geschlungen hielt und mit der rechten Hand hoch aus den Lüften über dem Campus Odini des Magisters Buchius deuten konnte: Da unten geht ja die Frau Tante über'n Hof, und in der Milchkammer sollte ich eigentlich auch jetzo sein, Musjeh Seraphin! --
La, chaque place Donne a choisir Quelque plaisir Qu'un autre efface. C'est a l'entour De ce domaine Que je promene Au point du jour Ma souveraine --
Jungfer Selinde verstand kein Französisch, aber doch verstand sie die Verse des gentil Bernard die ihr bei Tagesanbruch im Traume über den Feldern, Wiesen, Wäldern und Dächern von Kloster Amelungsborn, hoch in den Lüften aus lachendem Munde in's Ohr geflüstert wurden beim Schwirren, Flattern und Fliegen der lustigen Geschwader umher, die sich immer mehr ver¬ dichteten, ihre Reihen und Glieder schlossen und sich zu Zügen ordneten, Fußvolk und Reiter, wie sie sich los¬ machten aus dem Erdboden, um nicht zurückzubleiben, so in's Einzelne verstreut über die Barbarenerde. Es war vielleicht grade in dieser Nacht, daß die Frau Marquise aus Versailles an den Herzog von Choiseuil schrieb! Quant a l'Allemagne tout y est desespere. L'Allemagne a toujours ete le tombeau des Francais;
geſchlungen hielt und mit der rechten Hand hoch aus den Lüften über dem Campus Odini des Magiſters Buchius deuten konnte: Da unten geht ja die Frau Tante über'n Hof, und in der Milchkammer ſollte ich eigentlich auch jetzo ſein, Musjeh Seraphin! —
Là, chaque place Donne à choisir Quelque plaisir Qu'un autre efface. C'est à l'entour De ce domaine Que je promène Au point du jour Ma souveraine —
Jungfer Selinde verſtand kein Franzöſiſch, aber doch verſtand ſie die Verſe des gentil Bernard die ihr bei Tagesanbruch im Traume über den Feldern, Wieſen, Wäldern und Dächern von Kloſter Amelungsborn, hoch in den Lüften aus lachendem Munde in's Ohr geflüſtert wurden beim Schwirren, Flattern und Fliegen der luſtigen Geſchwader umher, die ſich immer mehr ver¬ dichteten, ihre Reihen und Glieder ſchloſſen und ſich zu Zügen ordneten, Fußvolk und Reiter, wie ſie ſich los¬ machten aus dem Erdboden, um nicht zurückzubleiben, ſo in's Einzelne verſtreut über die Barbarenerde. Es war vielleicht grade in dieſer Nacht, daß die Frau Marquiſe aus Verſailles an den Herzog von Choiſeuil ſchrieb! Quant à l'Allemagne tout y est désespéré. L'Allemagne a toujours été le tombeau des Français;
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0129"n="121"/>
geſchlungen hielt und mit der rechten Hand hoch aus<lb/>
den Lüften über dem <hirendition="#aq">Campus Odini</hi> des Magiſters<lb/>
Buchius deuten konnte: Da unten geht ja die Frau<lb/>
Tante über'n Hof, und in der Milchkammer ſollte ich<lb/>
eigentlich auch jetzo ſein, Musjeh Seraphin! —</p><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#aq">Là, chaque place</hi></l><lb/><l><hirendition="#aq">Donne à choisir</hi></l><lb/><l><hirendition="#aq">Quelque plaisir</hi></l><lb/><l><hirendition="#aq">Qu'un autre efface.</hi></l><lb/><l><hirendition="#aq">C'est à l'entour</hi></l><lb/><l><hirendition="#aq">De ce domaine</hi></l><lb/><l><hirendition="#aq">Que je promène</hi></l><lb/><l><hirendition="#aq">Au point du jour</hi></l><lb/><l><hirendition="#aq">Ma souveraine —</hi></l><lb/></lg><p>Jungfer Selinde verſtand kein Franzöſiſch, aber<lb/>
doch verſtand ſie die Verſe des <hirendition="#aq">gentil Bernard</hi> die ihr<lb/>
bei Tagesanbruch im Traume über den Feldern, Wieſen,<lb/>
Wäldern und Dächern von Kloſter Amelungsborn, hoch<lb/>
in den Lüften aus lachendem Munde in's Ohr geflüſtert<lb/>
wurden beim Schwirren, Flattern und Fliegen der<lb/>
luſtigen Geſchwader umher, die ſich immer mehr ver¬<lb/>
dichteten, ihre Reihen und Glieder ſchloſſen und ſich zu<lb/>
Zügen ordneten, Fußvolk und Reiter, wie ſie ſich los¬<lb/>
machten aus dem Erdboden, um nicht zurückzubleiben,<lb/>ſo in's Einzelne verſtreut über die Barbarenerde. Es<lb/>
war vielleicht grade in dieſer Nacht, daß die Frau<lb/>
Marquiſe aus Verſailles an den Herzog von Choiſeuil<lb/>ſchrieb! <hirendition="#aq">Quant à l'Allemagne tout y est désespéré.<lb/>
L'Allemagne a toujours été le tombeau des Français;<lb/></hi></p></div></body></text></TEI>
[121/0129]
geſchlungen hielt und mit der rechten Hand hoch aus
den Lüften über dem Campus Odini des Magiſters
Buchius deuten konnte: Da unten geht ja die Frau
Tante über'n Hof, und in der Milchkammer ſollte ich
eigentlich auch jetzo ſein, Musjeh Seraphin! —
Là, chaque place
Donne à choisir
Quelque plaisir
Qu'un autre efface.
C'est à l'entour
De ce domaine
Que je promène
Au point du jour
Ma souveraine —
Jungfer Selinde verſtand kein Franzöſiſch, aber
doch verſtand ſie die Verſe des gentil Bernard die ihr
bei Tagesanbruch im Traume über den Feldern, Wieſen,
Wäldern und Dächern von Kloſter Amelungsborn, hoch
in den Lüften aus lachendem Munde in's Ohr geflüſtert
wurden beim Schwirren, Flattern und Fliegen der
luſtigen Geſchwader umher, die ſich immer mehr ver¬
dichteten, ihre Reihen und Glieder ſchloſſen und ſich zu
Zügen ordneten, Fußvolk und Reiter, wie ſie ſich los¬
machten aus dem Erdboden, um nicht zurückzubleiben,
ſo in's Einzelne verſtreut über die Barbarenerde. Es
war vielleicht grade in dieſer Nacht, daß die Frau
Marquiſe aus Verſailles an den Herzog von Choiſeuil
ſchrieb! Quant à l'Allemagne tout y est désespéré.
L'Allemagne a toujours été le tombeau des Français;
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/129>, abgerufen am 15.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.