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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.

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Der Vaticanische Pallast.

Theil des Vaticanischen Pallasts, in
dem sich die Mahlereien
befinden.
Mahlereiendes Raphael.
Mahlereien des Raphael.

Die weitläuftigsten Compositionen, die mehresten
wichtigen Werke Raphaels finden sich in diesem
Pallaste.

Raphael und
sein Stil.

Ich muß meine Leser mit den Vorzügen dieses
großen Künstlers, mit seinem Geiste in seinen Wer-
ken bekannt zu machen suchen.

Leonardo da Vinci, Michael Angelo Buonarotti
waren ihm vorausgegangen. Leonardo hatte seinen
Figuren Ebenmaaß und Ausdruck zu geben gewußt:
Michael Angelo hatte einen größern Stil eingeführt,
und dem Fleiße des Künstlers die wahre Richtung ge-
geben: Es blieb unserm Raphael übrig, jene verschie-
denen Vorzüge in einem erhöheten Grade in seiner
Person zu vereinigen, und Schönheit der Formen,
Weisheit der Erfindung neu hinzuzusetzen.

Rafaele Sanzio da Urbino, dessen ruhmvoller
Nahme auch bei uns das Bürgerrecht erhalten hat,
Raphael ward zu Urbino im Jahre 1583 an einem
Charfreitage mit allen den Anlagen gebohren, die ei-
nen großen Künstler ausmachen können.

Er besaß nicht blos jenes wilde Feuer, jene Reitz-
barkeit zu ungebändigten Leidenschaften, die mit einer
brennenden Einbildungskraft und fruchtbarem Witze
verbunden, so oft mit Genie verwechselt werden, oft
auch dafür gelten können, ohne den bildenden Künsten

wahren
Der Vaticaniſche Pallaſt.

Theil des Vaticaniſchen Pallaſts, in
dem ſich die Mahlereien
befinden.
Mahlereiendes Raphael.
Mahlereien des Raphael.

Die weitlaͤuftigſten Compoſitionen, die mehreſten
wichtigen Werke Raphaels finden ſich in dieſem
Pallaſte.

Raphael und
ſein Stil.

Ich muß meine Leſer mit den Vorzuͤgen dieſes
großen Kuͤnſtlers, mit ſeinem Geiſte in ſeinen Wer-
ken bekannt zu machen ſuchen.

Leonardo da Vinci, Michael Angelo Buonarotti
waren ihm vorausgegangen. Leonardo hatte ſeinen
Figuren Ebenmaaß und Ausdruck zu geben gewußt:
Michael Angelo hatte einen groͤßern Stil eingefuͤhrt,
und dem Fleiße des Kuͤnſtlers die wahre Richtung ge-
geben: Es blieb unſerm Raphael uͤbrig, jene verſchie-
denen Vorzuͤge in einem erhoͤheten Grade in ſeiner
Perſon zu vereinigen, und Schoͤnheit der Formen,
Weisheit der Erfindung neu hinzuzuſetzen.

Rafaele Sanzio da Urbino, deſſen ruhmvoller
Nahme auch bei uns das Buͤrgerrecht erhalten hat,
Raphael ward zu Urbino im Jahre 1583 an einem
Charfreitage mit allen den Anlagen gebohren, die ei-
nen großen Kuͤnſtler ausmachen koͤnnen.

Er beſaß nicht blos jenes wilde Feuer, jene Reitz-
barkeit zu ungebaͤndigten Leidenſchaften, die mit einer
brennenden Einbildungskraft und fruchtbarem Witze
verbunden, ſo oft mit Genie verwechſelt werden, oft
auch dafuͤr gelten koͤnnen, ohne den bildenden Kuͤnſten

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[118/0140] Der Vaticaniſche Pallaſt. Theil des Vaticaniſchen Pallaſts, in dem ſich die Mahlereien befinden. Mahlereien des Raphael. Die weitlaͤuftigſten Compoſitionen, die mehreſten wichtigen Werke Raphaels finden ſich in dieſem Pallaſte. Ich muß meine Leſer mit den Vorzuͤgen dieſes großen Kuͤnſtlers, mit ſeinem Geiſte in ſeinen Wer- ken bekannt zu machen ſuchen. Leonardo da Vinci, Michael Angelo Buonarotti waren ihm vorausgegangen. Leonardo hatte ſeinen Figuren Ebenmaaß und Ausdruck zu geben gewußt: Michael Angelo hatte einen groͤßern Stil eingefuͤhrt, und dem Fleiße des Kuͤnſtlers die wahre Richtung ge- geben: Es blieb unſerm Raphael uͤbrig, jene verſchie- denen Vorzuͤge in einem erhoͤheten Grade in ſeiner Perſon zu vereinigen, und Schoͤnheit der Formen, Weisheit der Erfindung neu hinzuzuſetzen. Rafaele Sanzio da Urbino, deſſen ruhmvoller Nahme auch bei uns das Buͤrgerrecht erhalten hat, Raphael ward zu Urbino im Jahre 1583 an einem Charfreitage mit allen den Anlagen gebohren, die ei- nen großen Kuͤnſtler ausmachen koͤnnen. Er beſaß nicht blos jenes wilde Feuer, jene Reitz- barkeit zu ungebaͤndigten Leidenſchaften, die mit einer brennenden Einbildungskraft und fruchtbarem Witze verbunden, ſo oft mit Genie verwechſelt werden, oft auch dafuͤr gelten koͤnnen, ohne den bildenden Kuͤnſten wahren

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/140>, abgerufen am 30.04.2024.