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Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716.

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Beschreibung des Fichtelbergs.
Francken Pfaltzgraf im Norgau An. C. 857. erbauet/ und die Her-
ren von Hirschberg lange Zeit besessen) daselbst gestanden/ wovon
noch etliche Rudera vorhanden/ welches auch die Herren von Eger
zerbrochen und zerstöhret haben/ darum daß die Edelleute hierumb
Hauß hielten/ die eher einem Kauffmann/ der vorüber zoge/ dorfften
10. oder mehr Gulden nehmen/ dann einem Bettler einen Heller
12. Raub-
Schlösser
umb Wun-
sidel.
geben. Und solcher Raub-Schlösser seynd 12. umb Wunsidel her
gelegen/ unter welchen dieses das höchste gewesen/ und so offt et-
was vorhanden war/ oder man sich einer Beute versehen/ hat man
in diesem Schloß eine Fahne auffgerichtet/ die haben etliche der an-
dern Raub-Schlößer können sehen/ so hat sich dann eine Reuterey zu-
sammen gefunden/ und seynd zu Zeiten die Winde so starck gegangen/
und denen Kauffleuten so kalt in die Busen geblasen/ daß ihnen kein
Geld weder in Säckeln/ noch Watsäcken geblieben ist/ biß solche Ty-
ranney endlich nach Bruschens Bericht/ durch die herum gelegene
Herrschafft unterkommen und ihnen abgerennet ist. Es solle aber
dieser Rudolphstein nicht zu gewinnen gewesen seyn/ biß man eine
unsägliche Menge Holtz/ Reisig und brennende Materien zu Hauf-
fen gebracht/ angestecket/ und ihn also mit Feuer und Gluth be-
zwungen. Man solte fast nicht glauben können/ wie hoch und ge-
fährlich dieses Schloß am Gemäuer auf einem wunderlichen Fel-
sen erbauet gewesen/ es war auch von Natur mit gewaltigen Fel-
sen umbschloßen/ und dazwischen mit starcken Mauern aneinander
gehangen/ daß wann man solches alte ruinirte Werck noch ansie-
het/ einem Menschen darob ein Erstaunen ankommet. Man kan
darauf gar weit und breit herum sehen/ absonderlich aber fället das
eine kleine Stunde weit hievon gelegene Städtlein Weissenstadt
mit seinem grossem See allhier gar schön in das Gesichte. Jm
Was allhier
alles merck-
würdig.
letzten Bayrischen Krieg hat man 1703. das alte Gemäuer von
dem hohen Felsen fast gar herabgestürtzet/ und dagegen eine Höl-
tzerne Brust-Wehre sambt einem Wach-Feuer geordnet/ umb im
Fall die Bayrische aus der Pfaltz in das Marggräfische einfallen
solten/ dem Land-Sturm durch das angezündete Feuer eine Losung
zu geben. Dergleichen Lermen-Feuer seynd fast auf alle Meilen
auf hohen Orten angeordnet gewesen. Sonsten hat hier die Na-

tur

Beſchreibung des Fichtelbergs.
Francken Pfaltzgraf im Norgau An. C. 857. erbauet/ und die Her-
ren von Hirſchberg lange Zeit beſeſſen) daſelbſt geſtanden/ wovon
noch etliche Rudera vorhanden/ welches auch die Herren von Eger
zerbrochen und zerſtoͤhret haben/ darum daß die Edelleute hierumb
Hauß hielten/ die eher einem Kauffmann/ der voruͤber zoge/ dorfften
10. oder mehr Gulden nehmen/ dann einem Bettler einen Heller
12. Raub-
Schloͤſſer
umb Wun-
ſidel.
geben. Und ſolcher Raub-Schloͤſſer ſeynd 12. umb Wunſidel her
gelegen/ unter welchen dieſes das hoͤchſte geweſen/ und ſo offt et-
was vorhanden war/ oder man ſich einer Beute verſehen/ hat man
in dieſem Schloß eine Fahne auffgerichtet/ die haben etliche der an-
dern Raub-Schloͤßer koͤnnen ſehen/ ſo hat ſich dann eine Reuterey zu-
ſammen gefunden/ und ſeynd zu Zeiten die Winde ſo ſtarck gegangen/
und denen Kauffleuten ſo kalt in die Buſen geblaſen/ daß ihnen kein
Geld weder in Saͤckeln/ noch Watſaͤcken geblieben iſt/ biß ſolche Ty-
ranney endlich nach Bruſchens Bericht/ durch die herum gelegene
Herrſchafft unterkommen und ihnen abgerennet iſt. Es ſolle aber
dieſer Rudolphſtein nicht zu gewinnen geweſen ſeyn/ biß man eine
unſaͤgliche Menge Holtz/ Reiſig und brennende Materien zu Hauf-
fen gebracht/ angeſtecket/ und ihn alſo mit Feuer und Gluth be-
zwungen. Man ſolte faſt nicht glauben koͤnnen/ wie hoch und ge-
faͤhrlich dieſes Schloß am Gemaͤuer auf einem wunderlichen Fel-
ſen erbauet geweſen/ es war auch von Natur mit gewaltigen Fel-
ſen umbſchloßen/ und dazwiſchen mit ſtarcken Mauern aneinander
gehangen/ daß wann man ſolches alte ruinirte Werck noch anſie-
het/ einem Menſchen darob ein Erſtaunen ankommet. Man kan
darauf gar weit und breit herum ſehen/ abſonderlich aber faͤllet das
eine kleine Stunde weit hievon gelegene Staͤdtlein Weiſſenſtadt
mit ſeinem groſſem See allhier gar ſchoͤn in das Geſichte. Jm
Was allhier
alles merck-
wuͤrdig.
letzten Bayriſchen Krieg hat man 1703. das alte Gemaͤuer von
dem hohen Felſen faſt gar herabgeſtuͤrtzet/ und dagegen eine Hoͤl-
tzerne Bruſt-Wehre ſambt einem Wach-Feuer geordnet/ umb im
Fall die Bayriſche aus der Pfaltz in das Marggraͤfiſche einfallen
ſolten/ dem Land-Sturm durch das angezuͤndete Feuer eine Loſung
zu geben. Dergleichen Lermen-Feuer ſeynd faſt auf alle Meilen
auf hohen Orten angeordnet geweſen. Sonſten hat hier die Na-

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[80/0103] Beſchreibung des Fichtelbergs. Francken Pfaltzgraf im Norgau An. C. 857. erbauet/ und die Her- ren von Hirſchberg lange Zeit beſeſſen) daſelbſt geſtanden/ wovon noch etliche Rudera vorhanden/ welches auch die Herren von Eger zerbrochen und zerſtoͤhret haben/ darum daß die Edelleute hierumb Hauß hielten/ die eher einem Kauffmann/ der voruͤber zoge/ dorfften 10. oder mehr Gulden nehmen/ dann einem Bettler einen Heller geben. Und ſolcher Raub-Schloͤſſer ſeynd 12. umb Wunſidel her gelegen/ unter welchen dieſes das hoͤchſte geweſen/ und ſo offt et- was vorhanden war/ oder man ſich einer Beute verſehen/ hat man in dieſem Schloß eine Fahne auffgerichtet/ die haben etliche der an- dern Raub-Schloͤßer koͤnnen ſehen/ ſo hat ſich dann eine Reuterey zu- ſammen gefunden/ und ſeynd zu Zeiten die Winde ſo ſtarck gegangen/ und denen Kauffleuten ſo kalt in die Buſen geblaſen/ daß ihnen kein Geld weder in Saͤckeln/ noch Watſaͤcken geblieben iſt/ biß ſolche Ty- ranney endlich nach Bruſchens Bericht/ durch die herum gelegene Herrſchafft unterkommen und ihnen abgerennet iſt. Es ſolle aber dieſer Rudolphſtein nicht zu gewinnen geweſen ſeyn/ biß man eine unſaͤgliche Menge Holtz/ Reiſig und brennende Materien zu Hauf- fen gebracht/ angeſtecket/ und ihn alſo mit Feuer und Gluth be- zwungen. Man ſolte faſt nicht glauben koͤnnen/ wie hoch und ge- faͤhrlich dieſes Schloß am Gemaͤuer auf einem wunderlichen Fel- ſen erbauet geweſen/ es war auch von Natur mit gewaltigen Fel- ſen umbſchloßen/ und dazwiſchen mit ſtarcken Mauern aneinander gehangen/ daß wann man ſolches alte ruinirte Werck noch anſie- het/ einem Menſchen darob ein Erſtaunen ankommet. Man kan darauf gar weit und breit herum ſehen/ abſonderlich aber faͤllet das eine kleine Stunde weit hievon gelegene Staͤdtlein Weiſſenſtadt mit ſeinem groſſem See allhier gar ſchoͤn in das Geſichte. Jm letzten Bayriſchen Krieg hat man 1703. das alte Gemaͤuer von dem hohen Felſen faſt gar herabgeſtuͤrtzet/ und dagegen eine Hoͤl- tzerne Bruſt-Wehre ſambt einem Wach-Feuer geordnet/ umb im Fall die Bayriſche aus der Pfaltz in das Marggraͤfiſche einfallen ſolten/ dem Land-Sturm durch das angezuͤndete Feuer eine Loſung zu geben. Dergleichen Lermen-Feuer ſeynd faſt auf alle Meilen auf hohen Orten angeordnet geweſen. Sonſten hat hier die Na- tur 12. Raub- Schloͤſſer umb Wun- ſidel. Was allhier alles merck- wuͤrdig.

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Zitationshilfe: Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716/103>, abgerufen am 30.04.2024.