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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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ziger in seiner Lebens-Höhle von Antiparos
und entscheidet dann, ob der Mann damit wie¬
der herauskann ans Licht? --

Aber von der Historie wußt' er wie gesagt
doch etwas; und diese ergriff er als pädagogi¬
schen Diebsdaumen und Fortunatus Wünsch¬
hut. Hatt' er nicht schon mit jener epischen
ausmalenden Paraphrase, womit er die kleinste
Marktflecken-Historie so interessant und lügen¬
haft erzählte (denn woher will ein guter Er¬
zähler die 1000 kleinern aber nöthigen Züge
nehmen als aus der Luft?), seinem Albano
Hübner's biblische äußerst rührend vorgetra¬
gen? Und wer weinte dabei mehr, der Lehrer
oder der Schüler? --

Nun hatt' er drei historische Wege vor
sich offen. Er konnte den geographischen ein¬
schlagen, der mit der elendesten Geschichte von
der Welt anfängt, mit der Landesgeschichte.
Aber bloß höchstens Britten und Gallier kön¬
nen die Geschichte wie eine epische und eine
Erdbeschreibung von hinten anfangen; hinge¬
gen eine Haarhaarsche, eine Bayreuthische, eine
Meklenburger Landesväter-Patristik giebt hoh¬

ziger in ſeiner Lebens-Höhle von Antiparos
und entſcheidet dann, ob der Mann damit wie¬
der herauskann ans Licht? —

Aber von der Hiſtorie wußt' er wie geſagt
doch etwas; und dieſe ergriff er als pädagogi¬
ſchen Diebsdaumen und Fortunatus Wünſch¬
hut. Hatt' er nicht ſchon mit jener epiſchen
ausmalenden Paraphraſe, womit er die kleinſte
Marktflecken-Hiſtorie ſo intereſſant und lügen¬
haft erzählte (denn woher will ein guter Er¬
zähler die 1000 kleinern aber nöthigen Züge
nehmen als aus der Luft?), ſeinem Albano
Hübner's bibliſche äußerſt rührend vorgetra¬
gen? Und wer weinte dabei mehr, der Lehrer
oder der Schüler? —

Nun hatt' er drei hiſtoriſche Wege vor
ſich offen. Er konnte den geographiſchen ein¬
ſchlagen, der mit der elendeſten Geſchichte von
der Welt anfängt, mit der Landesgeſchichte.
Aber bloß höchſtens Britten und Gallier kön¬
nen die Geſchichte wie eine epiſche und eine
Erdbeſchreibung von hinten anfangen; hinge¬
gen eine Haarhaarſche, eine Bayreuthiſche, eine
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[187/0207] ziger in ſeiner Lebens-Höhle von Antiparos und entſcheidet dann, ob der Mann damit wie¬ der herauskann ans Licht? — Aber von der Hiſtorie wußt' er wie geſagt doch etwas; und dieſe ergriff er als pädagogi¬ ſchen Diebsdaumen und Fortunatus Wünſch¬ hut. Hatt' er nicht ſchon mit jener epiſchen ausmalenden Paraphraſe, womit er die kleinſte Marktflecken-Hiſtorie ſo intereſſant und lügen¬ haft erzählte (denn woher will ein guter Er¬ zähler die 1000 kleinern aber nöthigen Züge nehmen als aus der Luft?), ſeinem Albano Hübner's bibliſche äußerſt rührend vorgetra¬ gen? Und wer weinte dabei mehr, der Lehrer oder der Schüler? — Nun hatt' er drei hiſtoriſche Wege vor ſich offen. Er konnte den geographiſchen ein¬ ſchlagen, der mit der elendeſten Geſchichte von der Welt anfängt, mit der Landesgeſchichte. Aber bloß höchſtens Britten und Gallier kön¬ nen die Geſchichte wie eine epiſche und eine Erdbeſchreibung von hinten anfangen; hinge¬ gen eine Haarhaarſche, eine Bayreuthiſche, eine Meklenburger Landesväter-Patriſtik giebt hoh¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/207>, abgerufen am 30.04.2024.