Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

Nach 15. Monaten komm' ich wieder -- Quis?
-- Nichts, Gott braucht mich bloß, wenn er je¬
mand unglücklich machen muß," sagte der Kahle
und bat sich ein Glas und die Erlaubniß mit
zu trinken aus. Albano sagte, es gern erlau¬
bend, im Frageton, er sey wohl erst angekom¬
men? "Eben vom großen Bernhard" sagte
der Kahle, aber widriger mit jedem Wort, weil
sein altes Rosen-Gesicht ein Zickzack konvul¬
sivischer Verziehungen war, so daß immer ein
Mensch nach dem andern dazustehen schien.
Er gieng ein wenig hinaus. Schoppe sagte
ganz ausser sich: "ich ergrimme immer mehr
"gegen ihn wie gegen ein gräuliches, hüpfendes
"Fieberbild. Um Gottes Willen lass' uns fort.
"-- Es ist mir immer hinter mir als stoße mich
"eine böse Faust auf ihn zu, damit ich ihn ab¬
"würge. Auch wird er mir immer bekannter,
"wie ein vermooseter Todfeind."

Albano versetzte sanft: "Sieh, meine Ah¬
"nung! -- Aber nun ich ihr nicht gehorcht,
"muß ich auch sehen wo hinaus es geht." Sei¬
ne muthige Natur, seine romantische Geschichte

Nach 15. Monaten komm' ich wieder — Quis?
— Nichts, Gott braucht mich bloß, wenn er je¬
mand unglücklich machen muß,“ ſagte der Kahle
und bat ſich ein Glas und die Erlaubniß mit
zu trinken aus. Albano ſagte, es gern erlau¬
bend, im Frageton, er ſey wohl erſt angekom¬
men? „Eben vom großen Bernhard“ ſagte
der Kahle, aber widriger mit jedem Wort, weil
ſein altes Roſen-Geſicht ein Zickzack konvul¬
ſiviſcher Verziehungen war, ſo daß immer ein
Menſch nach dem andern dazuſtehen ſchien.
Er gieng ein wenig hinaus. Schoppe ſagte
ganz auſſer ſich: „ich ergrimme immer mehr
„gegen ihn wie gegen ein gräuliches, hüpfendes
„Fieberbild. Um Gottes Willen laſſ' uns fort.
„— Es iſt mir immer hinter mir als ſtoße mich
„eine böſe Fauſt auf ihn zu, damit ich ihn ab¬
„würge. Auch wird er mir immer bekannter,
„wie ein vermooſeter Todfeind.“

Albano verſetzte ſanft: „Sieh, meine Ah¬
„nung! — Aber nun ich ihr nicht gehorcht,
„muß ich auch ſehen wo hinaus es geht.“ Sei¬
ne muthige Natur, ſeine romantiſche Geſchichte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0366" n="354"/>
Nach 15. Monaten komm' ich wieder &#x2014; <hi rendition="#aq">Quis</hi>?<lb/>
&#x2014; Nichts, Gott braucht mich bloß, wenn er je¬<lb/>
mand unglücklich machen muß,&#x201C; &#x017F;agte der Kahle<lb/>
und bat &#x017F;ich ein Glas und die Erlaubniß mit<lb/>
zu trinken aus. Albano &#x017F;agte, es gern erlau¬<lb/>
bend, im Frageton, er &#x017F;ey wohl er&#x017F;t angekom¬<lb/>
men? &#x201E;Eben vom großen Bernhard&#x201C; &#x017F;agte<lb/>
der Kahle, aber widriger mit jedem Wort, weil<lb/>
&#x017F;ein altes Ro&#x017F;en-Ge&#x017F;icht ein Zickzack konvul¬<lb/>
&#x017F;ivi&#x017F;cher Verziehungen war, &#x017F;o daß immer ein<lb/>
Men&#x017F;ch nach dem andern dazu&#x017F;tehen &#x017F;chien.<lb/>
Er gieng ein wenig hinaus. Schoppe &#x017F;agte<lb/>
ganz au&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ich: &#x201E;ich ergrimme immer mehr<lb/>
&#x201E;gegen ihn wie gegen ein gräuliches, hüpfendes<lb/>
&#x201E;Fieberbild. Um Gottes Willen la&#x017F;&#x017F;' uns fort.<lb/>
&#x201E;&#x2014; Es i&#x017F;t mir immer hinter mir als &#x017F;toße mich<lb/>
&#x201E;eine bö&#x017F;e Fau&#x017F;t auf ihn zu, damit ich ihn ab¬<lb/>
&#x201E;würge. Auch wird er mir immer bekannter,<lb/>
&#x201E;wie ein vermoo&#x017F;eter Todfeind.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Albano ver&#x017F;etzte &#x017F;anft: &#x201E;Sieh, meine Ah¬<lb/>
&#x201E;nung! &#x2014; Aber nun ich ihr nicht gehorcht,<lb/>
&#x201E;muß ich auch &#x017F;ehen wo hinaus es geht.&#x201C; Sei¬<lb/>
ne muthige Natur, &#x017F;eine romanti&#x017F;che Ge&#x017F;chichte<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[354/0366] Nach 15. Monaten komm' ich wieder — Quis? — Nichts, Gott braucht mich bloß, wenn er je¬ mand unglücklich machen muß,“ ſagte der Kahle und bat ſich ein Glas und die Erlaubniß mit zu trinken aus. Albano ſagte, es gern erlau¬ bend, im Frageton, er ſey wohl erſt angekom¬ men? „Eben vom großen Bernhard“ ſagte der Kahle, aber widriger mit jedem Wort, weil ſein altes Roſen-Geſicht ein Zickzack konvul¬ ſiviſcher Verziehungen war, ſo daß immer ein Menſch nach dem andern dazuſtehen ſchien. Er gieng ein wenig hinaus. Schoppe ſagte ganz auſſer ſich: „ich ergrimme immer mehr „gegen ihn wie gegen ein gräuliches, hüpfendes „Fieberbild. Um Gottes Willen laſſ' uns fort. „— Es iſt mir immer hinter mir als ſtoße mich „eine böſe Fauſt auf ihn zu, damit ich ihn ab¬ „würge. Auch wird er mir immer bekannter, „wie ein vermooſeter Todfeind.“ Albano verſetzte ſanft: „Sieh, meine Ah¬ „nung! — Aber nun ich ihr nicht gehorcht, „muß ich auch ſehen wo hinaus es geht.“ Sei¬ ne muthige Natur, ſeine romantiſche Geſchichte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/366
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/366>, abgerufen am 31.10.2024.