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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 129. Köln, 29. Oktober 1848. Zweite Ausgabe.

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Verwirrung und Abspannung des Volkes vermieden. Ueberhaup sind die getroffenen Vertheidigungsmaßregeln allem Anschein nach vortrefflich und widerstandskräftig. Wir werden daher sehen, ob Windischgrätz so leichtes Spiel haben wird. Der heutige Kampf begann an der ersten Stelle dadurch, daß Grenadiere zu den unsern übergetreten sind, und von dem Militär dabei durch Schüsse verfolgt wurden. Einer der Grenadiere erhielt einen Schuß von hinten durch den Kopf, daß er todt hinstürzte; ein Arbeiter eilte unter dem fortwährenden Kugelregen des Militärs zu ihm, ergriff die Leiche und brachte sie glücklich zu den Unsrigen. So rettete er sie vor der verstümmelnden Rache der Soldaten-Meute. Nun aber entspann sich ein hitziges Feuern, durch welches das Militär, da es keine gehörige Deckung hatte, sehr gelitten haben soll, weil die Unsrigen sich hinter den Häusern verstecken konnten. Deshalb warf der Feind mit Brandraketen, von denen einige in der Vorstadt Lichtenthal gezündet haben sollen. Auch viele Häuser Döblings sollen stark beschädigt worden und in Brand gerathen sein. Der Kampf am Tabor wurde lediglich durch die Verwegenheit der Legion und mobilen Garde veranlaßt, welche die kühnsten Plänkeleien unternehmen.

Man spricht vom Uebergang einer ganzen Batterie zu den Unsrigen. Das Militär schoß wüthend nach, allein die Uebergetretenen wendeten ihre Kanonen und feuerten auf ihre frühern Kameraden. - Vom Stephansthurme bemerkte man heute Nachmittag einen starken Rauch in Auserspergs Lager und hörte auch dort Geschützesdonner. Es heißt, das Militär sei untereinander im Kampfe. Windischgrätz soll 15,000 Mann nach dieser Seite hin dirigirt haben. Ebenso heißt es, daß die ungarische Armee die Nachhut Jellachich,s bei Fischamend angegriffen habe; man erzählte mir von Blessirten, die von dorthin nach Wien zu transportirt worden. So viel ist gewiß, daß Jellachich, obwohl die Verschanzungen bei der Spinnerei am Kreuze noch fortwährend vermehrt werden, sich gegen die Schwechat hinzieht, die Ungarn müssen ihm also im Rücken sein.

Robert Blum hielt heute eine Rede in der Aula; ich war nicht zugegen, weil ich die bedrohten Punkte besucht habe. - Alle kaiserlichen Pferde sind aus den Ställen der Burg zur Bespannung des Geschützes genommen worden; das Volk ist gutes Muths und und brennt vor Kampfbegierde.

Der Reichstag und seine einzelnen Mitglieder befinden sich unter dem Doppelschwert des Damokles. Von der einen Seite Windischgrätz, der sie zu Verbrechern macht, von der andern das Volk, das ein ähnliches Gelüste trägt, weil es einsieht, daß nur die Zögerungen und Verhinderungen des Reichstags die Schuld tragen, wenn die Camarilla ein so gewaltiges Heer unter den Mauern Wiens zusammenzubringen vermocht hat. Hätte der Reichstag am 7. das Volk von Wien gewähren lassen und durch sein blödsinniges Benehmen die Ungarn nicht vor den Kopf gestoßen, oder gar noch acht Millionen bewilligt, aus denen jetzt unsere Feinde unterhalten werden, so würde das Volk von Wien längst gesiegt haben.

Gestern Abend erschien, wie es heißt, ein Plakat, worin gesagt wird, daß die Manifeste des Kaisers mit Füßen getreten zu werden verdienen.

Wie es mit uns steht, mögen sie noch aus Nachstehendem erkennen: Zur Beruhigung der Zaghaften mag es dienen, daß die Stadt in vollkommenem Vertheidigungszustande ist, daß selbst eine Belagerung Einen Monat hindurch, ohne weitern Zuzug von Lebensmitteln und Streitkräften, ausgehalten werden kann, daß alle strategisch wichtigen Punkte an den Außenplätzen gut besetzt und das Oberkommando auf jeden Ueberfall gefaßt ist. Die Hülfe der Ungarn würde wohl das Vertheidigungswerk erleichtern, ist aber nicht so dringend nothwendig, daß wir, falls dieselbe ausbliebe, irgend welche Gefahr zu befürchten hätten. Bedenkt man, daß die ganze belagernde Truppenmacht, wie wir aus sehr verläßlicher Quelle wissen, nicht über 50,000 Mann beträgt, deren größerer Theil nicht geneigt ist, gegen Wien zu kämpfen; bedenkt man ferner, daß täglich aus den Provinzen trotz aller Gefahr neue Zuzüge, so wie die besten Nachrichten von deren Antheil an unserm Kampfe hiehergelangen, so kann man über den Ausgang der jetzigen Zustände kaum mehr in Zweifel sein.

Aus dem Studenten-Comite.
Den 23. Oktober.

Es wird berichtet, daß ein Wirthshaus in Nußdorf heute Nacht ganz demolirt wurde, weil man entdeckt hat, daß der Wirth im Lager im Einverständniß und in Korrespondenz stand.

Drei Männer erscheinen und bringen der Legion einen Gruß von 50 Münchnern, die gestern zum Beistande für Wien gekommen sind. Werden mit Jubel empfangen.

Der Frankfurter Deputirte Robert Blum erbietet sich, dem Comite in der Leitung der Vertheidigungsmaßregeln zur Disposition zu stehen. Es wird eine eigene Vertheidigungskommission niedergesetzt - nach Wunsch des Oberkommandanten - der Robert Blum beigegeben wird.

Ein Steyermarker meldet, daß er aus ziemlich sicherer Quelle erfahren habe, daß in Kroatien der Landsturm organisirt und die steyerische Gränze bereits überschüttet werde.

Das Comite beschließt eine Inspizirung der verschiedenen Linien vornehmen zu lassen, um die Stärke der Bewachung daselbst kennen zu lernen. Es werden zu diesem Zwecke Comitemitglieder beauftragt, an den Linien diese Inspizirung vorzunehmen. Die rückkehrenden Inspizienten berichten, daß die Taborlinie sehr schwach, die Hernalserlinie zwar von zwei Kanonen, aber fast von keiner Mannschaft besetzt sei. An der Matzleinsdorfer-, Belvedere- und Favoriten-Linie hielt die tapfere Wiedner Garde immer zu 3 Kompagnieen bei jeder Linie Wache. Von den übrigen Linien ist noch kein Bericht zurück. Diese Meldungen werden sogleich dem Oberkommando bekannt gemacht. - Das Comitemitglied, welches sich zur Nußdorfer Linie hätte verfügen sollen, kommt zurück und meldet, daß er auf dem Wege dorthin von reitenden Ordonanzen berichtet worden sei, daß dort ein Angriff erfolgt und bereits mit Kanonen gefeuert werde. Die dortige Garde fordere Aushülfe mit Leuten und Munition. Es wurde dies bereits dem Oberkommando gemeldet.

Es kommen mehrere Berichte ein vom Kampfe an der Nußdorfer Linie. Zwei Legionäre, die bei Beginn desselben am Orte waren, berichten, daß von feindlicher Seite in der Frühe mit Plänkeln angefangen, worauf von der Garde mit starkem Gewehrfeuer geantwortet wurde. Dann erst schoß das Militär mit Kartätschen. Ein anderer Berichterstatter meldet, daß Grenadiere vom Ludwig-Regiment übergegangen seien, deren Zahl erst auf ein ganzes Bataillon, dann auf 80 angegeben wird. Auf Antrag Fogelhubers wird ein Comitemitglied mit einem Mediziner zur Nußdorfer Linie geschickt, um zu untersuchen, ob sich unter den übergegangenen Grenadieren Verwundete befänden, weil dieses allein das sicherste Zeichen, daß der Uebergang nicht eine List sei.

Das Comite beschließt, nachzuforschen, ob die Gesandtschaften wirklich schon alle Wien verlassen haben. Hr. Hofer und Friedmann werden mit dieser Kommission beauftragt. Sie kehren mit dem Berichte zurück, daß kein Gesandter mehr in Wien sei.

Ein Nationalgardist zeigt an, daß ein kranker Soldat, der übergegangen war, ins Militärhospital transportirt worden wäre. Er macht auf die Gefahr aufmerksam, die für diesen Soldaten bei einer Wendung der Dinge erfolgen könnte. Wird dem Oberkommando gemeldet.

Es wird berichtet, daß in Salzburg ein Aufstand ausgebrochen wäre, indem die Salzburger zu Baiern übertreten wollen.

Ein polnischer Soldat wird von Garden eingebracht, der aussagt, daß 30 seiner Kameraden, weil sie nicht auf's Volk schießen wollten, zu 40 Stockprügeln verurtheilt wurden, sie machten sich daher vereinzelt auf die Flucht, er sei nun der erste hier angekommen. Wird zu den übrigen Soldaten in die Salzgrießkaserne geführt.

Ein Legionär bringt eine Kopeke, und meldet, daß sieben Fässer voll russischen Geldes aufgefangen wurden und durch die Mariahilfer Linie eben eingeführt und auf die Universität gebracht werden.

Ein Holsteiner bietet seine Dienste an, er sagt, er habe in dem letzten Kriege in seinem Vaterlande im Freikorps als Offizier gedient, und sei besonders im Barrikadenbau bewandert. Wird dem Oberkommando der akademischen Legion zugewiesen.

102 Wien, 24. Okt.

In Eile Folgendes: Die Haltung des Volks ist wunderbar. Wir gehen alle dem Tod oder Siege entgegen. Seit den Tagen der Gefahr war die Stimmung der Stadt nie so entschieden muthig, so ganz und gar jede Gefahr verachtend, wie heute. Der Reichstags-Beschluß, die Haltung des Gemeinderathes, die besonnenen und dennoch entschiedenen Maßregeln des Nationalgarde-Oberkommandanten haben alle, selbst die zaghaftesten Herzen mit Muth erfüllt. Die Stadt wird sich bis zum letzten Manne vertheidigen, denn wir stehen auf dem Boden des Gesetzes und des Rechtes. Windischgrätz und Wessenburg sind auf dem Rechtsboden als Verräther aus der heiligen Sache des Volkes vom Volke und seinen Vertretern erklärt worden. Ein donnerndes Hoch dem Reichstage, dem Gemeinderathe, dem Nationalgarde-Ober-Commando, und dem muthigen Volke Wiens!

Von den hiesigen Gesandschaften sind die Französische Englische und Belgische nicht abgereist.

Einem Nationalgarde-Hauptmann, der als Parlamentär in Begleitung eines Studenten und eines Municipalgarden das feindliche Lager verließ, wurden vom Feinde Schüsse nachgesendet, und sodann angegriffen. Dem Municipalgarden wurde das Pferd unter dem Leibe erschossen, der Student erreichte die Linien; und der Hauptmann fehlt uns zur Stunde. So wird das Kriegs- und Völkerrecht geachtet!

Eine Lancier-Eskadron hat sich gebildet, welche in der Leopoldstädter Kavallerie-Kaserne einquartirt ist. Die Pferde wurden aus den Stallungen der ungarischen Nobelgarde genommen. - Die Bespannung unserer Kanonen bilden zumeist die stolzen, gutgenährten Pferde aus den kaiserlichen Stallungen, die früher in goldglänzenden Geschirren, goldglänzende Wagen zogen, vor denen in Liebe die Bewohner Wiens die Hüte zogen!

Gestern Mittag gab es bei Florisdorf am linken Donauufer ein trauriges, den Feind gar nicht ehrendes Ereigniß. Während unsere Vorposten mit den feindlichen unter weißer Flagge parlamentirten, fielen aus der Au zwei Kartätschenschüsse, wovon der erste ein Häuflein der unsrigen, die friedlich beisammen standen, trafen. Hauptmann Karolus von der akademischen Legion wurde die Kniescheibe zerschmettert, so daß ihm sein Bein amputirt werden mußte, Lieutenant Nowosad aus der Gratzer Nationalgarde wurde der Schenkel zerschmettert. Ein Schütze vom Mobilen-Corps blieb auf dem Platze. Das war nicht blos ein feindliches, sondern ein möderisches Verfahren.

Jellachich's Position hat sich gestern geändert. Sein linker Flügel schwankte von Wien ab gegen die anrückenden Ungarn. Die Kanonen haben dieselbe Richtung genommen. Daß unsererseits ebenfalls Vorkehrungen zur Ergreifung der Offensive getroffen werden, versteht sich von selbst. Jellachich's Absicht scheint es zu sein, den Ungarn eine Schlacht zu bieten. Die Ungarn wollen jedoch in Wien einrücken, um dann gemeinschaftlich mit uns die gemeinsamen Feinde zu bekämpfen. Dies sind auch die nächsten Ursachen, weßhalb die Ungarn noch nicht vor den Thoren oder in den Mauern Wiens stehen.

In der Zuschrift des Windischgrätz an unseren Gemeinderath gab er den Vätern der Stadt 24 Stunden Zeit seinen Befehlen nachzukommen; in 48 Stunden würden sonst die Folgen ihrer Widersetzlichkeit unfehlbar eintreten. Der Gemeinderath hat dieses Schreiben mit würdiger Mißachtung angenommen.

150 Tyroler Schützen, kernhaftes Gebirgsvolk, haben sich zu uns durchgeschlagen. Die grünen Federbüsche in der Armee mögen zittern. Der Landsturm ist in den meisten Theilen Tyrols organisirt. Die Bewegung bei den Tyrolern hat einen weiteren Ausgangspunkt. Sie sagen: "Geht die Freiheit in Oesterreich durch den Fall Wiens verloren, so schlagen wir uns zu Baiern."

Ein schöner Anblick bietet sich den Beschauern der Türkenschanze dar. Dort hängen zwei Grenadiere und ein Arbeiter. Die Humanität macht Fortschritte im k. k. Lager. Gott erhalte die Herren Offiziere!

Sechs Chevauxlegers gingen zu uns über. Ihr Entweichen wurde bemerkt, und andere 6 Mann von derselben Escadron ihnen nachgesendet. Schon waren sie ihnen auf den Fersen, schon konnten die Volksfreunde den Hufschlag nahe hinter sich hören, da riefen die Nachreitenden: "Eilt! wir reiten mit Euch!" und so kamen alle zwölf unversehrt bei uns an.

Als die Deputation der Nationalgarden Wiens bei ihrer Anwesenheit in Lundenburg den Fürsten Windischgrätz auf das gemäßigtere Manifest des Kaisers vom 19. aufmerksam zu machen wagte, erklärte Herr Windischgrätz: er kenne kein Manifest vom 19.

(11 Uhr Vormittags.) An der Nußdorfer Linie ist Militär zu uns übergegangen. Man schießt ihnen mit Kartätschen nach.

(12 Uhr Mittags.) Weiße Rauchwolken steigen vom Stefansthurme empor. Es scheint das Zeichen zu sein, daß die Ungarn heranrücken.

Die fremden in Wien sich befindenden Gesandten und bevollmächtigten Minister haben gestern von der Staatskanzlei die Mittheilung erhalten, die Stadt wäre in Belagerungszustand versetzt und, da die Ereignisse unmöglich vorausberechnet werden können, werde ihnen gerathen, die Stadt zu verlassen. Der französische Minister geht nach Böslau, der englische und russische Gesandte werden in Hitzing wohnen; sie verlassen Wien nicht aus persönlicher Furcht, sondern um für jeden Fall ihren Regierungen gegenüber jeder Verantwortlichkeit enthoben zu sein.

Der "Neuen Rheinischen Zeitung" sind die erwarteten Briefe und Blätter nicht zugegangen.

!!! Frankfurt, 27. Oktober.

Sitzung der National-Versammlung.

Tagesordnung. Fortsetzung (und hoffentlich Schluß) der Debatte über die § §. 2 bis 4 des Entwurfs der Verfassung. -

Präsident zeigt den Austritt eines Abgeordneten für Tyrol an, darauf geht man einmal (Wunder!) ohne Weiteres zur Tagesordnung über.

Wurm soll sprechen (ist noch nicht da). Höfken soll sprechen (ist noch nicht da). Es ist ja erst 3/4 10 Uhr. Die Diskussion geht also weiter mit:

Riehl (Dr: juris aus Wien) welcher für den Entwurf der Verfassung spricht. Große Unruhe - Theilnahmlosigkeit. Und wenn der Redner ein Gott wäre, Neues könnte er in dieser Debatte nicht mehr bringen, sie ist zum Ekel erschöpft Aber wie der wiener Reichstags im praktischen Zögern, so sind unsere Vertreter im theoretischen unverwüstlich. - Nach dieser ersten heutigen Rede erhebt sich sogleich der Schlußruf. Der Schluß wird abermals verworfen. Die Diskussion muß erst zu Bassermann kommen.

Maifeld aus Oesterreich gegen den Entwurf. Spricht für sein Amendement. Statt §. 2 und 3 will er: "Deutsche Länder dürfen mit nichtdeutschen Ländern nur in der Art zu einem Staate verbunden sein, daß die für ganz Deutschland gelten den gesetzlichen Bestimmungen in solchen deutschen Ländern durch ihren Verband mit nicht deutschen Ländern durchaus keine Modifikation erleiden dürfen. - Protestirt gegen alle Anträge, welche bloß ein völkerrechtliches Bündniß mit Oesterreich wollen, protestirt entschieden gegen Heinrich von Gagern's Amendement. Auch ist er gegen alle Anträge, welche bloß zusehen wollen, wir sind ja, sagt er, eine konstituirende, nicht eine zusehende Versammlung.

Wedekind (der jetzt angekommen ist) will nun das Wort haben. Die Versammlung beschließt es ihm zu geben, zuvor aber will man Wurm hören. -

Wurm aus Hamburg (dessen Rede die bedeutendste; ich gebe die Hauptpunkte. - Tiefe Stille und allgemeine Aufmerksamkeit, nur durch Beifall unterbrochen.) Wurm spricht natürlich für den Entwurf. "Meine Herren, stimmen Sie einfach für die § §. 2 und 3, wie der Entwurf sie bietet, ohne alle Zusätze. Ich traue mir nicht zu, die Geschicke der österreichischen Monarchie vorauszusagen, aber entweder zerfällt die österreichische Monarchie, oder sie ist annoch lebensfähig. In jedem der beiden Fälle können wir die §.§. des Entwurfs annehmen.

Wenn Oesterreich zerfällt, werden unsere paar Paragraphen es nicht retten, - sie werden nicht (wie Gagern gestern behauptete) in das brennende Gebäude noch einen Fackelbrand schleudern. Wenn diese Paragraphen das im Stande sind - dann wäre Oesterreich schon zerfallen. Für den zweiten Fall, daß Oesterreich noch lebensfähig. Sollen wir dann die Initiative der Trennung Deutsch-Oesterreichs von Deutschland ergreifen? - Auch wird §. 1 unserer Verfassung aufgehoben, wenn wir 2 und 3 anders annehmen, als der Entwurf sie gibt. - Preußen (das Ministerium Eichmann) setzt voraus, daß wir in unserem Verfassungswerk nur Personalunionen werden fortbestehen lassen.

Deutsch-Oesterreich nicht durch, mehr mit Deutschland verbinden, als durch ein völkerrechtliches Bündniß - heißt das deutsche Element daselbst aufgeben. Von Oesterreichs (d. h. der nicht deutschen Provinzen) Sympathien für Deutschland, zumal von Ungarns und Kossuths Sympathien dafür, halte ich sehr wenig. Die Ungarn wollen den Schwerpunkt der österreichischen Monarchie von Wien nach Buda-Pest verlegen. Schon Gentz hatte 1806 diese Idee.

Unsere erste Sendung ist, das deutsche Element in Oesterreich zu stärken. Wenn unsere österreichischen Abgeordneten (was zu fürchten, wenn sie anders beschließen als der Entwurf) aus der Paulskirche fortgehen müßten, sie würden dennoch wiederkehren, es sind ja unsre Brüder. Soll dies geschehen, sollen sie fort müssen, so mag man wenigstens dort (in Oesterreich) die Initiative dazu ergreifen. Wir müssen es Oesterreich überlassen, seine Rolle selbst zu finden, nicht aber ihm eine Rolle zuweisen, die gar keine ist. Vertrauen wir der österreichischen Jugend, sie hat sich dieses Vertrauens werth gezeigt, und ihr gehört die Zukunft.

(Rauschendes und langanhaltendes Bravo links, linkes Centrum und Gallerien).

Gegen den Willen der Rechten und des rechten Centrums (zum Theil) wird die Debatte, dieser 4tägige Wettkampf zwischen schwarz-gelb und schwarz-roth-gold unter Bravo links geschlossen.

Mehrere namentliche Abstimmungen werden angemeldet.

Riesser (Vicepräsident) spricht unter Beifall für den Entwurf als Berichterstatter, und bekämpft alle Amendements. Unsre Paragraphen sind nur der Ausdruck einer inneren Nothwendigkeit, und eine Folge von der Geschichte Oesterreichs, sagt Riesser. Gagern's Amendement bringe eine formelle Abänderung in die Berathungen. Selbst wenn unser Beschluß (nach § 2 und 3) faktisch in Widerspruch mit dem Willen Oesterreichs geriethe, würde ich ihn nicht bereuen, und er würde keineswegs für uns eine Schande sein.

(Langes Bravo links und linkes Centrum, welches offenbar durch Wurm's Rede entschieden mit der Linken stimmt).

Simson (Vicepräsident) will nun noch über § 4 diskutiren lassen, um den Enthusiasmus des linken Centrums zu kühlen. Das Centrum schreit abstimmen.

Rösler von Oels: Die Abstimmung der §§ 2 und 3 muß vor der Diskussion über 4 vorgenommen werden, die Spannung ist auf den höchsten Punkt gestiegen und es ist nicht mehr Fremdartiges in diese Frage zu mischen. (Viele Stimmen: Abstimmen!)

Die Versammlung beschließt die Abstimmung.

Linke und linkes Centrum stehen wie ein Mann auf. Gegen den Wunsch des Präsidenten (Simson) geht man also zur Abstimmung.

Daß sich eine große und heftige Formdebatte erhebt, können Sie sich denken. Es sprechen darin Rösler, Berger, v. Vinke (sehr erbittert), v. Mühlfeld, Wiegard, Plathner, Rösler (von Oels), Uhland (zieht seinen Antrag zu Gunsten der Paragraphen des Ausschusses zurück. (Bravo!) Er will damit der Rechten ein gutes Beispiel geben), Venedey.

Simson (Vicepräsident) will per Gewalt Gagern's Antrag zuerst haben. Die Versammlung beschließt die Reihenfolge der Abstimmungen nach Simson vorzunehmen. (Linke und Rechte blieben hierbei sitzen - sie werden Hrn. Simson kaum wieder wählen).

Die Anträge werden zur Unterstützung gebracht.

Jahn's Antrag lautet: Zu § 2 hinzuzufügen "unbeschadet der ewigen Einigung zu Schutz und Trutz mit zugewandten Landen und Reichen."

Die ganze Versammlung lacht.

Die meisten Anträge werden theils gar nicht, theils nur sehr schwach unterstützt.

Berger beantragt eventuell namentliche Abstimmung für alle Anträge. (Die ganze Linke unterstützt ihn).

Die Abstimmung über v. Gagern's Antrag soll demnächst zuerst beginnen

Gagern hat mittlerweile an der Stimmung der Versammlung gemerkt, daß sein "kühner Griff" mißlingt, er erhebt sich daher und zieht mit einigen rührenden Worten seinen Antrag vorläufig zurück (in meliorem fortunam!)

Sommaruga dito. Ein präjudizieller Antrag des Grafen Keller (schwarz-gelb) wird mit kolossaler Majorität verworfen.

Jetzt soll die Abstimmung über § 2 und 3 des Entwurfs beginnen.

Simson verkündet, daß seiner Ansicht nach die Abstimmung über 2 und 3, die Abstimmung anderer Zusätze nicht ausschließt.

Wichmann will namentliche Abstimmung über § 2 und 3 mit Ausschließung aller Zusätze. (Bravo links.)

Vinke und Schwerin sind der Ansicht Wichmann's. Beseler und Soiron dagegen.

Die Versammlung beschließt mit der auffallendsten Majorität nach dem Willen der Linken und Wichmann's gegen Simson.

Simson (der unparteiische Morgenländer aus Gagern's Schule) will die Majorität nicht erkennen; er will durch Stimmzettel abstimmen.

Die Abstimmung durch Stimmzettel kann nicht stattfinden, weil (Gelächter) keine Stimmzettel da sind.

In nochmaliger gewöhnlicher Abstimmung bringt es Simson durch die langweiligsten Machinationen dahin, daß obiger Beschluß abgeändert wird. Man beschließt nach Annahme (oder Ablehnung) der Paragraphen noch über die modifizirenden Anträge abzustimmen.

Endlich kommt man zur namentlichen Abstimmung über § 2. Derselbe lautet:

"Kein Theil des deutschen Reiches darf mit nichtdeutschen Ländern zu einem Staate vereinigt werden."

Er wird mit 340 Stimmen gegen 76 Stimmen angenommen.

Herr Clemens aus Bonn stimmte nicht. (Gelächter.) Der Präsident v. Gagern stimmte mit Nein. Sein Bruder Max mit Ja. (Links: Bravo!)

Folgt die namentliche Abstimmung über den Zusatz des Minoritäts-Erachtens:

"Insofern die eigenthümlichen Verhältnisse Oesterreichs die Ausführung dieses § 2 und der daraus abgeleiteten Paragraphen hinsichtlich desselben nicht zulassen, soll die angestrebte Einheit und Macht Deutschlands im größtmöglichen Maße durch den innigsten Anschluß Oesterreichs an Deutschland im Wege des völkerrechtlichen Bündnisses zwischen der Reichsgewalt und der österreichischen Regierung erzielt werden." (Mühlfeld etc.)

Dieser Zusatz wird mit 375 Stimmen gegen 38 verworfen. (Bravo!)

Ein Amendement von Kaiser:

"Die Verhältnisse Oesterreichs bleiben der definitiven Anordnung vorbehalten," wird mit 318 Stimmen gegen 104 verworfen.

§ 3: "Hat ein deutsches Land mit einem nichtdeutschen Lande dasselbe Staatsoberhaupt, so ist das Verhältniß zwischen beiden Ländern nach den Grundsätzen der reinen Personalunion zu ordnen."

Die Stimmzettel sind mittlerweile angelangt. Statt namentlicher Abstimmung wird deshalb durch weiße und blaue Stimmzettel der § 3 mit 316 Stimmen gegen 90 angenommen. (Bravo!)

Präsident: Das Resultat der Abstimmung ist also die einfache Annahme der Paragraphen des Entwurfs. (Langes Bravo links, Centren und Gallerien).

Folgen 4 Erklärungen, resp. Protestationen gegen die Annahme dieser Paragraphen und Abstimmungen von v. Goltz, Aichelburg, Beda Weber, Kagerbauer, Kürsinger, Dieringer, Osterrath etc., wie Sie sehen, eine schöne Ansammlung von schwarz-gelb, was heut eine entschiedene Niederlage erlitten hat.

Präsident theilt mit, daß der Ausschuß zur Begutachtung der einzuleitenden Untersuchung gegen die Redakteure der Reichstagszeitung (Blum, Günther) den Bericht zum Druck vorlegt.

Der Antrag lautet:

"Die Erlaubniß zur Untersuchung zu ertheilen."

Schluß der Sitzung gegen 4 Uhr. Nächste Sitzung Montag.

Tagesordnung: Fortsetzung der Berathung des Verfassungsentwurfs.

Verwirrung und Abspannung des Volkes vermieden. Ueberhaup sind die getroffenen Vertheidigungsmaßregeln allem Anschein nach vortrefflich und widerstandskräftig. Wir werden daher sehen, ob Windischgrätz so leichtes Spiel haben wird. Der heutige Kampf begann an der ersten Stelle dadurch, daß Grenadiere zu den unsern übergetreten sind, und von dem Militär dabei durch Schüsse verfolgt wurden. Einer der Grenadiere erhielt einen Schuß von hinten durch den Kopf, daß er todt hinstürzte; ein Arbeiter eilte unter dem fortwährenden Kugelregen des Militärs zu ihm, ergriff die Leiche und brachte sie glücklich zu den Unsrigen. So rettete er sie vor der verstümmelnden Rache der Soldaten-Meute. Nun aber entspann sich ein hitziges Feuern, durch welches das Militär, da es keine gehörige Deckung hatte, sehr gelitten haben soll, weil die Unsrigen sich hinter den Häusern verstecken konnten. Deshalb warf der Feind mit Brandraketen, von denen einige in der Vorstadt Lichtenthal gezündet haben sollen. Auch viele Häuser Döblings sollen stark beschädigt worden und in Brand gerathen sein. Der Kampf am Tabor wurde lediglich durch die Verwegenheit der Legion und mobilen Garde veranlaßt, welche die kühnsten Plänkeleien unternehmen.

Man spricht vom Uebergang einer ganzen Batterie zu den Unsrigen. Das Militär schoß wüthend nach, allein die Uebergetretenen wendeten ihre Kanonen und feuerten auf ihre frühern Kameraden. ‒ Vom Stephansthurme bemerkte man heute Nachmittag einen starken Rauch in Auserspergs Lager und hörte auch dort Geschützesdonner. Es heißt, das Militär sei untereinander im Kampfe. Windischgrätz soll 15,000 Mann nach dieser Seite hin dirigirt haben. Ebenso heißt es, daß die ungarische Armee die Nachhut Jellachich,s bei Fischamend angegriffen habe; man erzählte mir von Blessirten, die von dorthin nach Wien zu transportirt worden. So viel ist gewiß, daß Jellachich, obwohl die Verschanzungen bei der Spinnerei am Kreuze noch fortwährend vermehrt werden, sich gegen die Schwechat hinzieht, die Ungarn müssen ihm also im Rücken sein.

Robert Blum hielt heute eine Rede in der Aula; ich war nicht zugegen, weil ich die bedrohten Punkte besucht habe. ‒ Alle kaiserlichen Pferde sind aus den Ställen der Burg zur Bespannung des Geschützes genommen worden; das Volk ist gutes Muths und und brennt vor Kampfbegierde.

Der Reichstag und seine einzelnen Mitglieder befinden sich unter dem Doppelschwert des Damokles. Von der einen Seite Windischgrätz, der sie zu Verbrechern macht, von der andern das Volk, das ein ähnliches Gelüste trägt, weil es einsieht, daß nur die Zögerungen und Verhinderungen des Reichstags die Schuld tragen, wenn die Camarilla ein so gewaltiges Heer unter den Mauern Wiens zusammenzubringen vermocht hat. Hätte der Reichstag am 7. das Volk von Wien gewähren lassen und durch sein blödsinniges Benehmen die Ungarn nicht vor den Kopf gestoßen, oder gar noch acht Millionen bewilligt, aus denen jetzt unsere Feinde unterhalten werden, so würde das Volk von Wien längst gesiegt haben.

Gestern Abend erschien, wie es heißt, ein Plakat, worin gesagt wird, daß die Manifeste des Kaisers mit Füßen getreten zu werden verdienen.

Wie es mit uns steht, mögen sie noch aus Nachstehendem erkennen: Zur Beruhigung der Zaghaften mag es dienen, daß die Stadt in vollkommenem Vertheidigungszustande ist, daß selbst eine Belagerung Einen Monat hindurch, ohne weitern Zuzug von Lebensmitteln und Streitkräften, ausgehalten werden kann, daß alle strategisch wichtigen Punkte an den Außenplätzen gut besetzt und das Oberkommando auf jeden Ueberfall gefaßt ist. Die Hülfe der Ungarn würde wohl das Vertheidigungswerk erleichtern, ist aber nicht so dringend nothwendig, daß wir, falls dieselbe ausbliebe, irgend welche Gefahr zu befürchten hätten. Bedenkt man, daß die ganze belagernde Truppenmacht, wie wir aus sehr verläßlicher Quelle wissen, nicht über 50,000 Mann beträgt, deren größerer Theil nicht geneigt ist, gegen Wien zu kämpfen; bedenkt man ferner, daß täglich aus den Provinzen trotz aller Gefahr neue Zuzüge, so wie die besten Nachrichten von deren Antheil an unserm Kampfe hiehergelangen, so kann man über den Ausgang der jetzigen Zustände kaum mehr in Zweifel sein.

Aus dem Studenten-Comite.
Den 23. Oktober.

Es wird berichtet, daß ein Wirthshaus in Nußdorf heute Nacht ganz demolirt wurde, weil man entdeckt hat, daß der Wirth im Lager im Einverständniß und in Korrespondenz stand.

Drei Männer erscheinen und bringen der Legion einen Gruß von 50 Münchnern, die gestern zum Beistande für Wien gekommen sind. Werden mit Jubel empfangen.

Der Frankfurter Deputirte Robert Blum erbietet sich, dem Comite in der Leitung der Vertheidigungsmaßregeln zur Disposition zu stehen. Es wird eine eigene Vertheidigungskommission niedergesetzt ‒ nach Wunsch des Oberkommandanten ‒ der Robert Blum beigegeben wird.

Ein Steyermarker meldet, daß er aus ziemlich sicherer Quelle erfahren habe, daß in Kroatien der Landsturm organisirt und die steyerische Gränze bereits überschüttet werde.

Das Comite beschließt eine Inspizirung der verschiedenen Linien vornehmen zu lassen, um die Stärke der Bewachung daselbst kennen zu lernen. Es werden zu diesem Zwecke Comitemitglieder beauftragt, an den Linien diese Inspizirung vorzunehmen. Die rückkehrenden Inspizienten berichten, daß die Taborlinie sehr schwach, die Hernalserlinie zwar von zwei Kanonen, aber fast von keiner Mannschaft besetzt sei. An der Matzleinsdorfer-, Belvedere- und Favoriten-Linie hielt die tapfere Wiedner Garde immer zu 3 Kompagnieen bei jeder Linie Wache. Von den übrigen Linien ist noch kein Bericht zurück. Diese Meldungen werden sogleich dem Oberkommando bekannt gemacht. ‒ Das Comitemitglied, welches sich zur Nußdorfer Linie hätte verfügen sollen, kommt zurück und meldet, daß er auf dem Wege dorthin von reitenden Ordonanzen berichtet worden sei, daß dort ein Angriff erfolgt und bereits mit Kanonen gefeuert werde. Die dortige Garde fordere Aushülfe mit Leuten und Munition. Es wurde dies bereits dem Oberkommando gemeldet.

Es kommen mehrere Berichte ein vom Kampfe an der Nußdorfer Linie. Zwei Legionäre, die bei Beginn desselben am Orte waren, berichten, daß von feindlicher Seite in der Frühe mit Plänkeln angefangen, worauf von der Garde mit starkem Gewehrfeuer geantwortet wurde. Dann erst schoß das Militär mit Kartätschen. Ein anderer Berichterstatter meldet, daß Grenadiere vom Ludwig-Regiment übergegangen seien, deren Zahl erst auf ein ganzes Bataillon, dann auf 80 angegeben wird. Auf Antrag Fogelhubers wird ein Comitemitglied mit einem Mediziner zur Nußdorfer Linie geschickt, um zu untersuchen, ob sich unter den übergegangenen Grenadieren Verwundete befänden, weil dieses allein das sicherste Zeichen, daß der Uebergang nicht eine List sei.

Das Comite beschließt, nachzuforschen, ob die Gesandtschaften wirklich schon alle Wien verlassen haben. Hr. Hofer und Friedmann werden mit dieser Kommission beauftragt. Sie kehren mit dem Berichte zurück, daß kein Gesandter mehr in Wien sei.

Ein Nationalgardist zeigt an, daß ein kranker Soldat, der übergegangen war, ins Militärhospital transportirt worden wäre. Er macht auf die Gefahr aufmerksam, die für diesen Soldaten bei einer Wendung der Dinge erfolgen könnte. Wird dem Oberkommando gemeldet.

Es wird berichtet, daß in Salzburg ein Aufstand ausgebrochen wäre, indem die Salzburger zu Baiern übertreten wollen.

Ein polnischer Soldat wird von Garden eingebracht, der aussagt, daß 30 seiner Kameraden, weil sie nicht auf's Volk schießen wollten, zu 40 Stockprügeln verurtheilt wurden, sie machten sich daher vereinzelt auf die Flucht, er sei nun der erste hier angekommen. Wird zu den übrigen Soldaten in die Salzgrießkaserne geführt.

Ein Legionär bringt eine Kopeke, und meldet, daß sieben Fässer voll russischen Geldes aufgefangen wurden und durch die Mariahilfer Linie eben eingeführt und auf die Universität gebracht werden.

Ein Holsteiner bietet seine Dienste an, er sagt, er habe in dem letzten Kriege in seinem Vaterlande im Freikorps als Offizier gedient, und sei besonders im Barrikadenbau bewandert. Wird dem Oberkommando der akademischen Legion zugewiesen.

102 Wien, 24. Okt.

In Eile Folgendes: Die Haltung des Volks ist wunderbar. Wir gehen alle dem Tod oder Siege entgegen. Seit den Tagen der Gefahr war die Stimmung der Stadt nie so entschieden muthig, so ganz und gar jede Gefahr verachtend, wie heute. Der Reichstags-Beschluß, die Haltung des Gemeinderathes, die besonnenen und dennoch entschiedenen Maßregeln des Nationalgarde-Oberkommandanten haben alle, selbst die zaghaftesten Herzen mit Muth erfüllt. Die Stadt wird sich bis zum letzten Manne vertheidigen, denn wir stehen auf dem Boden des Gesetzes und des Rechtes. Windischgrätz und Wessenburg sind auf dem Rechtsboden als Verräther aus der heiligen Sache des Volkes vom Volke und seinen Vertretern erklärt worden. Ein donnerndes Hoch dem Reichstage, dem Gemeinderathe, dem Nationalgarde-Ober-Commando, und dem muthigen Volke Wiens!

Von den hiesigen Gesandschaften sind die Französische Englische und Belgische nicht abgereist.

Einem Nationalgarde-Hauptmann, der als Parlamentär in Begleitung eines Studenten und eines Municipalgarden das feindliche Lager verließ, wurden vom Feinde Schüsse nachgesendet, und sodann angegriffen. Dem Municipalgarden wurde das Pferd unter dem Leibe erschossen, der Student erreichte die Linien; und der Hauptmann fehlt uns zur Stunde. So wird das Kriegs- und Völkerrecht geachtet!

Eine Lancier-Eskadron hat sich gebildet, welche in der Leopoldstädter Kavallerie-Kaserne einquartirt ist. Die Pferde wurden aus den Stallungen der ungarischen Nobelgarde genommen. ‒ Die Bespannung unserer Kanonen bilden zumeist die stolzen, gutgenährten Pferde aus den kaiserlichen Stallungen, die früher in goldglänzenden Geschirren, goldglänzende Wagen zogen, vor denen in Liebe die Bewohner Wiens die Hüte zogen!

Gestern Mittag gab es bei Florisdorf am linken Donauufer ein trauriges, den Feind gar nicht ehrendes Ereigniß. Während unsere Vorposten mit den feindlichen unter weißer Flagge parlamentirten, fielen aus der Au zwei Kartätschenschüsse, wovon der erste ein Häuflein der unsrigen, die friedlich beisammen standen, trafen. Hauptmann Karolus von der akademischen Legion wurde die Kniescheibe zerschmettert, so daß ihm sein Bein amputirt werden mußte, Lieutenant Nowosad aus der Gratzer Nationalgarde wurde der Schenkel zerschmettert. Ein Schütze vom Mobilen-Corps blieb auf dem Platze. Das war nicht blos ein feindliches, sondern ein möderisches Verfahren.

Jellachich's Position hat sich gestern geändert. Sein linker Flügel schwankte von Wien ab gegen die anrückenden Ungarn. Die Kanonen haben dieselbe Richtung genommen. Daß unsererseits ebenfalls Vorkehrungen zur Ergreifung der Offensive getroffen werden, versteht sich von selbst. Jellachich's Absicht scheint es zu sein, den Ungarn eine Schlacht zu bieten. Die Ungarn wollen jedoch in Wien einrücken, um dann gemeinschaftlich mit uns die gemeinsamen Feinde zu bekämpfen. Dies sind auch die nächsten Ursachen, weßhalb die Ungarn noch nicht vor den Thoren oder in den Mauern Wiens stehen.

In der Zuschrift des Windischgrätz an unseren Gemeinderath gab er den Vätern der Stadt 24 Stunden Zeit seinen Befehlen nachzukommen; in 48 Stunden würden sonst die Folgen ihrer Widersetzlichkeit unfehlbar eintreten. Der Gemeinderath hat dieses Schreiben mit würdiger Mißachtung angenommen.

150 Tyroler Schützen, kernhaftes Gebirgsvolk, haben sich zu uns durchgeschlagen. Die grünen Federbüsche in der Armee mögen zittern. Der Landsturm ist in den meisten Theilen Tyrols organisirt. Die Bewegung bei den Tyrolern hat einen weiteren Ausgangspunkt. Sie sagen: „Geht die Freiheit in Oesterreich durch den Fall Wiens verloren, so schlagen wir uns zu Baiern.“

Ein schöner Anblick bietet sich den Beschauern der Türkenschanze dar. Dort hängen zwei Grenadiere und ein Arbeiter. Die Humanität macht Fortschritte im k. k. Lager. Gott erhalte die Herren Offiziere!

Sechs Chevauxlegers gingen zu uns über. Ihr Entweichen wurde bemerkt, und andere 6 Mann von derselben Escadron ihnen nachgesendet. Schon waren sie ihnen auf den Fersen, schon konnten die Volksfreunde den Hufschlag nahe hinter sich hören, da riefen die Nachreitenden: „Eilt! wir reiten mit Euch!“ und so kamen alle zwölf unversehrt bei uns an.

Als die Deputation der Nationalgarden Wiens bei ihrer Anwesenheit in Lundenburg den Fürsten Windischgrätz auf das gemäßigtere Manifest des Kaisers vom 19. aufmerksam zu machen wagte, erklärte Herr Windischgrätz: er kenne kein Manifest vom 19.

(11 Uhr Vormittags.) An der Nußdorfer Linie ist Militär zu uns übergegangen. Man schießt ihnen mit Kartätschen nach.

(12 Uhr Mittags.) Weiße Rauchwolken steigen vom Stefansthurme empor. Es scheint das Zeichen zu sein, daß die Ungarn heranrücken.

Die fremden in Wien sich befindenden Gesandten und bevollmächtigten Minister haben gestern von der Staatskanzlei die Mittheilung erhalten, die Stadt wäre in Belagerungszustand versetzt und, da die Ereignisse unmöglich vorausberechnet werden können, werde ihnen gerathen, die Stadt zu verlassen. Der französische Minister geht nach Böslau, der englische und russische Gesandte werden in Hitzing wohnen; sie verlassen Wien nicht aus persönlicher Furcht, sondern um für jeden Fall ihren Regierungen gegenüber jeder Verantwortlichkeit enthoben zu sein.

Der „Neuen Rheinischen Zeitung“ sind die erwarteten Briefe und Blätter nicht zugegangen.

!!! Frankfurt, 27. Oktober.

Sitzung der National-Versammlung.

Tagesordnung. Fortsetzung (und hoffentlich Schluß) der Debatte über die § §. 2 bis 4 des Entwurfs der Verfassung. ‒

Präsident zeigt den Austritt eines Abgeordneten für Tyrol an, darauf geht man einmal (Wunder!) ohne Weiteres zur Tagesordnung über.

Wurm soll sprechen (ist noch nicht da). Höfken soll sprechen (ist noch nicht da). Es ist ja erst 3/4 10 Uhr. Die Diskussion geht also weiter mit:

Riehl (Dr: juris aus Wien) welcher für den Entwurf der Verfassung spricht. Große Unruhe ‒ Theilnahmlosigkeit. Und wenn der Redner ein Gott wäre, Neues könnte er in dieser Debatte nicht mehr bringen, sie ist zum Ekel erschöpft Aber wie der wiener Reichstags im praktischen Zögern, so sind unsere Vertreter im theoretischen unverwüstlich. ‒ Nach dieser ersten heutigen Rede erhebt sich sogleich der Schlußruf. Der Schluß wird abermals verworfen. Die Diskussion muß erst zu Bassermann kommen.

Maifeld aus Oesterreich gegen den Entwurf. Spricht für sein Amendement. Statt §. 2 und 3 will er: „Deutsche Länder dürfen mit nichtdeutschen Ländern nur in der Art zu einem Staate verbunden sein, daß die für ganz Deutschland gelten den gesetzlichen Bestimmungen in solchen deutschen Ländern durch ihren Verband mit nicht deutschen Ländern durchaus keine Modifikation erleiden dürfen. ‒ Protestirt gegen alle Anträge, welche bloß ein völkerrechtliches Bündniß mit Oesterreich wollen, protestirt entschieden gegen Heinrich von Gagern's Amendement. Auch ist er gegen alle Anträge, welche bloß zusehen wollen, wir sind ja, sagt er, eine konstituirende, nicht eine zusehende Versammlung.

Wedekind (der jetzt angekommen ist) will nun das Wort haben. Die Versammlung beschließt es ihm zu geben, zuvor aber will man Wurm hören. ‒

Wurm aus Hamburg (dessen Rede die bedeutendste; ich gebe die Hauptpunkte. ‒ Tiefe Stille und allgemeine Aufmerksamkeit, nur durch Beifall unterbrochen.) Wurm spricht natürlich für den Entwurf. „Meine Herren, stimmen Sie einfach für die § §. 2 und 3, wie der Entwurf sie bietet, ohne alle Zusätze. Ich traue mir nicht zu, die Geschicke der österreichischen Monarchie vorauszusagen, aber entweder zerfällt die österreichische Monarchie, oder sie ist annoch lebensfähig. In jedem der beiden Fälle können wir die §.§. des Entwurfs annehmen.

Wenn Oesterreich zerfällt, werden unsere paar Paragraphen es nicht retten, ‒ sie werden nicht (wie Gagern gestern behauptete) in das brennende Gebäude noch einen Fackelbrand schleudern. Wenn diese Paragraphen das im Stande sind ‒ dann wäre Oesterreich schon zerfallen. Für den zweiten Fall, daß Oesterreich noch lebensfähig. Sollen wir dann die Initiative der Trennung Deutsch-Oesterreichs von Deutschland ergreifen? ‒ Auch wird §. 1 unserer Verfassung aufgehoben, wenn wir 2 und 3 anders annehmen, als der Entwurf sie gibt. ‒ Preußen (das Ministerium Eichmann) setzt voraus, daß wir in unserem Verfassungswerk nur Personalunionen werden fortbestehen lassen.

Deutsch-Oesterreich nicht durch, mehr mit Deutschland verbinden, als durch ein völkerrechtliches Bündniß ‒ heißt das deutsche Element daselbst aufgeben. Von Oesterreichs (d. h. der nicht deutschen Provinzen) Sympathien für Deutschland, zumal von Ungarns und Kossuths Sympathien dafür, halte ich sehr wenig. Die Ungarn wollen den Schwerpunkt der österreichischen Monarchie von Wien nach Buda-Pest verlegen. Schon Gentz hatte 1806 diese Idee.

Unsere erste Sendung ist, das deutsche Element in Oesterreich zu stärken. Wenn unsere österreichischen Abgeordneten (was zu fürchten, wenn sie anders beschließen als der Entwurf) aus der Paulskirche fortgehen müßten, sie würden dennoch wiederkehren, es sind ja unsre Brüder. Soll dies geschehen, sollen sie fort müssen, so mag man wenigstens dort (in Oesterreich) die Initiative dazu ergreifen. Wir müssen es Oesterreich überlassen, seine Rolle selbst zu finden, nicht aber ihm eine Rolle zuweisen, die gar keine ist. Vertrauen wir der österreichischen Jugend, sie hat sich dieses Vertrauens werth gezeigt, und ihr gehört die Zukunft.

(Rauschendes und langanhaltendes Bravo links, linkes Centrum und Gallerien).

Gegen den Willen der Rechten und des rechten Centrums (zum Theil) wird die Debatte, dieser 4tägige Wettkampf zwischen schwarz-gelb und schwarz-roth-gold unter Bravo links geschlossen.

Mehrere namentliche Abstimmungen werden angemeldet.

Riesser (Vicepräsident) spricht unter Beifall für den Entwurf als Berichterstatter, und bekämpft alle Amendements. Unsre Paragraphen sind nur der Ausdruck einer inneren Nothwendigkeit, und eine Folge von der Geschichte Oesterreichs, sagt Riesser. Gagern's Amendement bringe eine formelle Abänderung in die Berathungen. Selbst wenn unser Beschluß (nach § 2 und 3) faktisch in Widerspruch mit dem Willen Oesterreichs geriethe, würde ich ihn nicht bereuen, und er würde keineswegs für uns eine Schande sein.

(Langes Bravo links und linkes Centrum, welches offenbar durch Wurm's Rede entschieden mit der Linken stimmt).

Simson (Vicepräsident) will nun noch über § 4 diskutiren lassen, um den Enthusiasmus des linken Centrums zu kühlen. Das Centrum schreit abstimmen.

Rösler von Oels: Die Abstimmung der §§ 2 und 3 muß vor der Diskussion über 4 vorgenommen werden, die Spannung ist auf den höchsten Punkt gestiegen und es ist nicht mehr Fremdartiges in diese Frage zu mischen. (Viele Stimmen: Abstimmen!)

Die Versammlung beschließt die Abstimmung.

Linke und linkes Centrum stehen wie ein Mann auf. Gegen den Wunsch des Präsidenten (Simson) geht man also zur Abstimmung.

Daß sich eine große und heftige Formdebatte erhebt, können Sie sich denken. Es sprechen darin Rösler, Berger, v. Vinke (sehr erbittert), v. Mühlfeld, Wiegard, Plathner, Rösler (von Oels), Uhland (zieht seinen Antrag zu Gunsten der Paragraphen des Ausschusses zurück. (Bravo!) Er will damit der Rechten ein gutes Beispiel geben), Venedey.

Simson (Vicepräsident) will per Gewalt Gagern's Antrag zuerst haben. Die Versammlung beschließt die Reihenfolge der Abstimmungen nach Simson vorzunehmen. (Linke und Rechte blieben hierbei sitzen ‒ sie werden Hrn. Simson kaum wieder wählen).

Die Anträge werden zur Unterstützung gebracht.

Jahn's Antrag lautet: Zu § 2 hinzuzufügen „unbeschadet der ewigen Einigung zu Schutz und Trutz mit zugewandten Landen und Reichen.“

Die ganze Versammlung lacht.

Die meisten Anträge werden theils gar nicht, theils nur sehr schwach unterstützt.

Berger beantragt eventuell namentliche Abstimmung für alle Anträge. (Die ganze Linke unterstützt ihn).

Die Abstimmung über v. Gagern's Antrag soll demnächst zuerst beginnen

Gagern hat mittlerweile an der Stimmung der Versammlung gemerkt, daß sein „kühner Griff“ mißlingt, er erhebt sich daher und zieht mit einigen rührenden Worten seinen Antrag vorläufig zurück (in meliorem fortunam!)

Sommaruga dito. Ein präjudizieller Antrag des Grafen Keller (schwarz-gelb) wird mit kolossaler Majorität verworfen.

Jetzt soll die Abstimmung über § 2 und 3 des Entwurfs beginnen.

Simson verkündet, daß seiner Ansicht nach die Abstimmung über 2 und 3, die Abstimmung anderer Zusätze nicht ausschließt.

Wichmann will namentliche Abstimmung über § 2 und 3 mit Ausschließung aller Zusätze. (Bravo links.)

Vinke und Schwerin sind der Ansicht Wichmann's. Beseler und Soiron dagegen.

Die Versammlung beschließt mit der auffallendsten Majorität nach dem Willen der Linken und Wichmann's gegen Simson.

Simson (der unparteiische Morgenländer aus Gagern's Schule) will die Majorität nicht erkennen; er will durch Stimmzettel abstimmen.

Die Abstimmung durch Stimmzettel kann nicht stattfinden, weil (Gelächter) keine Stimmzettel da sind.

In nochmaliger gewöhnlicher Abstimmung bringt es Simson durch die langweiligsten Machinationen dahin, daß obiger Beschluß abgeändert wird. Man beschließt nach Annahme (oder Ablehnung) der Paragraphen noch über die modifizirenden Anträge abzustimmen.

Endlich kommt man zur namentlichen Abstimmung über § 2. Derselbe lautet:

„Kein Theil des deutschen Reiches darf mit nichtdeutschen Ländern zu einem Staate vereinigt werden.“

Er wird mit 340 Stimmen gegen 76 Stimmen angenommen.

Herr Clemens aus Bonn stimmte nicht. (Gelächter.) Der Präsident v. Gagern stimmte mit Nein. Sein Bruder Max mit Ja. (Links: Bravo!)

Folgt die namentliche Abstimmung über den Zusatz des Minoritäts-Erachtens:

„Insofern die eigenthümlichen Verhältnisse Oesterreichs die Ausführung dieses § 2 und der daraus abgeleiteten Paragraphen hinsichtlich desselben nicht zulassen, soll die angestrebte Einheit und Macht Deutschlands im größtmöglichen Maße durch den innigsten Anschluß Oesterreichs an Deutschland im Wege des völkerrechtlichen Bündnisses zwischen der Reichsgewalt und der österreichischen Regierung erzielt werden.“ (Mühlfeld etc.)

Dieser Zusatz wird mit 375 Stimmen gegen 38 verworfen. (Bravo!)

Ein Amendement von Kaiser:

„Die Verhältnisse Oesterreichs bleiben der definitiven Anordnung vorbehalten,“ wird mit 318 Stimmen gegen 104 verworfen.

§ 3: „Hat ein deutsches Land mit einem nichtdeutschen Lande dasselbe Staatsoberhaupt, so ist das Verhältniß zwischen beiden Ländern nach den Grundsätzen der reinen Personalunion zu ordnen.“

Die Stimmzettel sind mittlerweile angelangt. Statt namentlicher Abstimmung wird deshalb durch weiße und blaue Stimmzettel der § 3 mit 316 Stimmen gegen 90 angenommen. (Bravo!)

Präsident: Das Resultat der Abstimmung ist also die einfache Annahme der Paragraphen des Entwurfs. (Langes Bravo links, Centren und Gallerien).

Folgen 4 Erklärungen, resp. Protestationen gegen die Annahme dieser Paragraphen und Abstimmungen von v. Goltz, Aichelburg, Beda Weber, Kagerbauer, Kürsinger, Dieringer, Osterrath etc., wie Sie sehen, eine schöne Ansammlung von schwarz-gelb, was heut eine entschiedene Niederlage erlitten hat.

Präsident theilt mit, daß der Ausschuß zur Begutachtung der einzuleitenden Untersuchung gegen die Redakteure der Reichstagszeitung (Blum, Günther) den Bericht zum Druck vorlegt.

Der Antrag lautet:

„Die Erlaubniß zur Untersuchung zu ertheilen.“

Schluß der Sitzung gegen 4 Uhr. Nächste Sitzung Montag.

Tagesordnung: Fortsetzung der Berathung des Verfassungsentwurfs.

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          <p><pb facs="#f0003" n="0655"/>
Verwirrung und Abspannung des Volkes vermieden. Ueberhaup sind die getroffenen Vertheidigungsmaßregeln allem Anschein nach vortrefflich und widerstandskräftig. Wir werden daher sehen, ob Windischgrätz so leichtes Spiel haben wird. Der heutige Kampf begann an der ersten Stelle dadurch, daß Grenadiere zu den unsern übergetreten sind, und von dem Militär dabei durch Schüsse verfolgt wurden. Einer der Grenadiere erhielt einen Schuß von hinten durch den Kopf, daß er todt hinstürzte; ein Arbeiter eilte unter dem fortwährenden Kugelregen des Militärs zu ihm, ergriff die Leiche und brachte sie glücklich zu den Unsrigen. So rettete er sie vor der verstümmelnden Rache der Soldaten-Meute. Nun aber entspann sich ein hitziges Feuern, durch welches das Militär, da es keine gehörige Deckung hatte, sehr gelitten haben soll, weil die Unsrigen sich hinter den Häusern verstecken konnten. Deshalb warf der Feind mit Brandraketen, von denen einige in der Vorstadt Lichtenthal gezündet haben sollen. Auch viele Häuser Döblings sollen stark beschädigt worden und in Brand gerathen sein. Der Kampf am Tabor wurde lediglich durch die Verwegenheit der Legion und mobilen Garde veranlaßt, welche die kühnsten Plänkeleien unternehmen.</p>
          <p>Man spricht vom Uebergang einer ganzen Batterie zu den Unsrigen. Das Militär schoß wüthend nach, allein die Uebergetretenen wendeten ihre Kanonen und feuerten auf ihre frühern Kameraden. &#x2012; Vom Stephansthurme bemerkte man heute Nachmittag einen starken Rauch in Auserspergs Lager und hörte auch dort Geschützesdonner. Es heißt, das Militär sei untereinander im Kampfe. Windischgrätz soll 15,000 Mann nach dieser Seite hin dirigirt haben. Ebenso heißt es, daß die ungarische Armee die Nachhut Jellachich,s bei Fischamend angegriffen habe; man erzählte mir von Blessirten, die von dorthin nach Wien zu transportirt worden. So viel ist gewiß, daß Jellachich, obwohl die Verschanzungen bei der Spinnerei am Kreuze noch fortwährend vermehrt werden, sich gegen die Schwechat hinzieht, die Ungarn müssen ihm also im Rücken sein.</p>
          <p>Robert Blum hielt heute eine Rede in der Aula; ich war nicht zugegen, weil ich die bedrohten Punkte besucht habe. &#x2012; Alle kaiserlichen Pferde sind aus den Ställen der Burg zur Bespannung des Geschützes genommen worden; das Volk ist gutes Muths und und brennt vor Kampfbegierde.</p>
          <p>Der Reichstag und seine einzelnen Mitglieder befinden sich unter dem Doppelschwert des Damokles. Von der einen Seite Windischgrätz, der sie zu Verbrechern macht, von der andern das Volk, das ein ähnliches Gelüste trägt, weil es einsieht, daß nur die Zögerungen und Verhinderungen des Reichstags die Schuld tragen, wenn die Camarilla ein so gewaltiges Heer unter den Mauern Wiens zusammenzubringen vermocht hat. Hätte der Reichstag am 7. das Volk von Wien gewähren lassen und durch sein blödsinniges Benehmen die Ungarn nicht vor den Kopf gestoßen, oder gar noch acht Millionen bewilligt, aus denen jetzt unsere Feinde unterhalten werden, so würde das Volk von Wien längst gesiegt haben.</p>
          <p>Gestern Abend erschien, wie es heißt, ein Plakat, worin gesagt wird, daß die Manifeste des Kaisers mit Füßen getreten zu werden verdienen.</p>
          <p>Wie es mit uns steht, mögen sie noch aus Nachstehendem erkennen: Zur Beruhigung der Zaghaften mag es dienen, daß die Stadt in vollkommenem Vertheidigungszustande ist, daß selbst eine Belagerung Einen Monat hindurch, ohne weitern Zuzug von Lebensmitteln und Streitkräften, ausgehalten werden kann, daß alle strategisch wichtigen Punkte an den Außenplätzen gut besetzt und das Oberkommando auf jeden Ueberfall gefaßt ist. Die Hülfe der Ungarn würde wohl das Vertheidigungswerk erleichtern, ist aber nicht so dringend nothwendig, daß wir, falls dieselbe ausbliebe, irgend welche Gefahr zu befürchten hätten. Bedenkt man, daß die ganze belagernde Truppenmacht, wie wir aus sehr verläßlicher Quelle wissen, nicht über 50,000 Mann beträgt, deren größerer Theil nicht geneigt ist, gegen Wien zu kämpfen; bedenkt man ferner, daß täglich aus den Provinzen trotz aller Gefahr neue Zuzüge, so wie die besten Nachrichten von deren Antheil an unserm Kampfe hiehergelangen, so kann man über den Ausgang der jetzigen Zustände kaum mehr in Zweifel sein.</p>
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        <head>Aus dem Studenten-Comite.</head>
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          <head>Den 23. Oktober.</head>
          <p>Es wird berichtet, daß ein Wirthshaus in Nußdorf heute Nacht ganz demolirt wurde, weil man entdeckt hat, daß der Wirth im Lager im Einverständniß und in Korrespondenz stand.</p>
          <p>Drei Männer erscheinen und bringen der Legion einen Gruß von 50 Münchnern, die gestern zum Beistande für Wien gekommen sind. Werden mit Jubel empfangen.</p>
          <p>Der Frankfurter Deputirte <hi rendition="#g">Robert Blum</hi> erbietet sich, dem Comite in der Leitung der Vertheidigungsmaßregeln zur Disposition zu stehen. Es wird eine eigene Vertheidigungskommission niedergesetzt &#x2012; nach Wunsch des Oberkommandanten &#x2012; der <hi rendition="#g">Robert Blum</hi> beigegeben wird.</p>
          <p>Ein Steyermarker meldet, daß er aus ziemlich sicherer Quelle erfahren habe, daß in Kroatien der Landsturm organisirt und die steyerische Gränze bereits überschüttet werde.</p>
          <p>Das Comite beschließt eine Inspizirung der verschiedenen Linien vornehmen zu lassen, um die Stärke der Bewachung daselbst kennen zu lernen. Es werden zu diesem Zwecke Comitemitglieder beauftragt, an den Linien diese Inspizirung vorzunehmen. Die rückkehrenden Inspizienten berichten, daß die Taborlinie sehr schwach, die Hernalserlinie zwar von zwei Kanonen, aber fast von keiner Mannschaft besetzt sei. An der Matzleinsdorfer-, Belvedere- und Favoriten-Linie hielt die tapfere Wiedner Garde immer zu 3 Kompagnieen bei jeder Linie Wache. Von den übrigen Linien ist noch kein Bericht zurück. Diese Meldungen werden sogleich dem Oberkommando bekannt gemacht. &#x2012; Das Comitemitglied, welches sich zur Nußdorfer Linie hätte verfügen sollen, kommt zurück und meldet, daß er auf dem Wege dorthin von reitenden Ordonanzen berichtet worden sei, daß dort ein Angriff erfolgt und bereits mit Kanonen gefeuert werde. Die dortige Garde fordere Aushülfe mit Leuten und Munition. Es wurde dies bereits dem Oberkommando gemeldet.</p>
          <p>Es kommen mehrere Berichte ein vom Kampfe an der Nußdorfer Linie. Zwei Legionäre, die bei Beginn desselben am Orte waren, berichten, daß von feindlicher Seite in der Frühe mit Plänkeln angefangen, worauf von der Garde mit starkem Gewehrfeuer geantwortet wurde. Dann erst schoß das Militär mit Kartätschen. Ein anderer Berichterstatter meldet, daß Grenadiere vom Ludwig-Regiment übergegangen seien, deren Zahl erst auf ein ganzes Bataillon, dann auf 80 angegeben wird. Auf Antrag Fogelhubers wird ein Comitemitglied mit einem Mediziner zur Nußdorfer Linie geschickt, um zu untersuchen, ob sich unter den übergegangenen Grenadieren Verwundete befänden, weil dieses allein das sicherste Zeichen, daß der Uebergang nicht eine List sei.</p>
          <p>Das Comite beschließt, nachzuforschen, ob die Gesandtschaften wirklich schon alle Wien verlassen haben. Hr. Hofer und Friedmann werden mit dieser Kommission beauftragt. Sie kehren mit dem Berichte zurück, daß kein Gesandter mehr in Wien sei.</p>
          <p>Ein Nationalgardist zeigt an, daß ein kranker Soldat, der übergegangen war, ins Militärhospital transportirt worden wäre. Er macht auf die Gefahr aufmerksam, die für diesen Soldaten bei einer Wendung der Dinge erfolgen könnte. Wird dem Oberkommando gemeldet.</p>
          <p>Es wird berichtet, daß in Salzburg ein Aufstand ausgebrochen wäre, indem die Salzburger zu Baiern übertreten wollen.</p>
          <p>Ein polnischer Soldat wird von Garden eingebracht, der aussagt, daß 30 seiner Kameraden, weil sie nicht auf's Volk schießen wollten, zu 40 Stockprügeln verurtheilt wurden, sie machten sich daher vereinzelt auf die Flucht, er sei nun der erste hier angekommen. Wird zu den übrigen Soldaten in die Salzgrießkaserne geführt.</p>
          <p>Ein Legionär bringt eine Kopeke, und meldet, daß sieben Fässer voll russischen Geldes aufgefangen wurden und durch die Mariahilfer Linie eben eingeführt und auf die Universität gebracht werden.</p>
          <p>Ein <hi rendition="#g">Holsteiner</hi> bietet seine Dienste an, er sagt, er habe in dem letzten Kriege in seinem Vaterlande im Freikorps als Offizier gedient, und sei besonders im <hi rendition="#g">Barrikadenbau bewandert.</hi> Wird dem Oberkommando der akademischen Legion zugewiesen.</p>
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          <head><bibl><author>102</author></bibl> Wien, 24. Okt.</head>
          <p>In Eile Folgendes: Die Haltung des Volks ist wunderbar. Wir gehen alle dem Tod oder Siege entgegen. Seit den Tagen der Gefahr war die Stimmung der Stadt nie so entschieden muthig, so ganz und gar jede Gefahr verachtend, wie heute. Der Reichstags-Beschluß, die Haltung des Gemeinderathes, die besonnenen und dennoch entschiedenen Maßregeln des Nationalgarde-Oberkommandanten haben alle, selbst die zaghaftesten Herzen mit Muth erfüllt. Die Stadt wird sich bis zum letzten Manne vertheidigen, denn wir stehen auf dem Boden des Gesetzes und des Rechtes. Windischgrätz und Wessenburg sind auf dem Rechtsboden als Verräther aus der heiligen Sache des Volkes vom Volke und seinen Vertretern erklärt worden. Ein donnerndes Hoch dem <hi rendition="#g">Reichstage,</hi> dem Gemeinderathe, dem Nationalgarde-Ober-Commando, und dem muthigen Volke Wiens!</p>
          <p>Von den hiesigen Gesandschaften sind die Französische Englische und Belgische nicht abgereist.</p>
          <p>Einem Nationalgarde-Hauptmann, der als Parlamentär in Begleitung eines Studenten und eines Municipalgarden das feindliche Lager verließ, wurden vom Feinde Schüsse nachgesendet, und sodann angegriffen. Dem Municipalgarden wurde das Pferd unter dem Leibe erschossen, der Student erreichte die Linien; und der Hauptmann fehlt uns zur Stunde. So wird das Kriegs- und Völkerrecht geachtet!</p>
          <p>Eine Lancier-Eskadron hat sich gebildet, welche in der Leopoldstädter Kavallerie-Kaserne einquartirt ist. Die Pferde wurden aus den Stallungen der ungarischen Nobelgarde genommen. &#x2012; Die Bespannung unserer Kanonen bilden zumeist die stolzen, gutgenährten Pferde aus den kaiserlichen Stallungen, die früher in goldglänzenden Geschirren, goldglänzende Wagen zogen, vor denen in Liebe die Bewohner Wiens die Hüte zogen!</p>
          <p>Gestern Mittag gab es bei Florisdorf am linken Donauufer ein trauriges, den Feind gar nicht ehrendes Ereigniß. Während unsere Vorposten mit den feindlichen unter weißer Flagge parlamentirten, fielen aus der Au zwei Kartätschenschüsse, wovon der erste ein Häuflein der unsrigen, die friedlich beisammen standen, trafen. Hauptmann Karolus von der akademischen Legion wurde die Kniescheibe zerschmettert, so daß ihm sein Bein amputirt werden mußte, Lieutenant Nowosad aus der Gratzer Nationalgarde wurde der Schenkel zerschmettert. Ein Schütze vom Mobilen-Corps blieb auf dem Platze. Das war nicht blos ein feindliches, sondern ein möderisches Verfahren.</p>
          <p>Jellachich's Position hat sich gestern geändert. Sein linker Flügel schwankte von Wien ab gegen die anrückenden Ungarn. Die Kanonen haben dieselbe Richtung genommen. Daß unsererseits ebenfalls Vorkehrungen zur Ergreifung der Offensive getroffen werden, versteht sich von selbst. Jellachich's Absicht scheint es zu sein, den Ungarn eine Schlacht zu bieten. Die Ungarn wollen jedoch in Wien einrücken, um dann gemeinschaftlich mit uns die gemeinsamen Feinde zu bekämpfen. Dies sind auch die nächsten Ursachen, weßhalb die Ungarn noch nicht vor den Thoren oder in den Mauern Wiens stehen.</p>
          <p>In der Zuschrift des Windischgrätz an unseren Gemeinderath gab er den Vätern der Stadt 24 Stunden Zeit seinen Befehlen nachzukommen; in 48 Stunden würden sonst die Folgen ihrer Widersetzlichkeit unfehlbar eintreten. Der Gemeinderath hat dieses Schreiben mit würdiger Mißachtung angenommen.</p>
          <p>150 Tyroler Schützen, kernhaftes Gebirgsvolk, haben sich zu uns durchgeschlagen. Die grünen Federbüsche in der Armee mögen zittern. Der Landsturm ist in den meisten Theilen Tyrols organisirt. Die Bewegung bei den Tyrolern hat einen weiteren Ausgangspunkt. Sie sagen: &#x201E;Geht die Freiheit in Oesterreich durch den Fall Wiens verloren, so schlagen wir uns zu Baiern.&#x201C;</p>
          <p>Ein schöner Anblick bietet sich den Beschauern der Türkenschanze dar. Dort hängen zwei Grenadiere und ein Arbeiter. Die Humanität macht Fortschritte im k. k. Lager. Gott erhalte die Herren Offiziere!</p>
          <p>Sechs Chevauxlegers gingen zu uns über. Ihr Entweichen wurde bemerkt, und andere 6 Mann von derselben Escadron ihnen nachgesendet. Schon waren sie ihnen auf den Fersen, schon konnten die Volksfreunde den Hufschlag nahe hinter sich hören, da riefen die Nachreitenden: &#x201E;Eilt! wir reiten mit Euch!&#x201C; und so kamen alle zwölf unversehrt bei uns an.</p>
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          <p>Die fremden in Wien sich befindenden Gesandten und bevollmächtigten Minister haben gestern von der Staatskanzlei die Mittheilung erhalten, die Stadt wäre in Belagerungszustand versetzt und, da die Ereignisse unmöglich vorausberechnet werden können, werde ihnen gerathen, die Stadt zu verlassen. Der französische Minister geht nach Böslau, der englische und russische Gesandte werden in Hitzing wohnen; sie verlassen Wien nicht aus persönlicher Furcht, sondern um für jeden Fall ihren Regierungen gegenüber jeder Verantwortlichkeit enthoben zu sein.</p>
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          <p><hi rendition="#g">Riehl</hi> (Dr: juris aus Wien) welcher für den Entwurf der Verfassung spricht. Große Unruhe &#x2012; Theilnahmlosigkeit. Und wenn der Redner ein Gott wäre, Neues könnte er in dieser Debatte nicht mehr bringen, sie ist zum Ekel erschöpft Aber wie der wiener Reichstags im praktischen Zögern, so sind unsere Vertreter im theoretischen unverwüstlich. &#x2012; Nach dieser ersten heutigen Rede erhebt sich sogleich der Schlußruf. Der Schluß wird abermals verworfen. Die Diskussion muß erst zu Bassermann kommen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Maifeld</hi> aus Oesterreich gegen den Entwurf. Spricht für sein Amendement. Statt §. 2 und 3 will er: &#x201E;Deutsche Länder dürfen mit nichtdeutschen Ländern nur in der Art zu einem Staate verbunden sein, daß die für ganz Deutschland gelten den gesetzlichen Bestimmungen in solchen deutschen Ländern durch ihren Verband mit nicht deutschen Ländern durchaus keine Modifikation erleiden dürfen. &#x2012; Protestirt gegen alle Anträge, welche bloß ein völkerrechtliches Bündniß mit Oesterreich wollen, protestirt entschieden gegen Heinrich von Gagern's Amendement. Auch ist er gegen alle Anträge, welche bloß zusehen wollen, wir sind ja, sagt er, eine konstituirende, nicht eine zusehende Versammlung.</p>
          <p><hi rendition="#g">Wedekind</hi> (der jetzt angekommen ist) will nun das Wort haben. Die Versammlung beschließt es ihm zu geben, zuvor aber will man <hi rendition="#g">Wurm</hi> hören. &#x2012;</p>
          <p><hi rendition="#g">Wurm</hi> aus Hamburg (dessen Rede die bedeutendste; ich gebe die Hauptpunkte. &#x2012; Tiefe Stille und allgemeine Aufmerksamkeit, nur durch Beifall unterbrochen.) Wurm spricht natürlich für den Entwurf. &#x201E;Meine Herren, stimmen Sie einfach für die § §. 2 und 3, wie der Entwurf sie bietet, ohne alle Zusätze. Ich traue mir nicht zu, die Geschicke der österreichischen Monarchie vorauszusagen, aber entweder <hi rendition="#g">zerfällt</hi> die österreichische Monarchie, oder sie ist annoch <hi rendition="#g">lebensfähig.</hi> In jedem der beiden Fälle können wir die §.§. des Entwurfs annehmen.</p>
          <p>Wenn Oesterreich zerfällt, werden unsere paar Paragraphen es nicht retten, &#x2012; sie werden nicht (wie Gagern gestern behauptete) in das brennende Gebäude noch einen Fackelbrand schleudern. Wenn diese Paragraphen das im Stande sind &#x2012; dann wäre Oesterreich schon zerfallen. Für den zweiten Fall, daß Oesterreich noch <hi rendition="#g">lebensfähig.</hi> Sollen wir dann die Initiative der Trennung Deutsch-Oesterreichs von Deutschland ergreifen? &#x2012; Auch wird §. 1 unserer Verfassung aufgehoben, wenn wir 2 und 3 anders annehmen, als der Entwurf sie gibt. &#x2012; Preußen (das Ministerium Eichmann) setzt voraus, daß wir in unserem Verfassungswerk nur Personalunionen werden fortbestehen lassen.</p>
          <p>Deutsch-Oesterreich <hi rendition="#g">nicht</hi> durch, mehr mit Deutschland verbinden, als durch ein völkerrechtliches Bündniß &#x2012; heißt das deutsche Element daselbst aufgeben. Von Oesterreichs (d. h. der nicht deutschen Provinzen) Sympathien für Deutschland, zumal von Ungarns und Kossuths Sympathien dafür, halte ich sehr wenig. Die Ungarn wollen den Schwerpunkt der österreichischen Monarchie von Wien nach Buda-Pest verlegen. Schon Gentz hatte 1806 diese Idee.</p>
          <p>Unsere erste Sendung ist, das deutsche Element in Oesterreich zu stärken. Wenn unsere österreichischen Abgeordneten (was zu fürchten, wenn sie anders beschließen als der Entwurf) aus der Paulskirche fortgehen müßten, sie würden dennoch wiederkehren, es sind ja unsre Brüder. Soll dies geschehen, sollen sie fort müssen, so mag man wenigstens dort (in Oesterreich) die Initiative dazu ergreifen. Wir müssen es Oesterreich überlassen, seine Rolle selbst zu finden, nicht aber ihm eine Rolle zuweisen, die gar keine ist. Vertrauen wir der österreichischen Jugend, sie hat sich dieses Vertrauens werth gezeigt, und ihr gehört die Zukunft.</p>
          <p>(Rauschendes und langanhaltendes Bravo links, linkes Centrum und Gallerien).</p>
          <p>Gegen den Willen der Rechten und des rechten Centrums (zum Theil) wird die Debatte, dieser 4tägige Wettkampf zwischen schwarz-gelb und schwarz-roth-gold unter Bravo links geschlossen.</p>
          <p>Mehrere namentliche Abstimmungen werden angemeldet.</p>
          <p><hi rendition="#g">Riesser</hi> (Vicepräsident) spricht unter Beifall für den Entwurf als Berichterstatter, und bekämpft alle Amendements. Unsre Paragraphen sind nur der Ausdruck einer inneren Nothwendigkeit, und eine Folge von der Geschichte Oesterreichs, sagt Riesser. Gagern's Amendement bringe eine formelle Abänderung in die Berathungen. Selbst wenn unser Beschluß (nach § 2 und 3) faktisch in Widerspruch mit dem Willen Oesterreichs geriethe, würde ich ihn nicht bereuen, und er würde keineswegs für uns eine Schande sein.</p>
          <p>(Langes Bravo links und linkes Centrum, welches offenbar durch Wurm's Rede entschieden mit der Linken stimmt).</p>
          <p><hi rendition="#g">Simson</hi> (Vicepräsident) will nun noch über § 4 diskutiren lassen, um den Enthusiasmus des linken Centrums zu kühlen. Das Centrum schreit abstimmen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Rösler</hi> von Oels: Die Abstimmung der §§ 2 und 3 muß vor der Diskussion über 4 vorgenommen werden, die Spannung ist auf den höchsten Punkt gestiegen und es ist nicht mehr Fremdartiges in diese Frage zu mischen. (Viele Stimmen: Abstimmen!)</p>
          <p>Die Versammlung beschließt die Abstimmung.</p>
          <p>Linke und linkes Centrum stehen wie ein Mann auf. Gegen den Wunsch des Präsidenten (Simson) geht man also zur Abstimmung.</p>
          <p>Daß sich eine große und heftige Formdebatte erhebt, können Sie sich denken. Es sprechen darin Rösler, Berger, v. Vinke (sehr erbittert), v. Mühlfeld, Wiegard, Plathner, Rösler (von Oels), Uhland (zieht seinen Antrag zu Gunsten der Paragraphen des Ausschusses zurück. (Bravo!) Er will damit der Rechten ein gutes Beispiel geben), Venedey.</p>
          <p><hi rendition="#g">Simson</hi> (Vicepräsident) will per Gewalt Gagern's Antrag zuerst haben. Die Versammlung beschließt die Reihenfolge der Abstimmungen nach Simson vorzunehmen. (Linke und Rechte blieben hierbei sitzen &#x2012; sie werden Hrn. Simson kaum wieder wählen).</p>
          <p>Die Anträge werden zur Unterstützung gebracht.</p>
          <p><hi rendition="#g">Jahn's</hi> Antrag lautet: Zu § 2 hinzuzufügen &#x201E;unbeschadet der ewigen Einigung zu Schutz und Trutz mit zugewandten Landen und Reichen.&#x201C;</p>
          <p>Die ganze Versammlung lacht.</p>
          <p>Die meisten Anträge werden theils gar nicht, theils nur sehr schwach unterstützt.</p>
          <p><hi rendition="#g">Berger</hi> beantragt eventuell namentliche Abstimmung für alle Anträge. (Die ganze Linke unterstützt ihn).</p>
          <p>Die Abstimmung über v. Gagern's Antrag soll demnächst zuerst beginnen</p>
          <p><hi rendition="#g">Gagern</hi> hat mittlerweile an der Stimmung der Versammlung gemerkt, daß sein &#x201E;kühner Griff&#x201C; mißlingt, er erhebt sich daher und zieht mit einigen rührenden Worten seinen Antrag vorläufig zurück (in meliorem fortunam!)</p>
          <p><hi rendition="#g">Sommaruga</hi> dito. Ein präjudizieller Antrag des Grafen Keller (schwarz-gelb) wird mit kolossaler Majorität verworfen.</p>
          <p>Jetzt soll die Abstimmung über § 2 und 3 des Entwurfs beginnen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Simson</hi> verkündet, daß seiner Ansicht nach die Abstimmung über 2 und 3, die Abstimmung anderer Zusätze nicht ausschließt.</p>
          <p><hi rendition="#g">Wichmann</hi> will namentliche Abstimmung über § 2 und 3 mit Ausschließung aller Zusätze. (Bravo links.)</p>
          <p>Vinke und Schwerin sind der Ansicht Wichmann's. Beseler und Soiron dagegen.</p>
          <p>Die Versammlung beschließt mit der auffallendsten Majorität nach dem Willen der Linken und Wichmann's gegen Simson.</p>
          <p><hi rendition="#g">Simson</hi> (der unparteiische Morgenländer aus Gagern's Schule) will die Majorität nicht erkennen; er will durch Stimmzettel abstimmen.</p>
          <p>Die Abstimmung durch Stimmzettel kann nicht stattfinden, weil (Gelächter) keine Stimmzettel da sind.</p>
          <p>In nochmaliger gewöhnlicher Abstimmung bringt es Simson durch die langweiligsten Machinationen dahin, daß obiger Beschluß abgeändert wird. Man beschließt nach Annahme (oder Ablehnung) der Paragraphen noch über die modifizirenden Anträge abzustimmen.</p>
          <p>Endlich kommt man zur namentlichen Abstimmung über § 2. Derselbe lautet:</p>
          <p>&#x201E;Kein Theil des deutschen Reiches darf mit nichtdeutschen Ländern zu einem Staate vereinigt werden.&#x201C;</p>
          <p>Er wird mit 340 Stimmen gegen 76 Stimmen angenommen.</p>
          <p>Herr Clemens aus Bonn stimmte nicht. (Gelächter.) Der Präsident v. Gagern stimmte mit Nein. Sein Bruder Max mit Ja. (Links: Bravo!)</p>
          <p>Folgt die namentliche Abstimmung über den Zusatz des Minoritäts-Erachtens:</p>
          <p>&#x201E;Insofern die eigenthümlichen Verhältnisse Oesterreichs die Ausführung dieses § 2 und der daraus abgeleiteten Paragraphen hinsichtlich desselben nicht zulassen, soll die angestrebte Einheit und Macht Deutschlands im größtmöglichen Maße durch den innigsten Anschluß Oesterreichs an Deutschland im Wege des völkerrechtlichen Bündnisses zwischen der Reichsgewalt und der österreichischen Regierung erzielt werden.&#x201C; (Mühlfeld etc.)</p>
          <p>Dieser Zusatz wird mit 375 Stimmen gegen 38 verworfen. (Bravo!)</p>
          <p>Ein Amendement von <hi rendition="#g">Kaiser:</hi> </p>
          <p>&#x201E;Die Verhältnisse Oesterreichs bleiben der definitiven Anordnung vorbehalten,&#x201C; wird mit 318 Stimmen gegen 104 verworfen.</p>
          <p>§ 3: &#x201E;Hat ein deutsches Land mit einem nichtdeutschen Lande dasselbe Staatsoberhaupt, so ist das Verhältniß zwischen beiden Ländern nach den Grundsätzen der reinen Personalunion zu ordnen.&#x201C;</p>
          <p>Die Stimmzettel sind mittlerweile angelangt. Statt namentlicher Abstimmung wird deshalb durch weiße und blaue Stimmzettel der § 3 mit 316 Stimmen gegen 90 angenommen. (Bravo!)</p>
          <p><hi rendition="#g">Präsident:</hi> Das Resultat der Abstimmung ist also die einfache Annahme der Paragraphen des Entwurfs. (Langes Bravo links, Centren und Gallerien).</p>
          <p>Folgen 4 Erklärungen, resp. Protestationen gegen die Annahme dieser Paragraphen und Abstimmungen von v. Goltz, Aichelburg, Beda Weber, Kagerbauer, Kürsinger, Dieringer, Osterrath etc., wie Sie sehen, eine schöne Ansammlung von schwarz-gelb, was heut eine entschiedene Niederlage erlitten hat.</p>
          <p><hi rendition="#g">Präsident</hi> theilt mit, daß der Ausschuß zur Begutachtung der einzuleitenden Untersuchung gegen die Redakteure der Reichstagszeitung (Blum, Günther) den Bericht zum Druck vorlegt.</p>
          <p>Der Antrag lautet:</p>
          <p>&#x201E;Die Erlaubniß zur Untersuchung zu ertheilen.&#x201C;</p>
          <p>Schluß der Sitzung gegen 4 Uhr. Nächste Sitzung Montag.</p>
          <p>Tagesordnung: Fortsetzung der Berathung des Verfassungsentwurfs.</p>
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    </body>
  </text>
</TEI>
[0655/0003] Verwirrung und Abspannung des Volkes vermieden. Ueberhaup sind die getroffenen Vertheidigungsmaßregeln allem Anschein nach vortrefflich und widerstandskräftig. Wir werden daher sehen, ob Windischgrätz so leichtes Spiel haben wird. Der heutige Kampf begann an der ersten Stelle dadurch, daß Grenadiere zu den unsern übergetreten sind, und von dem Militär dabei durch Schüsse verfolgt wurden. Einer der Grenadiere erhielt einen Schuß von hinten durch den Kopf, daß er todt hinstürzte; ein Arbeiter eilte unter dem fortwährenden Kugelregen des Militärs zu ihm, ergriff die Leiche und brachte sie glücklich zu den Unsrigen. So rettete er sie vor der verstümmelnden Rache der Soldaten-Meute. Nun aber entspann sich ein hitziges Feuern, durch welches das Militär, da es keine gehörige Deckung hatte, sehr gelitten haben soll, weil die Unsrigen sich hinter den Häusern verstecken konnten. Deshalb warf der Feind mit Brandraketen, von denen einige in der Vorstadt Lichtenthal gezündet haben sollen. Auch viele Häuser Döblings sollen stark beschädigt worden und in Brand gerathen sein. Der Kampf am Tabor wurde lediglich durch die Verwegenheit der Legion und mobilen Garde veranlaßt, welche die kühnsten Plänkeleien unternehmen. Man spricht vom Uebergang einer ganzen Batterie zu den Unsrigen. Das Militär schoß wüthend nach, allein die Uebergetretenen wendeten ihre Kanonen und feuerten auf ihre frühern Kameraden. ‒ Vom Stephansthurme bemerkte man heute Nachmittag einen starken Rauch in Auserspergs Lager und hörte auch dort Geschützesdonner. Es heißt, das Militär sei untereinander im Kampfe. Windischgrätz soll 15,000 Mann nach dieser Seite hin dirigirt haben. Ebenso heißt es, daß die ungarische Armee die Nachhut Jellachich,s bei Fischamend angegriffen habe; man erzählte mir von Blessirten, die von dorthin nach Wien zu transportirt worden. So viel ist gewiß, daß Jellachich, obwohl die Verschanzungen bei der Spinnerei am Kreuze noch fortwährend vermehrt werden, sich gegen die Schwechat hinzieht, die Ungarn müssen ihm also im Rücken sein. Robert Blum hielt heute eine Rede in der Aula; ich war nicht zugegen, weil ich die bedrohten Punkte besucht habe. ‒ Alle kaiserlichen Pferde sind aus den Ställen der Burg zur Bespannung des Geschützes genommen worden; das Volk ist gutes Muths und und brennt vor Kampfbegierde. Der Reichstag und seine einzelnen Mitglieder befinden sich unter dem Doppelschwert des Damokles. Von der einen Seite Windischgrätz, der sie zu Verbrechern macht, von der andern das Volk, das ein ähnliches Gelüste trägt, weil es einsieht, daß nur die Zögerungen und Verhinderungen des Reichstags die Schuld tragen, wenn die Camarilla ein so gewaltiges Heer unter den Mauern Wiens zusammenzubringen vermocht hat. Hätte der Reichstag am 7. das Volk von Wien gewähren lassen und durch sein blödsinniges Benehmen die Ungarn nicht vor den Kopf gestoßen, oder gar noch acht Millionen bewilligt, aus denen jetzt unsere Feinde unterhalten werden, so würde das Volk von Wien längst gesiegt haben. Gestern Abend erschien, wie es heißt, ein Plakat, worin gesagt wird, daß die Manifeste des Kaisers mit Füßen getreten zu werden verdienen. Wie es mit uns steht, mögen sie noch aus Nachstehendem erkennen: Zur Beruhigung der Zaghaften mag es dienen, daß die Stadt in vollkommenem Vertheidigungszustande ist, daß selbst eine Belagerung Einen Monat hindurch, ohne weitern Zuzug von Lebensmitteln und Streitkräften, ausgehalten werden kann, daß alle strategisch wichtigen Punkte an den Außenplätzen gut besetzt und das Oberkommando auf jeden Ueberfall gefaßt ist. Die Hülfe der Ungarn würde wohl das Vertheidigungswerk erleichtern, ist aber nicht so dringend nothwendig, daß wir, falls dieselbe ausbliebe, irgend welche Gefahr zu befürchten hätten. Bedenkt man, daß die ganze belagernde Truppenmacht, wie wir aus sehr verläßlicher Quelle wissen, nicht über 50,000 Mann beträgt, deren größerer Theil nicht geneigt ist, gegen Wien zu kämpfen; bedenkt man ferner, daß täglich aus den Provinzen trotz aller Gefahr neue Zuzüge, so wie die besten Nachrichten von deren Antheil an unserm Kampfe hiehergelangen, so kann man über den Ausgang der jetzigen Zustände kaum mehr in Zweifel sein. Aus dem Studenten-Comite. Den 23. Oktober. Es wird berichtet, daß ein Wirthshaus in Nußdorf heute Nacht ganz demolirt wurde, weil man entdeckt hat, daß der Wirth im Lager im Einverständniß und in Korrespondenz stand. Drei Männer erscheinen und bringen der Legion einen Gruß von 50 Münchnern, die gestern zum Beistande für Wien gekommen sind. Werden mit Jubel empfangen. Der Frankfurter Deputirte Robert Blum erbietet sich, dem Comite in der Leitung der Vertheidigungsmaßregeln zur Disposition zu stehen. Es wird eine eigene Vertheidigungskommission niedergesetzt ‒ nach Wunsch des Oberkommandanten ‒ der Robert Blum beigegeben wird. Ein Steyermarker meldet, daß er aus ziemlich sicherer Quelle erfahren habe, daß in Kroatien der Landsturm organisirt und die steyerische Gränze bereits überschüttet werde. Das Comite beschließt eine Inspizirung der verschiedenen Linien vornehmen zu lassen, um die Stärke der Bewachung daselbst kennen zu lernen. Es werden zu diesem Zwecke Comitemitglieder beauftragt, an den Linien diese Inspizirung vorzunehmen. Die rückkehrenden Inspizienten berichten, daß die Taborlinie sehr schwach, die Hernalserlinie zwar von zwei Kanonen, aber fast von keiner Mannschaft besetzt sei. An der Matzleinsdorfer-, Belvedere- und Favoriten-Linie hielt die tapfere Wiedner Garde immer zu 3 Kompagnieen bei jeder Linie Wache. Von den übrigen Linien ist noch kein Bericht zurück. Diese Meldungen werden sogleich dem Oberkommando bekannt gemacht. ‒ Das Comitemitglied, welches sich zur Nußdorfer Linie hätte verfügen sollen, kommt zurück und meldet, daß er auf dem Wege dorthin von reitenden Ordonanzen berichtet worden sei, daß dort ein Angriff erfolgt und bereits mit Kanonen gefeuert werde. Die dortige Garde fordere Aushülfe mit Leuten und Munition. Es wurde dies bereits dem Oberkommando gemeldet. Es kommen mehrere Berichte ein vom Kampfe an der Nußdorfer Linie. Zwei Legionäre, die bei Beginn desselben am Orte waren, berichten, daß von feindlicher Seite in der Frühe mit Plänkeln angefangen, worauf von der Garde mit starkem Gewehrfeuer geantwortet wurde. Dann erst schoß das Militär mit Kartätschen. Ein anderer Berichterstatter meldet, daß Grenadiere vom Ludwig-Regiment übergegangen seien, deren Zahl erst auf ein ganzes Bataillon, dann auf 80 angegeben wird. Auf Antrag Fogelhubers wird ein Comitemitglied mit einem Mediziner zur Nußdorfer Linie geschickt, um zu untersuchen, ob sich unter den übergegangenen Grenadieren Verwundete befänden, weil dieses allein das sicherste Zeichen, daß der Uebergang nicht eine List sei. Das Comite beschließt, nachzuforschen, ob die Gesandtschaften wirklich schon alle Wien verlassen haben. Hr. Hofer und Friedmann werden mit dieser Kommission beauftragt. Sie kehren mit dem Berichte zurück, daß kein Gesandter mehr in Wien sei. Ein Nationalgardist zeigt an, daß ein kranker Soldat, der übergegangen war, ins Militärhospital transportirt worden wäre. Er macht auf die Gefahr aufmerksam, die für diesen Soldaten bei einer Wendung der Dinge erfolgen könnte. Wird dem Oberkommando gemeldet. Es wird berichtet, daß in Salzburg ein Aufstand ausgebrochen wäre, indem die Salzburger zu Baiern übertreten wollen. Ein polnischer Soldat wird von Garden eingebracht, der aussagt, daß 30 seiner Kameraden, weil sie nicht auf's Volk schießen wollten, zu 40 Stockprügeln verurtheilt wurden, sie machten sich daher vereinzelt auf die Flucht, er sei nun der erste hier angekommen. Wird zu den übrigen Soldaten in die Salzgrießkaserne geführt. Ein Legionär bringt eine Kopeke, und meldet, daß sieben Fässer voll russischen Geldes aufgefangen wurden und durch die Mariahilfer Linie eben eingeführt und auf die Universität gebracht werden. Ein Holsteiner bietet seine Dienste an, er sagt, er habe in dem letzten Kriege in seinem Vaterlande im Freikorps als Offizier gedient, und sei besonders im Barrikadenbau bewandert. Wird dem Oberkommando der akademischen Legion zugewiesen. 102 Wien, 24. Okt. In Eile Folgendes: Die Haltung des Volks ist wunderbar. Wir gehen alle dem Tod oder Siege entgegen. Seit den Tagen der Gefahr war die Stimmung der Stadt nie so entschieden muthig, so ganz und gar jede Gefahr verachtend, wie heute. Der Reichstags-Beschluß, die Haltung des Gemeinderathes, die besonnenen und dennoch entschiedenen Maßregeln des Nationalgarde-Oberkommandanten haben alle, selbst die zaghaftesten Herzen mit Muth erfüllt. Die Stadt wird sich bis zum letzten Manne vertheidigen, denn wir stehen auf dem Boden des Gesetzes und des Rechtes. Windischgrätz und Wessenburg sind auf dem Rechtsboden als Verräther aus der heiligen Sache des Volkes vom Volke und seinen Vertretern erklärt worden. Ein donnerndes Hoch dem Reichstage, dem Gemeinderathe, dem Nationalgarde-Ober-Commando, und dem muthigen Volke Wiens! Von den hiesigen Gesandschaften sind die Französische Englische und Belgische nicht abgereist. Einem Nationalgarde-Hauptmann, der als Parlamentär in Begleitung eines Studenten und eines Municipalgarden das feindliche Lager verließ, wurden vom Feinde Schüsse nachgesendet, und sodann angegriffen. Dem Municipalgarden wurde das Pferd unter dem Leibe erschossen, der Student erreichte die Linien; und der Hauptmann fehlt uns zur Stunde. So wird das Kriegs- und Völkerrecht geachtet! Eine Lancier-Eskadron hat sich gebildet, welche in der Leopoldstädter Kavallerie-Kaserne einquartirt ist. Die Pferde wurden aus den Stallungen der ungarischen Nobelgarde genommen. ‒ Die Bespannung unserer Kanonen bilden zumeist die stolzen, gutgenährten Pferde aus den kaiserlichen Stallungen, die früher in goldglänzenden Geschirren, goldglänzende Wagen zogen, vor denen in Liebe die Bewohner Wiens die Hüte zogen! Gestern Mittag gab es bei Florisdorf am linken Donauufer ein trauriges, den Feind gar nicht ehrendes Ereigniß. Während unsere Vorposten mit den feindlichen unter weißer Flagge parlamentirten, fielen aus der Au zwei Kartätschenschüsse, wovon der erste ein Häuflein der unsrigen, die friedlich beisammen standen, trafen. Hauptmann Karolus von der akademischen Legion wurde die Kniescheibe zerschmettert, so daß ihm sein Bein amputirt werden mußte, Lieutenant Nowosad aus der Gratzer Nationalgarde wurde der Schenkel zerschmettert. Ein Schütze vom Mobilen-Corps blieb auf dem Platze. Das war nicht blos ein feindliches, sondern ein möderisches Verfahren. Jellachich's Position hat sich gestern geändert. Sein linker Flügel schwankte von Wien ab gegen die anrückenden Ungarn. Die Kanonen haben dieselbe Richtung genommen. Daß unsererseits ebenfalls Vorkehrungen zur Ergreifung der Offensive getroffen werden, versteht sich von selbst. Jellachich's Absicht scheint es zu sein, den Ungarn eine Schlacht zu bieten. Die Ungarn wollen jedoch in Wien einrücken, um dann gemeinschaftlich mit uns die gemeinsamen Feinde zu bekämpfen. Dies sind auch die nächsten Ursachen, weßhalb die Ungarn noch nicht vor den Thoren oder in den Mauern Wiens stehen. In der Zuschrift des Windischgrätz an unseren Gemeinderath gab er den Vätern der Stadt 24 Stunden Zeit seinen Befehlen nachzukommen; in 48 Stunden würden sonst die Folgen ihrer Widersetzlichkeit unfehlbar eintreten. Der Gemeinderath hat dieses Schreiben mit würdiger Mißachtung angenommen. 150 Tyroler Schützen, kernhaftes Gebirgsvolk, haben sich zu uns durchgeschlagen. Die grünen Federbüsche in der Armee mögen zittern. Der Landsturm ist in den meisten Theilen Tyrols organisirt. Die Bewegung bei den Tyrolern hat einen weiteren Ausgangspunkt. Sie sagen: „Geht die Freiheit in Oesterreich durch den Fall Wiens verloren, so schlagen wir uns zu Baiern.“ Ein schöner Anblick bietet sich den Beschauern der Türkenschanze dar. Dort hängen zwei Grenadiere und ein Arbeiter. Die Humanität macht Fortschritte im k. k. Lager. Gott erhalte die Herren Offiziere! Sechs Chevauxlegers gingen zu uns über. Ihr Entweichen wurde bemerkt, und andere 6 Mann von derselben Escadron ihnen nachgesendet. Schon waren sie ihnen auf den Fersen, schon konnten die Volksfreunde den Hufschlag nahe hinter sich hören, da riefen die Nachreitenden: „Eilt! wir reiten mit Euch!“ und so kamen alle zwölf unversehrt bei uns an. Als die Deputation der Nationalgarden Wiens bei ihrer Anwesenheit in Lundenburg den Fürsten Windischgrätz auf das gemäßigtere Manifest des Kaisers vom 19. aufmerksam zu machen wagte, erklärte Herr Windischgrätz: er kenne kein Manifest vom 19. (11 Uhr Vormittags.) An der Nußdorfer Linie ist Militär zu uns übergegangen. Man schießt ihnen mit Kartätschen nach. (12 Uhr Mittags.) Weiße Rauchwolken steigen vom Stefansthurme empor. Es scheint das Zeichen zu sein, daß die Ungarn heranrücken. Die fremden in Wien sich befindenden Gesandten und bevollmächtigten Minister haben gestern von der Staatskanzlei die Mittheilung erhalten, die Stadt wäre in Belagerungszustand versetzt und, da die Ereignisse unmöglich vorausberechnet werden können, werde ihnen gerathen, die Stadt zu verlassen. Der französische Minister geht nach Böslau, der englische und russische Gesandte werden in Hitzing wohnen; sie verlassen Wien nicht aus persönlicher Furcht, sondern um für jeden Fall ihren Regierungen gegenüber jeder Verantwortlichkeit enthoben zu sein. Der „Neuen Rheinischen Zeitung“ sind die erwarteten Briefe und Blätter nicht zugegangen. !!! Frankfurt, 27. Oktober. Sitzung der National-Versammlung. Tagesordnung. Fortsetzung (und hoffentlich Schluß) der Debatte über die § §. 2 bis 4 des Entwurfs der Verfassung. ‒ Präsident zeigt den Austritt eines Abgeordneten für Tyrol an, darauf geht man einmal (Wunder!) ohne Weiteres zur Tagesordnung über. Wurm soll sprechen (ist noch nicht da). Höfken soll sprechen (ist noch nicht da). Es ist ja erst 3/4 10 Uhr. Die Diskussion geht also weiter mit: Riehl (Dr: juris aus Wien) welcher für den Entwurf der Verfassung spricht. Große Unruhe ‒ Theilnahmlosigkeit. Und wenn der Redner ein Gott wäre, Neues könnte er in dieser Debatte nicht mehr bringen, sie ist zum Ekel erschöpft Aber wie der wiener Reichstags im praktischen Zögern, so sind unsere Vertreter im theoretischen unverwüstlich. ‒ Nach dieser ersten heutigen Rede erhebt sich sogleich der Schlußruf. Der Schluß wird abermals verworfen. Die Diskussion muß erst zu Bassermann kommen. Maifeld aus Oesterreich gegen den Entwurf. Spricht für sein Amendement. Statt §. 2 und 3 will er: „Deutsche Länder dürfen mit nichtdeutschen Ländern nur in der Art zu einem Staate verbunden sein, daß die für ganz Deutschland gelten den gesetzlichen Bestimmungen in solchen deutschen Ländern durch ihren Verband mit nicht deutschen Ländern durchaus keine Modifikation erleiden dürfen. ‒ Protestirt gegen alle Anträge, welche bloß ein völkerrechtliches Bündniß mit Oesterreich wollen, protestirt entschieden gegen Heinrich von Gagern's Amendement. Auch ist er gegen alle Anträge, welche bloß zusehen wollen, wir sind ja, sagt er, eine konstituirende, nicht eine zusehende Versammlung. Wedekind (der jetzt angekommen ist) will nun das Wort haben. Die Versammlung beschließt es ihm zu geben, zuvor aber will man Wurm hören. ‒ Wurm aus Hamburg (dessen Rede die bedeutendste; ich gebe die Hauptpunkte. ‒ Tiefe Stille und allgemeine Aufmerksamkeit, nur durch Beifall unterbrochen.) Wurm spricht natürlich für den Entwurf. „Meine Herren, stimmen Sie einfach für die § §. 2 und 3, wie der Entwurf sie bietet, ohne alle Zusätze. Ich traue mir nicht zu, die Geschicke der österreichischen Monarchie vorauszusagen, aber entweder zerfällt die österreichische Monarchie, oder sie ist annoch lebensfähig. In jedem der beiden Fälle können wir die §.§. des Entwurfs annehmen. Wenn Oesterreich zerfällt, werden unsere paar Paragraphen es nicht retten, ‒ sie werden nicht (wie Gagern gestern behauptete) in das brennende Gebäude noch einen Fackelbrand schleudern. Wenn diese Paragraphen das im Stande sind ‒ dann wäre Oesterreich schon zerfallen. Für den zweiten Fall, daß Oesterreich noch lebensfähig. Sollen wir dann die Initiative der Trennung Deutsch-Oesterreichs von Deutschland ergreifen? ‒ Auch wird §. 1 unserer Verfassung aufgehoben, wenn wir 2 und 3 anders annehmen, als der Entwurf sie gibt. ‒ Preußen (das Ministerium Eichmann) setzt voraus, daß wir in unserem Verfassungswerk nur Personalunionen werden fortbestehen lassen. Deutsch-Oesterreich nicht durch, mehr mit Deutschland verbinden, als durch ein völkerrechtliches Bündniß ‒ heißt das deutsche Element daselbst aufgeben. Von Oesterreichs (d. h. der nicht deutschen Provinzen) Sympathien für Deutschland, zumal von Ungarns und Kossuths Sympathien dafür, halte ich sehr wenig. Die Ungarn wollen den Schwerpunkt der österreichischen Monarchie von Wien nach Buda-Pest verlegen. Schon Gentz hatte 1806 diese Idee. Unsere erste Sendung ist, das deutsche Element in Oesterreich zu stärken. Wenn unsere österreichischen Abgeordneten (was zu fürchten, wenn sie anders beschließen als der Entwurf) aus der Paulskirche fortgehen müßten, sie würden dennoch wiederkehren, es sind ja unsre Brüder. Soll dies geschehen, sollen sie fort müssen, so mag man wenigstens dort (in Oesterreich) die Initiative dazu ergreifen. Wir müssen es Oesterreich überlassen, seine Rolle selbst zu finden, nicht aber ihm eine Rolle zuweisen, die gar keine ist. Vertrauen wir der österreichischen Jugend, sie hat sich dieses Vertrauens werth gezeigt, und ihr gehört die Zukunft. (Rauschendes und langanhaltendes Bravo links, linkes Centrum und Gallerien). Gegen den Willen der Rechten und des rechten Centrums (zum Theil) wird die Debatte, dieser 4tägige Wettkampf zwischen schwarz-gelb und schwarz-roth-gold unter Bravo links geschlossen. Mehrere namentliche Abstimmungen werden angemeldet. Riesser (Vicepräsident) spricht unter Beifall für den Entwurf als Berichterstatter, und bekämpft alle Amendements. Unsre Paragraphen sind nur der Ausdruck einer inneren Nothwendigkeit, und eine Folge von der Geschichte Oesterreichs, sagt Riesser. Gagern's Amendement bringe eine formelle Abänderung in die Berathungen. Selbst wenn unser Beschluß (nach § 2 und 3) faktisch in Widerspruch mit dem Willen Oesterreichs geriethe, würde ich ihn nicht bereuen, und er würde keineswegs für uns eine Schande sein. (Langes Bravo links und linkes Centrum, welches offenbar durch Wurm's Rede entschieden mit der Linken stimmt). Simson (Vicepräsident) will nun noch über § 4 diskutiren lassen, um den Enthusiasmus des linken Centrums zu kühlen. Das Centrum schreit abstimmen. Rösler von Oels: Die Abstimmung der §§ 2 und 3 muß vor der Diskussion über 4 vorgenommen werden, die Spannung ist auf den höchsten Punkt gestiegen und es ist nicht mehr Fremdartiges in diese Frage zu mischen. (Viele Stimmen: Abstimmen!) Die Versammlung beschließt die Abstimmung. Linke und linkes Centrum stehen wie ein Mann auf. Gegen den Wunsch des Präsidenten (Simson) geht man also zur Abstimmung. Daß sich eine große und heftige Formdebatte erhebt, können Sie sich denken. Es sprechen darin Rösler, Berger, v. Vinke (sehr erbittert), v. Mühlfeld, Wiegard, Plathner, Rösler (von Oels), Uhland (zieht seinen Antrag zu Gunsten der Paragraphen des Ausschusses zurück. (Bravo!) Er will damit der Rechten ein gutes Beispiel geben), Venedey. Simson (Vicepräsident) will per Gewalt Gagern's Antrag zuerst haben. Die Versammlung beschließt die Reihenfolge der Abstimmungen nach Simson vorzunehmen. (Linke und Rechte blieben hierbei sitzen ‒ sie werden Hrn. Simson kaum wieder wählen). Die Anträge werden zur Unterstützung gebracht. Jahn's Antrag lautet: Zu § 2 hinzuzufügen „unbeschadet der ewigen Einigung zu Schutz und Trutz mit zugewandten Landen und Reichen.“ Die ganze Versammlung lacht. Die meisten Anträge werden theils gar nicht, theils nur sehr schwach unterstützt. Berger beantragt eventuell namentliche Abstimmung für alle Anträge. (Die ganze Linke unterstützt ihn). Die Abstimmung über v. Gagern's Antrag soll demnächst zuerst beginnen Gagern hat mittlerweile an der Stimmung der Versammlung gemerkt, daß sein „kühner Griff“ mißlingt, er erhebt sich daher und zieht mit einigen rührenden Worten seinen Antrag vorläufig zurück (in meliorem fortunam!) Sommaruga dito. Ein präjudizieller Antrag des Grafen Keller (schwarz-gelb) wird mit kolossaler Majorität verworfen. Jetzt soll die Abstimmung über § 2 und 3 des Entwurfs beginnen. Simson verkündet, daß seiner Ansicht nach die Abstimmung über 2 und 3, die Abstimmung anderer Zusätze nicht ausschließt. Wichmann will namentliche Abstimmung über § 2 und 3 mit Ausschließung aller Zusätze. (Bravo links.) Vinke und Schwerin sind der Ansicht Wichmann's. Beseler und Soiron dagegen. Die Versammlung beschließt mit der auffallendsten Majorität nach dem Willen der Linken und Wichmann's gegen Simson. Simson (der unparteiische Morgenländer aus Gagern's Schule) will die Majorität nicht erkennen; er will durch Stimmzettel abstimmen. Die Abstimmung durch Stimmzettel kann nicht stattfinden, weil (Gelächter) keine Stimmzettel da sind. In nochmaliger gewöhnlicher Abstimmung bringt es Simson durch die langweiligsten Machinationen dahin, daß obiger Beschluß abgeändert wird. Man beschließt nach Annahme (oder Ablehnung) der Paragraphen noch über die modifizirenden Anträge abzustimmen. Endlich kommt man zur namentlichen Abstimmung über § 2. Derselbe lautet: „Kein Theil des deutschen Reiches darf mit nichtdeutschen Ländern zu einem Staate vereinigt werden.“ Er wird mit 340 Stimmen gegen 76 Stimmen angenommen. Herr Clemens aus Bonn stimmte nicht. (Gelächter.) Der Präsident v. Gagern stimmte mit Nein. Sein Bruder Max mit Ja. (Links: Bravo!) Folgt die namentliche Abstimmung über den Zusatz des Minoritäts-Erachtens: „Insofern die eigenthümlichen Verhältnisse Oesterreichs die Ausführung dieses § 2 und der daraus abgeleiteten Paragraphen hinsichtlich desselben nicht zulassen, soll die angestrebte Einheit und Macht Deutschlands im größtmöglichen Maße durch den innigsten Anschluß Oesterreichs an Deutschland im Wege des völkerrechtlichen Bündnisses zwischen der Reichsgewalt und der österreichischen Regierung erzielt werden.“ (Mühlfeld etc.) Dieser Zusatz wird mit 375 Stimmen gegen 38 verworfen. (Bravo!) Ein Amendement von Kaiser: „Die Verhältnisse Oesterreichs bleiben der definitiven Anordnung vorbehalten,“ wird mit 318 Stimmen gegen 104 verworfen. § 3: „Hat ein deutsches Land mit einem nichtdeutschen Lande dasselbe Staatsoberhaupt, so ist das Verhältniß zwischen beiden Ländern nach den Grundsätzen der reinen Personalunion zu ordnen.“ Die Stimmzettel sind mittlerweile angelangt. Statt namentlicher Abstimmung wird deshalb durch weiße und blaue Stimmzettel der § 3 mit 316 Stimmen gegen 90 angenommen. (Bravo!) Präsident: Das Resultat der Abstimmung ist also die einfache Annahme der Paragraphen des Entwurfs. (Langes Bravo links, Centren und Gallerien). Folgen 4 Erklärungen, resp. Protestationen gegen die Annahme dieser Paragraphen und Abstimmungen von v. Goltz, Aichelburg, Beda Weber, Kagerbauer, Kürsinger, Dieringer, Osterrath etc., wie Sie sehen, eine schöne Ansammlung von schwarz-gelb, was heut eine entschiedene Niederlage erlitten hat. Präsident theilt mit, daß der Ausschuß zur Begutachtung der einzuleitenden Untersuchung gegen die Redakteure der Reichstagszeitung (Blum, Günther) den Bericht zum Druck vorlegt. Der Antrag lautet: „Die Erlaubniß zur Untersuchung zu ertheilen.“ Schluß der Sitzung gegen 4 Uhr. Nächste Sitzung Montag. Tagesordnung: Fortsetzung der Berathung des Verfassungsentwurfs.

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Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 129. Köln, 29. Oktober 1848. Zweite Ausgabe, S. 0655. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz129ii_1848/3>, abgerufen am 27.04.2024.