sie stark vermindern. Diese temporäre Verminderung hatte durch die Erwerbung neuen Bodens oder neuer Absatz- gebiete oft die Folge, dass das siegende Volk seine Zahl nicht nur rasch wiederersetzte, sondern noch stark ver- mehrte. Der Krieg war also eines der Mittel im Kampf um's Dasein der Societäten, wenn auch eines der zwei- schneidigsten, da er die Summe der starken Convarianten herabsetzte.
In älteren Zeiten fand unter den zum Kampf aus- ersehenen stärksten Convarianten noch eine gewisse Aus- lese insofern statt, als beim Kampfe ohne Fernwaffen die- jenigen am ehesten verschont blieben, die die Stärksten, Gewandtesten und Schlauesten waren. Eine weitere Aus- lese kam häufig dadurch zu Stande, dass Söldnerheere kämpften. Diese Söldner waren oft (Armanjaks, Lands- knechte) zum grossen Theil zusammengelaufenes Gesindel, das aus Rohheit, Unstätheit, oder weil es im Leben Schiff- bruch gelitten hatte, der Werbetrommel folgte. Die Söldner hatten also oft Eigenschaften, die sie als Gatten und Väter zu schlechten Convarianten gemacht hätten. Wenn so zu- sammengesetzte Heere decimirt wurden, so hatte die Mensch- heit einen directen Nutzen davon, und es ist sehr zu ver- muthen, dass Ausjätung der Söldner stark zur Milderung der Sitten beigetragen hat. Im Grossen und Ganzen re- präsentirten in früheren Zeiten die heimziehenden Schaaren doch wohl als Convarianten einen höheren Stärkegrad, als die ausziehenden ihn gehabt hatten.
Allein heute bei unserem ausgedehnten Fernkampf tritt auch dieser geringe selectorische Factor noch weiter zurück. Wenn heute in einer Schlacht 20000 Mann fallen, so stehen diese im Durchschnitt des Stärkegrades wohl kaum unter denen, die lebend davon gekommen sind, im Gegentheil, viele der stärksten Convarianten, wie die Of- fiziere, leiden noch mehr als die Mannschaften, weil sie den Kugeln häufiger die aufrechte Figur darbieten müssen.
sie stark vermindern. Diese temporäre Verminderung hatte durch die Erwerbung neuen Bodens oder neuer Absatz- gebiete oft die Folge, dass das siegende Volk seine Zahl nicht nur rasch wiederersetzte, sondern noch stark ver- mehrte. Der Krieg war also eines der Mittel im Kampf um’s Dasein der Societäten, wenn auch eines der zwei- schneidigsten, da er die Summe der starken Convarianten herabsetzte.
In älteren Zeiten fand unter den zum Kampf aus- ersehenen stärksten Convarianten noch eine gewisse Aus- lese insofern statt, als beim Kampfe ohne Fernwaffen die- jenigen am ehesten verschont blieben, die die Stärksten, Gewandtesten und Schlauesten waren. Eine weitere Aus- lese kam häufig dadurch zu Stande, dass Söldnerheere kämpften. Diese Söldner waren oft (Armanjaks, Lands- knechte) zum grossen Theil zusammengelaufenes Gesindel, das aus Rohheit, Unstätheit, oder weil es im Leben Schiff- bruch gelitten hatte, der Werbetrommel folgte. Die Söldner hatten also oft Eigenschaften, die sie als Gatten und Väter zu schlechten Convarianten gemacht hätten. Wenn so zu- sammengesetzte Heere decimirt wurden, so hatte die Mensch- heit einen directen Nutzen davon, und es ist sehr zu ver- muthen, dass Ausjätung der Söldner stark zur Milderung der Sitten beigetragen hat. Im Grossen und Ganzen re- präsentirten in früheren Zeiten die heimziehenden Schaaren doch wohl als Convarianten einen höheren Stärkegrad, als die ausziehenden ihn gehabt hatten.
Allein heute bei unserem ausgedehnten Fernkampf tritt auch dieser geringe selectorische Factor noch weiter zurück. Wenn heute in einer Schlacht 20000 Mann fallen, so stehen diese im Durchschnitt des Stärkegrades wohl kaum unter denen, die lebend davon gekommen sind, im Gegentheil, viele der stärksten Convarianten, wie die Of- fiziere, leiden noch mehr als die Mannschaften, weil sie den Kugeln häufiger die aufrechte Figur darbieten müssen.
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sie stark vermindern. Diese temporäre Verminderung hatte
durch die Erwerbung neuen Bodens oder neuer Absatz-
gebiete oft die Folge, dass das siegende Volk seine Zahl
nicht nur rasch wiederersetzte, sondern noch stark ver-
mehrte. Der Krieg war also eines der Mittel im Kampf
um’s Dasein der Societäten, wenn auch eines der zwei-
schneidigsten, da er die Summe der starken Convarianten
herabsetzte.
In älteren Zeiten fand unter den zum Kampf aus-
ersehenen stärksten Convarianten noch eine gewisse Aus-
lese insofern statt, als beim Kampfe ohne Fernwaffen die-
jenigen am ehesten verschont blieben, die die Stärksten,
Gewandtesten und Schlauesten waren. Eine weitere Aus-
lese kam häufig dadurch zu Stande, dass Söldnerheere
kämpften. Diese Söldner waren oft (Armanjaks, Lands-
knechte) zum grossen Theil zusammengelaufenes Gesindel,
das aus Rohheit, Unstätheit, oder weil es im Leben Schiff-
bruch gelitten hatte, der Werbetrommel folgte. Die Söldner
hatten also oft Eigenschaften, die sie als Gatten und Väter
zu schlechten Convarianten gemacht hätten. Wenn so zu-
sammengesetzte Heere decimirt wurden, so hatte die Mensch-
heit einen directen Nutzen davon, und es ist sehr zu ver-
muthen, dass Ausjätung der Söldner stark zur Milderung
der Sitten beigetragen hat. Im Grossen und Ganzen re-
präsentirten in früheren Zeiten die heimziehenden Schaaren
doch wohl als Convarianten einen höheren Stärkegrad, als
die ausziehenden ihn gehabt hatten.
Allein heute bei unserem ausgedehnten Fernkampf
tritt auch dieser geringe selectorische Factor noch weiter
zurück. Wenn heute in einer Schlacht 20000 Mann fallen,
so stehen diese im Durchschnitt des Stärkegrades wohl
kaum unter denen, die lebend davon gekommen sind, im
Gegentheil, viele der stärksten Convarianten, wie die Of-
fiziere, leiden noch mehr als die Mannschaften, weil sie
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Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/82>, abgerufen am 16.06.2024.
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