden. Acclamation. Das Scrutinium findet statt, es stimmen 200 Mitglieder. Smolka erhält 186 Stimmen, ist daher Präsident, und dankt für die Ehre. Podlevski stellt den Antrag, die ungarische Adresse zu drucken. Wird angenommen. Borrosch nimmt nach einer Pause das Wort. Er habe keineswegs einen gemeinsamen Reichstag in der Absicht wie Manche meinen. Es möge nur eine internationelle Kommission niedergesetzt werden, bestehend aus Reichstagsabgeordneten der beiden Reiche und unter Beziehung der beiden Ministerien. Aehnliches auch für Italien Zimmer will die Berathung der permanenten Kommission zuweisen. Fischer will, man möge diese Adresse den Herren mittheilen, und so Waffenstillstand bis zur Erledigung herbeiführen. Smerecke sagt, wir dürfen den Vorwurf nicht auf uns laden, indem wir die ungarische Armee aufhalten, der Stadt Wien in ihrer Vertheidigung hinderlich gewesen zu sein. (Beifall.) Zimmer sagt, er müsse sich gegen den Antrag erklären. Der Hof will nichts hören in unserer eigenen Sache, viel weniger wenn wir zugleich in Angelegenheit eines andern Volkes sprechen. Der Hof will siegen, und ein Waffenstillstand wird nur dazu dienen, um Truppenmassen heranrücken zu lassen um uns ganz zu erdrücken. Pillersdorff rathet zur Versöhnung. Borrosch eben so. Die Kammer müsse alle Mittel versuchen. Fedorovitsch ermahnt die Pflicht zu thun. Die Kammer ist wahrhaftig jetzt mehr hier, um das edle Blut der Wiener zu schonen, als Gesetze zu geben. Wir thun unsere Pflicht, ob sie der Kaiser thut, dies hängt nicht von uns ab. Das Mittel ist vorgeschlagen, versuchen wir es ‒ vielleicht ist es in dem Rathschlusse Gottes, daß es doch etwas helfe. Piencikovski beantragt mit der Beschlußfassung bis zur Rückkunft der Deputation zu warten. Wird verworfen. Borrosch's Antrag wird angenommen. Die Adresse wird morgen der Kammer vorgelegt werden. Reuwall beantragt eine Abschrift an den ungarischen Reichstag mit der Einladung, sich dem Wunsche anzuschließen. Violand theilt mit, daß der heute ernannte Kommandant Spitzhütes seine Stelle wieder niederlegt. Der Ausschuß hat sich an die Garde und Legion gewendet, daß sie einen Vertrauensmann erwählen. Die Sitzung wird geschlossen, 9 Uhr. Eröffnung morgen 10 Uhr. Wien, 12. Oktober. Die Adresse des Ungarischen Reichstags an den Wiener lautet: An den konstituirenden Reichstag in Wien. Die ungarische Nation, im heiligen Kampfe für ihre Freiheit und ihr gutes Recht gegen den in der Weltgeschichte unerhörten Verrath der reaktionären Camarilla und ihre eidbrüchichen Söldlinge begriffen, ist von dem wärmsten Dankgefühle durchdrungen für die heldenmüthige Aufopferung der edlen Bewohner Wiens, womit selbe die Verstärkung der Armee des Verräthers Jellachich zu verhindern sich so glorreich erhoben hat. Die ungarische Nation erklärt vor Gott und vor der Welt, daß sie die Freiheit Oesterreichs ihrer eignen Freiheit gleich achten und zu deren Aufrechthaltung gewiß den Wünschen der österreichischen Nationen nach Kräften beizutragen stets zu ihrer heiligsten Pflicht rechnen wird. Die Gefahr ist gemeinschaftlich, welche die Freiheit beider Nationen bedroht. Ungarn weis't entschieden von sich jeden Tractat mit der Camarilla und ihren eidbrüchigen Söldnern, bekennt sich aber vor Gott und der Welt zum tiefverpflichteten Freunde, treuen Bundesgenossen und Bruder der österreichischen Nationen, und erklärt sich unwandelbar geneigt, die gegenseitigen Interessen zur beiderseitigen Zufriedenheit auf der breitesten Basis des Rechtes, der Billigkeit und der treuen Bruderliebe regeln zu wollen, und bietet hierzu seine treue Bruderhand. Ungarn erklärt zugleich seinen wärmsten Dank der hohen Reichs-Versammlung für die kräftigen Maßregeln zur Verhinderung des Anmarsches von einer reaktionären Soldateska, bestimmt, die räuberischen Horden Jellachich's zu unterstützen; findet sich aber auch zugleich veranlaßt, die hohe Reichs-Versammlung zu benachrichtigen, daß die ungarische Regierung Kunde bekommen habe, daß trotz der vorbemerkten Maßregeln dem Empörer Jellachich es doch gelungen sei, gegen 13,000 Mann Verstärkung aus Oesterreich an sich zu ziehen und, daß unserm armen verrathenen Vaterlande auch von dem in Galizien stationirten Militär eine Invasion droht. Die ungarische Nation ersucht die edlen Vertreter Oesterreichs, hiegegen kräftig einschreiten zu wollen, und so, wie wir jeden Ungar für einen Landesverräther zu erklären, der seine unheilige Hand gegen die Freiheit Oesterreichs erhebt, eben so jeden Unterthan der österreichischen Monarchie für einen Landesverräther zu erklären, der dem Empörer Jellachich, dem eidbrüchigen Werkzeuge, das sich die Camarilla zur Unterdrückung der Freiheit Oesterreichs und Ungarns auserlesen, die mindeste Unterstützung gewähren würde. Der Empörer Jellachich treibt seine Horden mit Kartätschen in den Kampf gegen die Freiheit. Es ist höchst wahrscheinlich, daß er, von unseren tapferen Truppen gedrängt, seine räuberischen Horden auf das Gebiet Oesterreichs wirft, und wo möglich selbst Wien zu bedrohen beabsichtigt. Die ungarische Nation ist fest überzeugt, daß er in diesem Falle unter dem Racheschwerte der Freiheitssöhne Oesterreichs unrettbar fallen wird; doch erachtet es die ungarische Nation für ihre heilige Pflicht der Dankbarkeit gegen Wien und Oesterreich, in diesem Falle Jellachich nachzujagen, und in dem Werke seiner wohlverdienten Vernichtung das edle Völk Oesterreichs zu unterstützen. Darum haben die Repräsentanten der ungarischen Nation den Befehl an die ungarische Armee ertheilt: Jellachich zu verfolgen, wohin er sich wenden möge. Doch betheuert die ungarische Nation vor Gott und der Welt: daß wenn ihre Truppen den fliehenden Feind nach Oesterreich zu verfolgen bemüssigt wären, hiermit nicht nur keine Gebiets-Verletzung Oesterreichs beabsichtigt würde, sondern daß in diesem Falle die ungarische Nation auch dem Triebe der Dankbarkeit folgt, welcher ihr es zur Ehrenpflicht macht, die edlen Bewohner Wiens nicht ohne Unterstützung zu lassen gegen den gemeinsamen Feind. Möge die hohe Reichsversammlung diese aufrichtig gemeinte Erklärung mit gleicher Bruderliebe entgegen nehmen. Die ungarische Nation erklärt, daß ihre Truppen in dem nämlichen Augenblicke Halt machen und sich nach Ungarn zurückwenden werden, wo die edlen Vertreter des tapfern Oesterreichs dem commandirenden Generale der ungarischen Armee die Weisung zukommen lassen, daß die Entwaffnung des gemeinsamen Feindes, durch eigene Kräfte bewirkt, und die Mitwirkung unserer Truppen zum Siege der gemeinsamen Freiheit nicht mehr nöthig sei. Ungarns Regierung hat die strengsten Befehle erlassen, daß, im Fall die ungarische Armee vorrückt, ihre Verpflegung selbst auf den uns heiligen österreichischen Boden, von Ungarn aus verfolgt, und dem edlen Volke Oesterreich nicht die mindeste Last aufgebürdet werde. Gruß, Hochachtung und Bruderliebe. Pesth, den 10. October 1848. Des ungarischeu Reichstages. Unterhauses erster Vice-Präsident, Johann Pallfy, m. p. Oberhauses erster Vice-Präsident, B. Sigm. v. Perenj, m. p. Wien, 13. Okt. Der Reichstag hat in Erwiederung auf die Demonstration der ezechischen Parthei, welche zu einem Sonderreichstag in Brünn auffordert, folgende Proklamation erlassen: Kundmachung. Der hohe Reichstag beschließt, mit Rücksicht auf die im „Constitutionellen Blatte aus Böhmen“ vom 11. d. Mts. enthaltene Aufforderung einiger böhmischer Abgeordneten: Der Reichstag hat auch unter den Ereignissen der letzten Tage seine Berathungen mit Beobachtung aller legalen Formen nie unterbrochen. Er ist die einzige legale konstituirende und gesetzgebende Autorität. Die überwiegende Mehrzahl hat, ihrer Pflicht eingedenk, ihre Plätze nicht verlassen, und wird ihre Aufgabe, ohne sich durch irgend ein Hinderniß beirren zu lassen, ununterbrochen fortsetzen. Der Reichstag hat alle abwesenden Mitglieder aufgefordert, ungesäumt den Verpflichtungen gegen ihre Kommittenten und gegen die Gesammt-Monarchie nachzukommen. Diese Pflichten können nur hier, am Sitze des Reichstages erfüllt werden. Jeder Versuch von Abgeordneten oder andern Individuen, sich an einem andern Orte zu sammeln, um Beschlüsse zu fassen, welche nur dem Reichstage zustehen, ist ungesetzlich und ungültig, Der Reichstag erklärt daher auch jede Aufforderung zu diesem Zwecke als null und nichtig-protestirt in vorhinein gegen alle etwaigen Beschlüsse und macht, die Urheber und Theilnehmer an denselben für alle Folgen vertantwortlich. Das Ministerium wird aufgefordert, diesen Beschlüssen sogleich die ausgedehnteste Publicität auf dem geeignetsten Wege zu geben. Wien, 13. Okt. 1848. Smolka, Präsident. Prag, 12. Oktober Mittags. Eben wird folgendes Plakat angeschlagen: An die Bewohner Böhmens! Anarchie und deren gräuliche Folgen, die sich leider in Wien auf empörende Weise entwickelt haben, und alle Grundfeste einer geregelten Verfassung zu untergraben drohen, legen mir die Pflicht auf, mit einem Theile der mir unterstehenden braven Truppen zum Schutze der geheiligten Person des Monarchen und zur Wahrung der Einheit der konstitutionellen Monarchie mich von hier zu entfernen. Der nun schon seit geraumer Zeit hier bestehende geregelte friedliche Zustand und die loyalen Aeußerungen der Bewohner dieser Hauptstadt gewähren mir die beruhigende Ueberzeugung, daß die so bedauerlichen Juni-Ereignisse hauptsächlich durch fremden Einfluß herbeigeführt wurden. Ich verlasse daher die Stadt und das Land mit dem festen Vertrauen, daß Ruhe und Ordnung nicht mehr gestört werde; ‒ die Ehre und Wohlfahrt der Nation hängt wahrlich davon ab, daß dieses mein Vertrauen nicht getäuscht werde. Prag am 11. Oktober 1848. Fürst Windisch-Grätz, kommandirender General.“ Prag, 12. Oktober. Reichstagspräsident Strobach ließ heute folgendes Plakat anschlagen: „Die Herren Reichstagsdeputirten, welche durch die letzten Ereignisse genöthigt sind, Wien zu verlassen, werden eingeladen, sich heute um 6 Uhr Abends im Lokale der Bürger-Ressource zu einer wichtigen Berathung einzufinden. Zugleich wird bekannt gegeben, daß der Drang der Ereignisse es nöthig macht, sich täglich um 6 Uhr Abends in dem erwähnten Lokale zu versammeln, daß demnach alle im Verlaufe dieser Tage hier ankommenden Reichstags-Abgeordneten ihre Kollegen in Berathung versammelt antreffen werden. Prag am 12. Oktober 1848. Dr. Anton Strobach, im eigenen und im Namen 30 anderer Reichstags-Mitglieder.“ Prag, 12. Oktober. Die Nordbahn-Direktion soll sich, dem Reichstagsbeschlusse gemäß, standhaft weigern, Militär auf der Bahn gegen Wien zu befördern, und es dürfte, falls sich diese Angabe bestätigt, zu eigenthümlichen Konflikten zwischen den Militärbehörden, welche die physische Gewalt in Händen haben, und den Beamten führen, welche der einzigen jetzt noch legalen Exekutivgewalt gehorchen. ‒ Gestern in der Nacht und heute Morgens kamen Linientruppen aus den böhmischen Festungen hier an, welche die hiesige nach dem Süden abgehende Garnison theilweise ersetzen sollen. ‒ Unter den gestern hier eingetroffenen Reichstags-abgeordneten befand sich auch Dr. Helfert; heute wurde die Zahl derselben noch durch die Ankunft Placek's, Kucera's und Dusek's vermehrt. (C. B. a. B.) * Olmütz, 10. Oktober. Die in Olmütz erscheinende „Neue Zeitung“ enthält in ihrem Aufruf zur Unterstützung der Wittwen und Waisen der in Wien Gefallenen, folgende Worte: „Wien ist das Herz Oestreich's; unsre Freiheit ist dort geboren worden, unsre Freiheit erhält dort die Bluttaufe. Wir haben bei jeder Gelegenheit unsre warmen Sympathien für die Wiener ausgesprochen; lassen wir es nicht bei Worten bewenden!“ Berlin. Bis zum 13. Oktober Mittags waren als an der Cholera erkrankt gemeldet 2056 Personen, Zugang bis 14. Mittags 46 Personen. Zusammen 2102 Personen. Davon sind gestorben 1312, genesen 494, in ärztlicher Behandlung 296 Personen. In Summa 2102 Personen. (N. Z.) Breslau,: 13. Okt. Wir sind in den Stand gesetzt, über die Ereignisse in Preßburg den Bericht eines Augenzeugen zu geben. Freitag früh kamen österreichsische Truppen nach Preßburg. Die Stadt, die schwach besetzt war, wurde ihnen übergeben. ‒ Abends kamen die Nachrichten von Wien an; das Militär wurde sofort in den Kasernen konsignirt. Man erwartete noch die Ankunft von Cekopieri-Infanterie und Joseph-Dragonern. Das Militär aber, bereits von den Ereignissen unterrichtet, brach aus den Kasernen aus und fraternisirte mit dem Volke. Offiziere, die selbst mit der Waffe in der Hand die Soldaten zurückhalten wollten, wurden verlacht und verspottet. Die Brücke wurde ausgehängt. Am Sonnabend kamen 8 Sereczaner mit einem Briefe von Jellachich an den General Knöhrl, Brigadier in Preßburg. Die Boten wurden von den Bürgergarden aufgehalten und mit dem Briefe auf's Stadthaus gebracht. Man schickte zu Knöhr, er möge auf's Stadthaus kommen, und den Brief verlesen. Er erschien nicht; als man ihn suchte, war er verschwunden. Der Brief wurde verlesen; er war vom General Zeisberg im Namen Jellachich's geschrieben und lautete etwa folgen dermaßen: „Haben Sie sich der Brücke in Preßburg bemächtigt und auf welche Weise? Schicken Sie mir die disponiblen Truppen herüber. Haben Sie meinen Brief von gestern erhalten? Berichten Sie mir über die Stimmung in Preßburg und über den Stand der Dinge. Hauptquartier. Ungar. Altentenburg.“ Als das Volk diesen Brief gehört hatte, suchte es den General Knöhr überall, um ihn zu hängen. Er war nicht zu finden. Plötzlich aber zog sich das Militär aus der Stadt. Alle Wachen wurden leer, ohne daß man besondere Vorbereitungen gesehen hatte. Die Bürgergarde behielt die Stadt, die in dieser Weise entsetzt wurde. Von den Soldaten selbst ist eine Anzahl zurückgekehrt und in die ungarische Nationalgarde eingetreten. Sie haben ihren Obersten und Hauptmann erschossen, die sie zurückhalten wollten; die übrigen Offiziere weggejagt. Das übrige Militär, meldeten sie, würde von Cekopieri-Infanterie und Joseph-Dragonern bewacht. Mittlerweile waren zu Knöhr zwei Schwadronen Joseph-Dragoner gestoßen und die kroatischen Truppen hatten Neudorf und die Brücke über die March besetzt. Jellachich schrieb wiederum an den Magistrat von Preßburg. Der Brief lautete: „Die Stadt Preßburg wird wissen, daß ich zum Civil- und Militär-Gouverneur ernannt bin; ich lege, falls es unbekannt ist, das Manifest des Kaisers bei. Ich will Sonntag Mittag über die Brücke marschiren, dieselbe muß eingehängt sein; es sollte mir leid thun, wenn ich damit anfangen sollte, die Stadt zusammen zu schießen.“ Der Magistrat schickte ihm 2 seiner Mitglieder mit der Antwort: sie würden die Brücke nicht einhängen. Zugleich schickte er ihm die 8 Sereczaner zurück. Die Antwort Jelachich's war: „Er wolle verzeihen, wenn man Folge leiste, wenn nicht, würde er Gewalt anwenden.“ In Preßburg selbst stehen 8000 Bauern, mit Sensen bewaffnet. Von ihnen wurden den Ungarn, die bei Wieselburg unter dem Obersten Moga und einem Obersten Wanka standen, 1500 Mann als Succurs geschickt. Die Nachricht ist bestätigt, daß General Rott gefangen ist, und 7000 Mann entwaffnet worden sind. (A. O. Z.) * Dresden, 10. Oktober. Der russische Flüchtling Bakunin, der neulich aus Preußen ausgewiesen wurde, hatte sich auch hier, leigch nach seiner Ankunft, eines Besuches der Polizei zu erfreuen, und trotzdem daß sein Paß durchaus in Ordnung war, erhielt er doch den Befehl, das Land auf der Stelle zu verlassen. Man muß gestehen, der Arm des Kaisers Nikolaus ist sehr lang und die deutschen Regierungen sind äußerst gefällig! Altenburg, 7. October. (Die Ansicht des Erzherzogs Johann über den Liberalismus.) Sie wissen, daß wir eine Deputation nach Frankfurt geschickt haben, um gegen die Besetzung unseres Landes zu protestiren. Dieser Deputation hat der Reichsverweser folgende interessante Antwort gegeben: „Die nach Altenburg beorderten Truppen sind keine fremden, sondern einheimische, weil sie Truppen des einigen deutschen Reichs sind. Die militärische Besetzung Altenburgs ist keine volksfeindliche Maßregel. Es ist nicht wahr, daß das Volk diese Maßregel als volksfeindlich betrachtet. Das wird dem Volke nur von den Demagogen eingeredet, die nicht wollen, daß man Maßregeln gegen ihre anarchischen Bestrebungen trifft. Den Demagogen werde ich kräftig entgentreten; die Demagogie ist Anarchie und Lüderlichkeit, und das ist alles Streben der Demagogen.“ Auf eine Aeußerung eines Mitgliedes der Deputation über Militärübermuth, die neuesten Vorfälle in Mainz und die Berichte darüber in den liberalen Zeitungen, bemerkte der Reichsverweser: „Ich erkenne keine liberalen Zeitungen an; ebenso keine liberalen Menschen.“ Nach meiner Ansicht gibt es nur gesetzmäßige Menschen und Wühler, die gesetzmäßigen Menschen, welche sich dem Gesetze unterwerfen, die Wühler oder Demagogen, welche nie ruhen, sondern Anarchie und Umsturz begehren.“ Nie wohl sind die Grundsätze der Reaktion mit größerer Naivität ausgesprochen worden, als hier. (A. Oder-Ztg.) Polen. Krakau, 11. October. Die Aufregung ist hier von Neuem in die Gemüther gekommen. Die Wiener Ereignisse konnten nicht ohne Nachwirkung bleiben. Es gibt häufig Conflikte mit Militärs. So war gestern eine Bleifederzeichnung, welche an einer Ecke des Ringes befestigt war, Veranlassung dazu. Diese Zeichnung stellte den gehängten Kriegsminister Latour und den bei letzterem Wache haltenden Metternich mit sehr langer Nase vor. Das Volk hinderte den Polizei-Soldaten daran, die Zeichnung abzureißen, und in Folge dessen entstand eine Prügelei. Der Soldat setzte seinen Willen durch; die Volksmasse schwoll indeß immer mehr an, bis endlich vom Krott'schen Hause her eine Patrouille mit gefälltem Bajonett einschritt. Vernünftige Bürger redeten der Masse zu, und diese zerstreute sich. Der Vorfall erschien in seinem Beginn so ernst, daß sämmtliche Läden des Ringes sofort geschlossen wurden und die Hökerweiber eilig die Flucht ergriffen. Des Abends fiel eine größere Prügelei vor, bei welcher einige Soldaten derbe Schläge erhielten. ‒ Vorkehrungen zur Besetzung Krakau's durch die nachbarlichen Russen scheinen getroffen zu sein. In dem eine Meile von hier entfernten Michalowice werden die Letzteren ein großes Lager beziehen. Der Gouverneur von Galizien, Zulewski, so wie General Schlick waren zu verschiedenen Malen dort und haben mehrstündige Conferenzen mit dem russischen General gehalten. Dem in Krakau stationirten Militär, etwa 7000 Mann stark, scheint übrigens unheimlich zu Muthe zu sein. Die Offiziere haben in den letzten Tagen viel an Humanität gewonnen. (P. Z.) Ungarn. Pesth, 9. October. Gestern wurden die Nachrichten von dem Wiener Aufstand bekannt. „Latour, der größte Feind unseres Vaterlandes“, jubelten die Pesther Blätter, „ist aufgehängt.“ Im Repräsentantenhause wurde zugleich mit dieser Nachricht die Gefangennehmung der Generale Roth und Filippovics (mit 7500 Soldaten) gemeldet; die beiden Generale und 50 Offiziere hätten ihre schwarzgelben Zeichen von sich abgerissen und fortgeworfen: „nie mehr wollten sie unter diesen Farben dienen.“ Auch die gefangene Mannschaft habe geschworen, nie wieder gegen Ungarn die Waffen zu ergreifen. Die Eljens, welche ausbrachen, mögen Sie sich selbst vorstellen. Noch fanatischer war aber der Beifallsruf bei der Nachricht von der Wiener Revolution und bei der Meldung, die bei Raab stehenden magyarischen Generale seien auf diese Kunde sogleich, ohne einen Befehl abzuwarten, aufgebrochen und Jellachich nachgeeilt. Da trat Kossuth auf und hielt eine donnernde Rede. „Nachdem die Wiener die Sache der Magyaren befördert, dürfte auch Ungarn Wien nicht verlassen: um keinen Preis dürfe man mehr mit der Camarilla unterhandeln, aber dem Volke Oestreichs aufopfernd beistehen.“ Die Regierung wurde dem Landesvertheidigungsausschusse übergeben, Kossuth zum Präsidenten ernannt und beschlossen, daß noch denselben Tag Bewaffnete gegen Wien aufbrächen. (C. B. a. B) Pesth, 8. October. Damit die für Raab und die dortige Gegend lautenden Briefschaften nicht in die Hände der kroatischen Empörer gerathen, und so diese hinter die Geheimnisse unserer Kriegsangelegenheiten kommen, wurde vom Ministerium des Handels verordnet, daß die bisher zwischen Wien und Osen bestandene Brief-Eilpost, so wie die Malleposten eingestellt werden. Italien. * Am 7. Oktbr. fanden Unruhen in Genua statt. Plakate gegen den König waren angeschlagen. Ein Soldat wollte sie ab

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 119. Köln, 18. Oktober 1848, S. 0598. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz119_1848/2>, abgerufen am 27.04.2024.