Nyland, Petrus: Schauplatz Irdischer Geschöpffe. Bd. 1. Osnabrück, 1687.als vocale Melodeyen/ eine Verrückung der Sinnen erwecken. Und ob sie gleich der Trunckenheit sehr feind seyn/ und die teutsche Nation mit dem schändlichen Nahmen der Trunckenbolden gemeiniglich beslecken; So seyn sie hingegen zur Hurerey und Unkeuschheit über alle massen geneiget/ und achten diese Sünde viel geringer und weniger straffbahr oder schändlicher als die vorbenahmte. Mau findet an keinem Ort/ und nirgend in der Weld/ so viel Cortisanen oder Huren / als in Italien/ umb ihre geile Lüsten zu vollbringen. Ja selbst in Rom/ so billig ein sonderbahrer Ort der Heiligkeit seyn solte/ siehet man offenbahre Huren-Häuser. Zu mehrerer Überzeugung der Römischen Italiäner/ dienet das Gezeugnis/ S. Catharinä Sienensis/ welche mit sonderbahrer Devotion umb den vermeinten heiligen Ort/ und Gottesdienstliche Reliquien zu besichtigen nacher Rom gereiset/ hat aber innerhalb 5. Tagen/ die sie alda verharret/ nichts als abscheuliche Grewel/ ein wildes/ wüstes und gottloses Leben/ so wohl bey den Vornehmsten/ als den gemeinen Volck/ verspüret/ und nach dem sie wieder zu Siena angelanget/ offentlich außgesagt/ daß der Wind niemals auß den Osten Westwerts nacher Siena wähete/ oder ihr deüchte/ daß der Stanck von Rom noch in ihre Nasen stüncke. Unter den Italiänern excellieren die Venetianer mit ungläublichen Schätzen und Reichthumb/ herrlichen Gebäuden/ weldlichen Lüsten/ wunderens wurdigen Artollerey oder Rüst-Hauß von Schiffen/ Galeen/ Wehr und Waffen/ und in sittsamer außbündiger so wohl bürgerlicher als politischer Regierung. Das Ober-Gebiet der Venetianischen Republique wird geführet und administrirt durch ihren Hertzog und grossen Raht; Dieser Hertzog/ dessen Regirung mit seinen Leben sich endiget/ wird von den Rahts-Herrn durchs Losen/ umb allen Kupereyen vorzukommen/ erkoren; Und auff selbige Manier werden alle Rahts-Schlüsse befestiget. Dieser Hertzog hat eine Gewonheit/ sich alle Jahr auff Himmelfahrts Tag mit den adriatischen Meer zu verloben/ zu welchen Ende er mit prächtigen Ceremonien einen gülden Ring in die See wirffet. Die Venetianer seyn von altersher gute Kriegesleute gewesen/ und grosse Vorfechter der Christenheit/ wieder die Macht und grausahme Tyranney des Türcken/ so das man mit War- als vocale Melodeyen/ eine Verrückung der Sinnen erwecken. Und ob sie gleich der Trunckenheit sehr feind seyn/ und die teutsche Nation mit dem schändlichen Nahmen der Trunckenbolden gemeiniglich beslecken; So seyn sie hingegen zur Hurerey und Unkeuschheit über alle massen geneiget/ und achten diese Sünde viel geringer und weniger straffbahr oder schändlicher als die vorbenahmte. Mau findet an keinem Ort/ und nirgend in der Weld/ so viel Cortisanen oder Huren / als in Italien/ umb ihre geile Lüsten zu vollbringen. Ja selbst in Rom/ so billig ein sonderbahrer Ort der Heiligkeit seyn solte/ siehet man offenbahre Huren-Häuser. Zu mehrerer Überzeugung der Römischen Italiäner/ dienet das Gezeugnis/ S. Catharinä Sienensis/ welche mit sonderbahrer Devotion umb den vermeinten heiligen Ort/ und Gottesdienstliche Reliquien zu besichtigen nacher Rom gereiset/ hat aber innerhalb 5. Tagen/ die sie alda verharret/ nichts als abscheuliche Grewel/ ein wildes/ wüstes und gottloses Leben/ so wohl bey den Vornehmsten/ als den gemeinen Volck/ verspüret/ und nach dem sie wieder zu Siena angelanget/ offentlich außgesagt/ daß der Wind niemals auß den Osten Westwerts nacher Siena wähete/ oder ihr deüchte/ daß der Stanck von Rom noch in ihre Nasen stüncke. Unter den Italiänern excellieren die Venetianer mit ungläublichen Schätzen und Reichthumb/ herrlichen Gebäuden/ weldlichen Lüsten/ wunderens wurdigen Artollerey oder Rüst-Hauß von Schiffen/ Galeen/ Wehr und Waffen/ und in sittsamer außbündiger so wohl bürgerlicher als politischer Regierung. Das Ober-Gebiet der Venetianischen Republique wird geführet und administrirt durch ihren Hertzog und grossen Raht; Dieser Hertzog/ dessen Regirung mit seinen Leben sich endiget/ wird von den Rahts-Herrn durchs Losen/ umb allen Kupereyen vorzukommen/ erkoren; Und auff selbige Manier werden alle Rahts-Schlüsse befestiget. Dieser Hertzog hat eine Gewonheit/ sich alle Jahr auff Himmelfahrts Tag mit den adriatischen Meer zu verloben/ zu welchen Ende er mit prächtigen Ceremonien einen gülden Ring in die See wirffet. Die Venetianer seyn von altersher gute Kriegesleute gewesen/ und grosse Vorfechter der Christenheit/ wieder die Macht und grausahme Tyranney des Türcken/ so das man mit War- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0087" n="75"/> als vocale Melodeyen/ eine Verrückung der Sinnen erwecken. Und ob sie gleich der Trunckenheit sehr feind seyn/ und die teutsche Nation mit dem schändlichen Nahmen der Trunckenbolden gemeiniglich beslecken; So seyn sie hingegen zur Hurerey und Unkeuschheit über alle massen geneiget/ und achten diese Sünde viel geringer und weniger straffbahr oder schändlicher als die vorbenahmte. Mau findet an keinem Ort/ und nirgend in der Weld/ so viel Cortisanen oder Huren / als in Italien/ umb ihre geile Lüsten zu vollbringen. Ja selbst in Rom/ so billig ein sonderbahrer Ort der Heiligkeit seyn solte/ siehet man offenbahre Huren-Häuser.</p> <p>Zu mehrerer Überzeugung der Römischen Italiäner/ dienet das Gezeugnis/ S. Catharinä Sienensis/ welche mit sonderbahrer Devotion umb den vermeinten heiligen Ort/ und Gottesdienstliche Reliquien zu besichtigen nacher Rom gereiset/ hat aber innerhalb 5. Tagen/ die sie alda verharret/ nichts als abscheuliche Grewel/ ein wildes/ wüstes und gottloses Leben/ so wohl bey den Vornehmsten/ als den gemeinen Volck/ verspüret/ und nach dem sie wieder zu Siena angelanget/ offentlich außgesagt/ daß der Wind niemals auß den Osten Westwerts nacher Siena wähete/ oder ihr deüchte/ daß der Stanck von Rom noch in ihre Nasen stüncke.</p> <p>Unter den Italiänern excellieren die Venetianer mit ungläublichen Schätzen und Reichthumb/ herrlichen Gebäuden/ weldlichen Lüsten/ wunderens wurdigen Artollerey oder Rüst-Hauß von Schiffen/ Galeen/ Wehr und Waffen/ und in sittsamer außbündiger so wohl bürgerlicher als politischer Regierung.</p> <p>Das Ober-Gebiet der Venetianischen Republique wird geführet und administrirt durch ihren Hertzog und grossen Raht; Dieser Hertzog/ dessen Regirung mit seinen Leben sich endiget/ wird von den Rahts-Herrn durchs Losen/ umb allen Kupereyen vorzukommen/ erkoren; Und auff selbige Manier werden alle Rahts-Schlüsse befestiget.</p> <p>Dieser Hertzog hat eine Gewonheit/ sich alle Jahr auff Himmelfahrts Tag mit den adriatischen Meer zu verloben/ zu welchen Ende er mit prächtigen Ceremonien einen gülden Ring in die See wirffet. Die Venetianer seyn von altersher gute Kriegesleute gewesen/ und grosse Vorfechter der Christenheit/ wieder die Macht und grausahme Tyranney des Türcken/ so das man mit War- </p> </div> </body> </text> </TEI> [75/0087]
als vocale Melodeyen/ eine Verrückung der Sinnen erwecken. Und ob sie gleich der Trunckenheit sehr feind seyn/ und die teutsche Nation mit dem schändlichen Nahmen der Trunckenbolden gemeiniglich beslecken; So seyn sie hingegen zur Hurerey und Unkeuschheit über alle massen geneiget/ und achten diese Sünde viel geringer und weniger straffbahr oder schändlicher als die vorbenahmte. Mau findet an keinem Ort/ und nirgend in der Weld/ so viel Cortisanen oder Huren / als in Italien/ umb ihre geile Lüsten zu vollbringen. Ja selbst in Rom/ so billig ein sonderbahrer Ort der Heiligkeit seyn solte/ siehet man offenbahre Huren-Häuser.
Zu mehrerer Überzeugung der Römischen Italiäner/ dienet das Gezeugnis/ S. Catharinä Sienensis/ welche mit sonderbahrer Devotion umb den vermeinten heiligen Ort/ und Gottesdienstliche Reliquien zu besichtigen nacher Rom gereiset/ hat aber innerhalb 5. Tagen/ die sie alda verharret/ nichts als abscheuliche Grewel/ ein wildes/ wüstes und gottloses Leben/ so wohl bey den Vornehmsten/ als den gemeinen Volck/ verspüret/ und nach dem sie wieder zu Siena angelanget/ offentlich außgesagt/ daß der Wind niemals auß den Osten Westwerts nacher Siena wähete/ oder ihr deüchte/ daß der Stanck von Rom noch in ihre Nasen stüncke.
Unter den Italiänern excellieren die Venetianer mit ungläublichen Schätzen und Reichthumb/ herrlichen Gebäuden/ weldlichen Lüsten/ wunderens wurdigen Artollerey oder Rüst-Hauß von Schiffen/ Galeen/ Wehr und Waffen/ und in sittsamer außbündiger so wohl bürgerlicher als politischer Regierung.
Das Ober-Gebiet der Venetianischen Republique wird geführet und administrirt durch ihren Hertzog und grossen Raht; Dieser Hertzog/ dessen Regirung mit seinen Leben sich endiget/ wird von den Rahts-Herrn durchs Losen/ umb allen Kupereyen vorzukommen/ erkoren; Und auff selbige Manier werden alle Rahts-Schlüsse befestiget.
Dieser Hertzog hat eine Gewonheit/ sich alle Jahr auff Himmelfahrts Tag mit den adriatischen Meer zu verloben/ zu welchen Ende er mit prächtigen Ceremonien einen gülden Ring in die See wirffet. Die Venetianer seyn von altersher gute Kriegesleute gewesen/ und grosse Vorfechter der Christenheit/ wieder die Macht und grausahme Tyranney des Türcken/ so das man mit War-
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Zitationshilfe: | Nyland, Petrus: Schauplatz Irdischer Geschöpffe. Bd. 1. Osnabrück, 1687, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nylandt_schauplatz01_1678/87>, abgerufen am 16.06.2024. |