Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neue Rheinische Zeitung. Nr. 293. Köln, 9. Mai 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

wäre doch für die Weltgeschichte schade. Beim Schluß wird die Versammlung etwas lebhafter, da die Eingänge sehr eng sind.

Einliegender Antrag, wohl an 20 Mitglieder abgegeben; zum unterzeichnen hatte kein einziger Muth, selbst Hr. Hagen nicht.

In Erwägung, daß die Nationalversammlung nicht Schuld daran ist, daß sie jetzt Boden im Volk hat, sondern daß die Frechheit der Fürsten daran Schuld;

In Erwägung, daß die Nationalversammlung durch Abgang der österreichischen Deputirten das Volk nicht vertritt;

daß sie die Ehre der Souveränetät des Volks gekränkt durch die Billigung des Mords von Robert Blum;

daß die Majorität, wie sie bisher war, nur als ein politisches Hinderniß im Jahre 1848 dasteht -- beschließt die Versammlung, die Mitglieder der Nationalversammlung, die zum Märzverein gehören, aufzufordern, auszutreten und ein neues Parlament nach einem revolutionirten Theile Deutschlands zu berufen."

15 Hamburg, 5. Mai,

Ueber hiesige Reichskrämerstadt haben Sie lange nichts von mir erfahren; doch kann und darf ich es jetzt nicht unterlassen, das hier gestern erlebte Ereigniß mitzutheilen. Wie Sie wissen, habe ich einen großen Widerwillen vor den personifizirten Kaffe- und Pfeffersäcken, deren Hauptgedanken sich um den Disconto drehen und deren Rechenphysiognomie einen hier auf jeden Tritt anstiert -- aber gestern haben diese feilen Krämerseelen nach ihrer Art sich famos gemacht und muß der 4te Mai in den Annalen Hamburgs Epoche machen.

Gestern Mittag, als der größte Theil der hiesigen Krämer noch an der Börse versammelt war, erschienen daselbst Schmerling und Sommaruga, umgeben von der Elite der Staatspapierjuden und geführt von einem gewissen Godefroy, Bruder des sich jetzt in Frankfurt Befindenden, welcher bekanntlich in deutschen Kriegsschiffen macht. Als nun diese noble Gesellschaft die Börse betreten, wurden die beiden östreichischen Vollblutjunker den Hamburgischen Vollblutkaffesäcken durch den edlen Godefroy vorgestellt, wobei dieselbe ruhig fortschritt. Während dessen ging es von Mund zu Mund: "Schmerling ist da! Schmerling ist da!" und kaum hatte dieser die Mitte der Börse erreicht, so entstand von allen Seiten ein furchtbares Pfeifen und Zischen, unterbrochen nur durch den Ruf: "Hinaus! hinaus!" Bald rechts, bald links sich wendend, suchten Schmerling und Sommaruga mit ihrer Begleitung einen Ausweg zu gewinnen; aber wohin sie sich wandten, wurden diese Bedauernswerthen von den pfeifenden und zischenden Börsenmännern empfangen und begleitet; vergebens suchte Ehren-Godefroy durch Bitten und Flehen das Mitleid derselben zu erregen, es half Alles nichts -- unsere Börsenpfeifer ließen sich nicht irre machen, unerbittlich verfolgten sie die Vollblutgesellschaft, welche es jedenfalls nur der Gegenwart ihrer Damen zu verdanken hat, daß sie nicht durch handgreifliche Demonstrationen aus der Hamburger Börse spedirt wurde. Leichenblaß zogen Schmerling und Sommaruga ab und verließen das von ihnen, nach Behauptung der Krämer, entweihte Heiligthum, begleitet von dem sie verhöhnenden Gelächter und Pfeifen. Die Nachricht, das jene beiden bch innerhalb der Mauern unserer Reichsrepublik befänden, versireitete sich schleunigst, und am Abend, gegen 10 Uhr, hatten sich Tausende von Menschen vor dem Hotel de l'Europe, wo dieselben wohnten, versammelt. Hier ertönte nun eine grauenhafte Katzenmusik oft unterbrochen durch den tausendstimmigen Ruf: "Reichsbandit heraus! Reichsbandit heraus!" aber es erschien keiner der Herren, denn der vor dem Hause aufgestellte kleine Galgen mochte ihnen wohl eben nicht sehr gefallen. Die beim vorjährigen Niederschießen der Frankfurter Barrikadenkämpfer gezeigte Brutalität dieser beiden Reichsbanditen hatte sich hier in die elendeste und gemeinste Feigheit verwandelt: eine Katzenmusik und ein aus Stangen zusammengebundener Galgen waren hinreichend, um Schmerling, diesen Schlächter von Frankfurt, aus Hamburg zu vertreiben. Vor dem Hause war ein Kommando hiesiger Bürgerwehr aufgestellt, diese nahmen ihr Gewehr beim Fuß und sahen ruhig der dem Reichsbanditen dargebrachten Ehrenbezeugung zu; auch Polizeidiener hatten sich in großer Menge eingefunden, hielten es aber für das Gerathenste, sich ruhig zu verhalten. Auf dem vor dem Hause sich hinziehenden Jungfernstieg bewegte eine große Anzahl Spaziergänger sich auf und ab und hörten der Katzenmusik zu. Von mehreren derselben, namentlich Damen, hörte ich wiederholt die Aeußerung: "Wenn der Heckscher wiederkommt, wird es ihm eben so gehen, wie hier und an der Börse." Das Volk aber sagte, indem es auf seinen improvisirten Galgen zeigte: "Hieran gehört Heckscher!"

Schmerling und Sommaruga reis'ten noch in derselben Nacht ab und sollen den Weg nach Holstein eingeschlagen haben, hoffentlich werden die dortigen Bewohner ihnen einen ähnlichen Empfang verbunden mit denselben Ehrenpforten bereiten, und mögen dann die Herren Beseler und die ganze Bande, welche Schleswig-Holstein elendiglich verschachert, es sich zur Warnung dienen lassen.

Französische Republik.
12 Paris, 6. Mai.

Dem Mordanschlag auf Ledru-Rollin steht zur Seite die Verhaftung des als Deputirten vorgeschlagenen Unteroffiziers Boichot vom 7ten Infanterie-Regiment. So geschickt von der demokratischen Partei diese Kandidatur, so ungeschickt so tölpelhaft die von der reaktionären Partei vorgenommene Verhaftung. Die ganze Armee in Paris d. h. Unteroffizier und Soldaten sind auf's höchste entrüstet. Das erste Bataillon vom 7ten Regiment hat sich bereits aufgelehnt gegen seinen Kommandanten, und den Unteroffizier in Freiheit gesetzt. Boichot weigerte sich, aus dem Gefängniß zu gehen; er ward herausgetragen, unter dem Rufe: Nieder mit Changarnier! Der Oberst läßt die Wache heranschreiten, und befiehlt das Bajonett aufzustecken und vorwärts zu marschiren: das Bajonett wird aufgesteckt, aber kein Soldat marschirt vorwärts: sie bleiben stehn, wie ein Mann. Der Oberst läßt 20 Mann aus jeder Kompagnie kommandiren: kein Mann erscheint. Ein Lieutenant läßt die Worte vernehmen: wir wollen die 94er holen um dieses Gesindel zu arretiren. Da kannte der Tumult keine Gränzen mehr; der Lieutenant wird gezwungen, seinen Degen einzustecken; der Kommandant wird auf's schmählichste zugerichtet: sein Waffenrock zerrissen, seine Epauletten auf den Boden geworfen.

Der Oberst richtet nun freundliche Ermahnungen an die Soldaten, und fleht sie an, sich doch in ihre Kasernen zu begeben. Die Soldaten stellen die Bedingung, daß Brichot freigegeben werde. Die Freilassung wird bewilligt, und da erst ward die Ruhe wieder hergestellt. Es war gegen 11 Uhr Abends.

Den andern Tag steht Alles in der größten Aufregung auf. Gruppen bilden sich im Kasernenhofe; die Offiziere suchen die aufgeregten Gemüther zu beruhigen. Um 7 Uhr ruft der Oberst das Bataillon zusammen, läßt ein Carre bilden, und hält eine Anrede im Style "der honetten Republik."

"Es sind da im Regimente einige Jungens (galopins), die nicht gehört werden dürfen; sie haben schlechte Prinzipien von der Barriere u. s. w." Die Soldaten ziehen sich unter allgemeinem Murmeln gegen ihren Obersten zurück.

Die Eliten-Kompagnien werden zur Wache kommandirt im Elyseum bei Bonaparte. Als sie aber vernehmen, daß 5 Voltigeurs in das Militärgefängniß der Abbaye abgeführt werden sollen, weigern sich die Kompagnien zu marschiren, und erklären ganz laut, daß sie ohne ihre Kameraden, die Voltigeurs, nicht auf die Wache ziehen werden. Der Kommandant in der Verzweiflung läßt die Voltigeurs frei.

Die größte Aufregung herrscht unter den Soldaten. Barrot mit seiner olympischen Stirne schaut heiter darein, aber das Ungewitter naht von allen Seiten heran, und die Begebenheiten im Auslande, in Ungarn, in Sachsen u. s. w. tragen nicht wenig dazu bei, der Bourgeoisie den Kopf wirre zu machen. Die 3- u. 5prozentigen sind im Weichen!

Paris, 6. Mai.

Der Moniteur enthält heute zum ersten Male eine Liste aller Volksvertreter, welche die Sitzung der Nationalversammlung saumselig besuchten.

-- Heute Sonntag weder offizielle Börse noch Nationalversammlung. Indessen versichert man im Conferenzsaale daß Carlier abgesetzt worden sei. Diese Absetzung hängt, nach Angabe einer anderen Quelle, mit Aeußerungen zusammen, die sich Carlier bei Gelegenheit der Verhaftung der drei Volksvertreter an der Porte St Demis erlaubt habe.

-- Die Staatsanwaltschaft hat die Demokratie Pacifique als erste Verbreiterin des Metternichschen Briefes an Windischgrätz aufgefordert, ihr das Original dieses Aktenstücks vorzulegen, sonst werde man sie als Verläumderin oder Fälscherin strafen. Den Demokraten gegenüber zeigte sich die Staatsanwaltschaft weniger dienstfertig.

-- Ein großes Plakat des Seinepräfekten benachrichtigt die Bevölkerung, daß übermorgen (8) die Wahllisten geschlossen werden und am nächsten Sonntag (13) Morgens 8 Uhr die große Wahlschlacht beginne. Jene Wahlschlacht, auf deren Ausgang die europäische Contre-Revolution so große Hoffnungen setzt. Noch acht Tage und ihre Erwartungen sind alle erfüllt!

-- Die Gazette des Tribunaux meldet heute die Verhaftung Simon Hibruits, eines Clubbisten von der gefährlichsten Sorte (wie sie sich ausdrückt), den die Standgerichte zu 20jährigem Gefängniß par defaut verurtheilten und dessen die Polizei jetzt erst habhaft wurde. Dieser Hibruit sei das Oberhaupt der Geheimen Gesellschaften les Vengeurs und les Amis de l'Egalite, welche den "Sturz der Gesellschaft" zum Zweck haben.

Die Schreckensberichte der Gazette des Tribunaux jagen eine solche Angst in die Köpfe der moderirten Journalredaktoren, wenn sie überhaupt Köpfe haben, daß die Delammierresche "Patrie" heute die Bildung einer Association aller Geranten, Redaktoren, Administratoren etc. der moderirten Presse anzeigt.

Die Association führt den Titel: "Auf Leben und Tod!"

Italien.
*

La Revolution marche en Italie! Wir haben gestern eine Nachricht aus Paris mitgetheilt, wonach das Gouvernement wichtige Depeschen erhalten haben sollte, welche die Natur der französischen Expedition wesentlich ändern dürften. Die offiziellen Pariser Blätter schweigen auch heute über die Expedition, wie sie überhaupt seit dem Ausschiffen der Truppen in Civita-Vecchia keine offiziellen Nachrichten mehr brachten. Die Berichte, welche wir dagegen übereinstimmend von verschiedenen andern Seiten erhalten, geben uns bereits hinlänglichen Aufschluß über die geheimen Regierungsdepeschen und die Resultate des glorreichen Mondkälber-Kreuzzuges.

Das Erste, was selbst von dem Journal des Debats bestätigt wird, ist die Gewißheit von der Lügenhaftigkeit aller jener Ordnungsgerüchte, welche wie Hr. Levi Schmuhl in der Köln. Ztg. die französischen Truppen bereits in Rom einziehen ließen.

Oudinot war allerdings bereits von Civita-Vecchia aufgebrochen. Aber "Anzeichen von Unruhen", wie es nach der "Sentinelle" von Toulon scheint, nöthigten den Expeditionsgeneral, in seinem Zuge einzuhalten; 400 Mann der römischen Garnison und nach andern Berichten das ganze Bataillon Melara, welches zur Vertheidigung der Festung abgesendet war, sind entwaffnet worden. Gleichzeitig war der Marsch der Franzosen durch Verbrennen einer Brücke aufgehalten worden.

Nach einer römischen Correspondenz vom 26sten in dem "Nazionale" bereitet sich die römische Republik, statt aller Unterhandlung, zur Vertreibung der Gewalt durch Gewalt vor. Die Constituante hat die französischen Truppen für vogelfrei erklärt; das Volk durchzieht mit dem Rufe: "Tod den Franzosen! Es lebe die römische Republik!" die Straßen; die Stadt ist verbarrikadirt, und die Transteveriner, welche durch ihre Lage die Franzosen vor den Vorstädten auf dem rechten Tiberufer zunächst aufhalten können, haben sich zum ersten Angriff bereit erklärt.

Der betreffende Brief des "Nazionale" lautet:

"Die Constituante hat nach den Mittheilungen des Triumvirats demselben die Sorge für Rettung der Republik und Vertreibung der Gewalt durch Gewalt übertragen.

"Ein Dekret der Triumvirn verbietet Flugblätter, Anschläge und andere Mittel zur Verbreitung unbestätigter Neuigkeiten.

"(5 Uhr.) Die Stadt ist festlich und voll Freude. Jedermann bereitet sich zur Vertheidigung der Republik vor. Das Volk zieht mit dem Ruf: "Tod den Franzosen! Es lebe die römische Republik!" durch die Straßen. Man hat das Gerücht verbreitet, daß die Franzosen die Cholera mit sich brächten. Der Saal der Assemblee ist vom Volk überfüllt, und ein einmüthiger Jubel hat die Verkündigung des Dekretes begleitet, wonach die Deputirten die französische Armee außerhalb des Gesetzes erklären. Alle Welt arbeitet an Verfertigung von Patronen. Ein Dekret der Triumvirn verordnet, daß alle Pferde der Comarca (Gegend von Ancona) zur Verfügung der Regierung gestellt werden sollen; kurz, es werden alle Vorbereitungen zu dem energischsten Widerstand getroffen. Es ist indeß schwer zu glauben, daß die französischen Republikaner die Sache so zum Aeußersten kommen lassen und zum Bombardement gegen die römische Republik schreiten sollten. Die Bäcker schaffen ungeheure Vorräthe an. An der Seite des Thor's von Civita-Veechia hat man bereits mit Errichtung von Barrikaden begonnen, und ist im Gange den Ponto Molle außerhalb der Porta del Popolo zu unterminiren, da man von hier den Hauptangriff der Franzosen erwartet. Alt und Jung schwört sich zu vertheidigen und die Waffen zu ergreifen. Ciceroracchio hat die Versicherung gebracht, daß alle Transteveriner zum Angriff auf die Franzosen bereit seien.

"(7 Uhr.) Wir erwarten von einem Augenblick zum andern die Ankunft Rusconi's. Alles bereitet sich zur Vertheidigung. Die Barrikaden erheben sich wie mit Zauberschlag. Der geheime Viadukt zwischen dem Vatikan und der Engelsburg ist zerstört worden, um weitere Materialien zur Fortsetzung des Vertheidigungswerkes zu erhalten. -- Soeben ist Rusconi eingetroffen. Ich muß wegen Schluß der Post die näheren Mittheilungen versparen."

Die Römer sind übrigens vortrefflich mit Munition und Waffen versehen. Außer den bekannten Namen Mazzini, Avezzana, Garibaldi, haben sie noch namhafte polnische und deutsche Führer, darunter einen früheren Adjutanten Bem's aus Wien. Die honette Pariser Presse versäumt nicht, bei dieser Gelegenheit voll Wuth in das bekannte Lied einzustimmen, welches schon die Polizeikastraten einer "uns benachbarten Zeitung" während der Belagerung Wien's sangen, daß nämlich der ehrbare Kern der Bevölkerung nichts mit diesen Anstalten zu thun habe, und der Kampf nur durch den "revolutionären Auswurf aller Nationen fortgeführt werde.

Der Cercolo popolare hat einen Sicherheitsausschuß erwählt. Aus seinem Schoos ging zuerst das Gerücht hervor, daß die Franzosen die Cholera mit sich brächten.

Nach der "Revolution democratique et sociale" sollen die geheimnißvollen telegraphischen Regierungsdepeschen die Nachricht enthalten, daß die franz. Truppen vor Rom eine erste schwere Niederlage erlitten hätten. Wir halten diese Nachricht für voreilig, glauben aber vielmehr, daß die Soldaten der französischen Republik bei dem jetzt unzweifelhaften Widerstand der römischen Republikaner die Prophezeiung Ledru-Rollin's wahr machen und ihre Führer selbst zum Rückzuge zwingen werden. Der Magistrat von Rom hat bereits folgende Proklamation an die französischen Expeditionstruppen gerichtet:

"Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Bürger, man hat euch schmachvoll getäuscht, als man euch sagte, daß eure Anwesenheit auf dem Gebiete der römischen Republik zur Herstellung der Ordnung nöthig sei. Die vollkommenste Ordnung herrscht unter uns. Eure Anwesenheit wäre unnütz in diesem Zweck. Wir aber, wir würden uns im Angesicht Europa's entehren und selbst in euren Augen den Vorwurf der Feigheit verdienen, wenn wir zögerten, unser Land zu vertheidigen.

"Ja, wir lieben Frankreich, aber wir würden unsern Sympathieen Schweigen gebieten und uns bis auf den letzten Mann gegen euch schlagen, wenn ihr uns zur Vertheidigung unserer Rechte, zur Vertheidigung unserer Regierung zwingen solltet, welche wie die eurige aus dem allgemeinen Stimmrecht hervorgegangen ist.

"Franzosen, wir können jedoch nicht glauben, daß ihr unter der republikanischen Fahne gegen eine Fahne ziehen wolltet, die keine andere als die eurige ist! Wir können nicht glauben, daß ihr den 5. Artikel der Konstitution zu verletzen kommt, die ihr euch selbst gegeben habt? Republikaner, wir können nicht glauben, daß ihr eure republikanischen Brüder niederzukartätschen kommt. Es lebe die Republik!"

Auch die in Rom lebenden Franzosen haben eine Proklamation in ähnlichem Sinne erlassen.

* Turin, 1. Mai.

Nach Korrespondenzen in französischen Blättern von vorstehendem Datum nimmt die Erbitterung in den lombardischen Städten in einer Weise überhand, welche binnen kurzem auf einen neuen Ausbruch schließen läßt.

068 Turin, 30 April,

Die "Democrazia Italiana", das beste hier erscheinende Blatt ist jetzt zum 4ten Mal seit 14 Tagen mit Beschlag belegt worden. Die Regierungsgewalt hat es längst auf den Untergang dieses Organes der demokratischen Partei abgesehen. Die Reaktion ist überall in vollem Gange; Oestreichs Wünsche werden in dieser Hinsicht auf's Zuvorkommendste erfüllt. In Genua schaltet La Marmora en miniature, wie seine Standrechtsvorbilder Welden, Wrangel etc. in Deutschland. Das jetzige Ministerium erklärte bald nach der durch piemontesischen Verrath herbeigeführten Niederlage von Novara, daß der Verlust der Piemontesen sehr bedeutend gewesen, deshalb sei der Abschluß eines Waffenstillstandes und weiterhin des Friedens nothwendig geworden. Jetzt hat es die Unverschämtheit, in seiner offiziellen Zusammenstellung die Verluste an Todten und Verwundeten in der Schlacht von Novara sehr niedrig anzugeben. Dieser Eine Zug charakterisirt das Ministerium Delaunay-Pinelli zur Genüge.

In Aleggio hat man eine kuriose Entdeckung gemacht. Der dort stationirte östreichische Major wie der Kapitän sind als 2 Jesuiten erkannt worden, die vor Vertreibung der Jesuiten aus Sardinien öfters mit Zöglingen ihres Instituts zu Ferienbesuchen dort waren.

Ungarn.
068

Die "A. A. Z." läßt sich aus Wien schreiben: In Debreczin wurde ein neues Ministerium ernannt: Kossuth Präsident, Graf Casimir Bathyany Kriegsminister, Szemere Minister des Innern, Baron Sigismund Perenyi der Justiz, Duschek der Finanzen, Hajnik Chef der Polizei. Alle Magnaten wurden, unter Androhung der Confiskation ihrer Güter, aufgefordert bis zum 10. Mai beim Landtag zu erscheinen. (Am 20. April sollen nur 35 Magnaten in Debreczin gewesen sein.) Zugleich wurde eine Aushebung von 100,000 Mann decretirt.

Zwei einflußreiche Mitglieder des bisherigen Landesvertheidigungsausschusses, Madaraß und Csernatoni, sind, der Unterschlagung öffentlicher Gelder beschuldigt, durch das neue Ministerium verhaftet worden, welches Eugen Beöthy als ungarischen Gesandten nach Constantinopel gesendet haben soll, um die Hülfe der Türken gegen die Russen in Anspruch zu nehmen.

Großbritannien.
* London, 5. Mai.

Der bisherige Eisenbahnkönig Hudson, der sich durch Eisenbahn-Spekulationen in kurzer Zeit ein Vermögen von vielen Millionen zusammengebracht, hat jetzt, wegen Entdeckung der an den Actionären mehrerer Eisenbahnen verübten Betrügereien seine Stelle als Director der "York-Newcastle-Berwick-Eisenbahn" aufgeben müssen und wird sehr bald genöthigt sein, auch in Betreff der übrigen Eisenbahnen, bei deren Verwaltung er bisher betheiligt war, seine Aemter niederzulegen. Diese bewunderte Größe der frommen englischen Bourgeoisie fängt an, eine sehr klägliche Rolle zu spielen. Hudson tröstet sich mit den Millionen, die er im Sacke hat.

Virtus post nummos! Das heißt ein moralischer Bourgeois, der äußerlich mit größter Entrüstung über die Verdorbenheit der arbeitenden Klasse zu peroriren pflegt, heimlich aber größere Spitzbubereien begeht, als irgend Einer der zu lebenslänglicher Deportation Verurtheilten.

Redakteur en chef Karl Marx.
Erklärung.

Der Kölner Turnverein, als Vorort des mittelrheinischen Bezirksvereins des deutschen Turnerbundes, erklärt hiermit für sich und im Namen der mit verbundenen Turnvereine zu Düsseldorf, Düren, Dortmund, Euskirchen, Kreutznach, Neuwied und Trier, daß er die von der verfassungsgebenden Versammlung zu Frankfurt beschlossene und verkündigte Reichsverfassung als zu Recht bestehend anerkennt, und mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zu vertheidigen entschlossen ist.

Köln, den 7. Mai 1849.

Mitbürger!

Das deutsche Volk hat mit Zustimmung aller Regierungen seine Vertreter nach Frankfurt gesandt, um eine Verfassung für ganz Deutschland festzustellen. Das große Werk ist vollendet und die so lange ang strebte Einheit unseres großen Vaterlandes unter dem Schirme der, die Freiheit des Volkes schützenden Institutionen, angebahnt.

Dreißig Regierungen haben die Reichsverfassung als rechtsgültiges Grundgesetz anerkannt; die preußische Volkskammer hat dasselbe ausgesprochen, dennoch stößt das preußische Ministerium die Reichsverfassung zurück und stärkt die noch widerspenstigen Regierungen in ihrem Widerstande.

Rheinländer, Westfalen!!

auf Euch sind zunächst die Blicke aller deutschen Brüder gerichtet, ermannt Euch, zeiget, daß Ihr würdig seid, Bürger eines einigen, nach Außen geachteten und nach Innen freien und glücklichen Deutschlands zu werden!

wäre doch für die Weltgeschichte schade. Beim Schluß wird die Versammlung etwas lebhafter, da die Eingänge sehr eng sind.

Einliegender Antrag, wohl an 20 Mitglieder abgegeben; zum unterzeichnen hatte kein einziger Muth, selbst Hr. Hagen nicht.

In Erwägung, daß die Nationalversammlung nicht Schuld daran ist, daß sie jetzt Boden im Volk hat, sondern daß die Frechheit der Fürsten daran Schuld;

In Erwägung, daß die Nationalversammlung durch Abgang der österreichischen Deputirten das Volk nicht vertritt;

daß sie die Ehre der Souveränetät des Volks gekränkt durch die Billigung des Mords von Robert Blum;

daß die Majorität, wie sie bisher war, nur als ein politisches Hinderniß im Jahre 1848 dasteht — beschließt die Versammlung, die Mitglieder der Nationalversammlung, die zum Märzverein gehören, aufzufordern, auszutreten und ein neues Parlament nach einem revolutionirten Theile Deutschlands zu berufen.“

15 Hamburg, 5. Mai,

Ueber hiesige Reichskrämerstadt haben Sie lange nichts von mir erfahren; doch kann und darf ich es jetzt nicht unterlassen, das hier gestern erlebte Ereigniß mitzutheilen. Wie Sie wissen, habe ich einen großen Widerwillen vor den personifizirten Kaffe- und Pfeffersäcken, deren Hauptgedanken sich um den Disconto drehen und deren Rechenphysiognomie einen hier auf jeden Tritt anstiert — aber gestern haben diese feilen Krämerseelen nach ihrer Art sich famos gemacht und muß der 4te Mai in den Annalen Hamburgs Epoche machen.

Gestern Mittag, als der größte Theil der hiesigen Krämer noch an der Börse versammelt war, erschienen daselbst Schmerling und Sommaruga, umgeben von der Elite der Staatspapierjuden und geführt von einem gewissen Godefroy, Bruder des sich jetzt in Frankfurt Befindenden, welcher bekanntlich in deutschen Kriegsschiffen macht. Als nun diese noble Gesellschaft die Börse betreten, wurden die beiden östreichischen Vollblutjunker den Hamburgischen Vollblutkaffesäcken durch den edlen Godefroy vorgestellt, wobei dieselbe ruhig fortschritt. Während dessen ging es von Mund zu Mund: „Schmerling ist da! Schmerling ist da!“ und kaum hatte dieser die Mitte der Börse erreicht, so entstand von allen Seiten ein furchtbares Pfeifen und Zischen, unterbrochen nur durch den Ruf: „Hinaus! hinaus!“ Bald rechts, bald links sich wendend, suchten Schmerling und Sommaruga mit ihrer Begleitung einen Ausweg zu gewinnen; aber wohin sie sich wandten, wurden diese Bedauernswerthen von den pfeifenden und zischenden Börsenmännern empfangen und begleitet; vergebens suchte Ehren-Godefroy durch Bitten und Flehen das Mitleid derselben zu erregen, es half Alles nichts — unsere Börsenpfeifer ließen sich nicht irre machen, unerbittlich verfolgten sie die Vollblutgesellschaft, welche es jedenfalls nur der Gegenwart ihrer Damen zu verdanken hat, daß sie nicht durch handgreifliche Demonstrationen aus der Hamburger Börse spedirt wurde. Leichenblaß zogen Schmerling und Sommaruga ab und verließen das von ihnen, nach Behauptung der Krämer, entweihte Heiligthum, begleitet von dem sie verhöhnenden Gelächter und Pfeifen. Die Nachricht, das jene beiden bch innerhalb der Mauern unserer Reichsrepublik befänden, versireitete sich schleunigst, und am Abend, gegen 10 Uhr, hatten sich Tausende von Menschen vor dem Hotel de l'Europe, wo dieselben wohnten, versammelt. Hier ertönte nun eine grauenhafte Katzenmusik oft unterbrochen durch den tausendstimmigen Ruf: „Reichsbandit heraus! Reichsbandit heraus!“ aber es erschien keiner der Herren, denn der vor dem Hause aufgestellte kleine Galgen mochte ihnen wohl eben nicht sehr gefallen. Die beim vorjährigen Niederschießen der Frankfurter Barrikadenkämpfer gezeigte Brutalität dieser beiden Reichsbanditen hatte sich hier in die elendeste und gemeinste Feigheit verwandelt: eine Katzenmusik und ein aus Stangen zusammengebundener Galgen waren hinreichend, um Schmerling, diesen Schlächter von Frankfurt, aus Hamburg zu vertreiben. Vor dem Hause war ein Kommando hiesiger Bürgerwehr aufgestellt, diese nahmen ihr Gewehr beim Fuß und sahen ruhig der dem Reichsbanditen dargebrachten Ehrenbezeugung zu; auch Polizeidiener hatten sich in großer Menge eingefunden, hielten es aber für das Gerathenste, sich ruhig zu verhalten. Auf dem vor dem Hause sich hinziehenden Jungfernstieg bewegte eine große Anzahl Spaziergänger sich auf und ab und hörten der Katzenmusik zu. Von mehreren derselben, namentlich Damen, hörte ich wiederholt die Aeußerung: „Wenn der Heckscher wiederkommt, wird es ihm eben so gehen, wie hier und an der Börse.“ Das Volk aber sagte, indem es auf seinen improvisirten Galgen zeigte: „Hieran gehört Heckscher!“

Schmerling und Sommaruga reis'ten noch in derselben Nacht ab und sollen den Weg nach Holstein eingeschlagen haben, hoffentlich werden die dortigen Bewohner ihnen einen ähnlichen Empfang verbunden mit denselben Ehrenpforten bereiten, und mögen dann die Herren Beseler und die ganze Bande, welche Schleswig-Holstein elendiglich verschachert, es sich zur Warnung dienen lassen.

Französische Republik.
12 Paris, 6. Mai.

Dem Mordanschlag auf Ledru-Rollin steht zur Seite die Verhaftung des als Deputirten vorgeschlagenen Unteroffiziers Boichot vom 7ten Infanterie-Regiment. So geschickt von der demokratischen Partei diese Kandidatur, so ungeschickt so tölpelhaft die von der reaktionären Partei vorgenommene Verhaftung. Die ganze Armee in Paris d. h. Unteroffizier und Soldaten sind auf's höchste entrüstet. Das erste Bataillon vom 7ten Regiment hat sich bereits aufgelehnt gegen seinen Kommandanten, und den Unteroffizier in Freiheit gesetzt. Boichot weigerte sich, aus dem Gefängniß zu gehen; er ward herausgetragen, unter dem Rufe: Nieder mit Changarnier! Der Oberst läßt die Wache heranschreiten, und befiehlt das Bajonett aufzustecken und vorwärts zu marschiren: das Bajonett wird aufgesteckt, aber kein Soldat marschirt vorwärts: sie bleiben stehn, wie ein Mann. Der Oberst läßt 20 Mann aus jeder Kompagnie kommandiren: kein Mann erscheint. Ein Lieutenant läßt die Worte vernehmen: wir wollen die 94er holen um dieses Gesindel zu arretiren. Da kannte der Tumult keine Gränzen mehr; der Lieutenant wird gezwungen, seinen Degen einzustecken; der Kommandant wird auf's schmählichste zugerichtet: sein Waffenrock zerrissen, seine Epauletten auf den Boden geworfen.

Der Oberst richtet nun freundliche Ermahnungen an die Soldaten, und fleht sie an, sich doch in ihre Kasernen zu begeben. Die Soldaten stellen die Bedingung, daß Brichot freigegeben werde. Die Freilassung wird bewilligt, und da erst ward die Ruhe wieder hergestellt. Es war gegen 11 Uhr Abends.

Den andern Tag steht Alles in der größten Aufregung auf. Gruppen bilden sich im Kasernenhofe; die Offiziere suchen die aufgeregten Gemüther zu beruhigen. Um 7 Uhr ruft der Oberst das Bataillon zusammen, läßt ein Carré bilden, und hält eine Anrede im Style „der honetten Republik.“

„Es sind da im Regimente einige Jungens (galopins), die nicht gehört werden dürfen; sie haben schlechte Prinzipien von der Barriere u. s. w.“ Die Soldaten ziehen sich unter allgemeinem Murmeln gegen ihren Obersten zurück.

Die Eliten-Kompagnien werden zur Wache kommandirt im Elyseum bei Bonaparte. Als sie aber vernehmen, daß 5 Voltigeurs in das Militärgefängniß der Abbaye abgeführt werden sollen, weigern sich die Kompagnien zu marschiren, und erklären ganz laut, daß sie ohne ihre Kameraden, die Voltigeurs, nicht auf die Wache ziehen werden. Der Kommandant in der Verzweiflung läßt die Voltigeurs frei.

Die größte Aufregung herrscht unter den Soldaten. Barrot mit seiner olympischen Stirne schaut heiter darein, aber das Ungewitter naht von allen Seiten heran, und die Begebenheiten im Auslande, in Ungarn, in Sachsen u. s. w. tragen nicht wenig dazu bei, der Bourgeoisie den Kopf wirre zu machen. Die 3- u. 5prozentigen sind im Weichen!

Paris, 6. Mai.

Der Moniteur enthält heute zum ersten Male eine Liste aller Volksvertreter, welche die Sitzung der Nationalversammlung saumselig besuchten.

— Heute Sonntag weder offizielle Börse noch Nationalversammlung. Indessen versichert man im Conferenzsaale daß Carlier abgesetzt worden sei. Diese Absetzung hängt, nach Angabe einer anderen Quelle, mit Aeußerungen zusammen, die sich Carlier bei Gelegenheit der Verhaftung der drei Volksvertreter an der Porte St Demis erlaubt habe.

— Die Staatsanwaltschaft hat die Demokratie Pacifique als erste Verbreiterin des Metternichschen Briefes an Windischgrätz aufgefordert, ihr das Original dieses Aktenstücks vorzulegen, sonst werde man sie als Verläumderin oder Fälscherin strafen. Den Demokraten gegenüber zeigte sich die Staatsanwaltschaft weniger dienstfertig.

— Ein großes Plakat des Seinepräfekten benachrichtigt die Bevölkerung, daß übermorgen (8) die Wahllisten geschlossen werden und am nächsten Sonntag (13) Morgens 8 Uhr die große Wahlschlacht beginne. Jene Wahlschlacht, auf deren Ausgang die europäische Contre-Revolution so große Hoffnungen setzt. Noch acht Tage und ihre Erwartungen sind alle erfüllt!

— Die Gazette des Tribunaux meldet heute die Verhaftung Simon Hibruits, eines Clubbisten von der gefährlichsten Sorte (wie sie sich ausdrückt), den die Standgerichte zu 20jährigem Gefängniß par defaut verurtheilten und dessen die Polizei jetzt erst habhaft wurde. Dieser Hibruit sei das Oberhaupt der Geheimen Gesellschaften les Vengeurs und les Amis de l'Egalité, welche den „Sturz der Gesellschaft“ zum Zweck haben.

Die Schreckensberichte der Gazette des Tribunaux jagen eine solche Angst in die Köpfe der moderirten Journalredaktoren, wenn sie überhaupt Köpfe haben, daß die Delammierresche „Patrie“ heute die Bildung einer Association aller Geranten, Redaktoren, Administratoren etc. der moderirten Presse anzeigt.

Die Association führt den Titel: „Auf Leben und Tod!“

Italien.
*

La Révolution marche en Italie! Wir haben gestern eine Nachricht aus Paris mitgetheilt, wonach das Gouvernement wichtige Depeschen erhalten haben sollte, welche die Natur der französischen Expedition wesentlich ändern dürften. Die offiziellen Pariser Blätter schweigen auch heute über die Expedition, wie sie überhaupt seit dem Ausschiffen der Truppen in Civita-Vecchia keine offiziellen Nachrichten mehr brachten. Die Berichte, welche wir dagegen übereinstimmend von verschiedenen andern Seiten erhalten, geben uns bereits hinlänglichen Aufschluß über die geheimen Regierungsdepeschen und die Resultate des glorreichen Mondkälber-Kreuzzuges.

Das Erste, was selbst von dem Journal des Debats bestätigt wird, ist die Gewißheit von der Lügenhaftigkeit aller jener Ordnungsgerüchte, welche wie Hr. Levi Schmuhl in der Köln. Ztg. die französischen Truppen bereits in Rom einziehen ließen.

Oudinot war allerdings bereits von Civita-Vecchia aufgebrochen. Aber „Anzeichen von Unruhen“, wie es nach der „Sentinelle“ von Toulon scheint, nöthigten den Expeditionsgeneral, in seinem Zuge einzuhalten; 400 Mann der römischen Garnison und nach andern Berichten das ganze Bataillon Melara, welches zur Vertheidigung der Festung abgesendet war, sind entwaffnet worden. Gleichzeitig war der Marsch der Franzosen durch Verbrennen einer Brücke aufgehalten worden.

Nach einer römischen Correspondenz vom 26sten in dem „Nazionale“ bereitet sich die römische Republik, statt aller Unterhandlung, zur Vertreibung der Gewalt durch Gewalt vor. Die Constituante hat die französischen Truppen für vogelfrei erklärt; das Volk durchzieht mit dem Rufe: „Tod den Franzosen! Es lebe die römische Republik!“ die Straßen; die Stadt ist verbarrikadirt, und die Transteveriner, welche durch ihre Lage die Franzosen vor den Vorstädten auf dem rechten Tiberufer zunächst aufhalten können, haben sich zum ersten Angriff bereit erklärt.

Der betreffende Brief des „Nazionale“ lautet:

„Die Constituante hat nach den Mittheilungen des Triumvirats demselben die Sorge für Rettung der Republik und Vertreibung der Gewalt durch Gewalt übertragen.

„Ein Dekret der Triumvirn verbietet Flugblätter, Anschläge und andere Mittel zur Verbreitung unbestätigter Neuigkeiten.

„(5 Uhr.) Die Stadt ist festlich und voll Freude. Jedermann bereitet sich zur Vertheidigung der Republik vor. Das Volk zieht mit dem Ruf: „Tod den Franzosen! Es lebe die römische Republik!“ durch die Straßen. Man hat das Gerücht verbreitet, daß die Franzosen die Cholera mit sich brächten. Der Saal der Assemblée ist vom Volk überfüllt, und ein einmüthiger Jubel hat die Verkündigung des Dekretes begleitet, wonach die Deputirten die französische Armee außerhalb des Gesetzes erklären. Alle Welt arbeitet an Verfertigung von Patronen. Ein Dekret der Triumvirn verordnet, daß alle Pferde der Comarca (Gegend von Ancona) zur Verfügung der Regierung gestellt werden sollen; kurz, es werden alle Vorbereitungen zu dem energischsten Widerstand getroffen. Es ist indeß schwer zu glauben, daß die französischen Republikaner die Sache so zum Aeußersten kommen lassen und zum Bombardement gegen die römische Republik schreiten sollten. Die Bäcker schaffen ungeheure Vorräthe an. An der Seite des Thor's von Civita-Veechia hat man bereits mit Errichtung von Barrikaden begonnen, und ist im Gange den Ponto Molle außerhalb der Porta del Popolo zu unterminiren, da man von hier den Hauptangriff der Franzosen erwartet. Alt und Jung schwört sich zu vertheidigen und die Waffen zu ergreifen. Ciceroracchio hat die Versicherung gebracht, daß alle Transteveriner zum Angriff auf die Franzosen bereit seien.

„(7 Uhr.) Wir erwarten von einem Augenblick zum andern die Ankunft Rusconi's. Alles bereitet sich zur Vertheidigung. Die Barrikaden erheben sich wie mit Zauberschlag. Der geheime Viadukt zwischen dem Vatikan und der Engelsburg ist zerstört worden, um weitere Materialien zur Fortsetzung des Vertheidigungswerkes zu erhalten. — Soeben ist Rusconi eingetroffen. Ich muß wegen Schluß der Post die näheren Mittheilungen versparen.“

Die Römer sind übrigens vortrefflich mit Munition und Waffen versehen. Außer den bekannten Namen Mazzini, Avezzana, Garibaldi, haben sie noch namhafte polnische und deutsche Führer, darunter einen früheren Adjutanten Bem's aus Wien. Die honette Pariser Presse versäumt nicht, bei dieser Gelegenheit voll Wuth in das bekannte Lied einzustimmen, welches schon die Polizeikastraten einer „uns benachbarten Zeitung“ während der Belagerung Wien's sangen, daß nämlich der ehrbare Kern der Bevölkerung nichts mit diesen Anstalten zu thun habe, und der Kampf nur durch den „revolutionären Auswurf aller Nationen fortgeführt werde.

Der Cercolo popolare hat einen Sicherheitsausschuß erwählt. Aus seinem Schoos ging zuerst das Gerücht hervor, daß die Franzosen die Cholera mit sich brächten.

Nach der „Revolution democratique et sociale“ sollen die geheimnißvollen telegraphischen Regierungsdepeschen die Nachricht enthalten, daß die franz. Truppen vor Rom eine erste schwere Niederlage erlitten hätten. Wir halten diese Nachricht für voreilig, glauben aber vielmehr, daß die Soldaten der französischen Republik bei dem jetzt unzweifelhaften Widerstand der römischen Republikaner die Prophezeiung Ledru-Rollin's wahr machen und ihre Führer selbst zum Rückzuge zwingen werden. Der Magistrat von Rom hat bereits folgende Proklamation an die französischen Expeditionstruppen gerichtet:

„Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Bürger, man hat euch schmachvoll getäuscht, als man euch sagte, daß eure Anwesenheit auf dem Gebiete der römischen Republik zur Herstellung der Ordnung nöthig sei. Die vollkommenste Ordnung herrscht unter uns. Eure Anwesenheit wäre unnütz in diesem Zweck. Wir aber, wir würden uns im Angesicht Europa's entehren und selbst in euren Augen den Vorwurf der Feigheit verdienen, wenn wir zögerten, unser Land zu vertheidigen.

„Ja, wir lieben Frankreich, aber wir würden unsern Sympathieen Schweigen gebieten und uns bis auf den letzten Mann gegen euch schlagen, wenn ihr uns zur Vertheidigung unserer Rechte, zur Vertheidigung unserer Regierung zwingen solltet, welche wie die eurige aus dem allgemeinen Stimmrecht hervorgegangen ist.

„Franzosen, wir können jedoch nicht glauben, daß ihr unter der republikanischen Fahne gegen eine Fahne ziehen wolltet, die keine andere als die eurige ist! Wir können nicht glauben, daß ihr den 5. Artikel der Konstitution zu verletzen kommt, die ihr euch selbst gegeben habt? Republikaner, wir können nicht glauben, daß ihr eure republikanischen Brüder niederzukartätschen kommt. Es lebe die Republik!“

Auch die in Rom lebenden Franzosen haben eine Proklamation in ähnlichem Sinne erlassen.

* Turin, 1. Mai.

Nach Korrespondenzen in französischen Blättern von vorstehendem Datum nimmt die Erbitterung in den lombardischen Städten in einer Weise überhand, welche binnen kurzem auf einen neuen Ausbruch schließen läßt.

068 Turin, 30 April,

Die „Democrazia Italiana“, das beste hier erscheinende Blatt ist jetzt zum 4ten Mal seit 14 Tagen mit Beschlag belegt worden. Die Regierungsgewalt hat es längst auf den Untergang dieses Organes der demokratischen Partei abgesehen. Die Reaktion ist überall in vollem Gange; Oestreichs Wünsche werden in dieser Hinsicht auf's Zuvorkommendste erfüllt. In Genua schaltet La Marmora en miniature, wie seine Standrechtsvorbilder Welden, Wrangel etc. in Deutschland. Das jetzige Ministerium erklärte bald nach der durch piemontesischen Verrath herbeigeführten Niederlage von Novara, daß der Verlust der Piemontesen sehr bedeutend gewesen, deshalb sei der Abschluß eines Waffenstillstandes und weiterhin des Friedens nothwendig geworden. Jetzt hat es die Unverschämtheit, in seiner offiziellen Zusammenstellung die Verluste an Todten und Verwundeten in der Schlacht von Novara sehr niedrig anzugeben. Dieser Eine Zug charakterisirt das Ministerium Delaunay-Pinelli zur Genüge.

In Aleggio hat man eine kuriose Entdeckung gemacht. Der dort stationirte östreichische Major wie der Kapitän sind als 2 Jesuiten erkannt worden, die vor Vertreibung der Jesuiten aus Sardinien öfters mit Zöglingen ihres Instituts zu Ferienbesuchen dort waren.

Ungarn.
068

Die „A. A. Z.“ läßt sich aus Wien schreiben: In Debreczin wurde ein neues Ministerium ernannt: Kossuth Präsident, Graf Casimir Bathyany Kriegsminister, Szemere Minister des Innern, Baron Sigismund Perenyi der Justiz, Duschek der Finanzen, Hajnik Chef der Polizei. Alle Magnaten wurden, unter Androhung der Confiskation ihrer Güter, aufgefordert bis zum 10. Mai beim Landtag zu erscheinen. (Am 20. April sollen nur 35 Magnaten in Debreczin gewesen sein.) Zugleich wurde eine Aushebung von 100,000 Mann decretirt.

Zwei einflußreiche Mitglieder des bisherigen Landesvertheidigungsausschusses, Madaraß und Csernatoni, sind, der Unterschlagung öffentlicher Gelder beschuldigt, durch das neue Ministerium verhaftet worden, welches Eugen Beöthy als ungarischen Gesandten nach Constantinopel gesendet haben soll, um die Hülfe der Türken gegen die Russen in Anspruch zu nehmen.

Großbritannien.
* London, 5. Mai.

Der bisherige Eisenbahnkönig Hudson, der sich durch Eisenbahn-Spekulationen in kurzer Zeit ein Vermögen von vielen Millionen zusammengebracht, hat jetzt, wegen Entdeckung der an den Actionären mehrerer Eisenbahnen verübten Betrügereien seine Stelle als Director der „York-Newcastle-Berwick-Eisenbahn“ aufgeben müssen und wird sehr bald genöthigt sein, auch in Betreff der übrigen Eisenbahnen, bei deren Verwaltung er bisher betheiligt war, seine Aemter niederzulegen. Diese bewunderte Größe der frommen englischen Bourgeoisie fängt an, eine sehr klägliche Rolle zu spielen. Hudson tröstet sich mit den Millionen, die er im Sacke hat.

Virtus post nummos! Das heißt ein moralischer Bourgeois, der äußerlich mit größter Entrüstung über die Verdorbenheit der arbeitenden Klasse zu peroriren pflegt, heimlich aber größere Spitzbubereien begeht, als irgend Einer der zu lebenslänglicher Deportation Verurtheilten.

Redakteur en chef Karl Marx.
Erklärung.

Der Kölner Turnverein, als Vorort des mittelrheinischen Bezirksvereins des deutschen Turnerbundes, erklärt hiermit für sich und im Namen der mit verbundenen Turnvereine zu Düsseldorf, Düren, Dortmund, Euskirchen, Kreutznach, Neuwied und Trier, daß er die von der verfassungsgebenden Versammlung zu Frankfurt beschlossene und verkündigte Reichsverfassung als zu Recht bestehend anerkennt, und mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zu vertheidigen entschlossen ist.

Köln, den 7. Mai 1849.

Mitbürger!

Das deutsche Volk hat mit Zustimmung aller Regierungen seine Vertreter nach Frankfurt gesandt, um eine Verfassung für ganz Deutschland festzustellen. Das große Werk ist vollendet und die so lange ang strebte Einheit unseres großen Vaterlandes unter dem Schirme der, die Freiheit des Volkes schützenden Institutionen, angebahnt.

Dreißig Regierungen haben die Reichsverfassung als rechtsgültiges Grundgesetz anerkannt; die preußische Volkskammer hat dasselbe ausgesprochen, dennoch stößt das preußische Ministerium die Reichsverfassung zurück und stärkt die noch widerspenstigen Regierungen in ihrem Widerstande.

Rheinländer, Westfalen!!

auf Euch sind zunächst die Blicke aller deutschen Brüder gerichtet, ermannt Euch, zeiget, daß Ihr würdig seid, Bürger eines einigen, nach Außen geachteten und nach Innen freien und glücklichen Deutschlands zu werden!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div xml:id="ar293_018" type="jArticle">
          <p><pb facs="#f0003" n="1663"/>
wäre doch für die Weltgeschichte schade. Beim Schluß wird die Versammlung etwas lebhafter, da die Eingänge sehr eng sind.</p>
          <p>Einliegender Antrag, wohl an 20 Mitglieder abgegeben; zum unterzeichnen hatte kein einziger Muth, selbst Hr. Hagen nicht.</p>
          <p>In Erwägung, daß die Nationalversammlung nicht Schuld daran ist, daß sie jetzt Boden im Volk hat, sondern daß die Frechheit der Fürsten daran Schuld;</p>
          <p>In Erwägung, daß die Nationalversammlung durch Abgang der österreichischen Deputirten das Volk nicht vertritt;</p>
          <p>daß sie die Ehre der Souveränetät des Volks gekränkt durch die Billigung des Mords von Robert Blum;</p>
          <p>daß die Majorität, wie sie bisher war, nur als ein politisches Hinderniß im Jahre 1848 dasteht &#x2014; beschließt die Versammlung, die Mitglieder der Nationalversammlung, die zum Märzverein gehören, aufzufordern, auszutreten und ein neues Parlament nach einem revolutionirten Theile Deutschlands zu berufen.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar293_019" type="jArticle">
          <head><bibl><author>15</author></bibl> Hamburg, 5. Mai,</head>
          <p>Ueber hiesige Reichskrämerstadt haben Sie lange nichts von mir erfahren; doch kann und darf ich es jetzt nicht unterlassen, das hier gestern erlebte Ereigniß mitzutheilen. Wie Sie wissen, habe ich einen großen Widerwillen vor den personifizirten Kaffe- und Pfeffersäcken, deren Hauptgedanken sich um den Disconto drehen und deren Rechenphysiognomie einen hier auf jeden Tritt anstiert &#x2014; aber gestern haben diese feilen Krämerseelen nach ihrer Art sich famos gemacht und muß der 4te Mai in den Annalen Hamburgs Epoche machen.</p>
          <p>Gestern Mittag, als der größte Theil der hiesigen Krämer noch an der Börse versammelt war, erschienen daselbst Schmerling und Sommaruga, umgeben von der Elite der Staatspapierjuden und geführt von einem gewissen Godefroy, Bruder des sich jetzt in Frankfurt Befindenden, welcher bekanntlich in deutschen Kriegsschiffen macht. Als nun diese noble Gesellschaft die Börse betreten, wurden die beiden östreichischen Vollblutjunker den Hamburgischen Vollblutkaffesäcken durch den edlen Godefroy vorgestellt, wobei dieselbe ruhig fortschritt. Während dessen ging es von Mund zu Mund: &#x201E;Schmerling ist da! Schmerling ist da!&#x201C; und kaum hatte dieser die Mitte der Börse erreicht, so entstand von allen Seiten ein furchtbares Pfeifen und Zischen, unterbrochen nur durch den Ruf: &#x201E;Hinaus! hinaus!&#x201C; Bald rechts, bald links sich wendend, suchten Schmerling und Sommaruga mit ihrer Begleitung einen Ausweg zu gewinnen; aber wohin sie sich wandten, wurden diese Bedauernswerthen von den pfeifenden und zischenden Börsenmännern empfangen und begleitet; vergebens suchte Ehren-Godefroy durch Bitten und Flehen das Mitleid derselben zu erregen, es half Alles nichts &#x2014; unsere Börsenpfeifer ließen sich nicht irre machen, unerbittlich verfolgten sie die Vollblutgesellschaft, welche es jedenfalls nur der Gegenwart ihrer Damen zu verdanken hat, daß sie nicht durch handgreifliche Demonstrationen aus der Hamburger Börse spedirt wurde. Leichenblaß zogen Schmerling und Sommaruga ab und verließen das von ihnen, nach Behauptung der Krämer, entweihte Heiligthum, begleitet von dem sie verhöhnenden Gelächter und Pfeifen. Die Nachricht, das jene beiden bch innerhalb der Mauern unserer Reichsrepublik befänden, versireitete sich schleunigst, und am Abend, gegen 10 Uhr, hatten sich Tausende von Menschen vor dem Hotel de l'Europe, wo dieselben wohnten, versammelt. Hier ertönte nun eine grauenhafte Katzenmusik oft unterbrochen durch den tausendstimmigen Ruf: &#x201E;<hi rendition="#g">Reichsbandit heraus! Reichsbandit heraus!</hi>&#x201C; aber es erschien keiner der Herren, denn der vor dem Hause aufgestellte kleine Galgen mochte ihnen wohl eben nicht sehr gefallen. Die beim vorjährigen Niederschießen der Frankfurter Barrikadenkämpfer gezeigte Brutalität dieser beiden Reichsbanditen hatte sich hier in die elendeste und gemeinste Feigheit verwandelt: eine Katzenmusik und ein aus Stangen zusammengebundener Galgen waren hinreichend, um Schmerling, diesen Schlächter von Frankfurt, aus Hamburg zu vertreiben. Vor dem Hause war ein Kommando hiesiger Bürgerwehr aufgestellt, diese nahmen ihr Gewehr beim Fuß und sahen ruhig der dem Reichsbanditen dargebrachten Ehrenbezeugung zu; auch Polizeidiener hatten sich in großer Menge eingefunden, hielten es aber für das Gerathenste, sich ruhig zu verhalten. Auf dem vor dem Hause sich hinziehenden Jungfernstieg bewegte eine große Anzahl Spaziergänger sich auf und ab und hörten der Katzenmusik zu. Von mehreren derselben, namentlich Damen, hörte ich wiederholt die Aeußerung: &#x201E;<hi rendition="#g">Wenn der Heckscher wiederkommt, wird es ihm eben so gehen, wie hier und an der Börse</hi>.&#x201C; Das Volk aber sagte, indem es auf seinen improvisirten Galgen zeigte: &#x201E;<hi rendition="#g">Hieran gehört Heckscher</hi>!&#x201C;</p>
          <p>Schmerling und Sommaruga reis'ten noch in derselben Nacht ab und sollen den Weg nach Holstein eingeschlagen haben, hoffentlich werden die dortigen Bewohner ihnen einen ähnlichen Empfang verbunden mit denselben Ehrenpforten bereiten, und mögen dann die Herren Beseler und die ganze Bande, welche Schleswig-Holstein elendiglich verschachert, es sich zur Warnung dienen lassen.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Französische Republik.</head>
        <div xml:id="ar293_020" type="jArticle">
          <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 6. Mai.</head>
          <p>Dem Mordanschlag auf Ledru-Rollin steht zur Seite die Verhaftung des als Deputirten vorgeschlagenen Unteroffiziers Boichot vom 7ten Infanterie-Regiment. So geschickt von der demokratischen Partei diese Kandidatur, so ungeschickt so tölpelhaft die von der reaktionären Partei vorgenommene Verhaftung. Die ganze Armee in Paris d. h. Unteroffizier und Soldaten sind auf's höchste entrüstet. Das erste Bataillon vom 7ten Regiment hat sich bereits aufgelehnt gegen seinen Kommandanten, und den Unteroffizier in Freiheit gesetzt. Boichot weigerte sich, aus dem Gefängniß zu gehen; er ward herausgetragen, unter dem Rufe: Nieder mit Changarnier! Der Oberst läßt die Wache heranschreiten, und befiehlt das Bajonett aufzustecken und vorwärts zu marschiren: das Bajonett wird aufgesteckt, aber kein Soldat marschirt vorwärts: sie bleiben stehn, wie ein Mann. Der Oberst läßt 20 Mann aus jeder Kompagnie kommandiren: kein Mann erscheint. Ein Lieutenant läßt die Worte vernehmen: wir wollen die 94er holen um dieses Gesindel zu arretiren. Da kannte der Tumult keine Gränzen mehr; der Lieutenant wird gezwungen, seinen Degen einzustecken; der Kommandant wird auf's schmählichste zugerichtet: sein Waffenrock zerrissen, seine Epauletten auf den Boden geworfen.</p>
          <p>Der Oberst richtet nun freundliche Ermahnungen an die Soldaten, und fleht sie an, sich doch in ihre Kasernen zu begeben. Die Soldaten stellen die Bedingung, daß Brichot freigegeben werde. Die Freilassung wird bewilligt, und da erst ward die Ruhe wieder hergestellt. Es war gegen 11 Uhr Abends.</p>
          <p>Den andern Tag steht Alles in der größten Aufregung auf. Gruppen bilden sich im Kasernenhofe; die Offiziere suchen die aufgeregten Gemüther zu beruhigen. Um 7 Uhr ruft der Oberst das Bataillon zusammen, läßt ein Carré bilden, und hält eine Anrede im Style &#x201E;der honetten Republik.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Es sind da im Regimente einige Jungens (galopins), die nicht gehört werden dürfen; sie haben schlechte Prinzipien von der Barriere u. s. w.&#x201C; Die Soldaten ziehen sich unter allgemeinem Murmeln gegen ihren Obersten zurück.</p>
          <p>Die Eliten-Kompagnien werden zur Wache kommandirt im Elyseum bei Bonaparte. Als sie aber vernehmen, daß 5 Voltigeurs in das Militärgefängniß der Abbaye abgeführt werden sollen, weigern sich die Kompagnien zu marschiren, und erklären ganz laut, daß sie ohne ihre Kameraden, die Voltigeurs, nicht auf die Wache ziehen werden. Der Kommandant in der Verzweiflung läßt die Voltigeurs frei.</p>
          <p>Die größte Aufregung herrscht unter den Soldaten. Barrot mit seiner olympischen Stirne schaut heiter darein, aber das Ungewitter naht von allen Seiten heran, und die Begebenheiten im Auslande, in Ungarn, in Sachsen u. s. w. tragen nicht wenig dazu bei, der Bourgeoisie den Kopf wirre zu machen. Die 3- u. 5prozentigen sind im Weichen!</p>
        </div>
        <div xml:id="ar293_021" type="jArticle">
          <head>Paris, 6. Mai.</head>
          <p>Der Moniteur enthält heute zum ersten Male eine Liste aller Volksvertreter, welche die Sitzung der Nationalversammlung saumselig besuchten.</p>
          <p>&#x2014; Heute Sonntag weder offizielle Börse noch Nationalversammlung. Indessen versichert man im Conferenzsaale daß Carlier abgesetzt worden sei. Diese Absetzung hängt, nach Angabe einer anderen Quelle, mit Aeußerungen zusammen, die sich Carlier bei Gelegenheit der Verhaftung der drei Volksvertreter an der Porte St Demis erlaubt habe.</p>
          <p>&#x2014; Die Staatsanwaltschaft hat die Demokratie Pacifique als erste Verbreiterin des Metternichschen Briefes an Windischgrätz aufgefordert, ihr das Original dieses Aktenstücks vorzulegen, sonst werde man sie als Verläumderin oder Fälscherin strafen. Den Demokraten gegenüber zeigte sich die Staatsanwaltschaft weniger dienstfertig.</p>
          <p>&#x2014; Ein großes Plakat des Seinepräfekten benachrichtigt die Bevölkerung, daß übermorgen (8) die Wahllisten geschlossen werden und am nächsten Sonntag (13) Morgens 8 Uhr die große Wahlschlacht beginne. Jene Wahlschlacht, auf deren Ausgang die europäische Contre-Revolution so große Hoffnungen setzt. Noch acht Tage und ihre Erwartungen sind alle erfüllt!</p>
          <p>&#x2014; Die Gazette des Tribunaux meldet heute die Verhaftung Simon Hibruits, eines Clubbisten von der gefährlichsten Sorte (wie sie sich ausdrückt), den die Standgerichte zu 20jährigem Gefängniß par defaut verurtheilten und dessen die Polizei jetzt erst habhaft wurde. Dieser Hibruit sei das Oberhaupt der Geheimen Gesellschaften les Vengeurs und les Amis de l'Egalité, welche den &#x201E;Sturz der Gesellschaft&#x201C; zum Zweck haben.</p>
          <p>Die Schreckensberichte der Gazette des Tribunaux jagen eine solche Angst in die Köpfe der moderirten Journalredaktoren, wenn sie überhaupt Köpfe haben, daß die Delammierresche &#x201E;Patrie&#x201C; heute die Bildung einer Association aller Geranten, Redaktoren, Administratoren etc. der moderirten Presse anzeigt.</p>
          <p>Die Association führt den Titel: &#x201E;Auf Leben und Tod!&#x201C;</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Italien.</head>
        <div xml:id="ar293_022" type="jArticle">
          <head>
            <bibl>
              <author>*</author>
            </bibl>
          </head>
          <p>La Révolution marche en Italie! Wir haben gestern eine Nachricht aus Paris mitgetheilt, wonach das Gouvernement wichtige Depeschen erhalten haben sollte, welche die Natur der französischen Expedition wesentlich ändern dürften. Die offiziellen Pariser Blätter schweigen auch heute über die Expedition, wie sie überhaupt seit dem Ausschiffen der Truppen in Civita-Vecchia keine offiziellen Nachrichten mehr brachten. Die Berichte, welche wir dagegen übereinstimmend von verschiedenen andern Seiten erhalten, geben uns bereits hinlänglichen Aufschluß über die geheimen Regierungsdepeschen und die Resultate des glorreichen Mondkälber-Kreuzzuges.</p>
          <p>Das Erste, was selbst von dem Journal des Debats bestätigt wird, ist die Gewißheit von der <hi rendition="#g">Lügenhaftigkeit aller jener Ordnungsgerüchte,</hi> welche wie Hr. Levi Schmuhl in der Köln. Ztg. die französischen Truppen bereits in Rom einziehen ließen.</p>
          <p>Oudinot war allerdings bereits von Civita-Vecchia aufgebrochen. Aber &#x201E;Anzeichen von Unruhen&#x201C;, wie es nach der &#x201E;Sentinelle&#x201C; von Toulon scheint, nöthigten den Expeditionsgeneral, in seinem Zuge einzuhalten; 400 Mann der römischen Garnison und nach andern Berichten das ganze Bataillon Melara, welches zur Vertheidigung der Festung abgesendet war, sind entwaffnet worden. Gleichzeitig war der Marsch der Franzosen durch Verbrennen einer Brücke aufgehalten worden.</p>
          <p>Nach einer römischen Correspondenz vom 26sten in dem &#x201E;Nazionale&#x201C; bereitet sich die römische Republik, statt aller Unterhandlung, zur <hi rendition="#g">Vertreibung der Gewalt durch Gewalt</hi> vor. <hi rendition="#b">Die Constituante hat die französischen Truppen für vogelfrei erklärt; das Volk durchzieht mit dem Rufe: &#x201E;Tod den Franzosen! Es lebe die römische Republik!&#x201C; die Straßen; die Stadt ist verbarrikadirt, und die Transteveriner,</hi> <hi rendition="#g">welche durch ihre Lage die Franzosen vor den Vorstädten auf dem rechten Tiberufer zunächst aufhalten können,</hi> <hi rendition="#b">haben sich zum ersten Angriff bereit erklärt.</hi> </p>
          <p>Der betreffende Brief des &#x201E;Nazionale&#x201C; lautet:</p>
          <p>&#x201E;Die Constituante hat nach den Mittheilungen des Triumvirats demselben die Sorge für Rettung der Republik und Vertreibung der Gewalt durch Gewalt übertragen.</p>
          <p>&#x201E;Ein Dekret der Triumvirn verbietet Flugblätter, Anschläge und andere Mittel zur Verbreitung unbestätigter Neuigkeiten.</p>
          <p>&#x201E;(5 Uhr.) Die Stadt ist festlich und voll Freude. Jedermann bereitet sich zur Vertheidigung der Republik vor. Das Volk zieht mit dem Ruf: &#x201E;Tod den Franzosen! Es lebe die römische Republik!&#x201C; durch die Straßen. Man hat das Gerücht verbreitet, daß die Franzosen die Cholera mit sich brächten. Der Saal der Assemblée ist vom Volk überfüllt, und ein einmüthiger Jubel hat die Verkündigung des Dekretes begleitet, wonach die Deputirten die französische Armee <hi rendition="#g">außerhalb des Gesetzes</hi> erklären. Alle Welt arbeitet an Verfertigung von Patronen. Ein Dekret der Triumvirn verordnet, daß alle Pferde der Comarca (Gegend von Ancona) zur Verfügung der Regierung gestellt werden sollen; kurz, es werden alle Vorbereitungen zu dem energischsten Widerstand getroffen. Es ist indeß schwer zu glauben, daß die französischen Republikaner die Sache so zum Aeußersten kommen lassen und zum Bombardement gegen die römische Republik schreiten sollten. Die Bäcker schaffen ungeheure Vorräthe an. An der Seite des Thor's von Civita-Veechia hat man bereits mit Errichtung von Barrikaden begonnen, und ist im Gange den Ponto Molle außerhalb der Porta del Popolo zu unterminiren, da man von hier den Hauptangriff der Franzosen erwartet. Alt und Jung schwört sich zu vertheidigen und die Waffen zu ergreifen. Ciceroracchio hat die Versicherung gebracht, daß alle Transteveriner zum Angriff auf die Franzosen bereit seien.</p>
          <p>&#x201E;(7 Uhr.) Wir erwarten von einem Augenblick zum andern die Ankunft Rusconi's. Alles bereitet sich zur Vertheidigung. Die Barrikaden erheben sich wie mit Zauberschlag. Der geheime Viadukt zwischen dem Vatikan und der Engelsburg ist zerstört worden, um weitere Materialien zur Fortsetzung des Vertheidigungswerkes zu erhalten. &#x2014; Soeben ist Rusconi eingetroffen. Ich muß wegen Schluß der Post die näheren Mittheilungen versparen.&#x201C;</p>
          <p>Die Römer sind übrigens vortrefflich mit Munition und Waffen versehen. Außer den bekannten Namen Mazzini, Avezzana, Garibaldi, haben sie noch namhafte polnische und deutsche Führer, darunter einen früheren Adjutanten Bem's aus Wien. Die honette Pariser Presse versäumt nicht, bei dieser Gelegenheit voll Wuth in das bekannte Lied einzustimmen, welches schon die Polizeikastraten einer &#x201E;uns benachbarten Zeitung&#x201C; während der Belagerung Wien's sangen, daß nämlich der ehrbare Kern der Bevölkerung nichts mit diesen Anstalten zu thun habe, und der Kampf nur durch den &#x201E;revolutionären Auswurf aller Nationen fortgeführt werde.</p>
          <p>Der Cercolo popolare hat einen Sicherheitsausschuß erwählt. Aus seinem Schoos ging zuerst das Gerücht hervor, daß die Franzosen die Cholera mit sich brächten.</p>
          <p>Nach der &#x201E;Revolution democratique et sociale&#x201C; sollen die geheimnißvollen telegraphischen Regierungsdepeschen die Nachricht enthalten, daß die franz. Truppen vor Rom eine <hi rendition="#g">erste schwere Niederlage</hi> erlitten hätten. Wir halten diese Nachricht für voreilig, glauben aber vielmehr, daß die Soldaten der französischen Republik bei dem jetzt unzweifelhaften Widerstand der römischen Republikaner die Prophezeiung Ledru-Rollin's wahr machen und ihre Führer selbst zum Rückzuge zwingen werden. Der Magistrat von Rom hat bereits folgende Proklamation an die französischen Expeditionstruppen gerichtet:</p>
          <p>&#x201E;Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Bürger, man hat euch schmachvoll getäuscht, als man euch sagte, daß eure Anwesenheit auf dem Gebiete der römischen Republik zur Herstellung der Ordnung nöthig sei. Die vollkommenste Ordnung herrscht unter uns. Eure Anwesenheit wäre unnütz in diesem Zweck. Wir aber, wir würden uns im Angesicht Europa's entehren und selbst in euren Augen den Vorwurf der Feigheit verdienen, wenn wir zögerten, unser Land zu vertheidigen.</p>
          <p>&#x201E;Ja, wir lieben Frankreich, aber wir würden unsern Sympathieen Schweigen gebieten und uns bis auf den letzten Mann gegen euch schlagen, wenn ihr uns zur Vertheidigung unserer Rechte, zur Vertheidigung unserer Regierung zwingen solltet, welche wie die eurige aus dem allgemeinen Stimmrecht hervorgegangen ist.</p>
          <p>&#x201E;Franzosen, wir können jedoch nicht glauben, daß ihr unter der republikanischen Fahne gegen eine Fahne ziehen wolltet, die keine andere als die eurige ist! Wir können nicht glauben, daß ihr den 5. Artikel der Konstitution zu verletzen kommt, die ihr euch selbst gegeben habt? Republikaner, wir können nicht glauben, daß ihr eure republikanischen Brüder niederzukartätschen kommt. <hi rendition="#g">Es lebe die Republik</hi>!&#x201C;</p>
          <p>Auch die in Rom lebenden Franzosen haben eine Proklamation in ähnlichem Sinne erlassen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar293_023" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Turin, 1. Mai.</head>
          <p>Nach Korrespondenzen in französischen Blättern von vorstehendem Datum nimmt die Erbitterung in den lombardischen Städten in einer Weise überhand, welche binnen kurzem auf einen neuen Ausbruch schließen läßt.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar293_024" type="jArticle">
          <head><bibl><author>068</author></bibl> Turin, 30 April,</head>
          <p>Die &#x201E;Democrazia Italiana&#x201C;, das beste hier erscheinende Blatt ist jetzt zum 4ten Mal seit 14 Tagen mit Beschlag belegt worden. Die Regierungsgewalt hat es längst auf den Untergang dieses Organes der demokratischen Partei abgesehen. Die Reaktion ist überall in vollem Gange; Oestreichs Wünsche werden in dieser Hinsicht auf's Zuvorkommendste erfüllt. In Genua schaltet La Marmora en miniature, wie seine Standrechtsvorbilder Welden, Wrangel etc. in Deutschland. Das jetzige Ministerium erklärte bald nach der durch piemontesischen Verrath herbeigeführten Niederlage von Novara, daß der Verlust der Piemontesen sehr bedeutend gewesen, deshalb sei der Abschluß eines Waffenstillstandes und weiterhin des Friedens nothwendig geworden. Jetzt hat es die Unverschämtheit, in seiner offiziellen Zusammenstellung die Verluste an Todten und Verwundeten in der Schlacht von Novara sehr niedrig anzugeben. Dieser Eine Zug charakterisirt das Ministerium Delaunay-Pinelli zur Genüge.</p>
          <p>In Aleggio hat man eine kuriose Entdeckung gemacht. Der dort stationirte östreichische Major wie der Kapitän sind als 2 Jesuiten erkannt worden, die vor Vertreibung der Jesuiten aus Sardinien öfters mit Zöglingen ihres Instituts zu Ferienbesuchen dort waren.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Ungarn.</head>
        <div xml:id="ar293_025" type="jArticle">
          <head>
            <bibl>
              <author>068</author>
            </bibl>
          </head>
          <p>Die &#x201E;A. A. Z.&#x201C; läßt sich aus Wien schreiben: In Debreczin wurde ein neues Ministerium ernannt: Kossuth Präsident, Graf Casimir Bathyany Kriegsminister, Szemere Minister des Innern, Baron Sigismund Perenyi der Justiz, Duschek der Finanzen, Hajnik Chef der Polizei. Alle Magnaten wurden, unter Androhung der Confiskation ihrer Güter, aufgefordert bis zum 10. Mai beim Landtag zu erscheinen. (Am 20. April sollen nur 35 Magnaten in Debreczin gewesen sein.) Zugleich wurde eine Aushebung von 100,000 Mann decretirt.</p>
          <p>Zwei einflußreiche Mitglieder des bisherigen Landesvertheidigungsausschusses, Madaraß und Csernatoni, sind, der Unterschlagung öffentlicher Gelder beschuldigt, durch das neue Ministerium verhaftet worden, welches Eugen Beöthy als ungarischen Gesandten nach Constantinopel gesendet haben soll, um die Hülfe der Türken gegen die Russen in Anspruch zu nehmen.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Großbritannien.</head>
        <div xml:id="ar293_026" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 5. Mai.</head>
          <p>Der bisherige Eisenbahnkönig <hi rendition="#g">Hudson</hi>, der sich durch Eisenbahn-Spekulationen in kurzer Zeit ein Vermögen von vielen Millionen zusammengebracht, hat jetzt, wegen Entdeckung der an den Actionären mehrerer Eisenbahnen verübten Betrügereien seine Stelle als Director der &#x201E;York-Newcastle-Berwick-Eisenbahn&#x201C; aufgeben müssen und wird sehr bald genöthigt sein, auch in Betreff der übrigen Eisenbahnen, bei deren Verwaltung er bisher betheiligt war, seine Aemter niederzulegen. Diese bewunderte Größe der frommen englischen Bourgeoisie fängt an, eine sehr klägliche Rolle zu spielen. Hudson tröstet sich mit den Millionen, die er im Sacke hat.</p>
          <p>Virtus post nummos! Das heißt ein moralischer Bourgeois, der äußerlich mit größter Entrüstung über die Verdorbenheit der arbeitenden Klasse zu peroriren pflegt, heimlich aber größere Spitzbubereien begeht, als irgend Einer der zu lebenslänglicher Deportation Verurtheilten.</p>
        </div>
      </div>
      <div>
        <bibl>Redakteur en chef <editor>Karl Marx.</editor>             </bibl>
      </div>
      <div type="jReadersLetters" n="1">
        <div xml:id="ar293_029" type="jArticle">
          <head>Erklärung.</head>
          <p>Der Kölner Turnverein, als Vorort des mittelrheinischen Bezirksvereins des deutschen Turnerbundes, erklärt hiermit für sich und im Namen der mit verbundenen Turnvereine zu Düsseldorf, Düren, Dortmund, Euskirchen, Kreutznach, Neuwied und Trier, daß er die von der verfassungsgebenden Versammlung zu Frankfurt beschlossene und verkündigte Reichsverfassung als zu Recht bestehend anerkennt, und mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zu vertheidigen entschlossen ist.</p>
          <p>Köln, den 7. Mai 1849.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar293_030" type="jArticle">
          <p>Mitbürger!</p>
          <p>Das deutsche Volk hat mit Zustimmung aller Regierungen seine Vertreter nach Frankfurt gesandt, um eine Verfassung für ganz Deutschland festzustellen. Das große Werk ist vollendet und die so lange ang strebte Einheit unseres großen Vaterlandes unter dem Schirme der, die Freiheit des Volkes schützenden Institutionen, angebahnt.</p>
          <p>Dreißig Regierungen haben die Reichsverfassung als rechtsgültiges Grundgesetz anerkannt; die preußische Volkskammer hat dasselbe ausgesprochen, dennoch stößt das preußische Ministerium die Reichsverfassung zurück und stärkt die noch widerspenstigen Regierungen in ihrem Widerstande.</p>
          <p>Rheinländer, Westfalen!!</p>
          <p>auf Euch sind zunächst die Blicke aller deutschen Brüder gerichtet, ermannt Euch, zeiget, daß Ihr würdig seid, Bürger eines einigen, nach Außen geachteten und nach Innen freien und glücklichen Deutschlands zu werden!</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1663/0003] wäre doch für die Weltgeschichte schade. Beim Schluß wird die Versammlung etwas lebhafter, da die Eingänge sehr eng sind. Einliegender Antrag, wohl an 20 Mitglieder abgegeben; zum unterzeichnen hatte kein einziger Muth, selbst Hr. Hagen nicht. In Erwägung, daß die Nationalversammlung nicht Schuld daran ist, daß sie jetzt Boden im Volk hat, sondern daß die Frechheit der Fürsten daran Schuld; In Erwägung, daß die Nationalversammlung durch Abgang der österreichischen Deputirten das Volk nicht vertritt; daß sie die Ehre der Souveränetät des Volks gekränkt durch die Billigung des Mords von Robert Blum; daß die Majorität, wie sie bisher war, nur als ein politisches Hinderniß im Jahre 1848 dasteht — beschließt die Versammlung, die Mitglieder der Nationalversammlung, die zum Märzverein gehören, aufzufordern, auszutreten und ein neues Parlament nach einem revolutionirten Theile Deutschlands zu berufen.“ 15 Hamburg, 5. Mai, Ueber hiesige Reichskrämerstadt haben Sie lange nichts von mir erfahren; doch kann und darf ich es jetzt nicht unterlassen, das hier gestern erlebte Ereigniß mitzutheilen. Wie Sie wissen, habe ich einen großen Widerwillen vor den personifizirten Kaffe- und Pfeffersäcken, deren Hauptgedanken sich um den Disconto drehen und deren Rechenphysiognomie einen hier auf jeden Tritt anstiert — aber gestern haben diese feilen Krämerseelen nach ihrer Art sich famos gemacht und muß der 4te Mai in den Annalen Hamburgs Epoche machen. Gestern Mittag, als der größte Theil der hiesigen Krämer noch an der Börse versammelt war, erschienen daselbst Schmerling und Sommaruga, umgeben von der Elite der Staatspapierjuden und geführt von einem gewissen Godefroy, Bruder des sich jetzt in Frankfurt Befindenden, welcher bekanntlich in deutschen Kriegsschiffen macht. Als nun diese noble Gesellschaft die Börse betreten, wurden die beiden östreichischen Vollblutjunker den Hamburgischen Vollblutkaffesäcken durch den edlen Godefroy vorgestellt, wobei dieselbe ruhig fortschritt. Während dessen ging es von Mund zu Mund: „Schmerling ist da! Schmerling ist da!“ und kaum hatte dieser die Mitte der Börse erreicht, so entstand von allen Seiten ein furchtbares Pfeifen und Zischen, unterbrochen nur durch den Ruf: „Hinaus! hinaus!“ Bald rechts, bald links sich wendend, suchten Schmerling und Sommaruga mit ihrer Begleitung einen Ausweg zu gewinnen; aber wohin sie sich wandten, wurden diese Bedauernswerthen von den pfeifenden und zischenden Börsenmännern empfangen und begleitet; vergebens suchte Ehren-Godefroy durch Bitten und Flehen das Mitleid derselben zu erregen, es half Alles nichts — unsere Börsenpfeifer ließen sich nicht irre machen, unerbittlich verfolgten sie die Vollblutgesellschaft, welche es jedenfalls nur der Gegenwart ihrer Damen zu verdanken hat, daß sie nicht durch handgreifliche Demonstrationen aus der Hamburger Börse spedirt wurde. Leichenblaß zogen Schmerling und Sommaruga ab und verließen das von ihnen, nach Behauptung der Krämer, entweihte Heiligthum, begleitet von dem sie verhöhnenden Gelächter und Pfeifen. Die Nachricht, das jene beiden bch innerhalb der Mauern unserer Reichsrepublik befänden, versireitete sich schleunigst, und am Abend, gegen 10 Uhr, hatten sich Tausende von Menschen vor dem Hotel de l'Europe, wo dieselben wohnten, versammelt. Hier ertönte nun eine grauenhafte Katzenmusik oft unterbrochen durch den tausendstimmigen Ruf: „Reichsbandit heraus! Reichsbandit heraus!“ aber es erschien keiner der Herren, denn der vor dem Hause aufgestellte kleine Galgen mochte ihnen wohl eben nicht sehr gefallen. Die beim vorjährigen Niederschießen der Frankfurter Barrikadenkämpfer gezeigte Brutalität dieser beiden Reichsbanditen hatte sich hier in die elendeste und gemeinste Feigheit verwandelt: eine Katzenmusik und ein aus Stangen zusammengebundener Galgen waren hinreichend, um Schmerling, diesen Schlächter von Frankfurt, aus Hamburg zu vertreiben. Vor dem Hause war ein Kommando hiesiger Bürgerwehr aufgestellt, diese nahmen ihr Gewehr beim Fuß und sahen ruhig der dem Reichsbanditen dargebrachten Ehrenbezeugung zu; auch Polizeidiener hatten sich in großer Menge eingefunden, hielten es aber für das Gerathenste, sich ruhig zu verhalten. Auf dem vor dem Hause sich hinziehenden Jungfernstieg bewegte eine große Anzahl Spaziergänger sich auf und ab und hörten der Katzenmusik zu. Von mehreren derselben, namentlich Damen, hörte ich wiederholt die Aeußerung: „Wenn der Heckscher wiederkommt, wird es ihm eben so gehen, wie hier und an der Börse.“ Das Volk aber sagte, indem es auf seinen improvisirten Galgen zeigte: „Hieran gehört Heckscher!“ Schmerling und Sommaruga reis'ten noch in derselben Nacht ab und sollen den Weg nach Holstein eingeschlagen haben, hoffentlich werden die dortigen Bewohner ihnen einen ähnlichen Empfang verbunden mit denselben Ehrenpforten bereiten, und mögen dann die Herren Beseler und die ganze Bande, welche Schleswig-Holstein elendiglich verschachert, es sich zur Warnung dienen lassen. Französische Republik. 12 Paris, 6. Mai. Dem Mordanschlag auf Ledru-Rollin steht zur Seite die Verhaftung des als Deputirten vorgeschlagenen Unteroffiziers Boichot vom 7ten Infanterie-Regiment. So geschickt von der demokratischen Partei diese Kandidatur, so ungeschickt so tölpelhaft die von der reaktionären Partei vorgenommene Verhaftung. Die ganze Armee in Paris d. h. Unteroffizier und Soldaten sind auf's höchste entrüstet. Das erste Bataillon vom 7ten Regiment hat sich bereits aufgelehnt gegen seinen Kommandanten, und den Unteroffizier in Freiheit gesetzt. Boichot weigerte sich, aus dem Gefängniß zu gehen; er ward herausgetragen, unter dem Rufe: Nieder mit Changarnier! Der Oberst läßt die Wache heranschreiten, und befiehlt das Bajonett aufzustecken und vorwärts zu marschiren: das Bajonett wird aufgesteckt, aber kein Soldat marschirt vorwärts: sie bleiben stehn, wie ein Mann. Der Oberst läßt 20 Mann aus jeder Kompagnie kommandiren: kein Mann erscheint. Ein Lieutenant läßt die Worte vernehmen: wir wollen die 94er holen um dieses Gesindel zu arretiren. Da kannte der Tumult keine Gränzen mehr; der Lieutenant wird gezwungen, seinen Degen einzustecken; der Kommandant wird auf's schmählichste zugerichtet: sein Waffenrock zerrissen, seine Epauletten auf den Boden geworfen. Der Oberst richtet nun freundliche Ermahnungen an die Soldaten, und fleht sie an, sich doch in ihre Kasernen zu begeben. Die Soldaten stellen die Bedingung, daß Brichot freigegeben werde. Die Freilassung wird bewilligt, und da erst ward die Ruhe wieder hergestellt. Es war gegen 11 Uhr Abends. Den andern Tag steht Alles in der größten Aufregung auf. Gruppen bilden sich im Kasernenhofe; die Offiziere suchen die aufgeregten Gemüther zu beruhigen. Um 7 Uhr ruft der Oberst das Bataillon zusammen, läßt ein Carré bilden, und hält eine Anrede im Style „der honetten Republik.“ „Es sind da im Regimente einige Jungens (galopins), die nicht gehört werden dürfen; sie haben schlechte Prinzipien von der Barriere u. s. w.“ Die Soldaten ziehen sich unter allgemeinem Murmeln gegen ihren Obersten zurück. Die Eliten-Kompagnien werden zur Wache kommandirt im Elyseum bei Bonaparte. Als sie aber vernehmen, daß 5 Voltigeurs in das Militärgefängniß der Abbaye abgeführt werden sollen, weigern sich die Kompagnien zu marschiren, und erklären ganz laut, daß sie ohne ihre Kameraden, die Voltigeurs, nicht auf die Wache ziehen werden. Der Kommandant in der Verzweiflung läßt die Voltigeurs frei. Die größte Aufregung herrscht unter den Soldaten. Barrot mit seiner olympischen Stirne schaut heiter darein, aber das Ungewitter naht von allen Seiten heran, und die Begebenheiten im Auslande, in Ungarn, in Sachsen u. s. w. tragen nicht wenig dazu bei, der Bourgeoisie den Kopf wirre zu machen. Die 3- u. 5prozentigen sind im Weichen! Paris, 6. Mai. Der Moniteur enthält heute zum ersten Male eine Liste aller Volksvertreter, welche die Sitzung der Nationalversammlung saumselig besuchten. — Heute Sonntag weder offizielle Börse noch Nationalversammlung. Indessen versichert man im Conferenzsaale daß Carlier abgesetzt worden sei. Diese Absetzung hängt, nach Angabe einer anderen Quelle, mit Aeußerungen zusammen, die sich Carlier bei Gelegenheit der Verhaftung der drei Volksvertreter an der Porte St Demis erlaubt habe. — Die Staatsanwaltschaft hat die Demokratie Pacifique als erste Verbreiterin des Metternichschen Briefes an Windischgrätz aufgefordert, ihr das Original dieses Aktenstücks vorzulegen, sonst werde man sie als Verläumderin oder Fälscherin strafen. Den Demokraten gegenüber zeigte sich die Staatsanwaltschaft weniger dienstfertig. — Ein großes Plakat des Seinepräfekten benachrichtigt die Bevölkerung, daß übermorgen (8) die Wahllisten geschlossen werden und am nächsten Sonntag (13) Morgens 8 Uhr die große Wahlschlacht beginne. Jene Wahlschlacht, auf deren Ausgang die europäische Contre-Revolution so große Hoffnungen setzt. Noch acht Tage und ihre Erwartungen sind alle erfüllt! — Die Gazette des Tribunaux meldet heute die Verhaftung Simon Hibruits, eines Clubbisten von der gefährlichsten Sorte (wie sie sich ausdrückt), den die Standgerichte zu 20jährigem Gefängniß par defaut verurtheilten und dessen die Polizei jetzt erst habhaft wurde. Dieser Hibruit sei das Oberhaupt der Geheimen Gesellschaften les Vengeurs und les Amis de l'Egalité, welche den „Sturz der Gesellschaft“ zum Zweck haben. Die Schreckensberichte der Gazette des Tribunaux jagen eine solche Angst in die Köpfe der moderirten Journalredaktoren, wenn sie überhaupt Köpfe haben, daß die Delammierresche „Patrie“ heute die Bildung einer Association aller Geranten, Redaktoren, Administratoren etc. der moderirten Presse anzeigt. Die Association führt den Titel: „Auf Leben und Tod!“ Italien. * La Révolution marche en Italie! Wir haben gestern eine Nachricht aus Paris mitgetheilt, wonach das Gouvernement wichtige Depeschen erhalten haben sollte, welche die Natur der französischen Expedition wesentlich ändern dürften. Die offiziellen Pariser Blätter schweigen auch heute über die Expedition, wie sie überhaupt seit dem Ausschiffen der Truppen in Civita-Vecchia keine offiziellen Nachrichten mehr brachten. Die Berichte, welche wir dagegen übereinstimmend von verschiedenen andern Seiten erhalten, geben uns bereits hinlänglichen Aufschluß über die geheimen Regierungsdepeschen und die Resultate des glorreichen Mondkälber-Kreuzzuges. Das Erste, was selbst von dem Journal des Debats bestätigt wird, ist die Gewißheit von der Lügenhaftigkeit aller jener Ordnungsgerüchte, welche wie Hr. Levi Schmuhl in der Köln. Ztg. die französischen Truppen bereits in Rom einziehen ließen. Oudinot war allerdings bereits von Civita-Vecchia aufgebrochen. Aber „Anzeichen von Unruhen“, wie es nach der „Sentinelle“ von Toulon scheint, nöthigten den Expeditionsgeneral, in seinem Zuge einzuhalten; 400 Mann der römischen Garnison und nach andern Berichten das ganze Bataillon Melara, welches zur Vertheidigung der Festung abgesendet war, sind entwaffnet worden. Gleichzeitig war der Marsch der Franzosen durch Verbrennen einer Brücke aufgehalten worden. Nach einer römischen Correspondenz vom 26sten in dem „Nazionale“ bereitet sich die römische Republik, statt aller Unterhandlung, zur Vertreibung der Gewalt durch Gewalt vor. Die Constituante hat die französischen Truppen für vogelfrei erklärt; das Volk durchzieht mit dem Rufe: „Tod den Franzosen! Es lebe die römische Republik!“ die Straßen; die Stadt ist verbarrikadirt, und die Transteveriner, welche durch ihre Lage die Franzosen vor den Vorstädten auf dem rechten Tiberufer zunächst aufhalten können, haben sich zum ersten Angriff bereit erklärt. Der betreffende Brief des „Nazionale“ lautet: „Die Constituante hat nach den Mittheilungen des Triumvirats demselben die Sorge für Rettung der Republik und Vertreibung der Gewalt durch Gewalt übertragen. „Ein Dekret der Triumvirn verbietet Flugblätter, Anschläge und andere Mittel zur Verbreitung unbestätigter Neuigkeiten. „(5 Uhr.) Die Stadt ist festlich und voll Freude. Jedermann bereitet sich zur Vertheidigung der Republik vor. Das Volk zieht mit dem Ruf: „Tod den Franzosen! Es lebe die römische Republik!“ durch die Straßen. Man hat das Gerücht verbreitet, daß die Franzosen die Cholera mit sich brächten. Der Saal der Assemblée ist vom Volk überfüllt, und ein einmüthiger Jubel hat die Verkündigung des Dekretes begleitet, wonach die Deputirten die französische Armee außerhalb des Gesetzes erklären. Alle Welt arbeitet an Verfertigung von Patronen. Ein Dekret der Triumvirn verordnet, daß alle Pferde der Comarca (Gegend von Ancona) zur Verfügung der Regierung gestellt werden sollen; kurz, es werden alle Vorbereitungen zu dem energischsten Widerstand getroffen. Es ist indeß schwer zu glauben, daß die französischen Republikaner die Sache so zum Aeußersten kommen lassen und zum Bombardement gegen die römische Republik schreiten sollten. Die Bäcker schaffen ungeheure Vorräthe an. An der Seite des Thor's von Civita-Veechia hat man bereits mit Errichtung von Barrikaden begonnen, und ist im Gange den Ponto Molle außerhalb der Porta del Popolo zu unterminiren, da man von hier den Hauptangriff der Franzosen erwartet. Alt und Jung schwört sich zu vertheidigen und die Waffen zu ergreifen. Ciceroracchio hat die Versicherung gebracht, daß alle Transteveriner zum Angriff auf die Franzosen bereit seien. „(7 Uhr.) Wir erwarten von einem Augenblick zum andern die Ankunft Rusconi's. Alles bereitet sich zur Vertheidigung. Die Barrikaden erheben sich wie mit Zauberschlag. Der geheime Viadukt zwischen dem Vatikan und der Engelsburg ist zerstört worden, um weitere Materialien zur Fortsetzung des Vertheidigungswerkes zu erhalten. — Soeben ist Rusconi eingetroffen. Ich muß wegen Schluß der Post die näheren Mittheilungen versparen.“ Die Römer sind übrigens vortrefflich mit Munition und Waffen versehen. Außer den bekannten Namen Mazzini, Avezzana, Garibaldi, haben sie noch namhafte polnische und deutsche Führer, darunter einen früheren Adjutanten Bem's aus Wien. Die honette Pariser Presse versäumt nicht, bei dieser Gelegenheit voll Wuth in das bekannte Lied einzustimmen, welches schon die Polizeikastraten einer „uns benachbarten Zeitung“ während der Belagerung Wien's sangen, daß nämlich der ehrbare Kern der Bevölkerung nichts mit diesen Anstalten zu thun habe, und der Kampf nur durch den „revolutionären Auswurf aller Nationen fortgeführt werde. Der Cercolo popolare hat einen Sicherheitsausschuß erwählt. Aus seinem Schoos ging zuerst das Gerücht hervor, daß die Franzosen die Cholera mit sich brächten. Nach der „Revolution democratique et sociale“ sollen die geheimnißvollen telegraphischen Regierungsdepeschen die Nachricht enthalten, daß die franz. Truppen vor Rom eine erste schwere Niederlage erlitten hätten. Wir halten diese Nachricht für voreilig, glauben aber vielmehr, daß die Soldaten der französischen Republik bei dem jetzt unzweifelhaften Widerstand der römischen Republikaner die Prophezeiung Ledru-Rollin's wahr machen und ihre Führer selbst zum Rückzuge zwingen werden. Der Magistrat von Rom hat bereits folgende Proklamation an die französischen Expeditionstruppen gerichtet: „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Bürger, man hat euch schmachvoll getäuscht, als man euch sagte, daß eure Anwesenheit auf dem Gebiete der römischen Republik zur Herstellung der Ordnung nöthig sei. Die vollkommenste Ordnung herrscht unter uns. Eure Anwesenheit wäre unnütz in diesem Zweck. Wir aber, wir würden uns im Angesicht Europa's entehren und selbst in euren Augen den Vorwurf der Feigheit verdienen, wenn wir zögerten, unser Land zu vertheidigen. „Ja, wir lieben Frankreich, aber wir würden unsern Sympathieen Schweigen gebieten und uns bis auf den letzten Mann gegen euch schlagen, wenn ihr uns zur Vertheidigung unserer Rechte, zur Vertheidigung unserer Regierung zwingen solltet, welche wie die eurige aus dem allgemeinen Stimmrecht hervorgegangen ist. „Franzosen, wir können jedoch nicht glauben, daß ihr unter der republikanischen Fahne gegen eine Fahne ziehen wolltet, die keine andere als die eurige ist! Wir können nicht glauben, daß ihr den 5. Artikel der Konstitution zu verletzen kommt, die ihr euch selbst gegeben habt? Republikaner, wir können nicht glauben, daß ihr eure republikanischen Brüder niederzukartätschen kommt. Es lebe die Republik!“ Auch die in Rom lebenden Franzosen haben eine Proklamation in ähnlichem Sinne erlassen. * Turin, 1. Mai. Nach Korrespondenzen in französischen Blättern von vorstehendem Datum nimmt die Erbitterung in den lombardischen Städten in einer Weise überhand, welche binnen kurzem auf einen neuen Ausbruch schließen läßt. 068 Turin, 30 April, Die „Democrazia Italiana“, das beste hier erscheinende Blatt ist jetzt zum 4ten Mal seit 14 Tagen mit Beschlag belegt worden. Die Regierungsgewalt hat es längst auf den Untergang dieses Organes der demokratischen Partei abgesehen. Die Reaktion ist überall in vollem Gange; Oestreichs Wünsche werden in dieser Hinsicht auf's Zuvorkommendste erfüllt. In Genua schaltet La Marmora en miniature, wie seine Standrechtsvorbilder Welden, Wrangel etc. in Deutschland. Das jetzige Ministerium erklärte bald nach der durch piemontesischen Verrath herbeigeführten Niederlage von Novara, daß der Verlust der Piemontesen sehr bedeutend gewesen, deshalb sei der Abschluß eines Waffenstillstandes und weiterhin des Friedens nothwendig geworden. Jetzt hat es die Unverschämtheit, in seiner offiziellen Zusammenstellung die Verluste an Todten und Verwundeten in der Schlacht von Novara sehr niedrig anzugeben. Dieser Eine Zug charakterisirt das Ministerium Delaunay-Pinelli zur Genüge. In Aleggio hat man eine kuriose Entdeckung gemacht. Der dort stationirte östreichische Major wie der Kapitän sind als 2 Jesuiten erkannt worden, die vor Vertreibung der Jesuiten aus Sardinien öfters mit Zöglingen ihres Instituts zu Ferienbesuchen dort waren. Ungarn. 068 Die „A. A. Z.“ läßt sich aus Wien schreiben: In Debreczin wurde ein neues Ministerium ernannt: Kossuth Präsident, Graf Casimir Bathyany Kriegsminister, Szemere Minister des Innern, Baron Sigismund Perenyi der Justiz, Duschek der Finanzen, Hajnik Chef der Polizei. Alle Magnaten wurden, unter Androhung der Confiskation ihrer Güter, aufgefordert bis zum 10. Mai beim Landtag zu erscheinen. (Am 20. April sollen nur 35 Magnaten in Debreczin gewesen sein.) Zugleich wurde eine Aushebung von 100,000 Mann decretirt. Zwei einflußreiche Mitglieder des bisherigen Landesvertheidigungsausschusses, Madaraß und Csernatoni, sind, der Unterschlagung öffentlicher Gelder beschuldigt, durch das neue Ministerium verhaftet worden, welches Eugen Beöthy als ungarischen Gesandten nach Constantinopel gesendet haben soll, um die Hülfe der Türken gegen die Russen in Anspruch zu nehmen. Großbritannien. * London, 5. Mai. Der bisherige Eisenbahnkönig Hudson, der sich durch Eisenbahn-Spekulationen in kurzer Zeit ein Vermögen von vielen Millionen zusammengebracht, hat jetzt, wegen Entdeckung der an den Actionären mehrerer Eisenbahnen verübten Betrügereien seine Stelle als Director der „York-Newcastle-Berwick-Eisenbahn“ aufgeben müssen und wird sehr bald genöthigt sein, auch in Betreff der übrigen Eisenbahnen, bei deren Verwaltung er bisher betheiligt war, seine Aemter niederzulegen. Diese bewunderte Größe der frommen englischen Bourgeoisie fängt an, eine sehr klägliche Rolle zu spielen. Hudson tröstet sich mit den Millionen, die er im Sacke hat. Virtus post nummos! Das heißt ein moralischer Bourgeois, der äußerlich mit größter Entrüstung über die Verdorbenheit der arbeitenden Klasse zu peroriren pflegt, heimlich aber größere Spitzbubereien begeht, als irgend Einer der zu lebenslänglicher Deportation Verurtheilten. Redakteur en chef Karl Marx. Erklärung. Der Kölner Turnverein, als Vorort des mittelrheinischen Bezirksvereins des deutschen Turnerbundes, erklärt hiermit für sich und im Namen der mit verbundenen Turnvereine zu Düsseldorf, Düren, Dortmund, Euskirchen, Kreutznach, Neuwied und Trier, daß er die von der verfassungsgebenden Versammlung zu Frankfurt beschlossene und verkündigte Reichsverfassung als zu Recht bestehend anerkennt, und mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zu vertheidigen entschlossen ist. Köln, den 7. Mai 1849. Mitbürger! Das deutsche Volk hat mit Zustimmung aller Regierungen seine Vertreter nach Frankfurt gesandt, um eine Verfassung für ganz Deutschland festzustellen. Das große Werk ist vollendet und die so lange ang strebte Einheit unseres großen Vaterlandes unter dem Schirme der, die Freiheit des Volkes schützenden Institutionen, angebahnt. Dreißig Regierungen haben die Reichsverfassung als rechtsgültiges Grundgesetz anerkannt; die preußische Volkskammer hat dasselbe ausgesprochen, dennoch stößt das preußische Ministerium die Reichsverfassung zurück und stärkt die noch widerspenstigen Regierungen in ihrem Widerstande. Rheinländer, Westfalen!! auf Euch sind zunächst die Blicke aller deutschen Brüder gerichtet, ermannt Euch, zeiget, daß Ihr würdig seid, Bürger eines einigen, nach Außen geachteten und nach Innen freien und glücklichen Deutschlands zu werden!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz293_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz293_1849/3
Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 293. Köln, 9. Mai 1849, S. 1663. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz293_1849/3>, abgerufen am 27.04.2024.