nicht wohl dencken kan, und dieses siehet man bey" einem truncknen Menschen Sonnen-klar."
Hieraus siehet man, daß der Schmertz" nicht in einer betrübten Gedancke der Seele" bestehet, sondern es ist der Schmertz eine" verdrüßliche und üble Empfindung des" Leibes, die durch den Zug der Sehn-Adern" entstehet."
Hierbey liessen sie es vor diß mahl bewenden, damit die Männlichen Philosophi auf Nemnan nicht verdrießlich werden möchten, und auch, weil sie davor hielten, daß ihr Beruff ihnen et- was anders zu thun gäbe, und sie mit ihren ge- lehrten Sachen sich üben, und ihre überkomme- ne Bücher nachsehen müsten.
Als einsmahls alle Weibliche Professorinnen versammlet waren, da sie die erhaltenen Bücher durchblättern wolten, wurde ihnen durch die Gouvernantin von Wonvure befohlen, alle die Titul-Blätter aus den Büchern zu reissen, und zu verbrennen.
Nicht daß sie die Autores verachteten, denn sie gestehen, daß sie alle ihre Wissenschafft aus Büchern und von braven Männern hätten, sondern sie thun es deßhalben, daß sie denen Au- toribus nicht Mühe mit dem allegiren machen wol- len, oder wenn etwas aus selbigen ausgeschrieben worden, und da man nicht accurat bey ihren Wor- ten und Meinungen geblieben. Sie gebrauchen die Bücher, so viel ihnen in ihrem Kram dient,
sie
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Curieuſe Reiſe-Beſchreibung. V. Cap.
nicht wohl dencken kan, und dieſes ſiehet man bey„ einem truncknen Menſchen Sonnen-klar.„
Hieraus ſiehet man, daß der Schmertz„ nicht in einer betruͤbten Gedancke der Seele„ beſtehet, ſondern es iſt der Schmertz eine„ verdruͤßliche und uͤble Empfindung des„ Leibes, die durch den Zug der Sehn-Adern„ entſtehet.„
Hierbey lieſſen ſie es vor diß mahl bewenden, damit die Maͤnnlichen Philoſophi auf Nemnan nicht verdrießlich werden moͤchten, und auch, weil ſie davor hielten, daß ihr Beruff ihnen et- was anders zu thun gaͤbe, und ſie mit ihren ge- lehrten Sachen ſich uͤben, und ihre uͤberkomme- ne Buͤcher nachſehen muͤſten.
Als einsmahls alle Weibliche Profeſſorinnen verſammlet waren, da ſie die erhaltenen Buͤcher durchblaͤttern wolten, wurde ihnen durch die Gouvernantin von Wonvure befohlen, alle die Titul-Blaͤtter aus den Buͤchern zu reiſſen, und zu verbrennen.
Nicht daß ſie die Autores verachteten, denn ſie geſtehen, daß ſie alle ihre Wiſſenſchafft aus Buͤchern und von braven Maͤnnern haͤtten, ſondern ſie thun es deßhalben, daß ſie denen Au- toribus nicht Muͤhe mit dem allegiren machen wol- len, oder wenn etwas aus ſelbigen ausgeſchrieben worden, und da man nicht accurat bey ihren Wor- ten und Meinungen geblieben. Sie gebrauchen die Buͤcher, ſo viel ihnen in ihrem Kram dient,
ſie
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Curieuſe Reiſe-Beſchreibung. V. Cap.
nicht wohl dencken kan, und dieſes ſiehet man bey„
einem truncknen Menſchen Sonnen-klar.„
Hieraus ſiehet man, daß der Schmertz„
nicht in einer betruͤbten Gedancke der Seele„
beſtehet, ſondern es iſt der Schmertz eine„
verdruͤßliche und uͤble Empfindung des„
Leibes, die durch den Zug der Sehn-Adern„
entſtehet.„
Hierbey lieſſen ſie es vor diß mahl bewenden,
damit die Maͤnnlichen Philoſophi auf Nemnan
nicht verdrießlich werden moͤchten, und auch,
weil ſie davor hielten, daß ihr Beruff ihnen et-
was anders zu thun gaͤbe, und ſie mit ihren ge-
lehrten Sachen ſich uͤben, und ihre uͤberkomme-
ne Buͤcher nachſehen muͤſten.
Als einsmahls alle Weibliche Profeſſorinnen
verſammlet waren, da ſie die erhaltenen Buͤcher
durchblaͤttern wolten, wurde ihnen durch die
Gouvernantin von Wonvure befohlen, alle die
Titul-Blaͤtter aus den Buͤchern zu reiſſen, und
zu verbrennen.
Nicht daß ſie die Autores verachteten, denn
ſie geſtehen, daß ſie alle ihre Wiſſenſchafft
aus Buͤchern und von braven Maͤnnern haͤtten,
ſondern ſie thun es deßhalben, daß ſie denen Au-
toribus nicht Muͤhe mit dem allegiren machen wol-
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Juan de Posos [i. e. Smeeks, Hendrik]: Beschreibung des Mächtigen Königreichs Krinke Kesmes. Übers. v. [N. N.]. Leipzig, 1721, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/posos_krinkekesmes_1721/113>, abgerufen am 10.06.2024.
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